Arbeitsrecht

Versetzung in den Ruhestand eines Beamten bei Erkrankung

Aktenzeichen  RO 1 K 17.2209

Datum:
16.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21187
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PostPersRG § 20, § 29 Abs. 3
BBG § 44 Abs. 1 S. 2, § 45, § 47 Abs. 2 S. 2, § 48 Abs. 2
SGB IX § 84 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle oder materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung im Rahmen des Ruhestandsversetzungsverfahrens bei Beamten; die Frage einer eventuellen Beweislastumkehr im Fall des Unterlassens eines BEM stellt sich nicht, wenn weder die Einleitung des Verfahrens, noch die Rechtmäßigkeit der ärztlichen Untersuchungsanordnung noch die Frage der Suchpflicht strittig sind. (Rn. 43) (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Bundesbeamter, der nur an seinem Wohnort oder in Wohnortnähe in einer Entfernung von ca. 100 km beschäftigt werden kann, ist nicht dienstfähig; zu den Grundpflichten eines Bundesbeamten gehört, grundsätzlich im gesamten Dienstbereich des Dienstherrn, somit im gesamten Bundesgebiet einsetzbar zu sein und gegebenenfalls unter Berücksichtigung der familiären Umstände auch dementsprechend seine Wohnung zu wählen. (Rn. 73 – 74) (redaktioneller Leitsatz)
3. Unter Berücksichtigung amtsärztlicher Feststellungen und einer Pendelzeit kann es rechtmäßig sein, die Suche nach einer anderweitigen Verwendung auf einen Umkreis von bis zu 100 Kilometer um den Wohnort des Beamten zu beschränken. (Rn. 84 – 86) (redaktioneller Leitsatz)
4. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also dem Erlass des Widerspruchsbescheids; dies bezieht sich sowohl auf die Kenntnisse zur Dienstunfähigkeit als auch auf die Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten. (Rn. 50 und 90) (redaktioneller Leitsatz)

Gründe

Über die Klage konnte am 16.1.2019 ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten übereinstimmend hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage führt nicht zum Erfolg.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10.05.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in dessen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
1. Die Entscheidung der Beklagten weist keine formellen Fehler auf.
Der Kläger wurde mit Schreiben der Beklagten vom 7.3.2017 angehört und ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seine Versetzung in den Ruhestand gem. § 44 Abs. 1 S. 2 BBG i.V. mit § 47 BBG einzuleiten.
Eine Beteiligung des Betriebsrates wurde durch den Kläger nicht beantragt. Die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, die auf Grund des § 1 Abs. 6 PostPersRG Zurruhesetzungen auf Rechtmäßigkeit hin überprüft, teilte mit Schreiben vom 26.4.2017 mit, dass gegen die Zurruhesetzung des Klägers keine Einwände erhoben werden und eine Reaktivierungsprüfung in 36 Monaten empfohlen werde.
Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle oder materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung im Rahmen des Ruhestandsversetzungsverfahrens. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dieses durchgeführt worden ist (so die Beklagte unter Hinweis auf die beabsichtigte Qualifizierungsmaßnahme an der Hochschule für Telekommunikation in Leipzig im Zeitraum vom 15.10.2012 bis 28.3.2014) oder nicht (so der Kläger).
Die Vorschrift des § 84 Abs. 2 SGB IX findet zwar nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch auf Beamte Anwendung, ein Verstoß wirkt sich jedoch nicht auf die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung aus (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22/13 – juris Rn. 36 ff (46); BayVGH, B.v. 11.1.2012 – 3 B 10.346 – juris Rn. 20 m.w.N; B.v. 26.2.2014 – 3 CE 13.2573 – juris Rn. 29).
Das BVerwG (U.v. 5.6.2014 – 2 C 22/13 – juris Rn. 46 ff.) hat dazu ausgeführt:
Rn 48… Die Annahme einer zwingenden Rechtswidrigkeitsfolge der Ruhestandsversetzung im Falle eines unterbliebenen betrieblichen Eingliederungsmanagements ist mit dem Regelungssystem des Bundesbeamtengesetzes nicht in Einklang zu bringen. Ist ein Beamter wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Diese gesetzliche Anordnung steht nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist; vielmehr ist im Falle der genannten Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind.
Rn 49 Die in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Verpflichtung ist auch kein Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens (vgl. § 9 VwVfG). Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist bereits förmlich nicht als Verfahrensschritt eines Verfahrens nach § 44 ff. BBG ausgestaltet, das gesetzliche Regelungsgefüge sieht eine Verzahnung der jeweiligen Verfahren nicht vor. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist auch nicht auf den Abschluss eines Zurruhesetzungsverfahrens gerichtet; es dient vielmehr dazu, bereits den Eintritt einer Dienstunfähigkeit und damit den materiellen Anknüpfungspunkt entsprechender Verfahren zu vermeiden. Schließlich knüpft das betriebliche Eingliederungsmanagement materiell an andere Voraussetzungen an als § 44 Abs. 1 BBG. Die Anordnung in § 84 Abs. 2 SGB IX und das Dienstunfähigkeitsverfahren sind jeweils eigenständige Verfahren, die in rechtlicher Hinsicht nicht verknüpft sind.
