Arbeitsrecht

Verwaltungsrechtsweg gegen eine im Rahmen einer angestrebten Verbeamtung erfolgte Anlassbeurteilung

Aktenzeichen  8 Ta 150/19

Datum:
17.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 7697
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
BBG § 10, § 126
ArbGG § 2

 

Leitsatz

Für einen Rechtsstreit gegen eine Anlassbeurteilung, die im Rahmen einer angestrebten Verbeamtung erfolgt ist, ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. (Rn. 10 – 11)

Verfahrensgang

17 Ga 70/19 2019-11-14 Bes ARBGNUERNBERG ArbG Nürnberg

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten vom 02.12.2019 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 14.11.2019 – Aktenzeichen: 17 Ga 70/19 – abgeändert.
2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht zulässig.
3. Der Rechtsstreit wird an das im Rechtsweg zuständige Verwaltungsgericht Ansbach verwiesen.
4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren darüber, die für den Beurteilungszeitraum 01.01. bis 31.12.2018 erstellte dienstliche Beurteilung für Auswahlentscheidungen durch die Verfügungsbeklagte nicht zu verwenden.
Die Verfügungsklägerin ist seit dem 15.10.2016, inzwischen unbefristet, als Tarifbeschäftigte unter Eingruppierung in Entgeltgruppe 6 TVöD (Bund) beim B… im Referat … in Z. beschäftigt.
Sie hat sich auf die am 20.11.2018 von der Verfügungsbeklagten veröffentlichte Ausschreibung mit der Kennziffer „2018 – Verbeamtung mittlerer Dienst“ beworben. Mit dieser Ausschreibung wurden Verbeamtungsstellen für Tarifbeschäftigte des vergleichbar mittleren Dienstes in den Entgeltgruppen E 5 bis 9a TVöD (Bund) ausgeschrieben. Die Verfügungsklägerin verfügt über die formalen Voraussetzungen für die Ernennung in das Beamtenverhältnis im mittleren Dienst. Aus diesem Grund wurde für die Klägerin eine Anlassbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 01.01. bis 31.12.2018 zum Stichtag 01.01.2019 erstellt und im Oktober 2019 eröffnet.
Mit ihrer Klage im einstweiligen Verfügungsverfahren vom 31.10.2019 macht die Klägerin geltend, dass kein vertragliches, tarifliches, personalvertretungsrechtliches oder gesetzliches Recht für die Verfügungsbeklagte bestehe, die Verfügungsklägerin dienstlich zu beurteilen. Sie macht daher im bereits anhängigen Hauptsacheverfahren die Entfernung der dienstlichen Beurteilung aus der Personalakte nach §§ 242, 1004 BGB analog i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG geltend und begehrt im einstweiligen Verfügungsverfahren, dass die Verfügungsbeklagte verurteilt wird, dass sie die dienstliche Beurteilung bis zum Abschluss des Hauptsachverfahrens nicht für Auswahlentscheidungen verwende. Die Klägerin trägt insoweit vor, Gegenstand der Hauptsacheklage und des Eilantrages seien daher die dienstliche Beurteilung einer Tarifangestellten. Dass mit der Beurteilung weitere Zwecke verbunden seien, mache diese weiteren Zwecke nicht zum Streitgegenstand.
Mit Klageerwiderung vom 07.11.2019 rügt die Beklagte die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit und beantragt die Verweisung an die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie trägt vor, dass einziger Zweck der Anlassbeurteilung die Durchführung der Verbeamtungsaktion sei. Die Klägerin sei beurteilt worden, um ihre Eignung für die von ihr gewünschte Verbeamtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 BBG festzustellen und sie so in den Leistungsvergleich einzubeziehen. Auch nach der BAG-Rechtsprechung sei der Verwaltungsrechtsweg schon dann gegeben, wenn jemand, der nicht Beamter sei, Ansprüche geltend mache, die auf die Begründung eines Beamtenverhältnisses hinzielten oder die Klärung von Streitfragen begehre, die mit einer, sei es auch zukünftigen oder nur erstrebten Beamtenstellung im Zusammenhang stünden. Dies sei hier der Fall, da der Zusammenhang der Anlassbeurteilung mit der Verbeamtungsaktion unstrittig sei.
Mit Beschluss vom 14.11.2019 hat das Arbeitsgericht Nürnberg den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht insbesondere aus, dass, auch wenn unstreitig der Zweck der streitgegenständlichen Beurteilung in der Verbeamtungsaktion der Verfügungsbeklagten liege, es sich hier gleichwohl um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handele. Das Rechtsverhältnis sei maßgeblich durch das Klagebegehren geprägt. Die Verfügungsklägerin begehre hier aus ihrem Anstellungsverhältnis heraus die Entfernung bzw. zunächst Nichtverwendung einer dienstlichen Beurteilung.
