Arbeitsrecht

Verfahren um zutreffende tarifliche Eingruppierung einer medizinisch-technischen Laborassistentin – schwierige Antikörperbestimmung

Aktenzeichen  8 Sa 209/19

Datum:
6.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 40912
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
TVöD-K § 12 Abs. 1

 

Leitsatz

Nicht jeder Coombs-Test ist eine schwierige Antikörperbestimmung i. S. d. EGO-VKA Teil B Abschnitt XI Nr. 10 EG 9b (wie LAG Nürnberg vom 24.09.2019 – 6 Sa 93/19).
1. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang als Bezugsobjekt der tariflichen Wertung können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vorneherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind.(Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Erst nachdem ein Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand der in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale zu bewerten. Dabei genügt es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es obliegt dem Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, zu den Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle Beweis zu führen, aus denen sich die Erfüllung der tariflichen Anforderungen der geforderten Vergütung ergeben. Dies gilt auch im Hinblick auf die Darstellung der Arbeitsvorgänge und deren Zeitanteile. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Mit dem Sachvortrag des Klägers, er führe überwiegend Coombs-Tests und damit schwierige Antikörperbestimmungen aus, ist die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9b TVöD „schwierige Antikörperbestimmungen“ und „Wartung und Kalibrierung von insbesondere schwierig zu bedienenden Messgeräten“ nicht schlüssig dargelegt. Vielmehr bedarf es dafür der Darlegung, woraus sich bei dieser Tätigkeit die besondere Schwierigkeit der Antikörperbestimmungen ergeben soll. (Rn. 34 – 35) (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 Ca 588/18 2019-05-16 Endurteil ARBGWEIDEN ArbG Weiden

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden vom 16.05.2019 – Az.: 4 Ca 588/18 wird auf Kosten der Berufungsklägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG) und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Es kann insoweit vollumfänglich auf die sorgfältigen, umfassenden und rechtlich völlig zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen, auf diese ausdrücklich Bezug genommen und von deren lediglich wiederholenden Darstellung abgesehen werden (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sieht sich das Berufungsgericht zu folgenden ergänzenden Ausführungen veranlasst.
1. Zu Recht hat das Erstgericht gerügt, dass sich aus dem Sachvortrag der Klägerin nicht die im Rahmen ihrer Tätigkeit anfallenden Arbeitsvorgänge in erforderlichem Maße ergeben habe. Mit der Nennung ihrer drei Arbeitsbereiche Hämatologie, Immunhämatologie und klinische Chemie werden gerade nicht Arbeitsvorgänge beschrieben. Zu einem Arbeitsbereich können vielmehr mehrere voneinander zu trennende Arbeitsvorgänge zählen. Unabhängig von der Frage, ob das Erstgericht hierauf vor dem Erlass des Endurteiles hätte hinweisen müssen, ist es der Klägerin auch in der Berufungsinstanz nicht gelungen, im Einzelnen die Arbeitsvorgänge und deren Zeitanteile schlüssig darzustellen.
a. Bezugsobjekt der tariflichen Wertung im Rahmen des hier anzuwendenden TVöD-K ist der Arbeitsvorgang. Dieser bezeichnet eine abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Arbeitnehmers, bei der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten hinzuzurechnen sind (BAG Urteil vom 10.12.2014 – 4 AZR 773/13, in juris recherchiert). Für die Bestimmung eines Arbeitsvorganges ist somit das Arbeitsergebnis maßgebend. Jeder danach bestimmte einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespaltet werden (BAG Urteil vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16; vom 29.02.2019 – 4 AZR 562/17, in juris recherchiert).
Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vorneherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind (BAG Urteil vom 23.09.2009 – 4 AZR 308/08, in juris recherchiert). Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte auch dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (BAG Urteil vom 09.12.2015 – 4 AZR 11/13, in juris recherchiert). Das BAG hat insoweit seine frühere Rechtsprechung, dass tatsächlich trennbare tariflich verschieden zu bewertende Tätigkeiten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden können, aufgegeben (Urteil vom 22.02.2017 – 4 AZR 514/16; vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16, in juris recherchiert). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge vielmehr außer Betracht. Erst nachdem ein Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand der in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale zu bewerten. Es ist auch nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb eines Arbeitsvorganges zeitlich überwiegend anfallen. Vielmehr genügt es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte (BAG Urteil vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16).
Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (BAG Urteil vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16).
