Arbeitsrecht

Verletzung des Mitbestimmungsrechts durch “Masseneinstellung” beim Bundesamt für Migraton und Flüchtlinge ohne Zustimmung des Personalrates

Aktenzeichen  AN 7 P 16.00296

Datum:
4.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AuR – 2016, 475
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BPersVG BPersVG § 69 Abs. 1, § 75 Abs. 1 Nr. 1, § 83 Abs. 2
SGB III SGB III § 382 Abs. 5

 

Leitsatz

1 Durch Einstellung Hunderter neuer Mitarbeiter im Frühjahr 2016 ohne vorherige Zustimmung des Personalrates hat der Leiter des BAMF, was von ihm auch eingeräumt wird, die Mitbestimmungsrechte des Örtlichen – und des Gesamtpersonalrates verletzt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein schutzwürdiges Interesse für die Feststellung dieser Rechtsverletzung ergibt sich daraus, dass die aufgeworfene Frage sich angesichts des weiteren Personalbedarfs des BAMF erneut stellen kann. (redaktioneller Leitsatz)
3 Auch humanitärer Druck und politische Erwartungen auf Grund einer außergewöhnlichen Lage in kurzer Zeit eine Vielzahl von Mitarbeitern einzustellen, rechtfertigen es nicht, von der Einhaltung des PersVG abzusehen, zumal wenn nicht im Wege der vertrauensvollen Zusammenarbeit Gespräche mit der Personlvertretung gesucht werden, um das Problem zu bewältigen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die zu den Terminen 1. Februar 2016, 8. Februar 2016 und 15. Februar 2016 aufgrund von Einstellungsvorschlägen des Arbeitgeber-Services (AG-S) der Bundesagentur für Arbeit erfolgten Einstellungen ohne vorherige Mitbestimmung des örtlichen Personalrats bzw. des Gesamtpersonalrats rechtswidrig waren. 2. Es wird festgestellt, dass die Einstellung und Beschäftigung der in Ziffer 1 genannten Mitarbeiter trotz verweigerter personalvertretungsrechtlicher Zustimmung ohne Einleitung eines Stufenverfahrens oder Einigungsstellenverfahrens rechtswidrig war bzw. ist.Gründe:

Gründe

I.
Gegenstand des vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens sind die Mitbestimmungsrechte des Örtlichen Personalrats (Antragsteller zu 1), im Folgenden auch: ÖPR) bzw. des Gesamtpersonalrats (Antragsteller zu 2), im Folgenden auch: GPR) beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: BAMF) anlässlich der Einstellung Hunderter neuer Mitarbeiter bei dieser Behörde.
Die zuständige Organisationseinheit im BAMF führte in einer internen Stellungnahme vom 21. Januar 2016 an den damaligen Vizepräsidenten der Behörde u. a. aus: Es bestehe derzeit akuter Rekrutierungsbedarf für die Einrichtung von Ankunftszentren in allen Bundesländern bis zum 30. Mai 2016, der über die standardmäßige Vorgehensweise mit Ausschreibungen nicht realisierbar sei. Die Leitung des Hauses habe daher Anfang 2016 entschieden, den akuten Bedarf durch schnelle und direkte Zulieferung von Bewerbern über die Arbeitgeber-Services (im Folgenden: AG-S) der Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden auch: BA) an das BAMF zu decken. Die Kompetenzen der Bewerber/innen inklusive der Bereitschaft zur Schichtarbeit sollten vom AG-S in geeigneten Rekrutierungsgesprächen überprüft werden, konkrete Einstellungsvorschläge sollten dem BAMF mit Einstellungstermin übermittelt werden. An der Auswahl seien keine Mitarbeiter des BAMF (auch nicht die Gremien) beteiligt. Die Projektgruppe „Personalrekrutierung Asyl“ sei am 11. Januar 2016 beauftragt worden, das Einstellungsmanagement vorzunehmen. Die Gremien des BAMF, insbesondere der ÖPR und der GPR, seien bislang nicht durch die Hausleitung über den Vorgang informiert worden. Es werde darauf hingewiesen, dass der beabsichtigten Vorgehensweise mehrere Beteiligungsrechte der entsprechenden Gremien entgegenstünden. Die Beteiligung der Personalvertretung sei – aufgrund der kurzfristigen Einstellungstermine – unter Umständen nicht vor Einstellung im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG möglich, was einen Verstoß gegen § 69 Abs. 1 BPersVG darstelle. Die Personalvertretung habe die Möglichkeit, ein Stufenverfahren gemäß § 69 Abs. 3 ff. BPersVG einzuleiten. Die vorgesehenen Einstellungen müssten teilweise aufgrund von Zeitdruck unter dem Vorbehalt der Gremienbeteiligung erfolgen. Der ÖPR habe dem Personalreferat anlässlich einer entsprechenden Vorlage, bei der die Einstellung mehrerer Mitarbeiter schon vollzogen gewesen sei, bevor die Beteiligung erfolgt sei, mitgeteilt, dass er solchen Maßnahmen künftig nicht mehr zustimmen werde. In der Vorlage wird abschließend der Entscheidungsvorschlag unterbreitet, die vom AG-S vorgeschlagenen Bewerber ohne die erforderliche Beteiligung der Gremien vorab und trotz der – näher beschriebenen – Prozessrisiken gemäß beigefügtem Mustervertrag, der eine Klausel zur Mehr- und Schichtarbeit enthalte, einzustellen. Die beteiligten Mitarbeiter/innen in der Projektgruppe „Personalrekrutierung Asyl“ würden von ihrer möglichen Haftung nach
§ 75 BBG (für Tarifbeschäftigte analog) freigestellt.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2016 beantragte der Leiter Projektgruppe „Personalrekrutierung Asyl“ beim ÖPR/GPR die Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung von insgesamt 224 Tarifbeschäftigten zum 1. Februar 2016, befristet ohne sachlichen Grund auf die Dauer von zwei Jahren, gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG.
