Arbeitsrecht

Urheberrecht: Angemessene Vergütung für den Übersetzer eines belletristischen Werks

Aktenzeichen  I ZR 49/09

Datum:
20.1.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 32 Abs 1 S 3 UrhG
§ 32 Abs 2 S 2 UrhG
Spruchkörper:
1. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend KG Berlin, 6. März 2009, Az: 5 U 113/05, Urteilvorgehend LG Berlin, 27. September 2005, Az: 16 O 795/04, Urteil

Tenor

Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 6. März 2009 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Beklagte auf den Hilfsantrag der Anträge zu I und zu II zur Einwilligung in die vom Berufungsgericht formulierte Änderung der Übersetzungsverträge verurteilt und den Zahlungsantrag zu IV abgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Parteien das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 27. September 2005 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.
Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt,
I. in die Änderung des § 7 Abs. 1 der zwischen den Parteien bestehenden Übersetzungsverträge über die Werke mit den Originaltiteln “Contest” von Matthew Reilly vom 25. Juni 2001, “Excavation” von James Rollins vom 13. Dezember 2001, “Deep Fathom” von James Rollins vom 25. März/8. April 2002 jeweils geschlossen mit der Econ Ullstein List Verlag GmbH & Co. KG, München, mit folgenden Fassungen einzuwilligen:
§ 7
(1) Der Übersetzer erhält für seine Tätigkeit gemäß § 2 und § 6 und für die Übertragung sämtlicher Rechte gemäß § 3 als Gegenleistung
a) pro Normseite (30 Zeilen zu 60 Anschlägen) der Übersetzung ein Honorar von 26 DM (“Contest” und “Excavation”) bzw. 13,30 Euro (“Deep Fathom”). Das Gesamthonorar wird nach Annahme des vollständigen Manuskriptes gezahlt;
b) eine Absatzvergütung bei Hardcover-Ausgaben in Höhe von 0,8% und bei Taschenbuchausgaben in Höhe von 0,4% des jeweiligen Nettoladenverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises) für jedes verkaufte und bezahlte und nicht remittierte Exemplar, die jeweils ab dem 5.000sten Exemplar zu zahlen ist;
c) eine Beteiligung an sämtlichen Erlösen aus Nutzungen durch die Beklagte, die nicht der Buchpreisbindung unterliegen, in Höhe von einem Fünftel des Autorenanteils; der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, darf nicht höher sein, als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt; soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend geringer;
d) eine Beteiligung an sämtlichen Erlösen aus der Einräumung oder Übertragung von Rechten auf Dritte gemäß § 3 Nr. 4 und 5 in Höhe von einem Fünftel des Autorenanteils; der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, darf nicht höher sein, als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt; soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend geringer.
(2) Die vereinbarten Honorare verstehen sich netto, also ohne Mehrwertsteuer. Falls der Übersetzer Mehrwertsteuer abführt, wird diese zusätzlich an ihn gezahlt.
Die bisherige Regelung in § 7 (2) des Vertrages wird § 7 (3) des Vertrages.
II. an den Kläger 4.680,28 Euro zu zahlen.
Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Die Kosten der Rechtsmittel werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger ist Übersetzer; die Beklagte ist ein Buchverlag. Die Parteien schlossen am 25. Juni 2001, 13. Dezember 2001 und 25. März/8. April 2002 Verträge, mit denen sich der Kläger zur Übersetzung des Romans “Contest” von Matthew Reilly und der Romane “Excavation” und “Deep Fathom” von James Rollins verpflichtete. In den Verträgen ist unter anderem bestimmt:
§ 3
(1) Soweit in der Person des Übersetzers in Ausführung des Auftrages gemäß § 2 Urheberrechte oder ähnliche Schutzrechte entstehen, überträgt der Übersetzer hiermit diese Rechte sachlich, räumlich und zeitlich unbeschränkt und ausschließlich auf den Verlag. […]