Rn 50 Der Verstoß gegen die aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung des Dienstherrn, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen oder jedenfalls anzubieten, kann daher nur mittelbare Folgen für das Zurruhesetzungsverfahren eines Beamten wegen dauernder Dienstunfähigkeit entfalten (ähnlich auch BGH, Urteil des Dienstgerichts des Bundes vom 20. Dezember 2006 – RiZ (R) 2/06 – NVwZ-RR 2007, 328 zu § 84 Abs. 1 SGB IX).
Rn 51 Dies gilt insbesondere für die Einleitung des Verfahrens. Bereits die Anordnung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, setzt substanzielle Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten voraus. Der Dienstherr ist nur dann zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn tatsächliche Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (Urteile vom 26. April 2012 – BVerwG 2 C 17.10 – Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 19 und vom 30. Mai 2013 – BVerwG 2 C 68.11 – BVerwGE 146, 347 Rn. 19). Diese liegen nach ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements regelmäßig vor. Unterlässt der Dienstherr dagegen die ihm gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX obliegende Verpflichtung, muss er die Begründung einer Untersuchungsanordnung auf anderweitige, ausreichende Tatsachenfeststellungen stützen.
Rn 52 Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Ausschluss einer anderweitigen Verwendbarkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 3 BBG). Auch diese Voraussetzung einer Versetzung in den Ruhestand prüft das Verwaltungsgericht im Streitfall gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen; kann sie nicht festgestellt werden, hat die Verfügung keinen Bestand. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 3 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (Urteil vom 26. März 2009 – BVerwG 2 C 73.08 – BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 30). Auch insoweit entlastet es den Dienstherrn hinsichtlich des Bereichs der betroffenen Dienststelle, wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen vermocht hat.
Abgesehen davon hätte für den Kläger zunächst auch einmal eine geeignete Dienststelle und ein Dienstposten gefunden werden müssen, um eine Wiedereingliederungsmaßnahme durchführen zu können. Der Kläger hat insoweit in der mündlichen Verhandlung selbst darauf hingewiesen, dass er sich eine betriebliche Wiedereingliederung schon hätte vorstellen können, aber eben nur in der Nähe seines Wohnortes, also in Weiden, Regensburg oder Nürnberg.
Die vom Kläger in diesem Zusammenhang angesprochene Frage einer eventuellen Beweislastumkehr im Fall des Unterlassens eines BEM wirkt sich in diesem Verfahren auch nicht aus. Denn vorliegend war weder die Einleitung des Verfahrens oder die Rechtmäßigkeit der ärztlichen Untersuchungsanordnung noch die Frage, ob überhaupt eine Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit stattgefunden hat (vielmehr stellt sich die Frage, ob die Suche ausreichend war), strittig, so dass sich die Frage einer Beweislastumkehr so auch nicht stellt.
2. Die Entscheidung der Beklagten ist auch materiell rechtmäßig.
Die Beklagte ist auf der Grundlage der amtsärztlichen Feststellungen zu Recht von der Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen.
Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Prüfung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2017. Die materielle Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung hängt mithin von den Kenntnissen ab, die der zuständigen Behörde zu diesem Zeitpunkt zur Frage der Dienstunfähigkeit zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 46/08; BayVGH, B.v. 12.8.2005 – 3 B 98.1080 – jeweils juris; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 53a m.w.N.; BeckOK BeamtenR Bund/Heid BeamtStG § 26 Rn. 15). Zu diesem Zeitpunkt durfte die Beklagte nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln zu Recht annehmen, dass der Kläger als Bundesbeamter, der insoweit auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundsätzlich bundesweit einsetzbar sein muss, dauernd dienstunfähig war.
a) Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Verfügung ist § 44 Abs. 1 BBG i.V. m. § 2 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (§ 44 Abs. 1 Satz 2 BBG).
Die Beklagte hat sich ausweislich ihrer erlassenen Bescheide vom 10.5.2017 und 17.11.2017 sowie ihrer ausdrücklichen Einlassung in der mündlichen Verhandlung am 5.12.2018 auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG (sog. prognostische Dienstunfähigkeit) gestützt.
(1) Es spricht vorliegend auch vieles dafür, dass der Kläger die zeitlichen Voraussetzungen des Tatbestands des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand erfüllt hat, auch wenn sich in der vorgelegten Behördenakte keine weiteren Krankschreibungen bzw. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Klägers nach dem 27.2.2014 befinden.