Es obliegt der Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, zu den Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle Beweis zu führen, aus denen sich die Erfüllung der tariflichen Anforderungen der geforderten Vergütung ergeben (BAG Urteil vom 11.02.2004 – 4 AZR 484/02, in juris recherchiert), dies gilt auch im Hinblick auf die Darstellung der Arbeitsvorgänge und deren Zeitanteile.
b. Unter Anwendung dieser Grundsätze kann aus dem Sachvortrag der Klägerin auch in der Berufungsinstanz jedoch bereits nicht auf die einzelnen Arbeitsvorgänge und deren konkrete Zeitanteile geschlossen werden.
aa. Wieder verweist die Klägerin zunächst lediglich auf die in den verschiedenen Schichten vorzunehmenden Tätigkeits- und Aufgabenbereiche und nimmt insoweit in einer Stundenaufstellung allgemein und ohne Konkretisierung Bezug auf Kerntätigkeiten mit Zusammenhangsarbeiten nämlich der Kerntätigkeit „Wartung und Kalibrierung von schwierig zu bedienenden Messgeräten“ und der Kerntätigkeit „schwierige Antikörperbestimmungen, bzw. Coombs-Tests“. Dann teilt die Klägerin den Arbeitsvorgang „schwierige Antikörperbestimmungen“ selbst in verschiedene Arbeitsvorgänge ein wie Wartung, Reagenzbeladung, Qualitätssicherung, Bestückung und Messung, Freigabe, Versand, Bestellung, Produktaufnahme, Produktzuordnung, Statusänderung und Konsultation, meint hierzu jedoch lediglich pauschal ohne dies mit entsprechenden Tatsachen zu untermauern, dass es sich dabei um Zusammenhangsarbeiten zur Kerntätigkeit „Durchführung von Coombs-Tests“ und damit schwierige Antikörperbestimmungen, handele. Im Bereich Probeannahme seien die Kerntätigkeit Wartung, Kalibrierung, Beladung und Qualitätssicherung des ACL-Top. Der Arbeitsbereich mit schwierigen Antikörperbestimmungen unter anderem mittels ECLIA-Tests an den Geräten Cobas 8000 und Cobas 6000 splittet sie selbst in die Arbeitsvorgänge Reagenzbeladung, Wartung, Kalibrierung, Qualitätssicherung, Bestückung und Messung, Freigabe und Bestellung auf. Insoweit soll es sich insbesondere beim Arbeitsvorgang Qualitätssicherung, um unumgängliche Zusammenhangsarbeiten zur Kerntätigkeit Wartung der Messgeräte gehören.
bb. Das Aufstellen derartiger Behauptungen ohne eines Tatsachenvortrages, der eine Subsumtion ermöglicht, ersetzt jedoch nicht den erforderlichen konkreten Sachvortrag. Zum einen fällt auf, dass die Klägerin die Qualitätssicherung sowohl als Zusammenhangstätigkeit bei der „schwierigen Antikörperbestimmung“ als auch bei der „Wartung und Kalibrierung“ ansehen will. Warum die Qualitätssicherung, die nach unstreitigem Sachvortrag der Beklagten auch unabhängig von Wartung und Kalibrierung durchgeführt wird, eine Zusammenhangstätigkeit darstellen soll, wird von der Klägerin nur behauptet, aber nicht mit entsprechenden Tatsachen untermauert.
Unterstellt werden kann, dass die „Wartung und Kalibrierung von Messgeräten“ und die „Antikörperbestimmungen“ zwei Arbeitsvorgänge darstellen. Dies ergibt sich eindeutig aus den unterschiedlichen Arbeitsergebnissen. Ersteres dient der Sicherung und gegebenenfalls Wiederherstellung eines einwandfreien Einsatzes der Messgeräte, letzteres ist das Ergebnis der dem Labor konkret in Auftrag gegebenen Blutuntersuchung. Die Klägerin untersucht allgemein Patientenproben. Diese Tätigkeit beschränkt sich aber unstreitig bereits nicht auf Antikörperfeststellungen bzw. Antikörperbestimmungen, sondern umfasst auch Blutgruppenbestimmungen und Verträglichkeitsprüfungen. Darüber hinaus trägt die Klägerin selbst vor, dass sie während der automatisch ablaufenden Tests andere Aufgaben erfüllt. So stellen einfache erste Suchtests, soweit sich hier nicht notwendigerweise weitere Tests durch die Klägerin anschließen, im Verhältnis zu von vornherein vorgesehenen kaskadenartigen Antikörperbestimmungen einen eigenen Arbeitsvorgang dar. Insoweit zielen die Tests von vorneherein auf unterschiedliche Ergebnisse ab. Routineverfahren, die in jedem Routinelabor zur Anwendung kommen, stellen keine schwierigen Antikörperbestimmungen dar, sondern gehören zu den Normaltätigkeiten einer MTLA und damit zur Entgeltgruppe 7.
