Arbeitsrecht

Überzahlung der Bezüge, Rückzahlung der Bruttobezüge, Bösgläubigkeit: positive Kenntnis von der Überzahlung, Kennenmüssen der Überzahlung, Billigkeitsentscheidung, überwiegendes Verschulden des Beklagten, Zurechnung eines möglichen Verschuldens einer anderen Behörde

Aktenzeichen  AN 1 K 19.01041

Datum:
4.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 13560
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBesG Art. 15
BGB §§ 812 ff.

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Rückforderungsbescheid des Landesamts für Finanzen – … … – Bezügestelle Besoldung -vom 13. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 24. April 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge richtet sich gemäß Art. 15 Abs. 2 Bayerisches Besoldungsgesetz (BayBesG) nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, §§ 812 ff. BGB. Demgemäß hat der Beamte Bezüge, die er ohne Rechtsgrund erhalten hat, an den Dienstherrn zurückzuzahlen.
Maßgeblich für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheides ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also in der Regel des Widerspruchsbescheides (BVerwG, U.v. 16.7.2020 – 2 C 7/19 – juris Rn. 8; U.v. 8.10.1998 – 2 C 21/97 – juris Rn. 22).
Dem Kläger wurden in der Zeit vom 1. März 2009 bis 31. Mai 2011 die vollen Bezüge der Besoldungsgruppe A 13 ausgezahlt, obwohl der Kläger in dieser Zeit lediglich eine Arbeitszeit von 50 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit abzuleisten hatte. Dies steht rechtskräftig fest aufgrund des Bescheides vom 15. Juni 2011, mit dem die Arbeitszeit des Klägers für den Zeitraum vom 1. März 2009 bis 31. Mai 2011 reduziert worden ist. Die Klage gegen diesen Bescheid wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. September 2017 (AN 1 K 15.01278) abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg (BayVGH, B.v. 13.5.2019 – 3 ZB 17.2127 -).
Gemäß Art. 6 BayBesG wird bei Teilzeitbeschäftigung die Besoldung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt, so dass sich eine Überzahlung von insgesamt 50.154,35 EUR ergab, wovon allerdings mit Bescheid vom 13. Juli 2011 nur 50.004,35 EUR zurückgefordert worden sind. Eine nachträgliche Anpassung des Betrages des Rückforderungsbescheides erfolgte nicht.
Dabei konnte der Rückforderungsbetrag auch mittels Verwaltungsakt geltend gemacht werden – dies sogar dann, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides das Beamtenverhältnis bereits beendet gewesen wäre (Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 15 BayBesG, 152 ff.).
Der Rückforderungsbescheid vom 13. Juli 2011 ist dabei auch ausreichend bestimmt, da er den Zeitraum, den Betrag der Überzahlung und die Höhe des Rückforderungsbetrages enthält (vgl. Ziff. 15.2.12.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten (BayVwVBes) vom 22. Dezember 2010 (FMBl. 2011 S. 9, StAnz. 2011 Nr. 2), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 22. Oktober 2018 (FMBl. S. 186)), denn aus dem Rückforderungsbescheid vom 13. Juli 2011 geht ausreichend deutlich hervor, dass der Betrag der Überzahlung und die Höhe des Rückforderungsbetrages identisch sind. Insoweit konnte die Aufschlüsselung des Rückforderungsbetrages mit der Stellungnahme des Landesamtes für Finanzen – … … – vom „16. Januar 2014“, vorgelegt mit Schriftsatz des Landesamtes für Finanzen – … … – vom 26. Januar 2015, nachgeschoben werden. Dass sich dabei auch ein Rechenfehler zu Gunsten des Klägers herausstellte, ist unbeachtlich, da der Bescheid vom 13. Juli 2011 nicht nachträglich entsprechend angepasst wurde.