Der Kläger war seit 1.1.2009 beschäftigungslos (ob wegen Krankheit oder mangels eines geeigneten Dienstpostens lässt sich aus der vorgelegten Behördenakte nicht ersehen). Jedenfalls war er vom 10.10.2012 bis 27.2.2014 krankgeschrieben, als seitens der Antragsgegnerin eine Qualifizierungsmaßnahme an der Hochschule für Telekommunikation in Leipzig und ein damit verbundener Praxiseinsatz bei der Deutschen T. T. GmbH (jeweils drei Monate im Wechsel) für den Zeitraum 15.10.2012 bis 28.3.2014 vorgesehen waren.
Der danach mit Schreiben vom 26.8.2014 beabsichtigten Beschäftigung als Senior Referent Projectmanagement bei der Organisationseinheit TPS (Telekom Placement Services) am Dienstort Darmstadt widersprach der Kläger mit der Begründung, dass ihm aus gesundheitlichen Gründen (psychische Belastung) ein Umzug nicht möglich sei. Hierzu legte er eine arbeitsmedizinische Stellungnahme der BAD Gesundheitsvorsorge und S. GmbH vom 7.11.2014 sowie ärztliche Atteste seiner ihn behandelnden Ärzte vor. Damit gab der Kläger selbst zu verstehen, dass er nicht einsetzbar und damit dienstunfähig ist. Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass Maßstab für die Frage der Dienstfähigkeit das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn und nicht der konkrete Dienstposten, das Amt im konkret-funktionellen Sinn ist. Der konkrete Dienstposten als Senior Referent Projectmanagement bei der Organisationseinheit TPS am Dienstort Darmstadt hat eine seinem Amt im abstrakt-funktionellen Sinn entsprechende amtsangemessene Beschäftigung des Klägers dargestellt. Davon ist mangels gegenteiliger Einwendungen des Klägers und dem Kenntnisstand des Gerichts, das schon eine Vielzahl von Versetzungen von beschäftigungslosen Telekombeamten zur TPS in Darmstadt zu beurteilen hatte, auszugehen. Insoweit würde das Nichtantreten des Dienstpostens aus gesundheitlichen Gründen auch die fehlende Dienstfähigkeit des Klägers bestätigen. Im Übrigen hat der Kläger auch in der Folgezeit keine seinem Amt im abstrakt-funktionellen Sinn entsprechende amtsangemessene Beschäftigungen mehr ausgeübt.
Der Kläger hat somit jedenfalls seit Oktober 2012 bis zur Ruhestandsversetzung am 10.5.2017 und damit innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst mehr getan und nach der Diagnose des Amtsarztes besteht eine Dienstfähigkeit dem Grundsatz nach nur an seinem Wohnort und deren näheren Umgebung und im vertrauten familiären Umfeld. Dies bestätigt letztlich auch die vom Kläger selbst vorgelegte Stellungnahme des BAD vom 7.11.2014, wonach der Kläger nicht nach Darmstadt versetzt werden konnte, weil er seiner bisherigen Tätigkeit nur wohnortnah nachgehen könne.
(2) Jedenfalls lässt sich die Ruhestandsversetzung des Klägers auch auf § 44 Abs. 1 S. 1 BBG stützen.
Da es sich bei der Ruhestandsversetzung um eine gebundene Entscheidung handelt, obliegt dem Gericht nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO auch die Prüfung, ob der Verwaltungsakt aus anderen als den von der Behörde genannten Gründen rechtmäßig ist, wenn die von der Behörde gegebene Begründung nicht zutrifft (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68/11 – juris Rn. 38; BVerwG, B.v. 21.2.2014 – 2 B 24/12 – juris Rn. 11). Zuletzt hat der BayVGH (U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris Rn. 70) dazu ausgeführt:
„…Zwar ist die Beurteilung der Dienstunfähigkeit Aufgabe des Dienstherrn und des Gerichts (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 12). Das Gericht hat ggf. auch aufzuklären, ob der Beamte im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung dienstunfähig war, wenn sich die vom Dienstherrn für die Prognose dauernder Dienstunfähigkeit gegebene Begründung als nicht tragfähig erweist (vgl. BVerwG, B.v. 21.2.2014 – 2 B 24.12 – juris Rn. 11). Da der Beamte bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 BeamtStG in den Ruhestand zu versetzen ist, obliegt dem Gericht, wenn die hierfür gegebene Begründung nicht zutrifft, gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich die Prüfung, ob der Bescheid aus anderen als den vom Dienstherrn geltend gemachten Gründen rechtmäßig ist (Spruchreifmachung, vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – juris Rn. 38).“
b) Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 und U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – jeweils juris).
Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht das von dem Beamten zuletzt wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten), sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft einge-richteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und ge-sundheitlich für ihn geeignet ist (BayVGH, U.v. 25.1.2013 – 6 B 12.2062 – unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 2 C 27.03 – sowie 26.3.2009 – 2 C 73.08 – jeweils juris).
Die Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestands wegen (dauernder oder prognostischer) Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen voraus. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnisse, über die nur ein Arzt verfügt. Dabei wird amtsärztlichen Gutachten gegenüber privatärztlichen Gutachten nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ein Vorrang eingeräumt (u.a. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 3 ZB 13.1665 – juris). Dieser Vorrang findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der ggf. bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt von der Aufgabenstellung her seine Beurteilung unbefangen und unabhängig vor. Er steht so Beamten und Dienstherrn gleichermaßen fern.