Unter dem 3. Februar 2016 äußerte sich der ÖPR wie folgt:
Der beabsichtigten Maßnahme werde nicht zugestimmt. Die Personalmaßnahmen würden die Beteiligungs-/Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen, der Schwerbehindertenvertretung sowie des Gleichstellungsbeauftragten verletzen. Zudem stelle das Auswahlverfahren einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG dar. Der ÖPR werde den „Klageweg“ beschreiten, sofern an der Beschäftigung der eingestellten Mitarbeiter/innen festgehalten werde.
Mit weiterem Schreiben an den ÖPR/GPR vom 5. Februar 2016 beantragte der Leiter der Projektgruppe „Personalrekrutierung Asyl“ die Zustimmung zur Einstellung weiterer 40 Tarifbeschäftigter auf die Dauer von zwei Jahren zum Einstellungstermin 8. Februar 2016.
Auch insoweit erklärte der ÖPR – mit Schreiben vom 12. Februar 2016 (beigefügt eine ausführliche Stellungnahme) -, der beabsichtigten Maßnahme werde nicht zugestimmt, die Verweigerung der Zustimmung werde auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG gestützt. Aus der internen Vorlage der Verwaltung an den Vizepräsidenten des BAMF vom 21. Januar 2016 gehe hervor, dass und gegen welche gesetzlich zwingenden Vorschriften die Amtsleitung vorsätzlich verstoßen habe. Nach Auskunft der Abteilung 1 des BAMF seien dort über 40.000 Bewerbungen eingegangen, die nicht gesichtet worden seien. Es sei gegen die Ausschreibungspflicht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG verstoßen worden; der ÖPR habe einem Verzicht auf Stellenausschreibung nicht zugestimmt. Es sei u. a. gegen § 69 Abs. 1 BPersVG aufgrund fehlender Beteiligung der Personalvertretung vor der Einstellung im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG verstoßen worden.
Auch weiteren 79, zum 15. Februar 2016 erfolgten Einstellungen stimmte die Personalvertretung nicht zu.
Mit am 24. Februar 2016 bei der Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten des Bundes beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach (im Folgenden auch: Fachkammer) eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz ließen der ÖPR (Antragsteller zu 1) und der GPR (Antragsteller zu 2) das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren einleiten und geltend machen, das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretungen nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG sei in „rund 750“ Fällen (genauere Angaben zur Anzahl der Fälle seien vorerst nicht möglich) von der Dienststellenleitung verletzt worden. Zuletzt ließen sie sinngemäß beantragen:
1. Es wird festgestellt, dass die zu den Terminen 1. Februar 2016, 8. Februar 2016 und 15. Februar 2016 aufgrund von Einstellungsvorschlägen des Arbeitgeber-Services (AG-S) der Bundesagentur für Arbeit erfolgten Einstellungen ohne vorherige Mitbestimmung des örtlichen Personalrats bzw. des Gesamtpersonalrats rechtswidrig waren.
2. Es wird festgestellt, dass die Einstellung und Beschäftigung der in Ziffer 1 genannten Mitarbeiter trotz verweigerter personalvertretungsrechtlicher Zustimmung ohne Einleitung eines Stufenverfahrens oder Einigungsstellenverfahrens rechtswidrig war bzw. ist.
Listen mit den Namen und vorgesehenen Standorten der von den Einstellungsmaßnahmen zu den Terminen 1. Februar 2016 und 8. Februar 2016 erfassten Personen wurden der Fachkammer bei der Verfahrenseinleitung vorgelegt. Bezüglich des Einstellungstermins vom 15. Februar 2016 wurden die entsprechenden Daten mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. Juli 2016 nachgereicht, ebenso eine Liste der personalvertretungsrechtlich nicht verselbstständigten Außenstellen des BAMF.
Zur Begründung des Antrags zu 1) wurde u. a. ausgeführt:
Nachdem sich beim BAMF rund 48.000 Bürger auf ausgeschriebene Stellen zur Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise beworben gehabt hätten, sei die Sachbearbeitung dieser Bewerbungen durch das BAMF eingestellt und die BA mit der Stellenakquise beauftragt worden. Bewusst ohne Mitwirkung der Personalvertretungsgremien, des Schwerbehindertenbeauftragten und der Gleichstellungsbeauftragten seien von der BA nach deren Ansicht geeignete Bewerber dem BAMF gemeldet worden. Dort habe man, wiederum ohne Mitwirkung der vorgenannten Gremien und Beauftragten, Arbeitsverträge vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Gremien geschlossen, die Zustimmung der Gremien jedoch nicht abgewartet, sondern die Beschäftigten sofort eingestellt. Die Einstellung von neuen Mitarbeitern könne gemäß § 69 Abs. 1 BPersVG nur mit vorheriger Zustimmung des Personalrats erfolgen. Hierzu hätte der Leiter der Dienststelle gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG die Personalvertretungsgremien von der beabsichtigten Maßnahme unterrichten und die Zustimmung der Personalvertretungsgremien beantragen müssen. Der Dienststellenleiter habe auch kein Stufenverfahren eingeleitet. Gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 83 Abs. 3 Satz 1 ArbGG sei der Dienststellenleiter zwingend am personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren zu beteiligen. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 382 Abs. 5 SGB III lägen jedoch erhebliche rechtliche Zweifel daran vor, dass der Leiter des BAMF, *******************************************, das BAMF überhaupt rechtlich leiten dürfe. Für den gestellten Antrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Vorsätzlich und absichtlich verstoße die Leitung des BAMF gegen geltendes Recht und stelle nach ihrer Vorstellung Mitarbeiter von den haftungsrechtlichen Folgen dieses Verhaltens frei. Die Bewertung dieses vorsätzlichen Verhaltens als Rechtsbeugung sei nicht unangemessen. Bei einer derartigen Rechtsuntreue sei davon auszugehen, dass sich die Behördenleitung auch für die Zukunft nicht an das geltende Personalvertretungsrecht halten werde, zumal der Personalbedarf des Bundesamtes bei weitem noch nicht gedeckt sei. Trotz Ablehnung der im Streit befindlichen Personaleinstellungen habe das BAMF zum 15. Februar 2016 erneut Personal eingestellt.