Nicht zu beanstanden ist auch, dass der Rückforderungsbetrag die zurückzuzahlenden Bruttobezüge umfasst. Die steuerrechtliche Rückabwicklung obliegt dem rückzahlungspflichtigen Beamten (Ziff. 15.2.12.5 BayVwVBes; BVerwG, U.v. 8.10.1998 – 2 C 21/97 – juris Rn. 17; Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 15 BayBesG, Rn. 118 ff.).
2. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen der normalen Lebensführung verbraucht hat, er also gemäß § 818 Abs. 3 BGB entreichert ist. Denn der Kläger kann sich auf den Einwand der Entreicherung nicht berufen, da er gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG i.V.m. §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB verschärft haftet.
§ 819 Abs. 1 BGB setzt die Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes bei dem Empfang der Leistung voraus. Dem steht gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat oder – mit anderen Worten – er den Fehler etwa durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen. Zu den Sorgfaltspflichten des Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 4/11 – juris Rn. 11). Für das Erkennenmüssen der Überzahlung kommt es auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten (z.B. Vor- und Ausbildung, dienstliche Tätigkeit) des Beamten an. Dabei ist von jedem Beamten zu erwarten, dass er die Grundprinzipien des Beamtenrechts, sein eigenes statusrechtliches Amt nebst besoldungsrechtlicher Einstufung sowie die ihm zustehenden Besoldungsbestandteile wie Grundgehalt, Familienzuschlag und sonstige ihm zustehenden besoldungsrechtlichen Zulagen kennt. Von juristisch vorgebildeten oder mit Besoldungsfragen befassten Beamten sind weitergehende Kenntnisse zu erwarten. Letztlich ist die Überzahlung dann offensichtlich, wenn sie für den Empfänger aufgrund seiner Kenntnisse ohne weiteres erkennbar ist; nicht ausreichend ist, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedarf. Nicht erforderlich ist hingegen, dass außerdem die konkrete Höhe der Überzahlung offensichtlich ist (BVerwG, U.v. 16.7.2020 – 2 C 7/19 – juris Rn. 17 m.w.N.).
Dies berücksichtigend ist beim Kläger wohl bereits von einer positiven Kenntnis der Überzahlung auszugehen, denn der Kläger ließ sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend ein, dass er trotz des erst nachträglich gestellten Antrages auf Ermäßigung der Arbeitszeit die regelmäßige Arbeitszeit des § 2 Abs. 1 Satz 1 der Bayerische Arbeitszeitverordnung (BayAzV) nicht in vollem Umfang erbracht habe und er nach seiner Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Zeit festgestellt habe, dass die ausgezahlte Bezüge ungewöhnlich hoch gewesen seien. Er habe deswegen auch Kontakt mit der Universitätsverwaltung aufgenommen.
Auf jeden Fall war jedoch der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung so offensichtlich, dass der Kläger ihn hätte erkennen müssen. Es gehört zu den Sorgfaltspflichten eines Beamten, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Diese Verpflichtung sowie die Pflicht zur Anzeige von Unstimmigkeiten geht auch aus den „Allgemeinen Hinweisen“ auf der Rückseite jeder Bezügemitteilung hervor. Dem Kläger war – wie von ihm eingeräumt – bekannt, dass ihm am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie der … keine volle Stelle zugewiesen worden war. Wäre dem nicht so, hätte der Kläger zumindest die regelmäßige Arbeitszeit eines Beamten und nicht nur einen Anteil ableisten müssen. Dies hat er aber gerade nicht getan. Insoweit hätte dem Kläger ein Blick in die einschlägige Besoldungstabelle genügt, um zu erkennen, dass ihm die vollen, nicht anteilige, Bezüge ausgezahlt worden sind. Wenn schon mit dem Bundesverwaltungsgericht (s.o.) davon auszugehen ist, dass von jedem Beamten zu erwarten ist, dass er die Grundprinzipien des Beamtenrechts, sein eigenes statusrechtliches Amt nebst besoldungsrechtlicher Einstufung sowie die ihm zustehenden Besoldungsbestandteile wie Grundgehalt, Familienzuschlag und sonstige ihm zustehenden besoldungsrechtlichen Zulagen kennt, so gilt dies erst recht für den juristisch gebildeten Kläger, wobei keine vertieften juristischen Kenntnisse erforderlich sind, um zu erkennen, dass dem Kläger das Doppelte (Brutto) der ihm tatsächlich zustehenden Bezüge ausgezahlt worden ist.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärte, dass ihm der zu hohe Betrag aufgefallen sei, sein Fehler aber gewesen sei, sich hierüber mit der falschen Stelle ausgetauscht zu haben, so ändert dies nichts daran, dass der Kläger die Überzahlung gekannt hat, bzw. diese zumindest hätte kennen müssen.