Inwiefern das Bestellen von Zubehör und Materialien, der Versand von Proben, die Produktaufnahme und Produktzuordnung, Statusänderung und Konsultation Zusammenhangstätigkeiten darstellen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Ohne gegen das Atomisierungsverbot zu verstoßen, sind diese Arbeitsschritte von dem Test selbst jedoch abzutrennen und diesen nicht zuzurechnen. Dabei kommt es zwar nicht darauf an, dass diese Tätigkeiten auch von einer Hilfskraft erledigt werden könnten, wenn diese konkret der Klägerin übertragen worden sind; sie sind aber nicht bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten hinzuzurechnen. Der Test beginnt vielmehr mit dem Bestücken des Messgerätes und endet mit der Feststellung des Ergebnisses. Der Klägerin ist aber insoweit zuzustimmen, dass das Beladen der Autoanalyzer mit Reagenzien dem Arbeitsvorgang Wartung und Kalibrierung zuzurechnen ist, da diese für sich gesehen zwar einfache Tätigkeiten sind, aber für den Wartungs- und Kalibrierungsvorgang einen nicht wegzudenkenden Arbeitsschritt darstellt. Ohne diese wäre der Arbeitsvorgang Wartung und Kalibrierung nicht möglich.
2. Unabhängig von der Frage der Arbeitsvorgänge und deren zeitlichen Anteile ist das Arbeitsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9b TVöD „schwierige Antikörperbestimmungen“ und „Wartung und Kalibrierung von insbesondere schwierig zu bedienenden Messgeräten“ nicht schlüssig dargelegt hat. Dies ist ihr auch in der Berufungsinstanz nicht gelungen.
a. Entgegen der Auffassung der Klägerin reicht der Sachvortrag, sie führe überwiegend Coombs-Tests und damit schwierige Antikörperbestimmungen aus, nicht aus.
aa. Insoweit stimmt die erkennende Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg der Ansicht des Erstgerichts, diese bestätigt durch eine Entscheidung der 6. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Nürnberg vom 24.09.2019 – Aktenzeichen: 6 Sa 93/19 – vollumfänglich zu. Die 6. Kammer des LAG Nürnberg ist in seiner Entscheidung zu Recht davon ausgegangen, dass es für die Entgeltgruppe 9b TVöD-K nicht allein ausreichend ist, dass Coombs-Tests im erforderlichen zeitlichen Umfang durchgeführt werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin haben die Tarifvertragsparteien nicht explizit festgelegt, dass es sich um „schwierige Antikörperbestimmungen“ handelt, wenn Coombs-Tests durchgeführt werden. Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages ist wesentliches Merkmal für die entsprechende Eingruppierung die Durchführung „schwieriger Antikörperbestimmungen“. Die Tarifvertragsparteien haben mit dem Klammerzusatz „zum Beispiel Coombs-Test“ nicht festgelegt, wann immer eine solche Antikörperbestimmung vorliegen soll. Sie haben gerade nicht, wie zum Beispiel in der Protokollerklärung Nr. 1 zur Entgeltgruppe 8, selbst festgelegt, in welchen Beispielsfällen eine „schwierige“ Tätigkeit vorliegen soll. Sie haben vielmehr mit dem Klammerzusatz genannt, wann beispielsweise eine solche „schwierige“ Tätigkeit anfallen kann. Eine solche schwierige Antikörperbestimmung kann demnach auch bei Standardverfahren, wie dem Coombs-Test, und früher auch ausdrücklich erwähnt bei der Blutgruppenserologie, vorliegen. Danach kann eine Antikörperbestimmung auch mittels Standardverfahren schwierig sein, ist es aber nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht in jedem Fall automatisch. Das maßgebliche Eingruppierungsmerkmal bleibt die „schwierige Antikörperbestimmung“.