Zur Begründung des Antrages zu 2) wurde u. a. ausgeführt:
Die Einstellung der im Antrag zu 1) genannten Mitarbeiter trotz Zustimmungsverweigerung der Personalratsgremien sei rechtswidrig. Nach Zustimmungsverweigerung hätte der Dienststellenleiter das Einigungsstellenverfahren gemäß § 69 Abs. 3 BPersVG betreiben müssen, wenn er an seiner ursprünglichen Absicht hätte festhalten wollen. Die Frist sei inzwischen abgelaufen, folglich sei die Zustimmung des Personalrats endgültig verweigert. Die Beschäftigung dieser Mitarbeiter trotz endgültig verweigerter Personalratszustimmung beeinträchtige auch gegenwärtig die Rechte des Personalrats, denn diese Mitarbeiter seien weiterhin der Dienststelle eingegliedert und würden dort ihren Dienst verrichten. Selbst bei Durchführung eines Stufenverfahrens wäre die Einstellung der Mitarbeiter vor Abschluss dieses Verfahrens ebenfalls rechtswidrig. Die geschilderte Praxis der Behördenleitung werfe im Übrigen auch erhebliche individualarbeitsrechtliche Probleme auf. Der Begriff der Einstellung im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG nehme jedoch nicht Bezug auf den Arbeitsvertrag, sondern auf den Umstand der Eingliederung in den Dienstbetrieb. Bezüglich der geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe im Sinne von § 77 Abs. 2 BPersVG werde auf die entsprechende Äußerung des ÖPR verwiesen. Im Übrigen komme es auf das Vorliegen von Zustimmungsverweigerungsgründen nicht an. Wäre der Dienststellenleiter der Ansicht gewesen, dass sich die Personalratsgremien zu Unrecht auf einen Verweigerungsgrund berufen hätten, so wäre die Mitbestimmungsangelegenheit gegebenenfalls im Einigungsstellenverfahren zu klären gewesen. Auch liege kein Abbruch des Verfahrens wegen angeblich unbeachtlicher Zustimmungsverweigerung vor. Der Dienststellenleiter habe das Mitbestimmungsverfahren nicht abgebrochen, er habe vielmehr vorsätzlich und absichtlich Einstellungen vorgenommen, ohne die vorherige Zustimmung der Personalratsgremien zu beantragen. Der Dienststellenleiter habe auch keine vorläufigen Maßnahmen im Sinne des § 59 Abs. 5 BPersVG getroffen, zumindest seien derartige Anordnungen der Antragstellerseite nicht bekannt. Zudem wäre zu bestreiten, dass bei Vorliegen von 48.000 Bewerbungen die gewählte Vorgehensweise wegen der Natur der Sache gerechtfertigt gewesen wäre. Insbesondere wäre eine vorläufige Maßnahme nur bis zur endgültigen Entscheidung zulässig gewesen. Die endgültige Entscheidung sei hier jedoch bereits getroffen worden, die Mitarbeiter seien eingestellt worden, bevor das Zustimmungsverfahren beantragt worden sei. Für die Anwendung vorläufiger Maßnahmen sei daher kein Raum verblieben.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6. April 2016 ließ der beteiligte Dienststellenleiter im Wesentlichen ausführen:
Zu den drei Einstellungsterminen 1. Februar 2016, 8. Februar 2016 und 15. Februar 2016 seien insgesamt 326 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt worden. Von diesen seien inzwischen nur noch 276 Personen beim BAMF beschäftigt, bei den Übrigen seien – unter Vorbehalt der Zustimmung der Gremien – die nur befristet geschlossenen Arbeitsverträge bereits wieder beendet worden. Insoweit habe sich das Verfahren wohl erledigt. Darüber hinaus habe der Dienststellenleiter den Antragstellern am 5. April 2016 die Angelegenheit hinsichtlich der noch relevanten Einstellungsmaßnahmen erneut der Personalvertretung vorgelegt und diese um Zustimmung zu den Einstellungsmaßnahmen gebeten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 12.9.2011 – 6 PB 13.11) sei eine solche erneute Vorlage zulässig. Kopien der betreffenden Personalratsvorlagen, datierend jeweils vom 5. April 2016, seien jeweils beigefügt. Aus Sicht des Dienststellenleiters sei mit der von ihm nun erneut beantragten Zustimmung zu den Einstellungsmaßnahmen dem Rechtsschutzziel der Antragsteller wohl hinreichend Rechnung getragen worden. Abschließend werde noch darauf hingewiesen, dass nach § 5a Abs. 2 der Geschäftsordnung für das BAMF (im Folgenden auch: GO-BAMF) – in der ab 29. Februar 2016 gültigen Fassung – der Vizepräsident und Amtschef gesetzlicher Vertreter des BAMF sei, der die Behörde nach innen und außen vertrete und somit richtiger Beteiligter am personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren sei.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21. April 2016 ließen die Antragsteller hierauf im Wesentlichen Folgendes erwidern:
