Arbeitsrecht

Wohnsitzzuweisung

Aktenzeichen  B 6 K 17.754

Datum:
28.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 24057
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 12a Abs. 1 S. 2, Abs. 2

 

Leitsatz

Weder die gesetzliche Wohnsitznahmeverpflichtung im Freistaat Bayern noch die Wohnsitzzuweisung behindern eine erfolgversprechende Arbeitsplatzsuche, da der subsidiär Schutzberechtige seine entsprechenden Aktivitäten in der gesamten Bundesrepublik Deutschland entfalten kann.  (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage, über die nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden kann, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 04.09.2017 ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht aufzuheben, weil er rechtmäßig und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.
Die Wohnsitzzuweisung findet ihre Rechtsgrundlage in § 12a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Danach kann ein Ausländer, der der Verpflichtung nach § 12a Abs. 1 AufenthG unterliegt und der in einer Aufnahmeeinrichtung oder anderen vorübergehenden Unterkunft wohnt, innerhalb von sechs Monaten nach Anerkennung längstens bis zum Ablauf der nach § 12a Abs. 1 AufenthG geltenden Frist zu seiner Versorgung mit angemessenem Wohnraum verpflichtet werden, seinen Wohnsitz an einem bestimmten Ort zu nehmen, wenn dies der Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegensteht.
Gemessen daran ist der angefochtene Bescheid vom 04.09.2017 rechtmäßig, weil im maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (VG Köln, Urteil vom 14.11.2017 – 5 K 2256/17, juris Rn. 16) die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erfüllt waren und weder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens („kann“) überschritten sind noch von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Das Gericht folgt der umfassenden und sachgerechten Begründung des Bescheides vom 04.09.2017 und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Zusammenfassend bzw. ergänzend wird Folgendes festgestellt:
Als subsidiär Schutzberechtigter (§ 4 Abs. 1 AsylG), der weder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnimmt oder aufgenommen hat, durch die er mindestens über ein Einkommen in Höhe des monatlichen durchschnittlichen Bedarfs nach den §§ 20 und 22 SGB II für eine Einzelperson verfügt, noch eine Berufsausbildung aufnimmt oder aufgenommen hat noch in einem Studien- oder Ausbildungsverhältnis steht (vgl. § 12a Abs. 1 Satz 2 AufenthG), unterliegt der Kläger der gesetzlichen Verpflichtung nach § 12a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, für den Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) im Freistaat Bayern zu nehmen.
Die staatliche Unterkunft „KVB – LkrW… – W…“, in der der Kläger bei Erlass des Bescheides vom 04.09.2017 wohnte, ist eine vorübergehende Unterkunft im Sinne des § 12a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Die Sechsmonatsfrist des § 12a Abs. 2 Satz 1 AufenthG war, nachdem subsidiärer Schutz mit Bescheid vom 03.07.2017 zuerkannt wurde, bei Erlass des Bescheides vom 04.09.2017 noch nicht abgelaufen.
Der Landkreis W… ist ein „bestimmter Ort“ im Sinne des § 12a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Gründe, aus denen die Verpflichtung, seinen Wohnsitz im Landkreis W… zu nehmen, der Förderung der nachhaltigen Integration des Klägers in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere behindern die gesetzliche Wohnsitznahmeverpflichtung im Freistaat Bayern und die Wohnsitzzuweisung in den Landkreis W… nicht eine erfolgversprechende Arbeitsplatzsuche, da sie nur bedeuten, dass der Kläger seinen „gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz)“, nicht hingegen seinen ständigen Aufenthalt im Freistaat Bayern und dort im Landkreis W… nehmen muss. Er kann also ungehindert in der gesamten Bundesrepublik Deutschland die erforderlichen Aktivitäten entfalten, insbesondere Vorstellungs- und Bewerbungsgespräche wahrnehmen.
Die gesetzliche Höchstdauer von drei Jahren wurde mit der sachgerechten Begründung, dass keine für einen kürzeren Verpflichtungszeitraum sprechenden Umstände vorliegen, ausgeschöpft, aber nicht überschritten.
Die Verknüpfung der Wohnsitznahmeverpflichtung im Landkreis W…(Ziffer 1 des Bescheides vom 04.09.2017) mit der – vorübergehenden – Berechtigung, bis zur Verfügbarkeit anderen Wohnraums in der staatlichen Unterkunft „KVB – LkrW… – …gasse, …W…“ wohnen zu bleiben (Ziffer 2 des Bescheides vom 04.09.2017), widerspricht nicht dem Zweck der Ermächtigung, es zu ermöglichen, vorübergehenden und damit per se integrationshemmenden Wohnverhältnissen in Aufnahmeeinrichtungen oder anderen vorübergehenden Unterkünften innerhalb kurzer Frist abzuhelfen (BT-Drucks. 18/8615, S. 45). Denn es bestand kein vernünftiger Zweifel daran, dass eine kurzfristige Versorgung des Klägers mit angemessenem Wohnraum im Sinne des § 12a Abs. 2 Satz 1 AufenthG im Landkreis W… gewährleistet war. Die Tatsache, dass der Kläger bereits seit dem 01.11.2017 nicht mehr in der staatlichen Unterkunft wohnt, sondern in der Stadt W… eine andere Wohnung gefunden hat, bestätigt diese Einschätzung.
Weist der Kläger künftig nach, dass ihm an einem anderen Ort eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 AufenthG, ein den Lebensunterhalt sicherndes Einkommen oder ein Ausbildungs- oder Studienplatz zur Verfügung steht, sind auf seinen Antrag sowohl die Wohnsitzzuweisung in den Landkreis W… nach § 12a Abs. 2 Satz 1 AufenthG als auch die gesetzliche Wohnsitznahmeverpflichtung im Freistaat Bayern nach § 12a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gemäß § 12a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a AufenthG aufzuheben.
Die Klage wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abgewiesen. Die Kostenentscheidung ist gemäß § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO vorläufig vollstreckbar.


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