Die gutachterliche Stellungnahme soll dem Dienstherrn die Prognoseentscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten dauernd unfähig ist, ob er im Fall der Dienstunfähigkeit anderweitig verwendet werden kann und ob er ggf. begrenzt dienstunfähig ist. Zugleich muss das Gutachten dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf basierenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen, um diese ggf. substantiiert anzugreifen. (BayVGH, U. v. 25.1.2013 – 6 B 12.2062 – juris). Wie detailliert eine ärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Ärztliche oder amtsärztliche Gutachten stellen allerdings nur eine medizinisch-fachliche Hilfestellung zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit zu, auch wenn ihr Ergebnis faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der Behörde hat. Die letztendliche rechtliche Würdigung und Einschätzung der Dienstfähigkeit muss daher der für die Ruhestandsversetzung zuständigen Behörde vorbehalten bleiben, da nur sie die konkreten Amtsanforderungen mit dem diagnostizierten Gesundheitszustand des Beamten in Relation setzen kann. Den Gesundheitszustand des Beamten muss daher der Arzt feststellen und medizinisch bewerten, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggfs. des Gerichts. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 sowie B.v. 6.3.2012 – 2 A 5.10 – jeweils juris).
Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten darf sich daher nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, das heißt die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, darstellen als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen weiter zu genügen (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015, 2 C 37.13 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 30.10.2013, 2 C 6.12 sowie B.v. 13.3.2014, 2 B 49.12). Zuletzt hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 31.8.2017 – 2 A 6/15 – juris Rn. 63) dazu ausgeführt:
„Ein in einem Zurruhesetzungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten muss die medizinischen Befunde und ebensolche Schlussfolgerungen so plausibel und nachvollziehbar darlegen, dass die zuständige Behörde auf dieser Grundlage entscheiden kann, ob der Beamte zur Erfüllung der Dienstpflichten seines (abstrakt-funktionellen) Amtes dauernd unfähig ist und ggf. welche Anforderungen oder Einschränkungen aus medizinischer Sicht hinsichtlich einer anderweitigen Verwendung des Beamten auf einem anderen Dienstposten zu stellen sind.“
Die erkennende Kammer sieht in diesen Fällen immer das Spannungsverhältnis zwischen den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an gutachterliche Stellungnahmen einerseits und den Rechten der untersuchten Beamten/Innen und die insoweit bestehenden ärztliche Schweigepflicht des Amts- bzw. Betriebsarztes andererseits. Deshalb sollen nach § 48 Abs. 2 BBG nur die tragenden Gründe des Gutachtens und nicht das komplette Gutachten an die Behörde bekanntgegeben werden, soweit deren Kenntnis für diese unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Dieses Spannungsverhältnis angemessen aufzulösen gestaltet sich in der Praxis oftmals schwierig und die Frage, ob eine ausreichende medizinische Tatsachengrundlage für die von der Behörde zu treffende Entscheidung über die Dienst- und Restleistungsfähigkeit eines Beamten noch gegeben ist, kann jeweils nur im konkreten Einzelfall beant-wortet werden. Zu berücksichtigen sind insoweit insbesondere die beim Kläger konkret vor-liegende Erkrankung und seine dadurch bedingten körperlichen Einschränkungen. Je schwerwiegender eine Erkrankung und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines Beamten sind (die Dienstunfähigkeit gleichsam auf der Hand liegt und für jeden offensichtlich ist), desto weniger ausführlich müssen die Feststellungen des Amtsarztes sein. Wenn letztlich für die Behörde nur eine Entscheidung in Frage kommt, nämlich die der Feststellung der Dienstunfähigkeit, ist keine (bloß aus formalen Gründen) umfangreiche Stellungnahme des Amtsarztes mehr erforderlich.
c) Gemessen an diesen Grundsätzen lagen der Behörde jedenfalls im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 17.11.2017 sämtliche Gutachten des Amtsarztes, Herrn Medizinaloberrat Dr. E* … vom Gesundheitsamt N* … vor. Die weiteren aufgrund der Untersuchung des Klägers am B* … R* … am 21.4.2016 erstellten Gutachten (von dem Diplom-Psychologen G* … G* … vom 7.6.2016 und dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. F* … vom 10.6.2016) lagen der Beklagten nicht vor. Dies ist vorliegend aber unschädlich, da dem Amtsarzt Herrn Dr. E* … beide Gutachten vorgelegen haben und er sich in seinem Gutachten vom 22.6.2016 auch ausdrücklich auf diese bezogen hat. Er hat diese aus amtsärztlicher Sich nachvollzogen und darauf aufbauend eine abschließende medizinische Einschätzung hinsichtlich der Dienstfähigkeit und Einsetzbarkeit des Klägers erstellt. Die Beklagte hätte somit auch bei Kenntnis der beiden weiteren Gutachten nicht mehr Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Dienstfähigkeit und Verwendungsmöglichkeit des Klägers besessen.