Eine Erledigung des Verfahrens sei nicht eingetreten. Die Einstellungen seien vorgenommen worden, bevor ein Mitbestimmungsverfahren eingeleitet worden sei. Weder die inzwischen erfolgten individualarbeitsrechtlichen Kündigungen einiger eingestellter Mitarbeiter noch der erneute Antrag auf Zustimmung zu bereits abgelehnten Sachverhalten führe materiellrechtlich zu einer Heilung und prozessual zum Verlust des Rechtsschutzbedürfnisses. Gemäß Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. November 1995, 6 P 2/94, juris Rn. 26, sei eine nachträgliche Zustimmung zu einer beabsichtigten Maßnahme nicht zulässig. Die Mitbestimmung sei vor der beabsichtigten Maßnahme einzuleiten, der Personalrat dürfe nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Die von Beteiligtenseite zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2011, 6 BP 13.11, sei hier nicht einschlägig. Die Entscheidung ermögliche zwar eine erneute Antragstellung des Dienststellenleiters „ad ultimo“, setze jedoch voraus, dass die Maßnahme beabsichtigt sei und noch nicht durchgeführt worden sei. Das Mitbestimmungsrecht mit der Pflicht zur Einholung der Vorabzustimmung würde zu einer kosmetischen Maßnahme verkommen, wenn die Maßnahme vorab durchgeführt werde und nachträglich ein oder mehrere Male die Mitbestimmung für die bereits durchgeführte Maßnahme beantragt werde. Für den im gerichtlichen Verfahren gestellten Antrag existiere weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragsteller hätten zwar einen vom Einzelfall losgelösten abstrakten Antrag rechtshängig gemacht, dennoch werde das Gericht nicht unzulässigerweise zur Erstellung eines Rechtsgutachtens zu einer abstrakten Rechtslage angerufen. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich das Verhalten der Dienststellenleitung wiederholen werde. Schließlich habe die vorliegende Antragstellung den Dienststellenleiter nicht davon abgehalten, erneut ohne vorherige Mitbestimmung Einstellungen vorzunehmen. Für das Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses spreche auch, dass der Fall personalvertretungsrechtlich noch gestaltbar sei. Schließlich habe der Dienststellenleiter die Möglichkeit, das Stufenverfahren für den inhaltsgleichen erneuten Antrag einzuleiten.
Mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 13. Mai 2016 ließ der beteiligte Leiter des BAMF noch ergänzen:
Nachdem die Antragsteller ihre Zustimmung zu den ihnen erneut vorgelegten Einstellungsmaßnahmen verweigert hätten, sei vom Dienststellenleiter inzwischen fristgerecht das Stufenverfahren eingeleitet worden. Im Übrigen habe sich das vorliegende Verfahren mit der erneuten Vorlage der Maßnahmen entgegen der Auffassung der Antragsteller erledigt. Es sei zutreffend, dass die Beteiligung der Personalvertretung nach der gesetzlichen Regelung vor der Durchführung einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme erfolgen solle. Darauf komme es hier jedoch nicht an. Entscheidend sei vielmehr, was die Antragsteller im vorliegenden Verfahren prozessual erreichen könnten. Nach der Rechtsprechung des BVerwG folge aus der gerichtlichen Feststellung einer Mitbestimmungspflichtigkeit einer Maßnahme nicht sofort die Verpflichtung, diese bereits durchgeführten Maßnahmen wieder vollständig rückgängig zu machen. Vielmehr könne sich eine Dienststelle nach gerichtlicher Feststellung des Mitbestimmungsrechts zunächst darauf beschränken, das bislang unterbliebene Mitbestimmungsverfahren nachzuholen. Ob und in welchem Umfang die Maßnahme dann gegebenenfalls rückgängig zu machen sei, sei vom Ausgang des nachzuholenden Mitbestimmungsverfahrens abhängig. Demzufolge bejahe das BVerwG, worauf auch die Antragsteller zu Recht hinwiesen, das Rechtsschutzbedürfnis des Personalrats für die gerichtliche Klärung seines Mitbestimmungsrechts immer dann, aber eben auch nur solange, wie in einem nachzuholenden Mitbestimmungsverfahren noch eine Änderung der Maßnahme erreicht werden könne, die Maßnahme also noch personalvertretungsrechtlich gestaltbar sei (Verweis auf BVerwG, B.v. 14.7.2011 – 6 P 10/10, Rn. 11). Hier habe der Dienststellenleiter das Beteiligungsverfahren bereits vor Abschluss des gerichtlichen Verfahrens neu eingeleitet. Mehr könnten die Antragsteller auch nach einem Obsiegen im vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht erreichen. Die neue Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens sei nach der Rechtsprechung des BVerwG auch – unabhängig von einer zuvor erfolgten gerichtlichen Feststellung – zulässig. Das von den Antragstellern angenommene einschränkende Verständnis der Entscheidung des BVerwG aus dem Jahr 2011, wonach dies nicht gelten solle, wenn eine Maßnahme bereits vollzogen sei, werde durch die Entscheidungsgründe nicht gestützt. Das BVerwG habe vielmehr als Grenze und zum Schutz des Personalrats allein die Rechtsmissbräuchlichkeit eines weiteren Zustimmungsantrags vorgegeben. Dafür sei hier aber nichts ersichtlich. Schließlich sei es zutreffend, dass vereinzelt in einigen wenigen Fällen auch nach den streitgegenständlichen Einstellungsterminen noch Mitarbeiter – unter Vorbehalt der Gremienzustimmung – eingestellt worden seien, ohne dass zuvor die Zustimmung des ÖPR/GPR eingeholt worden sei. Um „solche Fehler“ in Zukunft zu vermeiden, sei zum 2. Mai 2016 eine Projektgruppe „Beteiligung“ eingerichtet worden.
In der mündlichen Verhandlung/Anhörung vor der Fachkammer am 21. Juni 2016 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Verfahrensbeteiligten ausführlich erörtert. Die Beteiligtenseite erklärte u. a., sie habe, wie auch bereits schriftsätzlich ausgeführt, verschiedene Maßnahmen getroffen mit dem Ziel, dass weitere Fehler nach Möglichkeit vermieden werden könnten. Die entsprechenden noch aktuellen Einstellungsvorgänge seien der Personalvertretung ein weiteres Mal mit der Bitte um Zustimmung vorgelegt worden. Der Vorgang sei derzeit beim Hauptpersonalrat des Bundesministeriums des Innern (BMI) anhängig, von dort lägen jedoch bisher keine weiteren Nachrichten vor.