3. Die vom Landesamt im Rahmen des angegriffenen Bescheides getroffene Billigkeitsentscheidung nach Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 16.7.2020 – 2 C 7/19 – juris Rn. 30 ff. m.w.N.) bezweckt diese Billigkeitsentscheidung eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, sodass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen.
Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung einzubeziehen.
Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. In diesen Fällen ist der Beamte entreichert, kann sich aber, wie dargelegt, auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen. Dann muss sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung aber in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Beamte, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Beamte, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 v.H. des überzahlten Betrags im Regelfall angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Beamten, kann auch eine darüber hinaus gehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrags in Betracht kommen.
Liegt kein überwiegendes behördliches Mitverschulden für die Überzahlung von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen vor, genügt die Einräumung von angemessenen Ratenzahlungsmöglichkeiten regelmäßig den Erfordernissen einer im Rahmen des Rückforderungsbescheids zu treffenden Billigkeitsentscheidung (BVerwG, U.v. 16.7.2020 – 2 C 7/19 – juris Rn. 33).
Die vom Landesamt getroffene Billigkeitsentscheidung, wonach dem Kläger zu Rückzahlung der entstandene Überzahlung in Höhe von 50.004,35 EUR Ratenzahlung in Höhe von 500,00 EUR ab 1. September 2011 eingeräumt worden ist, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere lässt sich kein überwiegendes Verschulden des Beklagten an der Überzahlung feststellen.
Dem Landesamt für Finanzen – … … – Bezügestelle Besoldung – als für die Festsetzung der Bezüge gemäß Art. 14 BayBesG verantwortliche Behörde wurde ursprünglich durch die Zentrale Universitätsverwaltung mittels Übersendung eines Abdruckes des an den Lehrstuhlinhaber gerichteten Schreibens vom 6. März 2009 mitgeteilt, dass der Kläger das Grundgehalt nach Besoldungsgruppe A 13 erhält. Ein Hinweis auf eine noch zu beantragende Teilzeitbeschäftigung erfolgte nicht. Erst aufgrund eines Telefonats am 17. Mai 2011 erfuhr das Landesamt für Finanzen – … … – Bezügestelle Besoldung – erstmals von der Überzahlung. Der Kläger hat auch eingeräumt, dass er – nachdem er die ungewöhnlich hohe Bezügezahlung festgestellt hatte – keinen Kontakt mit der Bezügestelle des Landesamtes für Finanzen aufgenommen hat, sodass die Behörde mangels Kenntnis von der Überzahlung nicht vor Mai 2011 hat tätig werden können und die Entstehung weiterer Überzahlungen hat verhindern können. Entsprechend ist ein Verschulden der Behörde gerade nicht zu sehen.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vortrug, dass er über das Formular „Angaben zum beruflichen Werdegang“, das er am 28. März 2009 vollständig ausgefüllt habe, mitgeteilt habe, dass er als Akademischer Rat ab 1. März 2009 eine Tätigkeit im Umfang von ≥ 0,5 ausübe, führt dies nicht zur Annahme eines überwiegenden Verschuldens des Beklagten. Denn der Eingang dieses ausgefüllten Formulars beim Landesamt für Finanzen – … … – am 3. April 2009 führt nicht dazu, dass das Landesamt für Finanzen – … … – ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Teilzeitbeschäftigung des Klägers gehabt hat. Das Schreiben diente nicht der Festsetzung der Bezüge, sondern der Nachzeichnung der bisherigen Ausbildungs- und Beschäftigungszeiten zur Festsetzung des Besoldungsdienstalters bzw. Jubiläumsdienstalters. Insoweit dürften schon unterschiedliche Stellen für die Bearbeitung zuständig gewesen sein. Im Übrigen durfte das Landesamt für Finanzen – … … – davon ausgehen, dass der Kläger bis zu einer Mitteilung der Zentralen Universitätsverwaltung über die Genehmigung einer Teilzeitbeschäftigung die regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden ableistet.