Dr. E* … führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass nach seinen Aktennotizen die erste Untersuchung am 25.8.2015 stattgefunden habe. Diese habe wie üblicherweise ca. eine halbe Stunde gedauert. Eine intensive Untersuchung habe er nicht durchgeführt, er habe den Kläger jedoch persönlich befragt und sich auch aktuelle andere ärztliche Befunde vorlegen lassen. Dies sei eine nervenärztliche Bescheinigung von Herrn Dr. K* … aus W* … vom 6.9.2015 gewesen. Als Diagnose habe dieser insbesondere eine depressive Verstimmung, eine unsichere sensible Persönlichkeitsstruktur sowie starke Ängste festgestellt. Des Weiteren habe ihm eine arbeitsmedizinische Bescheinigung des BAD von Frau Dr. L* … vom 7.11.2014 vorgelegen. Damals sei es um die Versetzung des Klägers nach Darmstadt gegangen. Diesbezüglich habe er den Kläger auch gebeten, eine weitere nervenärztliche Stellungnahme beizubringen.
Nachdem er von der Beklagten nochmals eingeschaltet worden sei, habe er am 1.2.2016 ohne eine ärztliche Untersuchung durchgeführt zu haben, eine weitere Stellungnahme abgegeben. Danach habe bei dem Kläger wohl eine chronische seelische Erkrankung vorgelegen, die regelmäßiger therapeutischer und medikamentöser Begleitung nach Aussage des behandelnden Nervenarztes bedürfe. Er habe deshalb vorgeschlagen, eine psychiatrische und klinisch-psychologische Zusatzbegutachtung durch einen Facharzt durchführen zu lassen. Des Weiteren habe er angeregt, ein positives und negatives Leistungsbild erstellen zu lassen, wozu auch hilfreich wäre, dass der Arzt eine Übersicht über die Organisationsstruktur der TPS erhalte.
Schließlich habe eine umfangreiche Untersuchung des Klägers am B* … R* … am 21.4.2016 stattgefunden. Der Kläger erklärte hierzu in der mündlichen Verhandlung, dass er einschließlich der Mittagspause sechs Stunden am B* … R* … verbracht habe. Die Untersuchung wurde von Herrn G* … G* …, einem Diplom-Psychologen, durchgeführt. Dieser habe sechs verschiedene Tests (z. B. Persönlichkeitstest, Intelligenztest etc.) durchgeführt, die er alle konkret benannt habe. Die nervenärztliche bzw. psychiatrische Untersuchung habe Herr Dr. E* … F* … durchgeführt, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Beide Gutachten von dem Diplom-Psychologen G* … G* … vom 7.6.2016 und von Dr. F* … vom 10.6.2016 wurden dem Gericht in Kopie übergeben.
Der Psychologe Herr G* … sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger wenig kontaktfreudig, wenig gesprächig und eher ungesellig sei, dass er nicht gerne im Mittelpunkt stehen möge, ein rational denkender Mensch sei, der sich unter Menschen nicht wohlfühle und mit unbekannten Menschen nur schwer ins Gespräch komme. Der Kläger sei psychopathologisch völlig unauffällig, Hinweise auf kognitive Störungen lägen nicht vor.
Der Psychiater Herr Dr. F* … habe sich auf die Erkenntnisse des Psychologen gestützt und sich ähnlich geäußert. Der Kläger habe dem Psychiater mitgeteilt, dass er sich auf sachlicher Ebene für teamfähig halte, schwierig sei es aber bei Konflikten mit anderen Menschen bzw. dem Umgang mit anderen Menschen und zwar dann, wenn Absprachen getroffen oder Probleme gelöst werden müssten. Der Sachverständige Herr Dr. E* … erläutert weiterhin in der mündlichen Verhandlung, dass er verkürzt und zusammenfassend in seiner Stellungnahme vom 22.6.2016 die Erkenntnisse mitgeteilt habe, die er von Herrn Dr. F* … und Herrn Dr. G* … in deren Stellungnahmen vom 7.6. und 10.6.2016 erhalten habe. Danach habe Herr Dr. F* … mitgeteilt, das zwar eine akute seelische Erkrankung nicht bestehe. Der Kläger leider aber an rezidivierenden depressiven Episoden, eine ambulante Psychotherapie wäre geeignet, sein sonstiges seelisches Persönlichkeitsbild zu begleiten.