Der Wortlaut spricht auch dafür, dass es nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien nicht nur „schwierige Antikörperbestimmungen“ gibt, sondern auch solche, die diesen Schwierigkeitsgrad nicht aufweisen. Da aber nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien ganz überwiegend die Antikörperbestimmung mittels Coombs-Test erfolgt, würde der Schwierigkeitsgrad einer Bestimmung entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift ohne Bedeutung sein, wenn allein die Durchführung von Coombs-Tests für das geforderte Tätigkeitsmerkmal mit seinem ausdrücklichen Schwierigkeitsgrad ausreichend wäre. Entgegen der Auffassung der Klagepartei spricht für dieses Verständnis auch die Systematik und der Aufbau der Tätigkeitsmerkmale. Wie das Arbeitsgericht schon zutreffend ausgeführt hat, ist für die Eingruppierung von MTLA’s als Eingangsstufe die Entgeltgruppe 7 vorgesehen, wenn diese jeweils entsprechende Tätigkeiten ausüben. Welche Tätigkeiten damit gemeint sind, ergibt sich aus der jeweiligen aktuellen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zum Zeitpunkt der begehrten Eingruppierung. Danach gehört die Durchführung von Coombs-Tests in Theorie und Praxis zu diesen Tätigkeiten. Damit eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 7 erfolgt, muss ein MTLA nicht sämtliche entsprechenden Tätigkeiten ausüben, sondern es genügt, dass ein Teil dieser Tätigkeiten ausgeübt wird. Die Tätigkeit in Entgeltgruppe 7 ist eine entsprechende, wenn sie den Ausbildungsinhalten entspricht, auch wenn dies nur Teilbereiche der Ausbildungsinhalte betrifft. Damit ist die Durchführung von Coombs-Tests nach dem Willen der Tarifvertragsparteien von der Entgeltgruppe 7 bereits erfasst und deren Wertigkeit damit festgestellt. Darauf aufbauend sind Beschäftigte der Entgeltgruppe 7 mit entsprechenden Tätigkeiten (die auch Coombs-Tests durchführen) höher einzugruppieren, wenn sie über die Tätigkeiten der Entgeltgruppe 7 hinaus schwierige Aufgaben zu erfüllen haben (Entgeltgruppe 8 und 9a) oder zusätzliche Aufgaben wie „schwierige Antikörperbestimmungen“ (Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 2) erfüllen. Andere Antikörperbestimmungen als „schwierige Antikörperbestimmungen“ sind dagegen bereits nach dem Willen der Tarifvertragsparteien von der Entgeltgruppe 7 erfasst. Jeder der höheren Stufen über Entgeltgruppe 7 für MTLA verlangt, dass zu den Tätigkeiten, die von der Entgeltgruppe 7 erfasst sind, besondere Aufgaben hinzukommen müssen, verbunden mit besonderer Verantwortung oder einem gesteigerten Schwierigkeitsgrad. Diese Entgeltgruppen sind zwar nicht strikt aufeinander aufgebaut, aber ihnen ist zumindest gemeinsam, dass zusätzliche Tätigkeiten über die von Entgeltgruppe 7 erfassten Aufgaben erfüllt werden müssen. Für die Entgeltgruppe 9b sind dies in Fallgruppe 2 „schwierige Antikörperbestimmungen“. Es wäre unverständlich, dass die Durchführung von Coombs-Tests in einem bestimmten zeitlichen Umfang zur Eingruppierung in Entgeltgruppe 9b führen würden, wenn diese Tätigkeiten selbst schon generell in der Entgeltgruppe 7 erfasst sind.
Die Aufzählung der Aufgaben in Entgeltgruppe 9b, die zu einer entsprechenden Eingruppierung führen, sind in sich zwar abgeschlossen, das in Klammern genannte Beispiel ist aber nicht das einzige, bei dessen Vorliegen die vor die Klammer gesetzte Aufgabe gegeben sein kann, wie die Verwendung der Worte „zum Beispiel“ zeigt. Die Verwendung „z. B.“ zeigt nur, dass auch in anderen Fällen das vor der Klammer stehende Merkmal erfüllt werden kann. Dies bedeutet für den Wegfall der Blutgruppenserologie im Vergleich zu früheren Katalogen der entsprechenden Vergütungsgruppe, dass diese Tätigkeit zwar als ausdrückliches Beispiel weggefallen ist, aber wegen der nicht abschließenden Regelung der Beispiele auch dort nach wie vor eine schwierige Antikörperbestimmung anfallen kann. Entgegen der Auffassung der Klagepartei wäre es demnach systemwidrig jedwede Durchführung von Coombs-Tests für eine höhere Eingruppierung als in Entgeltgruppe 7 ausreichen zu lassen. Hierzu wäre vielmehr die Durchführung „schwieriger Antikörperbestimmungen“ zum Beispiel mittels Coombs-Tests oder in anderer Weise notwendig (LAG Nürnberg vom 24.09.2019 – Az.: 6 Sa 93/19).