(4) Der Übersetzer überträgt insbesondere das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung in Buchform auf den Verlag; ferner alle Nebenrechte, das heißt das Recht der Vergebung von Lizenzen für Vorabdrucke und Nachdrucke (ganz oder teilweise), der Vergebung von Rundfunk-, Film-, Schallplatten-, Bühnen- und Fernsehrechten, der Lizenzvergebungen für Buchgemeinschaften, Taschenbuchausgaben, Anthologien und dergleichen.
(5) Der Verlag ist berechtigt, alle ihm hiernach zustehenden Rechte auf Dritte zu übertragen oder Dritten Nutzungsrechte an diesen Rechten einzuräumen. […]
§ 7
(1) Der Übersetzer erhält für seine Tätigkeit gemäß § 2 und § 6 und für die Übertragung sämtlicher Rechte gemäß § 3 als Gegenleistung […] pro Manuskriptseite der Übersetzung ein Honorar von 26 DM [“Contest” und “Excavation”] / 13,30 Euro [“Deep Fathom”]. Das Honorar wird wie folgt gezahlt: […] Gesamthonorar nach Annahme des vollständigen Manuskriptes. Die vereinbarten Honorare verstehen sich netto, also ohne Mehrwertsteuer. Falls der Übersetzer Mehrwertsteuer abführt, wird diese zusätzlich an ihn gezahlt.
2
Der Kläger ist der Ansicht, die vereinbarte Vergütung sei nicht angemessen. Er verlangt von der Beklagten die Einwilligung in die Änderung der Verträge, durch die ihm die angemessene Vergütung gewährt wird.
3
Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
in die Änderung des § 7 Abs. 1 der zwischen den Parteien bestehenden Übersetzungsverträge über die Werke mit den Originaltiteln “Contest” von Matthew Reilly vom 25. Juni 2001 [Antrag zu I], “Excavation” von James Rollins vom 13. Dezember 2001, “Deep Fathom” von James Rollins vom 25. März/8. April 2002 [Antrag zu II] jeweils geschlossen mit der [Rechtsvorgängerin der Beklagten], mit folgenden Fassungen einzuwilligen:
§ 7
1. Der Übersetzer erhält für seine Tätigkeit gemäß § 2 und § 6 und für die Übertragung sämtlicher Rechte gemäß § 3
a) ein Grundhonorar von 28 Euro pro Normseite (30 Zeilen zu 60 Anschlägen), zahlbar nach Abnahme des vollständigen Manuskriptes;
b) zusätzlich eine Absatzvergütung von 1% bis 20.000 Exemplare, ab 20.000 Exemplare 2% des jeweiligen Nettoverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufs-preises) für jedes verkaufte und bezahlte Exemplar.
2. Für Verlagsausgaben, die nicht oder nicht mehr der Preisbindung unterliegen, ist eine absatzbezogene Vergütung zu vereinbaren, die dem Übersetzer eine Beteiligung am effektiven Endverkaufspreis sichert, die der für preisgebundene Ausgaben mindestens entspricht.
3. Von sämtlichen Nettoerlösen, die beim Verlag insgesamt durch Einräumung von Nebenrechten gemäß § 3 Nr. 4 eingehen, erhält der Übersetzer 25%.
4. Honorarabrechnungen und Zahlungen erfolgen jährlich zum Ende eines Kalenderjahres innerhalb dreier Monate. Bei Nebenrechtsverwertungen mit im Einzelfall höheren Erlösen als 500 Euro erhält der Übersetzer eine entsprechende Akontozahlung, fällig zwei Wochen nach Geldeingang beim Verlag.
5. Die vereinbarten Honorare verstehen sich netto, also ohne Mehrwertsteuer. Falls der Übersetzer Mehrwertsteuer abführt, wird diese zusätzlich an ihn abgeführt.
6. Der Verlag ist verpflichtet, einem vom Übersetzer beauftragten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchsachverständigen zur Überprüfung der Honorarrechnung Einsicht in die Bücher und alle Abrechnungsunterlagen zu gewähren. Die hierdurch anfallenden Kosten trägt der Verlag, wenn sich die Abrechnung als fehlerhaft erweist.
Hilfsweise:
zur Anpassung gemäß § 32 UrhG in die Abänderung des § 7 Abs.1 der Übersetzerverträge vom 25. Juni 2001, 13. Dezember 2001 und 25. März/8. April 2002 dahingehend einzuwilligen, dass ihm eine vom Gericht im Wege der freien Schätzung festzusetzende, angemessene Vergütung für die Übertragung der Urhebernutzungsrechte an seinen Übersetzungen der Werke “Contest” von Matthew Reilly, “Excavation” und “Deep Fathom” von James Rollins gewährt wird, die über das Honorar in § 7 der Übersetzerverträge hinausgeht, wobei das Gericht gebeten wird, die Änderung der Verträge entsprechend zu formulieren.