Auf Vorschlag des Gerichts räumte die Beteiligtenseite mit dem Ziel der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits ausdrücklich ein, dass bei den Einstellungsterminen 1. Februar, 8.Februar und 15. Februar 2016 gegen zwingende Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes (§ 75 Abs.1 Nr. 1 BPersVG) verstoßen worden sei, so dass die entsprechenden Einstellungsmaßnahmen rechtswidrig gewesen seien. Ferner erklärte die Beteiligtenseite, sie werde alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um vergleichbare Rechtsverstöße in der Zukunft zu vermeiden.
Das Gericht gewährte den Verfahrensbeteiligten antragsgemäß Schriftsatzfrist von zwei Wochen.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4. Juli 2016 begehrten die Antragsteller nach Beratung in ihren Gremien eine Entscheidung in der Sache. Der Entscheidung der Gremien hätten Äußerungen des Dienststellenleiters zugrunde gelegen, die dieser laut Ausgabe der Zeitschrift „stern“ vom 16. Juni 2016 getätigt habe. Dieser habe – laut „stern“ – sinngemäß erklärt, er werde auch in Zukunft zügig neues Personal einstellen, auch gegen den Widerstand der Arbeitnehmervertreter. Wörtlich habe der Dienststellenleiter – laut „stern“ – erklärt: „Wir entscheiden das jetzt. Notfalls haben wir dann eben die nächste Klage.“
Die Verfahrensbeteiligten erklärten übereinstimmend mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 8. Juli 2016 bzw. vom 14. Juli 2016 ihr Einverständnis mit dem Übergang in das schriftliche Verfahren und tauschten mit weiteren anwaltlichen Schriftsätzen ihre unterschiedlichen Rechtsauffassungen, insbesondere auch zur Frage des Fortbestehens des Rechtsschutzinteresses bzw. Feststellungsinteresses, aus.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässigen Anträge Ziffern 1) und 2) sind begründet.
Der beteiligte Dienststellenleiter hat, wie er selbst ausdrücklich durch seine anwaltlichen Bevollmächtigten einräumen hat lassen, in großem Umfang, nämlich (zumindest) in den hier konkret streitgegenständlichen, namentlich benannten – bei korrekter Addition der bezüglich der Einstellungstermine 1. Februar 2016, 8. Februar 2016 und 15. Februar 2016 bis zuletzt vorgelegten Daten – insgesamt 343 (nicht 326) Fällen das Mitbestimmungsrecht des ÖPR bzw. des GPR nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG verletzt. Die Einstellung dieser Mitarbeiter ohne vorherige Einholung der Zustimmung des ÖPR bzw. des GPR war rechtswidrig; ferner war bzw. ist die Einstellung und Beschäftigung dieser Mitarbeiter trotz verweigerter personalvertretungsrechtlicher Zustimmung ohne Einleitung eines Stufenverfahrens bzw. Einigungsstellenverfahrens rechtswidrig. Der ÖPR und der GPR haben auch nach wie vor ein im vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren durchsetzbares rechtlich geschütztes Interesse daran, dass die vorgenannten Verstöße des Dienststellenleiters gegen die Bestimmungen des BPersVG von der Fachkammer durch Beschluss festgestellt werden.
Die Fachkammer entscheidet nach abschließender schriftsätzlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage durch die Verfahrensbeteiligten im Anschluss an die mündliche Verhandlung/Anhörung vom 21. Juni 2016 mit ausdrücklichem Einverständnis der Verfahrensbeteiligten gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG ohne (weitere) mündliche Verhandlung/Anhörung im schriftlichen Verfahren. Dabei wirken an der schriftlichen Entscheidung diejenigen Richter der Fachkammer mit, die bereits an der mündlichen Verhandlung/Anhörung vom 21. Juni 2016 mitgewirkt haben. Das Verfahren wurde in dem genannten Termin nämlich mit Bedacht nicht vertagt, vielmehr wäre die seinerzeitige mündliche Verhandlung/Anhörung, wenn nicht das Einverständnis mit dem Übergang in das schriftliche Verfahren erklärt worden wäre, fortgeführt worden.
Im Einzelnen:
1. Verfahrensbeteiligte:
Vorab ist, insbesondere auch im Hinblick auf das diesbezügliche, teilweise sehr ausführliche Vorbringen der Verfahrensbeteiligten, Folgendes zu bemerken:
a) Antragsteller:
Soweit das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren hier Einstellungen von Tarifbeschäftigten an nicht nach § 6 Abs. 3 Satz 3 BPersVG verselbstständigten Standorten betrifft (vgl. hierzu die als Anlage 2 zum anwaltlichen Schriftsatz der Antragstellerseite vom 22.7.2016 übermittelte Aufzählung von 18 Standorten des BAMF), ist personalvertretungsrechtlicher Partner des Dienststellenleiters bei Einstellungsmaßnahmen der Antragsteller zu 1), d. h. der ÖPR (§ 75 Abs. 1 Nr. 1, § 69 Abs. 1 und 2 BPersVG), dieser ist somit insoweit richtiger Antragsteller.