bb. Daraus ergibt sich, dass die Klagepartei hätte darlegen müssen, woraus sich bei ihrer Tätigkeit die besondere Schwierigkeit der Antikörperbestimmungen ergeben soll. Das hat sie auch im Berufungsverfahren nicht getan. Nicht gefolgt werden kann der Behauptung der Klägerin, die Technik, d. h. die Bestimmungsmethode sei das Eingruppierungsmerkmal und nicht das Ergebnis.
(1) Die Klägerin geht selbst von einer Differenzierung zwischen Antikörpersuchtests, einfacher Antikörperbestimmungen und schwieriger Antikörperbestimmungen aus. Sowohl die Suchtests, als auch die einfachen Antikörperbestimmungen werden unstreitig ebenfalls mit Hilfe von Coombs-Tests durchgeführt. Es gibt daher auch einfachere Coombs-Tests. Der Coombs-Test unterscheidet sich von anderen Testverfahren im Wesentlichen durch das Milieu, in dem die Testung durchgeführt wird.
Unbestritten hat die Beklagte vorgetragen, dass es den sogenannten indirekten Coombs-Test, als auch den direkten Coombs-Test gibt. In beiden Fällen kann ein positives Testergebnis der Start einer diagnostischen Kaskade sein, die unter anderem in einer komplizierten, d. h. schwierigen Antikörperbestimmung endet. Sind Antikörper festgestellt, dann erfolgt die Identifikation nicht im Labor der Beklagten, sondern im Blutspendedienst in R… Die Komplexität „schwieriger Antikörperbestimmung“ ergibt sich aus dem Antikörper und der Anzahl der notwendigen Teststufen bis zum finalen Ergebnis und nicht allein aus der angewandten Bestimmungsmethode. Auch wenn in den Richtlinien der Bundesärztekammer gemäß §§ 12a, 18 Transfusionsgesetz (TFG) von einer „Kontrolle der Sensitivität und Spezifität des Antikörpertests“ die Rede ist, begründet dies nicht, dass jeder Coombs-Test für sich gesehen bereits eine schwierige Antikörperbestimmung darstellt. Im Rahmen des TFG geht es um die Überprüfung einer Blutprobe zwecks Transfusion. Die Klägerin behauptet selbst nicht entsprechende Blutproben zwecks Transfusion erstellt zu haben.
(2) Zur Abgrenzung einfacher und schwieriger Antikörperbestimmungen verweist die Klägerin zunächst auf den sogenannten BIA-Test, einen Schwangerschaftstest, den unstreitig jede Frau in der Apotheke erhalten und selbst ausführen kann und einer sogenannten aufwendigen und komplexen BETA-HCG-Bestimmung, bei der auf die genaue Schwangerschaftswoche geschlossen werden könne. Hierbei handelt es sich um eine Feststellung des Schwangerschaftshormons. Warum die BETA-HCG eine schwierige Antikörperbestimmung sein soll, ist nicht ersichtlich. Was die Klägerin unter aufwendig und komplex versteht, erklärt sie selbst nicht.
Zwar definiert die Klägerin in ihrem letzten Schriftsatz vom 26.11.2019 inwiefern sie einfache Antikörperbestimmungen von schwierigen Antikörperbestimmungen abgrenzen will, weist darauf hin, dass sie in ihren zeitlichen Darstellungen nur entsprechend schwierige Antikörperbestimmungen gewertet haben will. In ihrer Darstellung nimmt die Klägerin aber nur allgemein Bezug auf Bearbeitung „schwieriger Antikörperbestimmungen“ bzw. „Abarbeiten von Coombs-Tests“, ohne jedoch die einzelnen Testvorgänge zu beschreiben. Diese stellt jedoch eine rein subjektive Einschätzung der Klägerin dar.