III. ihm
a) Auskunft darüber zu erteilen, welche Ausgaben der Werke von Matthew Reilly “Showdown” [“Contest”] und James Rollins “Das Blut des Teufels” [“Excavation”] und “Im Dreieck des Drachens” [“Deep Fathom”] in einem oder mehreren der Verlage der Beklagten und/oder ihrer Rechtsvorgänger und/oder als Lizenzen der Beklagten und/oder ihrer Rechtsvorgänger in anderen Verlagen erschienen sind, für jede Ausgabe getrennt, jeweils ab dem 26. September 2005;
b) Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen für jedes Kalenderjahr getrennt, wie viele Exemplare der unter III. a) genannten Werke und zu welchen Ladenpreisen die Beklagte ab dem 26. September 2005 verkauft hat und/oder durch Dritte hat verkaufen lassen, getrennt nach Werken, Auflagen und Ausgaben (Hardcover, Taschenbuchausgaben und/oder Sonderausgaben);
c) Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen ab dem Stichtag des 10. Februar 2005, welche Nebenrechte die Beklagte/oder ihre Rechtsvorgänger wann, an wen und zu welchen im einzelnen aufgeschlüsselten Bedingungen vergeben haben und welche Erlöse sie dabei erzielt haben, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren.
IV. an ihn 25.705,77 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu bezahlen.
4
Das Landgericht (LG Berlin, ZUM 2005, 904) hat dem Hilfsantrag der Anträge zu I und zu II und dem Auskunftsantrag zu III c unter Abweisung der weitergehenden Anträge durch Teilurteil stattgegeben.
5
Auf die Berufung der Parteien hat das Berufungsgericht (KG Berlin, ZUM 2009, 407) das Urteil des Landgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel abgeändert und die Beklagte verurteilt,
in die Änderung des § 7 Abs. 1 der zwischen den Parteien bestehenden Übersetzungsverträge über die Werke mit dem Originaltitel “Contest” von Matthew Reilly vom 25. Juni sowie “Excavation” von James Rollins vom 13. Dezember 2001 und “Deep Fathom” von James Rollins vom 25. März/8. April 2002, geschlossen mit der [Rechtsvorgängerin der Beklagten], mit folgender Fassung einzuwilligen:
§ 7
1. Der Übersetzer erhält für seine Tätigkeit gemäß § 2 und § 6 und für die Übertragung sämtlicher Rechte gemäß § 3 als Gegenleistung
a) ein Grundhonorar von 26 DM (“Contest”) bzw. 13,30 Euro (“Excavation” und “Deep Fathom”) pro Normseite (30 Zeilen zu 60 Anschlägen), zahlbar nach Abnahme des vollständigen Manuskriptes,
b) eine Absatzvergütung von 2% des jeweiligen Nettoverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises) für jedes verkaufte und bezahlte und nicht remittierte Exemplar. Das Grundhonorar nach a) ist auf diese Absatzvergütung und auf die Beteiligung an Nettoerlösen aus der Vergabe von Nebenrechten (Ziff. 2) anzurechnen.
2. Von sämtlichen Nettoerlösen, die beim Verlag insgesamt durch Einräumung von Nebenrechten gemäß § 3 Nr. 4 eingehen, erhält der Übersetzer 10%, soweit diese vergebenen Nebenrechte die Benutzung der von ihm gefertigten Übersetzungen mit umfassen.
3. Honorarabrechnungen und Zahlungen erfolgen jährlich zum Ende eines Kalenderjahres innerhalb dreier Monate. Sollte sich in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres ein Guthaben von mindestens 2.000 Euro ergeben, so kann der Übersetzer eine Abschlagszahlung in Höhe dieses Guthabens bis zum 30. September dieses Jahres verlangen.
4. Die vereinbarten Honorare verstehen sich netto, also ohne Mehrwertsteuer. Falls der Übersetzer Mehrwertsteuer abführt, wird diese zusätzlich an ihn abgeführt.
Die bisherige Regelung in § 7 (2) des Vertrages wird § 7 (5) des Vertrages.
6
Dem Auskunftsantrag zu III hat das Berufungsgericht stattgegeben, den Zahlungsantrag zu IV hat es abgewiesen.
7
Dagegen haben beide Parteien die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Die Beklagte erstrebt die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt seine zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.


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