Arbeitsrecht

Versorgung, Versorgungsausgleich, Rente, Beschwerde, Einkommen, Anrecht, Bewilligung, Gemeinde, Leistungen, Scheidung, Arbeit, Arbeitnehmer, Scheidungsantrag, Arbeitsleistung, rechtliche Einordnung, bayerische Regelung

Aktenzeichen  11 UF 1106/21

Datum:
23.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 5380
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VersAusglG § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3
KWBG Art. 59 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Bei dem Pflichtehrensold nach dem bayerischen Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen handelt es sich um ein auszugleichendes Anrecht nach § 2 Abs. 1 VersAusglG, da er Versorgungscharakter hat und auf Arbeit beruht.

Verfahrensgang

6 F 939/21 2021-10-15 Bes AGERLANGEN AG Erlangen

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Erlangen vom 15.10.2021 im Tenor zu 1 aufgehoben und der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin
a) eine rückständige Ausgleichsrente in Höhe von 4.590,40 Euro zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 459,04‬ Euro ab 01.05.2021,
aus weiteren 459,04 Euro ab 01.06.2021,
aus weiteren 459,04 Euro ab 01.07.2021,
aus weiteren 459,04 Euro ab 01.08.2021,
aus weiteren 459,04 Euro ab 01.09.2021,
aus weiteren 459,04 Euro ab 01.10.2021,
aus weiteren 459,04 Euro ab 01.11.2021,
aus weiteren 459,04 Euro ab 01.12.2021,
aus weiteren 459,04 Euro ab 01.01.2022 und aus weiteren 459,04 Euro ab 01.02.2022 b) ab dem 01.03.2022 monatlich eine Ausgleichsrente in Höhe von 459,04 € zu zahlen, zahlbar monatlich im Voraus.
II. Der Antragsgegner wird verpflichtet, mit Wirkung ab dem 01.03.2022 den Anspruch gegen die Mitgliedsgemeinde G… d… V… Heßdorf, H.Str. 5, als Versorgungsträgerin auf Zahlung eines monatlichen Pflichtehrensoldes in Höhe von 459,04‬ Euro im Monat an die Antragstellerin abzutreten.
III. Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben; Auslagen sind nicht zu erstatten.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hinsichtlich des Pflichtehrensoldes ihres geschiedenen Ehemannes, des vormaligen Ersten Bürgermeisters der Gemeinde H. [Name abgeändert], welchen er seit dem 01.05.2021 in Höhe von 1.612,09 € monatlich vor Abzug von Steuern bezieht.
Die am […] geborene Antragstellerin und der am […] geborene Antragsgegner haben am […]1979 vor dem Standesbeamten des Standesamtes H. [Name abgeändert] die Ehe geschlossen. Auf den am 08.08.2012 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde die Ehe mit Endbeschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 14.06.2017 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt.
Laut diesem Endbeschluss, hinsichtlich des durchgeführten Versorgungsausgleichs rechtskräftig seit 28.07.2017, bleiben eventuelle Ausgleichsansprüche aus dem Ehrensold aus der Tätigkeit des Antragsgegners als Bürgermeister dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Die Beteiligten hatten zuvor im Termin vom 14.06.2017 vereinbart, zwischen den Parteien bestehe Einigkeit, „dass der Ehrensold des Antragsgegners aus seiner Bürgermeistertätigkeit im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ausgeglichen wird“.
Der Antragsgegner wurde im Frühjahr 2002 in H. [Name abgeändert] zum Ersten Bürgermeister gewählt und zweimal nach jeweils sechs Jahren wiedergewählt; seine Amtszeit dauerte insgesamt 18 Jahre, vom 01.05.2002 bis zum 30.04.2020. Der Antragsteller ist nunmehr bei seinem Sohn mit einem monatlichen Einkommen von 500,00 € angestellt. Hiervon werden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Er wird die Regelaltersgrenze im Dezember 2022 erreichen.
Die Antragstellerin ist erwerbsunfähig und in einer Pflegeeinrichtung untergebracht. Sie erhält eine Rente wegen voller Erwerbsminderung der Deutschen Rentenversicherung.