Auch dass der Kläger – wie von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgetragen – wegen der vollen Dienstbezüge Kontakt mit der Zentralen Universitätsverwaltung aufgenommen hat, führt nicht zu einer Kenntnis des zuständigen Landesamtes für Finanzen – … … Insoweit hat der Kläger Kontakt mit der unzuständigen Stelle aufgenommen. Die Kammer hat diesbezüglich bereits Zweifel dahingehend, dass diese Einlassung zutreffend ist. Denn hätte sich der Kläger tatsächlich an die Zentrale Universitätsverwaltung gewandt, so erschließt sich bereits nicht, weshalb die Zentrale Universitätsverwaltung den Kläger nicht an das zuständige Landesamt für Finanzen zur Klärung verwiesen hat und im Übrigen nicht bereits auf die Stellung eines Antrages auf Bewilligung einer Teilzeitbeschäftigung hingewiesen hat. Aber selbst bei der Annahme, dass die Einlassung zutreffend ist, wird ein eventuelles Versäumnis der Zentralen Universitätsverwaltung dem Landesamt für Finanzen – … … – als Beitrag zur Verursachung der Überzahlung nicht zugerechnet (OVG Berlin-Bbg, U.v. 19.4.2017 – OVG 4 B 15.15 – juris Rn. 51 ff.; VG Gelsenkirchen, U.v. 6.5.2014 – 12 K 4704/12 – juris Rn. 44). Denn es gibt bereits keinen Grundsatz, dass einer Behörde die Fehler einer anderen Behörde ohne Weiteres und unbeschränkt im Sinne eines Dafüreinstehenmüssens stets zuzurechnen sind. Im Übrigen fehlt es auch an einer Funktionseinheit zwischen dem Landesamt für Finanzen – … … – und der Zentralen Universitätsverwaltung, die nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ggf. dann anzunehmen wäre, wenn der andere Leistungsträger vom Gesetzgeber in den Verwaltungsablauf des in Anspruch genommenen Leistungsträgers arbeitsteilig eingeschaltet ist, dieser sich also für die Erfüllung der ihm obliegenden sozialrechtlichen Aufgabe kraft Gesetzes oder Vertrages des anderen Leistungsträgers bedient (im Detail vergleiche hierzu OVG Berlin-Bbg, U.v. 19.4.2017 – OVG 4 B 15.15 – juris Rn. 51 ff.).
Bei der Gewährung der Dienstbezüge, die Gegenstand der Rückforderung sind, wirken das Landesamt für Finanzen und die Zentrale Universitätsverwaltung jedoch nicht arbeitsteilig zusammen. Die Zentrale Universitätsverwaltung ist nicht mit den Aufgaben des Landesamtes für Finanzen betraut und demgemäß auch nicht in den entsprechenden Verwaltungsablauf einbezogen. Die Mitwirkung der Zentralen Universitätsverwaltung beschränkte sich im konkreten Fall allein auf die Weitergabe der von ihm getroffenen Entscheidungen über die Stellenzuweisung und ggf. Gewährung einer Teilzeitbeschäftigung, ohne dass hierdurch die erforderliche Nähebeziehung zwischen den Stellen begründet würde.