Schließlich lagen der Beklagten noch weitere Stellungnahmen von Dr. E* … vom 13.9.2016 sowie vom 27.2.2017 vor. In letzterer führte der Sachverständige aus, dass bei dem Kläger zwar keine psychischen Einschränkungen vorgelegen hätten, aber eine langandauernde, sich nicht ändernde Persönlichkeitsproblematik. Eine nochmalige Untersuchung sei daher nicht veranlasst gewesen. Bei der beim Kläger vorliegenden schizoiden Persönlichkeitsstruktur seien auch keine wesentlichen Besserungen durch therapeutische oder medikamentöse Maßnahmen zu erwarten. Nach der Einschätzung des Sachverständigen handelt es sich somit um einen beim Kläger anhaltenden körperlichen bzw. seelischen Dauerzustand. Aufgrund dieser medizinischen Bewertung war auch die von der Kammer noch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren angedeutete Möglichkeit bzw. sogar Notwendigkeit, noch ein weiteres aktuelles amtsärztliches Gutachten einzuholen, entbehrlich.
Auch wenn der Amtsarzt aufgrund seiner Stellungnahmen, insbes. der vom 22.6.2016 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass er den Kläger für dienstfähig halte, ändert dies nichts an der zutreffenden rechtlichen Würdigung der Beklagten, dass ein Bundesbeamter, der nur an seinem Wohnort oder in Wohnortnähe in einer Entfernung von ca. 100 km beschäftigt werden kann, nicht dienstfähig ist. Dies würde nämlich voraussetzen, dass dort auch geeignete Dienstposten für diesen vorhanden sind. Im Übrigen hat der Amtsarzt in seiner Stellungnahme bei dem Kläger jedoch mehrere wesentliche Einschränkungen hinsichtlich seiner Dienstfähigkeit, insbesondere räumlich bezogen auf den Wohnort des Klägers, sowie auf sein vertrautes soziales Umfeld festgestellt.
Die Beklagte hat insoweit unter Bezugnahme auf einschlägige Entscheidungen (VG Berlin, U.v. 29.4.2005, VG 5 A 261.02, bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 21.5.2007, 4 N 106.05) zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Beschränkung auf eine bestimmte Beschäftigung eine dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten indiziere. Zu den Grundpflichten eines Bundesbeamten gehört, grundsätzlich im gesamten Dienstbereich des Dienstherrn, somit im gesamten Bundesgebiet einsetzbar zu sein und gegebenenfalls unter Berücksichtigung der familiären Umstände auch dementsprechend seine Wohnung zu wählen (vgl. §§ 60 ff., 72, 73 BBG). Es ist insoweit nicht ausreichend, wenn der Kläger nur noch für eine einzige, nämlich an seinem Wohnort befindliche (aber objektiv gar nicht vorhandene) Tätigkeit dienstfähig ist (vgl. schon im einstweiligen Rechtsschutzverfahren VG Regensburg, B.v. 31.7.2017, RO 1 E 17.903, S. 13, bestätigt durch BayVGH, B.v. 27.09.2017 – 14 CE 17.1638 – juris Rn. 7).
Wie schon oben ausgeführt muss die letztendliche rechtliche Würdigung und Einschätzung der Dienstfähigkeit der für die Ruhestandsversetzung zuständigen Behörde vorbehalten bleiben, da nur sie die konkreten Amtsanforderungen mit dem diagnostizierten Gesundheitszustand des Beamten in Relation setzen kann. Den Gesundheitszustand des Beamten muss daher der Arzt feststellen und medizinisch bewerten, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggfs. des Gerichts. Insoweit ist die rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch den Amtsarzt, dass er den Kläger aus medizinischer Sicht für dienstfähig halte, und auf die sich der Kläger auch beruft, nicht relevant.
Liegen mithin auch die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 S. 1 BBG für die Dienstunfähigkeit des Klägers vor, kann dahinstehen, ob vorliegend auch die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1. S. 2 BBG gegeben sind, da keine weiteren Krankheitsmeldungen oder Listen bzw. Aufstellungen dieser über den Zeitraum vom 10.10.2012 bis 27.02.2014 hinaus vorliegen. Auf die Möglichkeit eines Austauschs der Rechtsgrundlage bei der vorliegend gebundenen Entscheidung der Beklagten wurden die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.
d) Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nach § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG wird der Beamte nicht in den Ruhestand versetzt, wenn er anderweitig verwendbar ist. Gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG ist eine anderweitige Verwendung möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ist ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mindestens mit demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amts genügt (Satz 2). In dieser Regelung kommt der Grundsatz „Rehabilitation und Weiterverwendung vor Versorgung“ zum Ausdruck. Eine Versetzung in den vorherigen Ruhestand ist trotz festgestellter Dienstfähigkeit ausgeschlossen, wenn der Beamte anderweitig verwendbar ist (Hebeler in Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 44 Rn. 17). Erst wenn feststeht, dass der in seiner Beschäftigungsbehörde dienstunfähige Beamte auch nicht anderweitig von seinem Dienstherrn eingesetzt werden kann, darf er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden (BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37/13 – juris). § 44 Abs. 2 BBG begründet die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ nach Gesichtspunkten der Gesetzmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar. Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird durch den Wortlaut des Satzes 3 des § 44 Abs. 1 BBG verdeutlicht, wonach in den Ruhestand nicht versetzt wird, wer anderweitig verwendbar ist.