Mit Schriftsatz vom 06.08.2021 hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, den Ausgleichswert der Versorgung Ehrensold abzüglich der auf diesen entfallenden Sozialversicherungsbeiträgen und vergleichbaren Aufwendungen monatlich im Voraus als Rente ab 01.05.2021 für die Zeit ab 02.05.2021 zuzüglich Zinsen bis zum Erlass einer Entscheidung zu bezahlen, sowie für die Zeit ab dem 01. des auf die Rechtskraft der Entscheidung folgenden Monats den Anspruch gegen die Mitgliedsgemeinde H. [Name abgeändert] auf Zahlung einer entsprechenden Rente an sie abzutreten. Vorgerichtlich hatte sie den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 16.04.2021 darauf hingewiesen, dass ab dem 01.05.2021 hinsichtlich dieses Ehrensolds sämtliche Voraussetzungen des § 20 VersAusglG vorlägen und ihn aufgefordert, der Antragstellerin ab dem 01.05.2021 monatlich 975,00 Euro zu bezahlen.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, und dies damit begründet, dass der Ehrensold kein ausgleichspflichtiges Recht im Sinne des § 2 VersAusglG sei. Das bayerische KWBG enthalte keine Zweckbestimmung dahingehend, dass der Ehrensold der Alterssicherung dienen solle. Es handele sich um keine Versorgungsleistung, sondern eine Art Treueprämie, die einer Entschädigung näherkomme als einer Altersversorgung und zudem nicht durch Arbeit des Ehegatten ausgelöst werde. Ehrenamtliche Tätigkeiten erfolgten vielmehr unentgeltlich. Der Ehrensold sei zudem ein unpfändbarer Anspruch, der gem. § 400 BGB nicht abgetreten werden könne. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus der Vereinbarung der Beteiligten vom 14.06.2017, weil in dieser keine selbständige Schuldverpflichtung geschaffen worden sei. Vielmehr sei klargestellt worden, dass die streitige Frage der Einbeziehung in den Versorgungsausgleich in ein späteres Verfahren zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich habe verschoben werden sollen.
Die Antragstellerin wendet sich gegen diese ihr am 19.10.2021 zugestellte Entscheidung mit ihrer am 15.11.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde und moniert, das Amtsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Vereinbarung der Beteiligten keine selbständige Anspruchsgrundlage darstelle. Zum damaligen Zeitpunkt sei nicht erkennbar gewesen, ob der Antragsgegner einen Ehrensold erhalten würde. Lediglich dies habe entscheidend für die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sein sollen. Dass der Ehrensold ausgeglichen werden sollte, wenn der Antragsgegner einen solchen erhalten würde, sei unstreitig gewesen. Die vom Amtsgericht zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs beziehe sich auf die frühere Rechtslage zum Versorgungsausgleich. Der Grundsatz der Realteilung sei mit der Reform des Versorgungsausgleichs im Jahr 2009 verstärkt worden. Dementsprechend sei auch der Ehrensold auszugleichen, weil er durch eigene Arbeit geschaffen worden sei und Versorgungscharakter habe. Daran ändere auch die Tatsache, dass der Ehrensold unpfändbar sei, nichts. Viele Anrechte, welche im Versorgungsausgleich ausgeglichen würden, überschritten nicht die Pfändungsfreigrenze und würden dennoch ausgeglichen.
Der Antragsgegner hingegen meint, dass zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch völlig offen gewesen sei, ob die Gemeinde ihm überhaupt einen Ehrensold zugestehen würde. Daher sei man übereingekommen, diese Rechtsfrage zu klären, sobald die Gemeinde über die Bezugsberechtigung entschieden habe. Es sei keineswegs unstreitig gewesen, ob es sich hier um ein ausgleichspflichtiges Recht handele. Die Reform des Versorgungsausgleichs habe sich auf die Rechtsfrage, ob ein Ehrensold ein ausgleichspflichtiges Recht darstelle, nicht ausgewirkt. Als eine Art Treueprämie erfülle der Ehrensold, welcher Bürgermeistern mit besonders langer Amtszeit gewährt werde, nicht die kumulativen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 – 3 VersAusglG. Auch die Unpfändbarkeit des Anspruches spreche dafür, dass der Ehrensold nicht im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auszugleichen sei.