Soweit das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren dagegen Einstellungen an Standorten betrifft, deren wahlberechtigte Beschäftigte einen Verselbstständigungsbeschluss nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG gefasst haben, ist vorliegend nach dem „Prinzip der Partnerschaft“ zwischen Personalvertretung und Dienststellenleitung der GPR (Antragsteller zu 2)) richtiger Antragsteller, weil die Einstellungsbefugnis insoweit – nach übereinstimmenden und nachvollziehbaren Angaben der Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung/Anhörung vom 21. Juni 2016 – beim Leiter der Zentraldienststelle und nicht beim Leiter der jeweiligen verselbstständigten Teildienststelle liegt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 15.8.1983, Az. 6 P 18/81, juris, Rn. 20; BVerwG, Beschluss vom 27.2.1986, Az. 6 P 32/82, juris, Rn. 15; Schlatmann in Lorenzen/Etzel u. a., BPersVG, § 55, Rn. 13, 14). Vorliegend konnte – wegen der großen Anzahl der betroffenen Mitarbeiter und Standorte – auch in der mündlichen Verhandlung/Anhörung vom 21. Juni 2016 (vgl. Sitzungsniederschrift Seite 3 unten) und auch schriftsätzlich keine Klarheit darüber gewonnen werden, welche der streitgegenständlichen Einstellungsmaßnahmen personalvertretungsrechtlich verselbstständigte Standorte einerseits und welche der streitgegenständlichen Einstellungsmaßnahmen die Zentraldienststelle (einschließlich personalvertretungsrechtlich nicht verselbstständigter Außenstellen) andererseits betreffen. Dies bedarf hier jedoch letztlich auch keiner Aufklärung im Einzelnen, denn es ist jedenfalls unstrittig, dass sowohl Einstellungsmaßnahmen hinsichtlich verselbstständigter als auch hinsichtlich nichtverselbstständigter Dienststellenteile erfolgt sind. Einer konkreten Zuordnung der jeweiligen einzelnen Einstellungsmaßnahme zum jeweiligen konkreten Dienststellenteil bedarf es daher nicht.
Sowohl der ÖPR als auch der GPR haben – im Übrigen unbestrittenermaßen – ihren jeweiligen Vorstand ordnungsgemäß nach § 32 Abs. 3 BPersVG zur Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens und zur Beauftragung ihres anwaltlichen Bevollmächtigten ermächtigt (vgl. Anlagen zum anwaltlichen Schriftsatz vom 10.6.2016). Nachdem die Ermächtigungsbeschlüsse jeweils einstimmig, in einem der beiden Fälle: bei (nur) einer Abwesenheit, ergangen sind, sind offensichtlich auch die Interessen der hier betroffenen Gruppe der Arbeitnehmer gewahrt (§ 32 Abs. 3 Satz 2, § 73 Abs. 1 BPersVG; vgl. dazu VG Berlin, Beschluss vom 3.11.1975, Az. VG FK Bund 11/75, PersV 1977, 151).
b) Dienststellenleiter:
Als Dienststellenleiter ist am vorliegenden Verfahren beteiligt – ohne Namensnennung – „der Leiter“ des BAMF:
Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren, das hier nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG (Zuständigkeit bzw. Rechtsstellung der Personalvertretungen) eröffnet ist und für das die Vorschriften der § 80 ff. ArbGG entsprechend gelten (vgl. § 83 Abs. 2 BPersVG), ist zwingend „der Arbeitgeber“ im Sinne des § 83 Abs. 3 ArbGG zu beteiligen. Diesem entspricht im Anwendungsbereich des BPersVG gemäß § 7 der Leiter der Dienststelle, bei dem die Personalvertretung errichtet ist (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 26.7.1979, Az. 6 P 44/78, juris, Rn. 20). Die Beteiligtenstellung ergibt sich unmittelbar allein aus dem materiellen Recht, sie ist weder durch Erklärungen der Verfahrensbeteiligten noch durch einen Akt des Gerichts begründet (BVerwG, Beschluss vom 22.1.2016, Az. 5 PB 10.15, juris, Rn. 4). Zu beteiligender Dienststellenleiter ist hier somit, sowohl im Verfahren wegen des Antrags des ÖPR als auch im Verfahren wegen des Antrags des GPR, gemäß § 5 Abs. 2 AsylG der Leiter des BAMF. Nachdem sich die Dienststellenleiter-Eigenschaft hier unmittelbar aus dem AsylG ergibt, vermag die Regelung in § 5 a Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung des BAMF (Fassung vom 29.2.2016, unveröffentlicht), wonach Dienststellenleiter im Sinne des § 7 Satz 1 BPersVG der Vizepräsident und Amtschef des BAMF sei, hieran nichts zu ändern. Zwar handelt es sich beim BAMF um eine Bundesbehörde ohne nachgeordnete Dienststellen, so dass sich der Dienststellenleiter nach Maßgabe von § 7 Satz 3, 4 BPersVG bei der Wahrnehmung seiner personalvertretungsrechtlichen Aufgaben vertreten lassen kann, dies ändert jedoch an seiner grundsätzlichen Stellung als Dienststellenleiter nichts. Die Delegation der Aufgabenwahrnehmung an verantwortliche Mitarbeiter in hervorgehobener Stellung entbindet den Dienststellenleiter auch nicht von seiner auch juristischen Gesamtverantwortung nach § 5 Abs. 2 AsylG, § 7 Satz 1 BPersVG in personalvertretungsrechtlicher Hinsicht.
Die Rechtsposition des Dienststellenleiters im personalvertretungsrechtlichen Bereich ist auch nicht an eine bestimmte natürliche Person geknüpft, d. h. sie ist nicht an die Person des jeweiligen Amtsinhabers gebunden, sondern an das Amt als solches; selbst ein etwaiger Wechsel im Amt wäre auf das Beschlussverfahren ohne Einfluss (BVerwG, Beschluss vom 6.2.1979, Az. 6 P 14/78, juris, Rn. 38 ff.). Dieser Rechtslage entsprechend ist auch im Rubrum der Entscheidung der Fachkammer der Name des gegenwärtigen Leiters des BAMF nicht anzugeben, weil er für das Verfahren unerheblich ist (BVerwG, a. a. O., juris, Rn. 41).