Da sich die Rechtmäßigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also in der Regel des Widerspruchsbescheides richtet (s.o.), ist vorliegend nicht relevant, ob der Beklagte bei der Durchsetzung der Rückforderung die gewährte Ratenzahlung eingehalten hat bzw. Pfändungsfreigrenzen berücksichtigt hat. Insoweit wäre der Kläger auf Rechtsschutz gegenüber der Aufrechnung bzw. der Vollstreckung zu verweisen gewesen.
Gleiches gilt hinsichtlich des Vortrages des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass der Beklagte die steuerrechtliche Abwicklung erschwert bzw. unmöglich gemacht habe, sodass der Kläger die steuerlichen Abzüge nicht mehr erstattet erhalten könne und damit die entsprechenden Beträge letztlich doppelt geleistet habe. Sollte dies tatsächlich zutreffend sein – allerdings hat der Kläger diesbezüglich keinerlei Nachweise vorgelegt – so bliebe die Berücksichtigung eines (endgültig) gescheiterten Steuerausgleichs einer späteren Änderung des Rückforderungsbescheides überlassen, weil die Entscheidung, ob der – vorrangige – steuerrechtliche Ausgleich für die bereits versteuerten Überzahlungen gelingt, erst in der Zukunft getroffen werden kann. Erst danach hätte die Behörde gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG das Verwaltungsverfahren auf Antrag ggf. wiederaufzugreifen und den Rückforderungsbescheid ggf. zu ändern, weil sich nachträglich die Sach- oder Rechtslage zugunsten des Rückzahlungspflichtigen geändert hätte (BVerwG, U.v. 8.10.1998 – 2 C 21/97 – juris Rn. 24; Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 15 BayBesG, Rn. 121).
Entsprechend ist die Billigkeitsentscheidung im Bescheid vom 15. Juni 2011 nicht zu beanstanden. Mangels überwiegendem Verschulden des Beklagten ist es für die Billigkeitsentscheidung ausreichend, dass dem Kläger eine angemessene Ratenzahlungsmöglichkeit eingeräumt wurde. Aber selbst wenn man ein Verschulden des Beklagten sehen wollte, würde im Fall der Kenntnis des Beamten von der Überzahlung die Billigkeit regelmäßig keinen Anlass geben, von der Rückforderung abzusehen (OVG Hamburg, U.v. 9.5.2011 – 1 Bf 103/10 – juris Rn. 45 ff.; Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 15 BayBesG, Rn. 133).
Im Übrigen hat die Kammer auch keine Bedenken hinsichtlich der Billigkeitsentscheidung in der mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2017 im Verfahren AN 1 K 15.01278 über die Nebentätigkeitsgenehmigung geäußert. Zwar hat die Kammer auf die grundsätzliche Möglichkeit einer gütlichen Einigung hingewiesen, dabei aber keine Zweifel an der Billigkeitsentscheidung zum Ausdruck gebracht. Dies wird deutlich zum einen aufgrund der Formulierung, dass eine Reduzierung der Rückforderungssumme „über die bereits getroffene Billigkeitsentscheidung hinaus“ möglich sei, zum anderen, da eine Vertagung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nebentätigkeitsgenehmigung bei Bedenken an der Billigkeitsentscheidung nicht sachdienlich gewesen wäre, denn bei Bedenken an der Billigkeitsentscheidung wäre die Klage auch ohne Klärung der Vorfrage, ob die Teilzeit rechtmäßiger Weise bewilligt worden ist, entscheidungsreif gewesen.
4. Gesichtspunkte, aus denen sich eine Verjährung ergeben könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
5. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Da die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen, war die Berufung nicht zuzulassen.


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