Arbeitsrecht

Verwendungszulage für Wahrnehmung des Amts des Polizeiobermeisters wird nicht gewährt

Aktenzeichen  M 21 K 16.1769

Datum:
23.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2803
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBesG § 46 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Für die Frage, ob haushaltsrechtliche Hindernisse iSv § 46 Abs. 1 BBesG aF einer Beförderung entgegenstehen, sind maßgeblich die einschlägigen Vorgaben des jeweiligen Haushaltstitels des Haushaltsplans, hier die Bereitstellung von Planstellen der Besoldungsgruppe A8 für die Gesamtheit der Bundespolizeidienststellen, nicht dagegen die lediglich darauf aufbauenden Entscheidungen der Exekutive, die die Planstellen den einzelnen vom Haushaltstitel erfassten Behörden zuweisen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung eines höherwertigen Amtes im Sinne von § 46 Abs. 1 BBesG aF liegen nicht vor, wenn sich aus der Gegenüberstellung von Haushalts- und Personalsituation keine freie Planstelle ergibt und damit auch keine entsprechenden Haushaltsmittel mehr zur Verfügung stehen; dies gilt auch dann, wenn aufgrund eines “Attraktivitätsprogramms” monatlich die Planstellen im mittleren Dienst zugunsten des gehobenen Dienstes reduziert werden; denn Grundlage für diese Kompensation ist nicht eine Entscheidung der Exekutive, sondern eine des Haushaltsgesetzgebers. (redaktioneller Leitsatz)
3. Hinweis: § 46 BBesG aF wurde aufgehoben und gilt ab dem 01.01.2016 nicht mehr. Grundlegend zu der Frage, ob die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben  – auch ohne Beförderung – zu einem Anspruch auf Zulagenzahlung führt: BVerwG BeckRS 2011, 52560; BeckRS 2011, 52610; BeckRS 2015, 40575. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Zulage für die Wahrnehmung eines höherwertigen Amts.
Werden einem Beamten oder Soldaten die Aufgaben eines höherwertigen Amts vorübergehend vertretungsweise übertragen, so erhält er nach § 46 Abs. 1 BBesG in der Fassung vom 19. Juni 2009 (a.F.) nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen.
Jedenfalls weil nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung des damals für die Klägerin höherwertigen Amts einer Polizeiobermeisterin die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amts im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorgelegen hatten, scheidet ein Anspruch auf eine Zulage nach § 46 Abs. 1 BBesG (a.F.) aus. Im Einzelnen:
Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwertigen Amtes im Sinne von § 46 Abs. 1 BBesG (a.F.) sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2014 – 2 C 16/13 – juris Rn. 13 ff.) erfüllt, wenn der Beförderung des betreffenden Beamten kein haushaltsrechtliches Hindernis entgegensteht. Für seine Beförderung muss eine freie Planstelle der entsprechenden Wertigkeit zur Verfügung stehen. Maßgeblich sind die einschlägigen Vorgaben des jeweiligen Haushaltstitels des Haushaltsplans, hier die Bereitstellung von Planstellen der Besoldungsgruppe A8 für die Gesamtheit der Bundespolizeidienststellen der Beklagten. Zu berücksichtigen sind insoweit allein die ins Detail gehenden Festlegungen des Haushaltsplans, nicht dagegen die lediglich darauf aufbauenden Entscheidungen der Exekutive, die die Planstellen den einzelnen vom Haushaltstitel erfassten Behörden zuweisen. Denn der Haushalt, auf den es beim Begriff der „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“ ankommt, wird durch den Gesetzgeber und nicht durch die Exekutive bestimmt. Entscheidungen der Exekutive sind hier nur von Bedeutung, wenn sie auf entsprechenden gesetzlichen Vorgaben oder Ermächtigungen beruhen, wie etwa „kw-Vermerke“ oder eine Haushaltssperre. Soweit der Dienstherr Planstellen nicht besetzt, stehen die entsprechenden Haushaltsmittel für die Zahlung einer Zulage nach § 46 BBesG zur Verfügung (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2014 – 2 C 16/13 – juris Rn. 15). Diese Vorschrift setzt auf der Ebene des Haushaltsplans keine feste Verknüpfung zwischen einem konkret-funktionellen Amt (Dienstposten) und einer bestimmten Planstelle voraus (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2014 – 2 C 16/13 – juris Rn. 16). § 46 BBesG gilt auch für den Fall, dass der Dienstherr erheblich mehr Beförderungsdienstposten ausweist, als Planstellen und damit Statusämter dieser Wertigkeit im Haushaltsplan zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2014 – 2 C 16/13 – juris Rn. 18 m.w.N.). Aus dem Begriff der „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“ folgt, dass nur die auf die besetzbaren Planstellen entfallenden Mittel für die Zulage zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2014 – 2 C 16/13 – juris Rn. 20).