Gegen die Absicht des Senats, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wurden von den Beteiligten keine Einwände erhoben.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde (§ 63 Abs. 1, 3; § 64 Abs. 1, 2 FamFG) und die Antragstellerin durch die Entscheidung des Amtsgerichts auch beschwert ist, § 59 Abs. 1 FamFG.
Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung abgesehen, da die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 68 Abs. 3, § 221 Abs. 1 FamFG).
1. Der Pflichtehrensold gemäß Art. 59 Abs. 1 S. 1 des bayerischen Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen (Kommunal-Wahlbeamten-Gesetz – KWBG) ist ein ausgleichspflichtiges Recht im Sinne des § 2 VersAusglG.
Auf die Frage, ob mit der Vereinbarung der Beteiligten eine selbständige Schuldverpflichtung geschaffen wurde, kommt es deshalb nicht an. Die Ehegatten können den Versorgungsausgleich jedenfalls gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 VersAusglG Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung vorbehalten, selbst wenn ohne Vereinbarung ein Ausgleich bei der Scheidung geboten gewesen wäre.
Ausgleichspflichtig sind gemäß § 2 VersAusglG Anrechte auf Versorgung wegen Alters, Invalidität bzw. Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, wobei anhand der jeweiligen Ausgestaltung der Versorgungsordnung oder des Einzelvertrags danach zu unterscheiden ist, ob die Anrechte Versorgungs- oder Entgeltcharakter haben. Für die Annahme einer Versorgung wegen Alters ist erforderlich, dass das betreffende Anrecht wegen Erreichens eines bestimmten Lebensalters zur Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens und nicht etwa als reine Kompensationszahlung für den Verlust der Beschäftigung, als Überbrückungs- oder Übergangsgeld oder als Vermögensanlage gewährt wird. Maßgebend sind dabei nicht die in den öffentlich-rechtlichen Leistungssystemen vorgesehenen Altersgrenzen; es kommt vielmehr darauf an, dass das Anrecht der Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens dient, die Versorgung also speziell für das Alter bestimmt ist. Fehlt die Zweckbestimmung wegen Alters, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, so besteht keine Ausgleichspflicht (vgl. BGH FamRZ 2011, 1287 Rn. 15). Zwar ist die entsprechende vom Amtsgericht zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wie die Antragstellerin ausführt, zur Rechtslage vor Inkrafttreten des VersAusglG ergangen. Die hier genannten Voraussetzungen haben sich durch das VersAusglG jedoch nicht geändert; dass (nur) ein Anrecht auszugleichen ist, wenn es „der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient“, ist vielmehr Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG; insofern veranlasst die Änderung der Gesetzeslage keine andere rechtliche Einordnung des Ehrensoldes als diejenige, welcher der Bundesgerichtshof anhand der vorherigen Rechtslage vorgenommen hat.
Gemäß Art. 59 Abs. 1 S. 1 KWBG ist einem ersten Bürgermeister für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Amt Ehrensold (Pflichtehrensold) zu bewilligen, wenn er
1.aus dieser Tätigkeit außer einem Übergangsgeld keine Versorgung erhält,
2.entweder das sechzigste Lebensjahr vollendet hat oder dienstunfähig ist und
3.dieses Amt in derselben Gemeinde oder im selben Bezirk mindestens zwölf Jahre bekleidet hat oder aus diesem Amt nach mindestens zehn Jahren wegen Dienstunfähigkeit ausscheidet.
Die letztgenannte Voraussetzung hatte der Antragsgegner bei Ehezeitende bereits erfüllt.