Die Suche nach einer § 44 Abs. 2 BBG entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des § 44 Abs. 2 BBG, der die Übertragung eines anderen Amtes für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass dem Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann (§ 44 Abs. 5 BBG). Inhaltliche Vorgaben für eine Beschränkung der Suche auf bestimmte Bereiche der Verwaltungsorganisation des Dienstherrn lassen sich aus § 44 Abs. 2 BBG nicht herleiten. Auch die amtlichen Gesetzesbegründungen enthalten keinen Hinweis, dass eine Beschränkung gewollt ist (vgl. zu § 42 Abs. 3 BBG a.F. BT-Drs. 11/5372 S. 33, 13/3994 S. 33; BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73/08 – juris). Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Eine Beschränkung auf aktuell freie Stellen ließe außer Acht, dass § 44 Abs. 2 BBG zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht. Die dafür erforderliche Laufbahnbefähigung kann der Beamte gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten (Bundeslaufbahnverordnung – BLV) i.d.F.d.Bek.v. 12.2.2009 (BGBl. I S. 284; FNA 2030-7-3-1) zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.1.2017 (BGBl. I S. 89, ber. S. 406) erst nach einer Qualifizierung erwerben, die im mittleren Dienst mindestens ein Jahr beträgt. Sie gibt den zeitlichen Rahmen vor, in dem sich eine Verwendungsmöglichkeit eröffnen muss. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet demgegenüber es als ausreichend in die Suchbemühungen solche freien Dienstposten einzubeziehen, die in absehbarer Zeit frei werden und voraussichtlich neu zu besetzen sind, wobei ein zu berücksichtigender Zeitraum von sechs Monaten als angemessen erachtet wird (BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37/13 – juris).
Dagegen begründet § 44 Abs. 2 BBG keine Verpflichtung des Dienstherrn, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen. Es liegt im Organisationsermessen des Dienstherrn, welche und wie viele Ämter im abstrakt-funktionellen und im konkret-funktionellen Sinn er bei den Behörden einrichtet und aus welchen Gründen er diese Infrastruktur ändert (BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 2 C 27.03 – juris, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73.08 – juris). § 44 Abs. 2 BBG enthält keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung dieses organisatorischen Gestaltungsspielraums. Hierfür hätte der Bundesgesetzgeber die Voraussetzungen bestimmen müssen, unter denen organisatorische Änderungen in Erwägung zu ziehen sind. Ebenso wenig ist der Dienstherr verpflichtet, Dienstposten im Wege personeller Änderungen freizumachen (BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73/08 – juris).
Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 2 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zu Lasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73/08 – juris, U.v. 17.8.2005 – 2 C 37.04 – juris).
Davon ausgehend hat die Beklagte ihrer Suchpflicht genügt.
Vorliegend hat eine umfangreiche Suche der Beklagten nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten stattgefunden, die in der Behördenakte (vgl. Bl. 23 bis 75) auch hinreichend dokumentiert worden ist.
Im Übrigen setzt die Suche nach einer anderen Verwendungsmöglichkeit im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BBG regelmäßig die allgemeine Dienstfähigkeit voraus. Eine Suchpflicht besteht jedenfalls dann nicht, wenn feststeht, dass der Beamte generell nicht mehr oder nur mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist. Besteht auch diese nicht, muss er vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden (BVerwG, B. v. 6.11.2014 – 2 B 97/13 – juris Rn. 13, 15). Insoweit besteht auch kein Ermessen des Dienstherrn, den bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (vgl. den Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG).
Zu der Fragestellung, ob die Suche in einem Umkreis von 100 Kilometern bzw. 90 Kilometern bei internen Funktionseinheiten der Telekom bzw. externen anderen Bundesbehörden ausreichend groß genug stattgefunden hat, weist das Gericht darauf hin, dass sich der Sachverständige Dr. E* … bezüglich der üblicherweise zumutbaren Pendelzeiten nach seinen Aussagen bei der Sachverständigenvernehmung an den Vorgaben der Arbeitsagentur orientiert habe. Soweit er dann irrtümlich bei einer vollschichtigen Tätigkeit eine einfache Fahrt von 2,5 Stunden für möglich gehalten hat, bei einer halbschichtigen Tätigkeit dann eine Stunde bzw. 1,5 Stunden, ist er offensichtlich von 2,5 Stunden für Hin- und Rückweg ausgegangen. Denn es liegt auf der Hand, dass eine tägliche Fahrzeit von 5 Stunden nicht mehr als zumutbar angesehen werden kann.
Dies ergibt sich zum einen aus seiner Bezugnahme auf die Vorgaben der Arbeitsagentur. Dort findet sich in § 140 Abs. 4 SGB III die Formulierung, dass aus personenbezogenen Gründen einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung nicht zumutbar ist, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als 2,5 Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden (somit also 2,5 Stunden bei einer vollschichtigen Tätigkeit für Hin- und Rückweg) und Pendelzeiten von mehr als 2 Stunden bei einer Arbeitszeit von 6 Stunden und weniger anzusehen.
