Arbeitsrecht

Studentische Hilfskraft unterfällt nicht dem Anwendungsbereich TV-L

Aktenzeichen  6 Sa 322/19

Datum:
10.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12780
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
TV-L § 1 Abs. 3 lit. c
BayHSchG Art. 19 Abs. 5 S. 1
BayHSchPG Art. 33 Abs. 2
WissZeitVG § 6

 

Leitsatz

Eine bei einem Hochschulinstitut beschäftigte studentische Hilfskraft unterfällt nicht deshalb dem persönlichen Anwendungsbereich des TV-L, weil sie bei Projekten eingesetzt wird, die von außerhalb der Universität stammen. (Rn. 36)
Für die Frage des persönlichen Anwendungsbereiches des TV-L ist entscheidend auf den Inhalt der abgeschlossenen schriftlichen Anstellungsverträge abzustellen (s. auch BAG BeckRS 2005, 43239). (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 Ca 428/18 2019-07-24 Endurteil ARBGBAMBERG ArbG Bamberg

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 24.07.2019, Az.: 2 Ca 428/18, abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2 a ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.
II.
Die Berufung ist in der Sache begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung auf Basis des TV-L.
Sein Arbeitsverhältnis auf Basis der für die O…-Universität B… abgeschlossenen Arbeitsverträge unterfällt nicht diesem Tarifvertrag, denn studentische Hilfskräfte im Sinne von Art. 33 Absatz 2 BayHSchPG werden gemäß § 1 Absatz 3 Buchst c TV-L ausdrücklich vom persönlichen Anwendungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen. Nach Inhalt und Durchführung der abgeschlossenen Arbeitsverträge wurde der Kläger von einer Hochschule als studentische Hilfskraft für die Tätigkeit in einem wissenschaftlichen Hochschulinstitut eingestellt und auch tatsächlich vertragskonform eingesetzt.
Im Interesse der Rechtssicherheit ist zu fordern, dass bereits bei Abschluss eines Arbeitsvertrages rechtlich geklärt werden kann, nach welchen gesetzlichen oder tarifvertraglichen Regelungen das begründete Arbeitsverhältnis abzuwickeln ist. Demnach ist für die hier interessierende Frage des persönlichen Anwendungsbereiches des TV-L zunächst entscheidend auf den Inhalt der abgeschlossenen schriftlichen Anstellungsverträge abzustellen.
Bei dem Vertragspartner des Klägers handelt es sich um eine staatliche Universität, für die das Bayerische Hochschulgesetz gilt. Der Einsatz des Klägers als studentische Hilfskraft sollte in dem BC…, einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung der Universität nach Artikel 19 Absatz 5 Satz 1 BayHSchG erfolgen. Dessen Leistungsspektrum umfasst gemäß § 2 Absatz 1 Satz 2 der Satzung in erster Linie die Durchführung standardisierter Umfragestudien nach wissenschaftlichen Maßstäben. Die Dienstleistung des BC… für empirische Projekte kann gemäß § 3 Absatz 1 der Satzung von allen Wissenschaftlern der Universität B… in Anspruch genommen werden, aber bei verfügbaren freien Kapazitäten gemäß § 3 Absatz 4 der Satzung auch von Auftraggebern außerhalb der Universität. Bei der Datenermittlung für die von dem BC… durchzuführenden Umfragestudien sollte der Kläger als studentische Hilfskraft zum Einsatz kommen.
Damit entspricht der Inhalt der abgeschlossenen Verträge den Vorgaben des Art. 33 Absatz 2 BayHSchPG und des § 1 Absatz 3 Buchst c TV-L. Dies unabhängig davon, ob von dem BC… ein empirisches Projekt zu bearbeiten ist, das von einem Wissenschaftler der Universität in Auftrag gegeben worden ist oder von einem Auftraggeber außerhalb der Universität stammt. Das in dem letzteren Fall die durchzuführenden Umfragestudien wissenschaftlichen Maßstäben nicht genügten, lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen.
Diesbezüglich wäre auf den Inhalt des konkreten Auftrages abzustellen und den angewandten Methoden zur Ermittlung der erforderlichen Daten und deren konkreten Auswertung. Dabei können wissenschaftliche Erkenntnisse bereits bei der Auswahl des anzusprechenden Personenkreises zur Anwendung gelangen, dem abzuarbeitenden Fragenkatalog und der systematischen Erfassung der ermittelten Daten; des Weiteren bei der Aufarbeitung und Auswertung der Daten in Erfüllung des angenommenen Auftrags. Die Behauptung des Klägers, die von ihm bearbeiteten empirischen Projekte von Auftraggebern außerhalb der Universität würden wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen, kann mangels konkreten Sachvortrags nicht nachvollzogen werden.
Eine vom Inhalt der abgeschlossenen Arbeitsverträge abweichende Durchführung des Vertragsverhältnisses kann nicht festgestellt werden.
Der Kläger konnte sich nicht darauf berufen, in Abweichung vom Inhalt der abgeschlossenen Arbeitsverträge sei er tatsächlich mit Hilfstätigkeiten betraut worden, die keinerlei Bezug zu den vom BC… durchzuführenden Umfragestudien gehabt hätten. Zwar hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zutreffend festgestellt im Hinblick auf§ 6 WissZeitVG mit Urteil vom 05.06.2018, dass ein solcher Bezug fehle bei Tätigkeiten rein verwaltungstechnischer Art. Ebenso hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 08.06.2005 – 4 AZR 396/04 – zutreffend entschieden, dass Tätigkeiten als Teil der Studienberatung ohne Bezug zu wissenschaftlichen Aufgaben seien. Demgegenüber trägt der Kläger aber selbst vor, ausschließlich im Rahmen von empirischen Projekten bei der Datenermittlung eingesetzt worden zu sein und damit gerade nicht ohne Bezug zu den wissenschaftlichen Aufgaben.
Damit entsprechen die vom Kläger tatsächlich ausgeübten Vor- und Nacharbeiten im Rahmen von Umfragestudien dem klassischen Tätigkeitsfeld einer studentischen Hilfskraft. Die Person des Auftraggebers und die von ihm vorgegebene konkrete Zielrichtung der Studie ist hierbei ohne rechtliche Relevanz.
Nach alldem war das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen, die Berufung des Beklagten ist damit begründet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG).


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