Inwiefern die Klägerin allein aus dem zeitlichen Umfang einer Untersuchung, auf die Schwierigkeit der Antikörperbestimmung schließen möchte, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.
b. Der Beklagtenseite ist insoweit zuzustimmen, dass die Klägerin auch in der Berufungsinstanz die Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals „Wartung und Kalibrierung von hochwertigen und schwierig zu bedienenden Messgeräten“ bis zuletzt nicht schlüssig dargelegt hat. Insbesondere ergibt sich für diesen Arbeitsvorgang nach eigenem Sachvortrag der Klägerin selbst bereits lediglich ein Zeitanteil von 4,5 Prozent.
Die ständige Wiederholung, es handele sich bei den von ihr zu bedienenden Messgeräten um „schwierig zu bedienende Geräte“, ersetzt nicht den erforderlichen Sachvortrag, aus dem für das Gericht insbesondere eine Unterscheidung zwischen einfach zu bedienenden und schwierig zu bedienenden Geräte möglich wäre. Der Hinweis der Klägerin, zur Zeit ihrer Ausbildung hätte es derartige hochentwickelte Geräte noch nicht gegeben, ist insoweit unbeachtlich. Abzustellen ist vielmehr auf die Umstände, die zum Zeitpunkt des Erlasses der tariflichen Vorschrift, d. h. auf die Inhalte der aktuellen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für MTLA, die die Tarifvertragsparteien der Tarifvorschrift zugrunde gelegt haben. Insoweit wird dabei vorausgesetzt, dass früher ausgebildete MTLA’s ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten aktualisieren und sich im Hinblick auf Veränderungen bzw. Weiterentwicklungen ihrer Branche anpassen. Dass die Klägerin in ihrer Ausbildung vor vielen Jahren noch nicht mit entsprechend hoch entwickelten Geräten in Berührung gekommen war, macht die Handhabung dieser Geräte per se jedoch nicht schwierig. Nach der derzeitigen Ausbildungs- und Berufsordnung für MTLA’s ergibt sich, dass zu den vermittelten praktischen und theoretischen Kenntnissen die Wartung und Kalibrierung von Messgeräten, insbesondere auch Analyzern, gehört. Diese Geräte haben sich in den letzten Jahren auch ständig weiterentwickelt. Um eine Unterscheidung treffen zu können zwischen leicht und schwierig zu bedienenden Messgeräten, hätte es einer Darstellung bedurft, inwiefern sich die von der Klägerin zu bedienenden Messgeräte von der Bedienung der Messgeräte, die im Rahmen der Normaltätigkeit einer MTLA in einem Routinelabor bei Routineuntersuchungen verwendet werden, unterscheiden. Insoweit hat die Beklagte auch unbestritten vorgetragen, dass es sich bei ihren Geräten um solche handelt, die in jedem Routinelabor eingesetzt werden.
3. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat weder in der ersten Instanz noch im Berufungsverfahren ein Sachverständigengutachten über die Tätigkeit einer medizinisch-technischen Laborassistentin eingeholt werden müssen. Wie bereits erörtert, ist die Normaltätigkeit einer medizinisch-technischen Laborassistentin in Entgeltgruppe 7 eingruppiert. Diese in der Ausbildung vermittelten praktischen und theoretischen Kenntnisse sind der aktuellen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für MTLA’s zu entnehmen. Nur MTLA’s, die über die übliche Tätigkeit einer MTLA hinausgehende, besonders schwierige Tätigkeiten ausüben, erhalten die Entgeltgruppe 8 oder 9a, bzw. bei Vorliegen besonderer Eingruppierungsmerkmale die Spitzenentgeltgruppe für MTLA’s, die Entgeltgruppe 9b TVöD-K. Die Klägerin ist tatsächlich in Entgeltgruppe 8 eingruppiert, d. h. es wird ihr auch von Seiten der Beklagten attestiert, dass sie zu ein Viertel schwierige Aufgaben im Sinne der Protokollerklärung 1 erfüllt. Jedoch hätte das Gericht erst bei Vorliegen eines substantiierten Sachvortrages, der die Heraushebungsmerkmale begründen könnte, nach Bestreiten des Arbeitgebers Beweis erheben müssen. Vorliegend hätte die Einholung eines Gutachtens jedoch dazu gedient, den erforderlichen Sachvortrag erst zu erbringen. Dies hätte somit einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt.
Nach alldem hat das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen; die Berufung ist zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
IV.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG). Die Eingruppierung der MTLA‘s, die Antikörperbestimmungen unter anderem mittels Coombs-Tests durchführen, bedarf einer grundsätzlichen Klärung.


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