Aktenzeichen 7 Ta 123/15
BetrVG BetrVG § 99, § 100
Leitsatz
1. Ist Gegenstand eines Beschlussverfahrens die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Arbeitnehmern, die weniger als drei Monate beschäftigt werden sollen, ist es angemessen, den Regelwert nach § 23 Absatz 3 Satz 2 RVG herabzusetzen. Insbesondere steht dem nicht die Anwendung des Streitwertkatalogs entgegen. Dieser schließt nicht aus, den Gegenstandswert je nach Lage des Falles höher oder niedriger anzunehmen. (amtlicher Leitsatz)
Für die Streitwertbemessung ist bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten nach § 99, § 100 BetrVG vom Regelwert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG auszugehen. Dieser Wert kann mit Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung der Sache herauf- oder herabgesetzt werden, wobei im Rahmen der im Beschlussverfahren begehrten Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Arbeitnehmern auf die Dauer des beabsichtigten Arbeitsverhältnisses abzustellen ist (Anschluss an LAG Nürnberg BeckRS 2014, 03678 unter B II 3). (red. LS Alke Kayser)
Verfahrensgang
4 BV 14/15 2015-09-04 Bes ARBGWUERZBURG ArbG Würzburg
Tenor
Datum: 15.01.2016
4 BV 14/15 (Arbeitsgericht Würzburg)
Rechtsvorschriften:
Leitsatz:
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 04.09.2015 wird abgeändert.
2. Der Streitwert wird auf 6.251,28 € festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner ist der Betriebsrat der Niederlassung Würzburg der Antragstellerin.
Die Beteiligten stritten vor dem Arbeitsgericht Würzburg in der Hauptsache um die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zur befristeten Einstellung von sieben Leiharbeitnehmern sowie um die Feststellung, dass die vorläufige Maßnahme der Einstellungen dringend erforderlich sei. Die Einstellung war bei sechs Leiharbeitnehmern für den Zeitraum 27.04.2015 bis 30.06.2015, bei einem Leiharbeitnehmer für die Zeit vom 28.04.2015 bis 30.06.2015 vorgesehen. Die Beschäftigung sollte in Teilzeit erfolgen.
Das Verfahren wurde am 21.08.2015 gemäß den §§ 83, 81 ArbGG eingestellt.
Mit Beschluss vom 04.09.2015 setzte das Arbeitsgericht den Streitwert für das Verfahren auf 18.750,00 € fest.
Die Antragstellerin legte gegen den Beschluss am 16.09.2015 Beschwerde ein.
Sie macht geltend, bei befristeten Einstellungen unter drei Monaten sei von einem Drittel des Hilfswerts auszugehen. Dies gelte vorliegend für den ersten Arbeitnehmer. Für die übrigen sechs Arbeitnehmer sei jeweils ein Viertel des festgestellten Betrags festzusetzen.
Der Prozessvertreter des Antragsgegners hat im Schriftsatz vom 31.08.2015 die Auffassung vertreten, der Streitwert sei auf 18.750,00 € festzusetzen.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 33 Absatz 3 Satz 1 RVG. Insbesondere ist der Beschwerdewert erreicht. Bereits die Differenz einer Gebühr (696,00 € statt 405,00 €) überschreitet den Beschwerdewert von 200,00 €.
Die Beschwerde ist begründet.
Das Erstgericht hat den Streitwert zu hoch angesetzt.
Allerdings ist es nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht zunächst für den ersten eingestellten Arbeitnehmer den Wert festgesetzt und für die übrigen sechs Arbeitnehmer jeweils ein Viertel dieses Werts angenommen hat.
Ferner ist mit dem Erstgericht davon auszugehen, dass für die Wertberechnung § 23 Absatz 3 Satz 2 RVG maßgebend ist. Insoweit folgt auch das erkennende Gericht dem Vorschlag in Ziffer 13..2.1 des Streitwertkatalogs. Bei dem Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 BetrVG sowie dem Verfahren nach § 100 BetrVG handelt es sich jeweils um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten.
Der im Streitwertkatalog enthaltene Verweis auf § 23 Absatz 3 Satz 2 RVG fordert indes nicht, in jedem Fall einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € zugrunde zu legen. Insbesondere ist es bei der Festsetzung des Streitwerts im Einzelfall nicht ausgeschlossen, entsprechend § 23 Absatz 3 Satz 2 2. HS RVG den Gegenstandswert je nach Lage des Falles höher oder niedriger anzunehmen.
Vorliegend ist von einem niedrigeren Wert als 5.000,00 € auszugehen.
Bei der Frage, ob im Fall des § 99 BetrVG ein anderer Wert als 5.000,00 € anzusetzen ist, ist zu berücksichtigen, für welchen Zeitraum die Einstellung beabsichtigt ist. Das erkennende Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung der 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg (Beschluss vom 20.12.2013 – 2 Ta 156/13; juris), wonach im Rahmen des § 99 BetrVG auf die Dauer des beabsichtigten Arbeitsverhältnisses abzustellen ist.
Keiner der sieben Leiharbeitnehmer wurde vorliegend für einen längeren Zeitraum als gut zwei Monate eingestellt. Dazu kommt, dass alle Leiharbeitnehmer in Teilzeit beschäftigt wurden.
Es ist daher angemessen, in Bezug auf den Antrag nach § 99 BetrVG für den ersten Leiharbeitnehmer einen Wert von einem Drittel des Regelwerts anzunehmen, also 1.667,00 €. Für den Antrag nach § 100 BetrVG ist die Hälfte dieses Werts anzusetzen (vgl. 13.5 des Streitwertkatalogs).
Insgesamt ergibt sich für den ersten Arbeitnehmer somit ein Wert von 2.500,50 €.
Die übrigen sechs Arbeitnehmer sind mit jeweils einem Viertel dieses Werts zu berücksichtigen, also mit jeweils 625,13 €. Für sechs Arbeitnehmer ergibt sich ein Wert von 3.750,78 €, insgesamt beträgt der festgesetzte Streitwert 6.251,28 €.
Insoweit war der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 04.09.2015 abzuändern.