Gemessen an diesen Grundsätzen der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts liegen insbesondere nach der von der Beklagten mit Schreiben vom 16. Februar 2018 vorgelegten Gegenüberstellung zur Haushalts- und Personalsituation in der Bundespolizei für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwertigen Amtes im Sinne von § 46 Abs. 1 BBesG nicht vor.
Das in dieser Gegenüberstellung enthaltende Zahlenwerk, im dem zum Ausdruck kommt, dass im streitgegenständlichen Zeitraum keine freie Planstelle A8 und damit auch keine entsprechenden Haushaltsmittel mehr zur Verfügung gestanden haben, ist in sich schlüssig. Das in der rechten Spalte unter der Rubrik „Personalstärke“ für die jeweils streitgegenständlichen Monate aufgelistete Saldo (mit Abzug der Beurlaubungen vom Personal-IST) übersteigt in jedem einzelnen Monat rechnerisch richtig die Differenz zwischen dem jeweils aufgelisteten Personal-IST einerseits sowie den jeweiligen Beurlaubungen plus der jeweiligen Gesamtzahl der Planstellen andererseits. Gegen die Richtigkeit dieser aufgeführten Zahlen sind seitens der Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben worden.
Das Gericht hat auch sonst keinen Anlass, an der Richtigkeit dieses Zahlenwerks zu zweifeln. Insbesondere hat die Beklagte in ihrer vorgenannten Gegenüberstellung unter der Rubrik „Planstellen“ in jedem einzelnen Monat zu Recht die jeweilige „Kompensation durch ATTP II“ zum Abzug gebracht. Bei diesem Attraktivitätsprogramm II, welches der Erhöhung des Anteils des gehobenen Polizeivollzugsdiensts am gesamten Personalkörper der Bundespolizei von 20 Prozent auf 40 Prozent gedient hat (vgl. nur BT-Drucks. 17/12432, S. 1), handelt es sich nicht um eine Entscheidung der Exekutive, auf die es nach der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts für den Begriff der „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“ grundsätzlich nicht ankommt (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2014 – 2 C 16/13 – juris Rn. 13), sondern um eine im vorliegenden Kontext maßgebliche haushaltsgesetzgeberische Entscheidung (vgl. nur BT-Drucks. 17/12432, S. 4).
Das in der besagten Gegenüberstellung enthaltende Zahlenwerk der Beklagten belegt somit, dass der Bundespolizei im streitgegenständlichen Zeitraum keine freie Planstelle A8 mehr zur Verfügung gestanden hat und dass die für die Besoldung der Bundespolizeibeamten der Besoldungsgruppe A8 haushaltsrechtlich zur Verfügung gestellten Mittel voll ausgeschöpft worden sind. Daran scheitert der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch.
Die vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung beantragte Schriftsatzfrist war nicht zu gewähren, weil das mit dem Schreiben der Beklagten vom 16. Februar 2018 verbundene Vorbringen für die Klägerin nicht „neu“ im Sinne der
§§ 173 Satz 1 VwGO, 282 Abs. 2, 283 Satz 1 ZPO gewesen und weil die Klägerin nicht infolge der Verspätung zu einer sofortigen Erklärung in der mündlichen Verhandlung außer Stande gewesen ist.
Mit dem in ihrem Schreiben vom 20. Dezember 2017 enthaltenen Zahlenwerk hatte die Beklagte aus ihrer Sicht – für die Klägerbevollmächtigten erkennbar – bereits belegt, dass die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 46 Abs. 1 BBesG a.F. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfüllt seien. Das mit dem Schreiben der Beklagten vom 16. Februar 2018 verbundene, lediglich ergänzende Vorbringen war später – auf die den Klägerbevollmächtigten unverzüglich zugeleitete Veranlassung des Gerichts – nur erfolgt, damit insbesondere die Zahlen derjenigen Beamten, die im maßgeblichen Zeitraum keine Bezüge erhalten haben, klarer werden. Somit war das mit dem Schreiben der Beklagten vom 16. Februar 2018 verbundene Vorbringen für die Klägerin nicht neu.
Überdies wäre es somit bereits seit Zuleitung des Schreibens der Beklagten vom 20. Dezember 2017 Sache der Klägerin bzw. ihrer Bevollmächtigten gewesen, gegebenenfalls das in diesem Schreiben enthaltene Zahlenwerk substantiell in Zweifel zu ziehen. Wäre dies – was den Klägerbevollmächtigten erkennbar möglich gewesen wäre – etwa nach Einholung weiterer Erkundigungen rechtzeitig erfolgt, wäre der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch eine substantiierte, „sofortige“ Erklärung zum mit dem Schreiben der Beklagten vom 16. Februar 2018 verbundenen Vorbringen möglich gewesen. Auch deshalb ist ein Schriftsatzrecht der Klägerin ausgeschieden (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 283 Rn. 2a ff. m.w.N.).
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.


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