Im Hinblick auf das vertiefte Vorbringen der Verfahrensbeteiligten hierzu sei ferner bemerkt:
Kommt es, wie vorstehend ausgeführt, für die Beteiligtenstellung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren auf die konkrete Person des jeweiligen Inhabers des Amts des Dienststellenleiters nicht an, so braucht wohl allein schon deswegen auf die Argumentation der Verfahrensbeteiligten im Zusammenhang mit den vom gegenwärtigen Inhaber des Amtes des Leiters des BAMF zusätzlich innegehabten Ämtern und Mandaten nicht eingegangen zu werden. Im Übrigen jedenfalls gelten die in § 382 Abs. 5 SGB III geregelten Beschränkungen für Nebentätigkeiten ausschließlich für die Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit in Bezug auf ihr jeweiliges dortiges Amt. Entsprechende Nebentätigkeitsbeschränkungen für den Inhaber des Amts des Leiters des BAMF sind weder aus dem AsylG selbst noch aus dem allgemeinen Beamtenrecht oder sonstigen Bestimmungen ersichtlich.
2. Materielle Rechtslage:
Dass der Dienststellenleiter, wie von Antragstellerseite gerügt, die Mitbestimmungsrechte des ÖPR bzw. des GPR nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG verletzt hat, indem er die von diesen im vorliegenden Verfahren beanstandeten Einstellungen ohne deren nach § 69 BPersVG erforderlichen vorherigen Zustimmung vorgenommen hat, hat dieser sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung/Anhörung vom 21. Juni 2016 wiederholt selbst eingeräumt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung sind nicht veranlasst. Näherer Ausführungen hierzu bedarf es nicht. Der Umstand, dass der Dienststellenleiter – zumindest in bestimmten Fällen – das Mitbestimmungsverfahren nachträglich bzw. erneut eingeleitet hat, beseitigt nicht rückwirkend die zuvor bereits eingetretene Verletzung der Mitbestimmungsrechte.
Soweit sich der Dienststellenleiter zur Erklärung der von ihm gewählten Vorgehensweise darauf beruft, man habe sich erheblichem humanitären Druck und hohen politischen Erwartungen ausgesetzt gesehen, rechtfertigt dies den Verzicht auf die vorherige Einholung der erforderlichen Zustimmung der Personalvertretung nicht. Das BPersVG sieht – vorbehaltlich allenfalls des hier jedenfalls schon nicht gewählten Weges nach § 69 Abs. 5 BPersVG – keine Möglichkeit vor, aus den genannten Gründen von den darin geregelten Verfahrensweisen abzuweichen. Dies gilt auch, wenn es um die kurzfristig notwendige Einstellung einer verhältnismäßig großen Anzahl von Mitarbeitern geht. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich und dargetan, dass geradezu die Voraussetzungen eines – wie auch immer näher zu definierenden – „übergesetzlichen Notstandes“ (zu diesem unbestimmten Rechtsbegriff im Verwaltungsrecht vergleiche etwa BVerwG, Urteil vom 10.11.1966, Az. II C 100.64, juris, Rn. 29, 35; zum Notstandsbegriff im Verfassungsrecht vgl. etwa Enders in Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage 2014, § 276) vorgelegen hätten bzw. noch vorliegen würden. Es ist nicht einmal dargetan und ersichtlich, dass seitens des Dienststellenleiters überhaupt ernstlich versucht worden wäre, mit der Personalvertretung – schon im Rahmen der auch und gerade in schwierigen Situationen rechtlich gebotenen vertrauensvollen Zusammenarbeit (vgl. § 2 Abs. 1 BPersVG) – das Gespräch zu suchen und Möglichkeiten der Bewältigung der – auch von der Personalvertretung ausdrücklich anerkannten – außergewöhnlichen Lage zu erörtern. Vielmehr spricht die von Antragstellerseite in das Verfahren eingeführte amtsinterne Stellungnahme vom 21. Januar 2016 an den seinerzeitigen Vizepräsidenten des BAMF dafür, dass aufgrund einer Entscheidung der Dienststellenleitung von vorneherein keine vorherige Beteiligung der Personalvertretung vorgesehen war und dass sich die Dienststellenleitung der mit dieser Vorgehensweise verbundenen rechtlichen Risiken sehr wohl bewusst war, diese jedoch absichtlich in Kauf genommen und die unmittelbar an der Umsetzung beteiligten Mitarbeiter sogar ausdrücklich von der Haftung freigestellt hat.
War die Unterlassung der Einholung der vorherigen Zustimmung zu den in Ziffer 1) des Antrags beanstandeten Einstellungsmaßnahmen somit unzweifelhaft rechtswidrig, so gilt dies auch für die Einstellung und Beschäftigung der betreffenden Mitarbeiter ohne (vorherige) Einleitung des Stufenverfahrens bzw. Einigungsstellenverfahrens nach § 69 Abs. 3 und 4 BPersVG, wie unter Ziffer 2) beantragt. Die erneute Vorlage der noch relevanten Einstellungsmaßnahmen an die jeweils zuständige Personalvertretung und die in diesem Rahmen erfolgte Einleitung des Stufenverfahrens ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschlussverfahrens.
3. Feststellungsinteresse/Rechtsschutzinteresse:
Die Antragsteller zu 1) und 2) haben nach wie vor ein schützenswertes Interesse an der geltend gemachten, im vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren vorzunehmenden gerichtlichen Feststellung der Verletzung ihrer Mitbestimmungsrechte aus § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG (Antrag Ziffer 1). Gleiches gilt, soweit unter Ziffer 2) des Antrages die Feststellung begehrt wird, dass die Einstellung und Beschäftigung der in Ziffer 1) genannten Mitarbeiter trotz verweigerter personalvertretungsrechtlicher Zustimmung ohne Einleitung eines Stufenverfahrens oder Einigungsstellenverfahrens rechtswidrig ist bzw. war.