Anders als es das rheinland-pfälzische EhrensoldG bestimmt, nach dem der Anspruch nur ruht, solange der Berechtigte das fünfundfünfzigste Lebensjahr nicht vollendet hat (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 EhrensoldG Rheinland-Pfalz), wird also das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze (oder Dienstunfähigkeit) vorausgesetzt (hierzu BGH FamRZ 2011, 1287 Rn. 16 a. E.), wodurch sich die bayerische Regelung nicht nur vom Eintrittsalter, sondern auch konzeptionell von der Regelung in Rheinland-Pfalz unterscheidet. Zwar trifft auch das bayerische KWBG ausdrücklich keine Zweckbestimmung dahingehend, dass der Ehrensold der Altersversorgung dienen soll.
Der bayerische Pflichtehrensold hat jedoch gleichwohl Versorgungscharakter.
Dies ergibt sich zum einen aus dem oben zitierten Art. 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KWBG, wonach eine Voraussetzung für den Bezug des Pflichtehrensoldes ist, dass der Berechtigte aus dieser Tätigkeit außer einem Übergangsgeld keine Versorgung erhält.
Für die Annahme einer Versorgung wegen Alters spricht zudem, dass das betreffende Anrecht gemäß Art. 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KWBG nach Vollendung des 60. Lebensjahrs und damit zu einem rentennahen Zeitpunkt gewährt wird, wobei in der Praxis regelmäßig bei einem Versorgungsbeginn nach dem 60. Lebensjahr von einer Altersversorgung auszugehen ist (Hauß, in: Schulz/Hauß, Familienrecht, 3. Aufl. § 2 VersAusglG Rn. 14), Auf die üblichen Altersgrenzen der öffentlich-rechtlichen Leistungssysteme kommt es, wie oben ausgeführt, nicht an. Vielmehr ist allein maßgebend, dass das betreffende Anrecht der Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens dienen soll (BGH FamRZ 2014, 182 Rn. 20; FamRZ 2011, 1287 Rn. 15; Norpoth/Sasse, in: Erman, BGB, 16. Aufl. § 2 VersAusglG Rn. 8; Siede, in: MünchKomm-BGB. 8. Aufl. § 2 VersAusglG Rn. 23; Bergmann, in: BeckOK-BGB, Stand 01.11.2021 § 2 VersAusglG Rn. 1; Wick, Versorgungsausgleich, 4. Aufl. Rn. 100). Dies ist bei einer nach Vollendung des 60. Lebensjahrs zuzahlenden Versorgung in aller Regel anzunehmen.
Vor allem aber ergibt sich der Versorgungscharakter des bayerischen Pflichtehrensoldes aus Art. 59 Abs. 1 S. 3 KWBG: Nach dem Tod eines oder einer nach Satz 1 Berechtigten ist dem Ehegatten Ehrensold zu gewähren; die Zahlung endet bei erneuter Eheschließung oder Begründung einer neuen Lebenspartnerschaft. Daraus erschließt sich, dass hier eine (zusätzliche) Versorgungsleistung zur Sicherung der Lebensführung des Ehrenbeamten vorgesehen wird, nicht lediglich eine Art Treueprämie, um Bürgermeistern mit besonders langer Amtszeit Dank und Anerkennung seitens der Gemeinde zuteilwerden zu lassen (vgl. die Ausführungen des BGH in FamRZ 2011, 1287 zu dem insoweit anders ausgestalteten rheinland-pfälzischen Ehrensold a.a.O. Rn. 18-20; ebenso zum Ehrensold nach dem rheinland-pfälzischen EhrensoldG: Holzwarth, in: Johannsen/Hennrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl. § 2 VersAusglG Rn. 29).
Zwar mag der bayerische Pflichtehrensold gegenüber einer beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft eine andere Funktion haben und ihr nicht gleichwertig sein; insbesondere beläuft er sich gem. Art. 60 Abs. 1 S. 1 KWBG lediglich auf ein Drittel der zuletzt bezogenen Entschädigung. Er wird daher als „allenfalls mit einer Leistung aus der Zusatzversorgung, nicht aber mit der beamtenrechtlichen Basissicherung nach dem BeamtVG vergleichbar“ angesehen (vgl. BSGE 50, 231). Dies spricht jedoch nicht gegen seine Berücksichtigung im Versorgungsausgleich.