Bestätigt wird diese Auslegung zum anderen auch durch den E-Mail Verkehr von Herrn K* … und Frau B* …auf Blatt 18 der Behördenakte, wonach Herr K* …dieser mitgeteilt habe, dass er bezüglich der „üblicherweise zumutbaren Pendelzeiten“ den Amtsarzt nochmal angefragt und dieser ihm mitgeteilt habe, dass es sich dabei um 2,5 Stunden für Hin- und Rückweg insgesamt (egal ob öffentliche Verkehrsmittel oder Auto) handle. Insoweit war der Umkreis von 90 bzw. 100 Kilometer um den Wohnort des Klägers somit zutreffend ermittelt.
Das Gericht hält die Suche nach einer anderweitigen Verwendung, auch wenn diese bereits im September bis Oktober 2016 für interne Organisationseinheiten bzw. November 2016 bis Januar 2017 für externe andere Bundesbehörden stattgefunden hat, im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 17.11.2017 noch für ausreichend aktuell.
Nach Auffassung der Kammer ist es der Behörde, wenn sie wie vorliegend eine umfassende Prüfung durchführt (ausreichend dokumentiert auf Bl. 23 bis 75 der Behördenakte), nicht zumutbar, diese Abfrage nochmals, evtl. sogar mehrmals zu aktualisieren. Hinzukommt, dass auch der gesetzlich vorgeschriebene Ablauf des Verfahrens bei Dienstunfähigkeit (vgl. insoweit § 47 BBG) einen gewissen Zeitablauf in Anspruch nimmt. Vor Erlass des Ausgangsbescheids muss zunächst die Dienstfähigkeit medizinisch hinreichend geklärt sein, danach muss eine ausreichende Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten stattfinden und nach erfolglos abgeschlossener Suche der Kläger noch angehört werden. Gewisse zeitliche Verzögerungen, die zwischen dem Ende der Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten (§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 bis 5, § 45 BBG) und dem Erlass des Ausgangsbescheides liegen, sind naturgemäß in dem förmlich ausgestalteten Ruhestandsversetzungsverfahren angelegt und können nicht zu Lasten der Behörde gehen.
Auch in dem zwischen dem Erlass der Ausgangsentscheidung vom 10.5.2017 und der das Verwaltungsverfahren abschließenden Widerspruchsentscheidung vom 27.11.2017 liegenden Zeitraum war die Abfrage (sowohl intern als auch extern) nicht nochmals zu aktualisieren. Eine derartige nochmalige Suchpflicht bzw. Aktualisierung der erstmaligen Suchpflicht ergibt sich schon nicht aus den gesetzlichen Bestimmungen. Hinzu kommt, dass der Kläger im Rahmen seiner Einwendungen vom 27.3.2017 der Beklagten auch keinerlei Hinweise auf anderweitige Verwendungsmöglichkeiten gegeben hat. Zwar obliegt es der Behörde nachzuweisen, dass sie ihrer Suchpflicht hinreichend nachgekommen ist, was sie bei der erstmaligen Suche Ende 2016 bis Anfang Januar 2017 auch nachvollziehbar getan hat. Nach einer einmal erfolgten ausreichenden Suche bestehen nach Auffassung der Kammer auch gewisse Mitwirkungspflichten des Beamten/der Beamtin, auf mögliche freie und geeignete Dienstposten hinzuweisen.
Soweit der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass mehrere interne sowie externe Stellenausschreibungen in Nürnberg oder näherer Umgebung des Wohnortes des Klägers im Dezember 2018 vorhanden gewesen wären, und es sich dabei allesamt um Stellen gehandelt hat, die der Kläger auf Grund seiner Qualifikation hätte antreten können, verweist das Gericht darauf, dass entscheidungserheblicher Zeitpunkt der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, somit der Erlass des Widerspruchsbescheids am 27.11.2017 ist. Die aktuelle Suche des Klägers zeigt zudem, dass er, soweit ihm solche Stellen im Zeitraum nach dem Erlass des Ausgangsbescheids vom 10.5.2017 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids am 27.11.2017 bekannt geworden wären, dies durchaus der Behörde hätte mitteilen können, so dass diese dann ihre Suche noch einmal hätte aktualisieren können.
Zudem erging kurz vor dem Widerspruchsbescheid am 17.11.2017 der Beschluss des BayVGH am 27.9.2017 (14 CE 17.1638) im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 31.7.2017 (RO 1 E 17.903). In seiner Entscheidung hatte der Senat zu diesem Zeitpunkt keine rechtlichen Bedenken (soweit diese Frage auch schon im Eilverfahren wegen des Einbehalts von Bezügen des Klägers entscheidungserheblich war), dass die Beklagte vorliegend ihrer Suchpflicht hinreichend nachgekommen ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2017 – 14 CE 17.1638 – Rn. 9 ff. (11)).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. v. m. §§ 708 ff. ZPO.


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