Dabei braucht nicht für die einzelnen Fälle unterschieden zu werden, ob Erledigung dadurch eingetreten ist, dass die Einstellungen, die sämtlich Tarifbeschäftigte betreffen, durch Abschluss von Arbeitsverträgen vollzogen worden sind (vgl. dazu etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.2.2004, Az. 1 A 225/02.PVL, juris Rn. 22 ff. m. w. N.) oder dass beispielsweise einzelne eingestellte Personen zwischenzeitlich bereits wieder aus ihrem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind.
Das Feststellungsinteresse, letztlich eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses, im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist wegen der Besonderheiten dieses Verfahrens (es geht überwiegend, wie auch hier, um die Klärung von Zuständigkeitsfragen) nach anderen Maßstäben zu beurteilen als im Zivilprozess oder im Verwaltungsprozess (vgl. etwa bereits BVerwG, Beschluss vom 8.10.1975, Az. VII P 16.75, juris, Rn. 3, BVerwG, Beschluss vom 11.11.1977, Az. VII P 3.76, juris, Rn. 8).
Für das Fortbestehen eines Feststellungsinteresses im hier relevanten Zusammenhang reicht es aus, dass die mit dem Feststellungsantrag aufgeworfenen Rechtsfragen sich auf mögliche künftige Sachverhalte beziehen, die in ihren Grundzügen dem Sachverhalt der anlassgebenden konkreten Vorgänge entsprechen und die im Wesentlichen dieselben Fragen aufwerfen (so genannter abstrakter Feststellungsantrag, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19.10.2015, Az. 5 P 11.14, juris, Rn. 10). Dies ist hinsichtlich der in Bezug auf die Einstellungstermine vom 1. Februar 2016, 8. Februar 2016 und 15. Februar 2016 aufgeworfenen personalvertretungsrechtlichen Rechtsfragen schon allein deswegen der Fall, weil der akute Personalbedarf des BAMF aus Anlass des dortigen hohen Bestands an unerledigten Anträgen bei weitem noch nicht gedeckt ist, wie auch die mündliche Verhandlung/Anhörung vom 21. Juni 2016 ergeben hat. Entsprechende personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren wurden im Übrigen auch bezüglich 19 weiterer, später liegender Einstellungstermine bei der Fachkammer eingeleitet, die hier noch anhängig sind.
Auch der Umstand, dass unstreitig einem Teil der zu den hier streitgegenständlichen Terminen eingestellten Mitarbeiter bereits wieder gekündigt worden ist, steht dem Fortbestand des Feststellungsinteresses im hier maßgeblichen Sinn nicht entgegen. Auch steht der Umstand dem Fortbestand des Feststellungsinteresses im hier maßgeblichen Sinn nicht entgegen, dass der Dienststellenleiter einen Teil der Einstellungsvorgänge den Personalvertretungen erneut mit der Bitte um Zustimmung vorgelegt hat und dass er insoweit, nach verweigerter Zustimmung, das Stufenverfahren eingeleitet hat, das, soweit ersichtlich, noch nicht abgeschlossen ist. Die Entscheidung der Fachkammer schafft mit Eintritt der Rechtskraft zwischen dem ÖPR bzw. GPR und der Dienststellenleitung auch für künftige Einstellungsmaßnahmen darüber Klarheit, dass auch dann, wenn bei hohem humanitären bzw. politischen Druck kurzfristig außergewöhnlich viele Einstellungen vorgenommen werden müssen, die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG zu beachten sind. Falls nötig, wird auch die Rechtsaufsichtsbehörde (Bundesministerium des Innern) darauf hinzuwirken haben, dass die Bestimmungen des BPersVG von der Dienststellenleitung uneingeschränkt beachtet werden.
Dem Fortbestand des Feststellungsinteresses der Antragstellerseite steht es, wie abschließend zu bemerken ist, insbesondere auch nicht entgegen, dass der Dienststellenleiter durch seine anwaltlichen Bevollmächtigten im Verfahren wiederholt erklären hat lassen, dass die von Antragstellerseite reklamierten Verstöße gegen das Mitbestimmungsrecht eingeräumt würden und dass Maßnahmen ergriffen worden seien, damit vergleichbare Rechtsverstöße in Zukunft vermieden werden könnten, z. B. die Einrichtung einer Projektgruppe „Beteiligung“. Zum einen sollte jedenfalls die in der mündlichen Verhandlung/Anhörung vom 21. Juni 2016 insoweit abgegebene Erklärung primär dazu dienen, den Rechtsstreit durch übereinstimmende Hauptsacheerledigungserklärungen zu beenden, was auch mit Schriftsatz der anwaltlichen Bevollmächtigten der Dienststellenleitung vom 28. Juni 2016 bestätigt wird. Zu einer Beendigung des Rechtsstreits auf diesem Wege ist es jedoch letztlich nicht gekommen, nachdem die Antragstellerseite die Fortsetzung des Verfahrens beantragt hat. Zum anderen bestehen an der Ernsthaftigkeit der Erklärung des Dienststellenleiters zumindest Zweifel. Diese Zweifel gründen sich auf die dem Dienststellenleiter in der Presse (Zeitschrift „stern“, gedruckte Ausgabe vom 16.6.2016, entsprechend Online-Ausgabe vom 25.6.2016) zugeschriebenen Äußerungen, wonach der Dienststellenleiter sinngemäß erklärt habe, er werde auch in Zukunft zügig neues Personal einstellen, auch gegen den Widerstand der Arbeitnehmervertreter, dies werde „jetzt entschieden“, notfalls habe man dann eben „die nächste Klage“. Wie der anwaltliche Schriftsatz der Beteiligtenseite vom 22. Juli 2016 zeigt, wird der Wahrheitsgehalt der zitierten Meldung in der Zeitschrift „stern“ vom Dienststellenleiter nicht bestritten.
4. Zusammenfassung:
Nach alledem waren die vom ÖPR bzw. GPR begehrten Feststellungen von der Fachkammer, wie aus dem Tenor ersichtlich, antragsgemäß auszusprechen.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, denn das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 80 Abs. 1 i. V. m. § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG).


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