Es handelt sich zudem um eine durch die Arbeit eines Ehegatten i.S.d. § 2 Abs. 2 VersAusglG ausgelöste Leistung (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 9. Aufl., Kap. 2 Rn. 56). Denn die Gewährung des Ehrensoldes knüpft in ihren Voraussetzungen unmittelbar an die Ausübung des Amts über einen bestimmten Zeitraum hinweg an und orientiert sich der Höhe nach an der zuletzt bezogenen Entschädigung. Das VersAusglG setzt nicht voraus, dass es sich um entgeltlich geleistete Arbeit handelt; ehrenamtlich geleistete Arbeit wird nicht aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG verlangt lediglich einen Kausalitäts- und Zurechnungszusammenhang zwischen Arbeitsleistung und Rentenanspruch. Ausgleichspflichtig ist ein Anrecht bereits dann, sofern nur das Teilhaberecht des Ehegatten auf seine Arbeit als Teil der gemeinsamen Lebensleistung zurückzuführen ist (vgl. Holzwarth, a.a.O. § 2 VersAusglG Rn. 22). Dies bringt auch Art. 59 Abs. 1 S. 3 KWBG zum Ausdruck, demgemäß der überlebende Ehegatte berechtigt wird, Pflichtehrensold zu beziehen.
Die Unpfändbarkeit des Anrechts steht dem nicht entgegen; auch ein unpfändbares Versorgungsanrecht kann im Versorgungsausgleich problemlos geteilt werden (vgl. Holzwarth, a.a.O. § 2 VersAusglG Rn. 18); dies wird durch § 21 Abs. 3 VersAusglG klargestellt.
Eine Berücksichtigung im Versorgungsausgleich steht auch nicht entgegen, dass gem. Art. 59 Abs. 5 (vorher. F.: Art. 138) KWBG die Bewilligung des Ehrensolds zurückgenommen werden kann, wenn sich der Empfänger des Ehrensolds nicht würdig erweist. Zwar führt eine nicht hinreichende Verfestigung eines Anrechts im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG dazu, dass ein solches Anrecht bei der Scheidung nicht ausgeglichen wird. Dies gilt nicht nur für Rechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes (vgl. Holzwarth, a.a.O. § 19 VersAusglG Rn. 7 ff.). Ausgleichsansprüche nach der Scheidung bleiben hiervon jedoch unberührt, § 19 Abs. 4 VersAusglG; zudem hemmt der in Art. 59 Abs. 5 KWBG niedergelegte Rücknahmevorbehalt nicht die Verfestigung des Anrechts. Dass Leistungen unter Widerrufsvorbehalt geleistet werden, z.B. Unterstützungskassenleistungen, hindert ihren schuldrechtlichen Ausgleich nicht (vgl. Holzwarth, a.a.O. § 20 VersAusglG Rn. 13).
2. Die Bewertung des auszugleichenden Anrechts erfolgt nach § 42 VersAusglG (vgl. Borth, a.a.O. Kap. 2 Rn. 56).
Gemäß der Auskunft der Verwaltungsgemeinschaft H… vom 25.02.2021 (vgl. Bl. 52 d.A.) stieg der monatliche Pflichtehrensold analog zu den besoldungsrechtlichen Vorschriften des BayBesG zum 01.01.2021 auf 1.612,09 Euro und wird seit dem 01.05.2021 in dieser Höhe gewährt.
Die Voraussetzungen zur Bewilligung des Pflichtehrensolds aus Art. 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 3 KWBG lagen zum Ehezeitende i.S.v. § 3 Abs. 1 VersAusglG, also am 31.07.2012, bereits vor, weil die Erlangung des Anspruchs nicht mehr von einer Wiederwahl abhing und damit hinreichend verfestigt war (BGH FamRZ 2007, 30, 35), wobei es für den schuldrechtlichen Ausgleich auf eine solche Verfestigung aber nicht ankommt (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG).
Von dieser Rente sind keine Sozialversicherungsbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen (§ 20 Abs. 1 S. 1 VersAusglG) in Abzug zu bringen; der Antragsgegner zahlt lediglich auf eine Tätigkeit, welche er seit dem 01.05.2020 als Arbeitnehmer seines Sohnes verrichtet, Kranken- bzw. Sozialversicherungsbeiträge.