Die Beklagte hat gegen den ihr am 14.11.2019 zugestellten Beschluss mit Telefax vom 02.12.2019 sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 16.12.2019 hat das Arbeitsgericht unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die statthafte sofortige Beschwerde, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 S. 2 GVG, ist form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 78 S. 1 ArbGG, 569 Abs. 1 und 2 ZPO.
2. Die Beschwerde ist sachlich begründet.
Der Rechtsstreit, in dem die Antragstellerin sich im Hauptsacheverfahren der Sache nach gegen ihre Anlassbeurteilung im Rahmen der angestrebten Verbeamtung wendet und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verwendung dieser Beurteilung im Auswahlverfahren vorläufig verhindern will, fällt entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes nicht in die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen. Insoweit schließt sich das Landesarbeitsgericht Nürnberg voll inhaltlich der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in dessen Beschluss vom 19.12.2019 (Aktenzeichen: AN 16 E 19.2205) an.
Der von der Antragstellerin verfolgte Anspruch ergibt sich aus einem „angestrebten“ Beamtenverhältnis, für den nach der Sonderzuweisung des § 126 Abs. 1 BBG im Hauptsacheverfahren als auch im Eilverfahren der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.
Diese Vorschrift eröffnet den Verwaltungsrechtsweg für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis. Sie ist nach allgemeiner Auffassung auch anwendbar auf Ansprüche vorbeamtlicher Art aus einer der dem Beamtenrecht zugeordneten Anspruchsgrundlagen. Maßgeblich ist die wahre Natur des Rechtsverhältnisses, nicht die vom Rechtsschutzsuchenden vorgenommene rechtliche Zuordnung. So sind Klagen auf Einstellung als Beamter oder gegen die Ablehnung einer solchen Einstellung – anders als Klagen auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als Tarifbeschäftigter im öffentlichen Dienst – beamtenrechtlich und fallen in die Rechtswegzuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Anspruchsgrundlage ist das durch den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis begründete beamtenrechtliche Bewerbungsverhältnis. Der in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Grundsatz der Bestenauswahl vermittelt dabei jedem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl (so BayVGH, Beschluss vom 19.12.2019 Az.: AN 16 E 19.2205 mit weiteren Hinweisen).
Die Antragstellerin verfolgt so mit ihrem gegen die Anlassbeurteilung gerichteten Rechtsschutzbegehren einen solchen (vor-)beamtenrechtlichen Anspruch, für den der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Bei dem Streitgegenstand handelt es sich nicht um eine „normale“ dienstliche Beurteilung der Antragstellerin als Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst im Rahmen des Arbeitsvertragsverhältnisses, für deren Prüfung die Gerichte für Arbeitssachen zuständig wären. Es handelt sich vielmehr um eine Anlassbeurteilung, die der Dienstherr ausschließlich im Rahmen des Auswahlverfahrens zur Besetzung der ausgeschriebenen Beamtenstellen im mittleren Dienst erstellt hat, nachdem die Antragstellerin sich um eine dieser Beamtenstellen beworben hatte. Als Grundlage für die Anlassbeurteilung hat der Dienstherr dementsprechend die Richtlinie für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich vom 07.04.2017 herangezogen, die nach Nr. 1.1. und 2.2. nur in dieser Fallkonstellation auf Tarifbeschäftigte Anwendung findet. Das Rechtsschutzziel der Antragstellerin ist darauf gerichtet, dass die streitige Anlassbeurteilung bei der Auswahlentscheidung keine Berücksichtigung findet. Anspruchsgrundlage ist nicht das Arbeitsverhältnis als Tarifbeschäftigte, sondern das (vor-)beamtenrechtliche Bewerbungsverhältnis, das die Antragstellerin mit Einreichung ihrer Bewerbung um eine der ausgeschriebenen Beamtenstellen begründet hat (BayVGH, Beschluss vom 19.12.2019, a.a.O.).
Der Rechtsstreit ist somit an das zuständige Verwaltungsgericht Ansbach zu verweisen.
III.
1. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO die Verfügungsklägerin zu tragen.
2. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter erfolgen, § 78 S. 3 ArbGG.


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