Dass die zweite Wiederwahl des Antragsgegners als Erster Bürgermeister erst nach Ende der Ehezeit erfolgte, ist zwar ein individueller Umstand, der keinen Ehezeitbezug aufweist. Die Wiederwahl wirkt jedoch auf den Ehezeitanteil ebenso zurück wie etwa die nachehezeitliche Entscheidung eines Beamten auf Lebenszeit, seine Dienstzeit zu verlängern, so dass entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH FamRZ 2019, 1052) der Ehezeitanteil aus der gesamten Amtszeit ermittelt wird. Unter Berücksichtigung einer Tätigkeit als Erster Bürgermeister von 6.574 Tagen (01. 05. 2002 bis zum 30. 04. 2020), von denen 3.744 Tage in die Ehezeit fallen, was einem Ehezeitanteil von 56,95% entspricht, errechnet sich zeitratierlich der Ehezeitanteil gemäß §§ 42, 20 Abs. 1 VersAusglG mit 918,09 Euro und der Ausgleichswert in Höhe von 459,04 Euro monatlich. Dieser Wert ist ohne weitere Abzüge an die geschiedene Ehefrau als Rente zu bezahlen.
3. Nach § 20 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1585b Abs. 2 BGB besteht der Anspruch auf Zahlung der Ausgleichsrente ab Verzug dieses Anspruchs; anders als im Unterhaltsrecht sind an die Bestimmung der Mahnung keine besonderen Anforderungen zu stellen, weil auch zur verfahrensmäßigen Geltendmachung keine Bezifferung verlangt wird (vgl. Borth, a.a.O. Kap. 4 Rn. 64). Vorliegend hat die Antragstellerin den Antragsgegner mit vorgerichtlichem Schriftsatz vom 16.04.2021 für die Zeit ab dem 02.05.2021 in Verzug gesetzt, § 286 Abs. 1 S. 1 BGB; die Mahnung ist hier – zulässigerweise – mit der die Fälligkeit begründenden Handlung verbunden worden (vgl. Grüneberg, 81. Aufl., § 286 BGB Rn. 16). Die Höhe des Verzugszinses ergibt sich aus § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die laufende schuldrechtliche Ausgleichsrente kann bereits für den Zeitpunkt vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung verlangt werden (vgl. Borth, a.a.O. Kap. 4 Rn. 61).
Der Anspruch auf Abtretung des Anspruchs gegen die Versorgungsträgerin in Höhe der Ausgleichsrente ergibt sich aus § 21 Abs. 1 VersAusglG; auf die Pfändbarkeit oder Abtretbarkeit des Ehrensolds nach anderen Vorschriften kommt es gem. § 21 Abs. 3 VersAusglG nicht an.
Der Senat hat neben der laufenden Verpflichtung auch den Anspruch auf Abtretung tenoriert. Sobald die rechtskräftige Anordnung der Abtretung des Anspruchs vorliegt, greifen in Bezug auf die angeordnete Zahlungsverpflichtung die §§ 398 ff. BGB ein; der Abtretung kommt also Erfüllungswirkung zu (vgl. Borth, a.a.O. Kap. 4 Rn. 73 a. E.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG.
IV.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. In Rechtsprechung und Literatur ist bislang nicht abschließend geklärt, ob und unter welchen Umständen ein Ehrensold dem Versorgungsausgleich unterfällt. Entschieden hat der Bundesgerichtshof (vgl. BGH FamRZ 2011, 1287) nur, dass der Ehrensold nach dem rheinland-pfälzischen EhrensoldG keinen Versorgungscharakter hat und daher nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist; in den Kommentaren wird dies in Bezug auf die für verschiedene Gruppen von Ehrenbeamten vorgesehenen (Landes-) Gesetzen unterschiedlich bzw. differenzierend bewertet (vgl. die Übersicht bei Norpoth/Sasse, in: Erman, BGB, 16. Aufl. § 44 VersAusglG Rn. 10).


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben