Arbeitsrecht

Zahlung von Werklohn für Reinigungsleistungen

Aktenzeichen  23 U 73/18

Datum:
25.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 49249
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 631 Abs. 1, § 642 Abs. 1, § 648 S. 2, § 648a Abs. 5

 

Leitsatz

Zur Kündigung eines Vertrags über Reinigungsleistungen in einem Hotel (Rn. 52 – 54) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

13 HK O 1333/17 2017-11-28 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 28.11.2017 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 86.518,78 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.02.2017 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.217,45 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.02.2017 zu bezahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 62% und die Beklagte 38%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

II.
Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 7.4 des Vertrages vom 28.05.2015 für den Zeitraum von Oktober 2015 bis zur ersten Woche des März 2016 einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 86.518,78 €.
1.1. Die Klägerin und die Beklagte haben am 28.05.2015 einen Werkvertrag geschlossen.
1.1.1. Die Klägerin ist Vertragspartnerin des Werkvertrages. In dem Vertrag vom 28.05.2015 wird unstreitig die Klägerin als Auftragnehmerin genannt. Ferner wurde der Vertrag unstreitig von der Klägerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, unterzeichnet. Auch das Angebot vom 27.05.2015 (Anlage B 1) wurde von der Klägerin erstellt und von ihrem Geschäftsführer unterzeichnet. Zwar deuten die HRB-Nummer und die Steuernummer in der Fußzeile des Angebots auf eine andere Firma hin. Maßgeblich ist jedoch, wer den Vertrag geschlossen hat. Im Übrigen legt auch die Beklagte nicht dar, mit wem sie den Vertrag geschlossen haben will. Ferner ist zu sehen, dass die Beklagte die von der Klägerin erstellten Rechnungen zunächst ohne Beanstandungen bezahlt hat.
1.1.2. Die Beklagte hat erstmals in der zweiten Instanz in der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2018 vorgetragen, der Vertrag sei nicht vom Geschäftsführer der Beklagten, sondern von Herrn M. und Herrn B., die nicht Geschäftsführer der Beklagten und nicht bevollmächtigt gewesen seien, unterzeichnet worden. Dieser neue Vortrag der Beklagten ist nach § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin hat den Vortrag der Beklagten bestritten. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, weshalb die Beklagte gehindert war, diesen Vortrag bereits in erster Instanz zu halten.
1.2. Nach § 7.4 des Vertrages gehen die Parteien von einer Inbetriebnahme des Hotels zum 01.10.2015 aus. Für den Fall, dass das Hotel zu diesem Zeitpunkt nicht eröffnet sein sollte, haben die Parteien vereinbart, dass die Beklagte der Klägerin für jeden Monat der Verspätung die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen, die von der Klägerin darzulegen sind, mindestens aber 10% der vereinbarten Vergütung bezahlt. Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 13.07.2018 ausführt, die Klägerin habe für die Reinigung einen Vergütungsanspruch, der auf der konkreten Anzahl der tatsächlich gereinigten Zimmer basiere und mangels Reinigung bestehe vor der Eröffnung des Hotels daher kein Vergütungsanspruch, verkennt sie, dass die Parteien in § 7.4 des Vertrages explizit einen Vergütungsanspruch der Klägerin gerade für den Fall vereinbart haben, dass das Hotel nicht zum 01.10.2015 eröffnet wird und damit von der Klägerin naturgemäß keine Reinigungsleistungen erbracht werden können.
1.3. Die Beklagte hat ihre auf Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht wirksam angefochten.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18.04.2017 (S. 3, Bl. 15 d. A.) sämtliche Erklärungen im Zusammenhang mit dem Abschluss etwaiger Vereinbarungen wegen Irrtums angefochten. Als Begründung führt die Beklagte an, sie habe sich über die Person ihres Vertragspartners geirrt. Die Beklagte hat bereits nicht hinreichend dargetan, worüber sie sich konkret geirrt hat. Zudem erfolgte die Anfechtungserklärung nicht unverzüglich. Nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB muss die Anfechtung unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Vorliegend wusste die Beklagte jedenfalls mit Erhalt der ersten Rechnung, dass sich die Klägerin als Vertragspartnerin geriert.
1.4. Dahingestellt bleiben kann, ob der Vertrag durch die im Schriftsatz vom 18.04.2017 erklärte Kündigung beendet wurde, da die Kündigung nur ex nunc, nicht ex tunc wirkt.
1.5. Die Regelung in § 7.4 des Vertrages wurde von den Parteien auch nicht abbedungen. Die für eine Änderung des Vertrages darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat insoweit lediglich vorgetragen, die Parteien hätten „stattdessen“ vereinbart, dass die Klägerin Baugrobreinigungen sowie kleinere Montagetätigkeiten vornehmen sollte (S. 3 des Schriftsatzes vom 12.07.2017, Bl. 43 d. A.). Dem ist die Klägerin mit dem Vortrag entgegengetreten, die Montagetätigkeiten und Baugrobreinigungen seien zusätzlich durch die Klägerin erfolgt (S. 2 des Schriftsatzes vom 13.07.2017, Bl. 46 d. A.). Beweis hat die Beklagte nicht angeboten.
1.6. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 7.4 des Vertrages einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 86.518,78 €.
1.6.1. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 09.05.2017 (Bl. 19 ff. d. A.) dargelegt, wie sie die vereinbarte Vergütung hinsichtlich der Zimmerreinigung berechnet. Die Beklagte hat insoweit lediglich beanstandet, die durchschnittliche Belegung betrage nicht 65%. Mit Schriftsatz vom 10.07.2018 (Bl. 96 ff. d. A.) hat die Klägerin ausführlich dargelegt, weshalb von einer durchschnittlichen Auslastung von 65% auszugehen ist. Bei der – mangels Eröffnung des Hotels naturgemäß erforderlichen – Schätzung ist die Klägerin davon ausgegangen, dass die durchschnittliche Belegung in M. bei ca. 85% liegt. Eine verlässliche Berechnung der durchschnittlichen Belegung könne nicht aufgrund der Anzahl der im Monat März 2016 gereinigten Zimmer erfolgen, da die Klägerin zum einen mit ihrer Rechnung vom 31.03.2016 (Anlage K 15) nur einen halben Monat in Rechnung gestellt und zum anderen die Beklagte entgegen ihren vertraglichen Verpflichtungen auch eigenes Reinigungspersonal eingesetzt habe. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Beklagte auf ihrer Website noch nicht für die einschlägigen Buchungsportale freigeschaltet gewesen sei und daher über die Internetportale noch keine Buchungen erfolgen konnten. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen der Klägerin, denen die Beklagte – der die tatsächlichen Belegungszahlen bekannt sind – nicht substantiiert entgegengetreten ist, an. Insbesondere ist es sachgerecht, für den Zeitraum von Oktober 2015 bis zur ersten Woche des März 2016 von einer durchschnittlichen Belegung auszugehen, da eine aufgrund der Eröffnung unterdurchschnittliche Belegung sich bereits ab der tatsächlichen Eröffnung des Hotels zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt hat. Da die Beklagte der Berechnung der Klägerin im Übrigen nicht entgegengetreten ist, hat die Klägerin für die Zimmerreinigung einen Anspruch auf vereinbarte Vergütung in Höhe von 36.747,80 € netto pro Monat, mithin insgesamt in Höhe von 192.925,95 € netto.
1.6.2. Für die Reinigung der öffentlichen Bereiche wurde in § 5.1 des Vertrages eine monatliche Pauschale in Höhe von 3.620 € netto vereinbart. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 10.07.2018 (S. 3, Bl. 98 d. A.) hat die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom November 2015 mitgeteilt, dass aufgrund einer Anhebung des Mindestlohns eine Preiserhöhung um 2,6% vorgenommen werden müsse; dem habe die Beklagte nicht widersprochen. Die Klägerin hat somit für den Zeitraum von Oktober 2015 bis Dezember 2015 für die Reinigung der öffentlichen Bereiche einen Anspruch auf vereinbarte Vergütung in Höhe von 10.860 € netto. Für Januar und Februar 2016 beläuft sich die vereinbarte Vergütung auf jeweils 3.714 €, für die erste Woche des März 2016 auf 928,50 €. Die Klägerin hat somit für die Reinigung der öffentlichen Bereiche Anspruch auf vereinbarte Vergütung in Höhe von insgesamt 19.216,50 € netto.
1.6.3. Für die Reinigung der Zimmer sind ersparte Aufwendungen in Höhe von 123.034,38 € in Abzug zu bringen.
Nach § 7.4 des Vertrages sind die ersparten Aufwendungen von der Klägerin darzulegen. Die Klägerin geht in ihrem Schriftsatz vom 09.05.2017 (S. 6, Bl. 24 d. A.) für die Reinigung der Zimmer von einem durchschnittlichen monatlichen Zeitaufwand der Mitarbeiter in Höhe von 1.487 Stunden aus. Der Senat schließt sich dieser Berechnung der Klägerin, der die Beklagte nicht entgegengetreten ist, an. Die Klägerin hat eine Kalkulation vom 11.06.2014 (Anlage K 17) vorgelegt. Danach betragen die Lohnkosten (einschließlich Lohnnebenkosten, Lohnfolgekosten und Gehälter für Vorarbeiter) 15,47 € netto sowie die Kosten für Reinigungs- und Verbrauchsmaterial 0,29 €, so dass sich hieraus ein Stundenverrechnungssatz in Höhe von 15,76 € ergibt. Diese Kosten wurden von der Beklagten nicht bestritten. Sie wendet sich lediglich dagegen, dass die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 09.05.2017 hinsichtlich der ersparten Aufwendungen von einem Stundensatz in Höhe von 13,26 € ausgeht. Die Klägerin konnte auch im Schriftsatz vom 10.07.2018 (S. 3, Bl. 98 d. A.) nicht darlegen, weshalb die Position 2) in Höhe von 0,38 €, 3) in Höhe von 0,50 € und 4) in Höhe von 0,04 € der Lohnfolgekosten bei den ersparten Aufwendungen nicht zu berücksichtigen sind. Hinsichtlich der Kosten für den Vorarbeiter hat die Klägerin vorgetragen, dass dieser nie eingesetzt wurde. Die Klägerin hat diese Aufwendungen tatsächlich erspart. Unerheblich ist, dass die Klägerin diese Aufwendungen nach Eröffnung des Hotels auch bei der tatsächlichen Reinigung erspart hat, da die Klägerin vor der Eröffnung des Hotels vom Einsatz eines Vorarbeiters ausging und sich an dieser Kalkulation festhalten lassen muss. Die Kosten für Reinigungs- und Verbrauchsmaterial in Höhe von 0,29 € bringt die Klägerin auch in ihrem Schriftsatz vom 09.05.2017 in Ansatz.
Die Klägerin hat damit pro Monat für die Reinigung der Zimmer Aufwendungen in Höhe von 23.435,12 € erspart, für den Zeitraum von Oktober 2015 bis zur ersten Woche des März 2016 somit 123.034,38 €.
1.6.4. Hinsichtlich der Reinigung der öffentlichen Bereiche geht der Vertrag in § 5.1 von einem täglichen Zeitaufwand von 6,5 Stunden aus. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher monatlicher Reinigungsaufwand von 198,25 Stunden. Für die Reinigung der öffentlichen Bereiche ist wie für die Reinigung der Zimmer (s. 1.6.3) ein Stundensatz in Höhe von 15,76 € zugrunde zu legen. Es ergeben sich damit pro Monat durchschnittliche ersparte Aufwendungen in Höhe von 3.124,42 €, mithin insgesamt 16.403,21 €.
1.6.5. Die vereinbarte Vergütung beträgt mithin insgesamt 212.142,45 € netto, die ersparten Aufwendungen belaufen sich auf insgesamt 139.437,59 €. Die Klägerin hat damit einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 72.704,86 € netto, mithin 86.518,78 € brutto.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale für den fünften Mitarbeiter für August 2016 in Höhe von 3.000 € netto. Ein Anspruch auf den vereinbarten Werklohn besteht nur dann, wenn die Leistung tatsächlich erbracht wird. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass über die mit Rechnung vom 31.08.2016 (Anlage B 7) abgerechneten vier Mitarbeiter hinaus ein weiterer Mitarbeiter tätig war. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 10.07.2018 (S. 4, Bl. 99 d. A.) ausführt, wenn die Hausdame der Beklagten den Dienstplan so gestalte, dass sie nur vier Mitarbeiter einsetze, ändere dies nichts daran, dass die Klägerin vereinbarungsgemäß fünf plus zwei Mitarbeiter angeboten habe, ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.07.2017 (S. 3, Bl. 43 d. A.) vorgetragen hat, dass die Klägerin ihrer Verpflichtung, jeweils fünf Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, bereits nach kurzer Zeit nicht mehr nachgekommen sei, da sie nicht über ausreichendes Personal verfügt habe. Die Klägerin habe daher für August 2016 lediglich vier Mitarbeiter abgerechnet. Die Klägerin hat für ihre Behauptung, die Beklagte habe entgegen ihrer Verpflichtung lediglich vier der fünf angebotenen Mitarbeiter eingesetzt, keinen Beweis angeboten.
3. Die Klägerin hat zunächst mit der als Anlage K 5 vorgelegten Rechnung vom 31.12.2016 900 Sonderstunden für Dezember 2016 in Höhe von 17.842,86 € geltend gemacht. Diese Rechnung war im ursprünglichen Klageantrag enthalten. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin jedoch die Anträge aus dem Schriftsatz vom 09.05.2017 gestellt, welche die Rechnung vom 31.12.2016 nicht umfassen. Das Landgericht hat daher über diesen Anspruch nicht entschieden. Die Klägerin kann ihre Klageforderung nicht „vorsorglich auch auf ihre Rechnung für den Monat Dezember 2016“ stützen, da es sich insoweit um einen anderen Streitgegenstand handelt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 01.08.2018 (Bl. 109 d. A.) erklärt, die Klageerweiterung solle nicht als Anschlussberufung gewertet werden. Der von der Klägerin zunächst geltend gemachte Anspruch ist damit nicht mehr streitgegenständlich.
4. Die Klägerin hat für den Zeitraum von Januar 2017 bis Mai 2017 gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch.
4.1. Zwar wurde der Vertrag nicht durch die Äußerungen des Geschäftsführers der Klägerin im November 2016 gekündigt. Dahingestellt bleiben kann, ob der Geschäftsführer der Klägerin – wie die Beklagte behauptet – gesagt hat, die Beklagte könne sich jemand anderes suchen, der ihr Hotel reinige und geäußert hat: “Putz dein Scheiss-Hotel allein!“. Diese Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin würde für den Ausspruch einer Kündigungserklärung nicht ausreichen, da sich hieraus für die Beklagte nicht klar und eindeutig ergibt, dass die Klägerin am Vertrag nicht festhalten will und es sich insoweit um das letzte Wort der Klägerin handelt. Die Klägerin hat jedoch unstreitig keine Werkleistungen erbracht. Ihr steht daher kein Vergütungsanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 5 des Werkvertrags zu.
4.2. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt. Aus dem Vertrag ergibt sich vielmehr, dass die Klägerin selbst die Reinigungsleistungen zu erbringen hatte.
4.3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 642 Abs. 1 BGB.
4.3.1. Nach § 642 Abs. 1 BGB kann der Unternehmer eine angemessene Entschädigung verlangen, wenn bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich ist und der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt.
4.3.2. Vorliegend war zwar eine Mitwirkungshandlung der Beklagten erforderlich, weil unstreitig die Mitarbeiter der Klägerin von der Hausdame der Beklagten eingesetzt werden mussten.
4.3.3. Die Beklagte kam aber durch das Unterlassen dieser Mitwirkungshandlung nicht in Annahmeverzug, da die Mitarbeiter der Klägerin – entgegen der vertraglichen Vereinbarung der Parteien – nicht bei der Beklagten erschienen sind und damit von dieser nicht eingeteilt werden konnten.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14.06.2017 (S. 3, Bl. 33 d. A.) vorgetragen, bis zu dem Gespräch im November 2016 seien ohne weitere Aufforderung täglich fünf Personen im Hotel der Beklagten erschienen und mehr schlecht als recht Reinigungstätigkeiten nachgekommen. Ab diesem Gespräch Ende November 2016 seien keine Personen mehr erschienen, die bei der Beklagten Reinigungstätigkeiten vornehmen wollten. Zu diesem Vortrag hat die Beklagte als Beweis die Vernehmung des Zeugen B. angeboten. Mit Schriftsatz vom 12.07.2017 (S. 2, Bl. 42 d. A.) hat die Beklagte ihre Ausführungen dahingehend korrigiert, bei einer nochmaligen Überprüfung der Aufzeichnung der Beklagten sei festgestellt worden, dass im Dezember 2016 sporadisch Mitarbeiter der Klägerin bei der Beklagten anwesend gewesen seien. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung, jeweils fünf Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, bereits nach kurzer Zeit nicht mehr nachgekommen. Im August 2016 habe die Klägerin daher lediglich vier Mitarbeiter abgerechnet. Die Beklagte habe dies moniert, die Klägerin habe Besserung versprochen. Im November 2016 sei die Klägerin wiederum nicht in der Lage gewesen, die von ihr vertraglich versprochenen Kapazitäten zur Verfügung zu stellen (S. 3, Bl. 43 d. A.).
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 13.07.2017 (S. 2, Bl. 46 d. A.) den Vortrag der Beklagten als unrichtig bestritten und vorgetragen, die Klägerin habe immer ausreichend Personal gehabt, um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können. Auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2018, die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass die Beklagte eine Mitwirkungshandlung nicht erbracht habe, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.07.2018 (S. 4, Bl. 99 d. A.) vorgetragen, mit der Beklagten sei vereinbart worden, dass fünf Mitarbeiter der Klägerin täglich zur Arbeit erscheinen sollen. Dies sei eine verbindliche Vereinbarung gewesen, von der die Beklagte auch nicht abweichen konnte. Damit geht auch die Klägerin davon aus, dass die fünf Mitarbeiter der Klägerin täglich bei der Beklagten erscheinen mussten und dann von der Hausdame der Beklagten für die konkreten Tätigkeiten eingeteilt werden sollten. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat weder vorgetragen noch Beweis dafür angeboten, dass die fünf Mitarbeiter täglich bei der Beklagten erschienen sind. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem Vortrag der Klägerin, sie habe ihre Leistungen stets angeboten, was jedoch von der Beklagten abgelehnt wurde, da die Klägerin hinsichtlich des Angebots der Leistungen lediglich auf ihre Schreiben vom 30.11.2016 und vom 30.01.2017 Bezug nimmt (S. 5, Bl. 100 d. A.).
4.4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen nach § 648 Satz 2 BGB.
4.4.1. Die im Schriftsatz vom 18.04.2017 (S. 4, Bl. 16 d. A.) erklärte außerordentliche und fristlose Kündigung ist zwar keine wirksame Kündigung aus wichtigem Grund, die nach § 648a Abs. 5 BGB zur Folge hätte, dass die Klägerin nur berechtigt ist, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.
Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Werkvertrags nach § 648a Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, die Klägerin habe in dem Angebot vom 27.05.2015 eine falsche HRB-Nummer angegeben, ist damit eine Täuschung durch die Klägerin nicht dargetan. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin in dem Werkvertrag unstreitig zutreffend benannt wurde. Soweit die Beklagte vorträgt, der Geschäftsführer der Klägerin habe sie über deren angeblich über zehnjährige Erfahrung und Expertise im Bereich der Hoteldienstleistungen getäuscht, ist nicht dargetan, dass die zehnjährige Erfahrung Gegenstand der Verhandlungen war und dass dies Auswirkungen auf die Durchführung des Vertrages hatte. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, sie habe die Angaben hinsichtlich der Erfahrung der Klägerin aus dem Internet. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass eine juristische Person selbst über keine Erfahrung verfügen kann und der Geschäftsführer der Klägerin seine Erfahrung dargelegt hat. Ein wichtiger Grund liegt auch nicht darin, dass die Klägerin nach dem Vorbringen der Beklagten die Insolvenz der Vorgängergesellschaft verschwiegen hat; insoweit bestand keine Verpflichtung der Klägerin zur Offenlegung. Die Beklagte hat auch sonst keine Anhaltspunkte vorgetragen, die eine Fortführung des Vertrages unzumutbar erscheinen lassen.
4.4.2. Die Kündigung der Beklagten aus wichtigem Grund kann vorliegend jedoch nicht in eine freie Kündigung nach § 648 Satz 1 BGB umgedeutet werden. Danach kann der Werkvertrag bis zur Vollendung des Werkes jederzeit ohne wichtigen Grund gekündigt werden. Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine unwirksame außerordentliche Kündigung nur dann in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn nach der Sachlage anzunehmen ist, dass diese dem Willen des Erklärenden entspricht und dieser Wille in seiner Erklärung gegenüber deren Empfänger erkennbar zum Ausdruck gekommen ist (BGH, Urteil vom 26.07.2001, X ZR 162/99, juris Tz. 14). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Auslegung der Kündigungserklärung der Beklagten ergibt nicht, dass der Werkvertrag unabhängig davon beendet sein soll, ob der geltend gemachte Kündigungsgrund vorliegt. Die Kündigung des vorliegenden Werkvertrages hat zwar nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Wirkungen, da mit ihr nicht nur zum Ausdruck gebracht wird, dass das Vertragsverhältnis beendet ist, sondern mit ihr auch die Voraussetzungen für den Einsatz eines Drittunternehmers geschaffen werden. Dies ist regelmäßig konfliktfrei nur möglich, wenn die außerordentliche Kündigung auch für den Fall wirksam sein soll, dass der Kündigungsgrund nicht besteht (BGH, Urteil vom 24.07.2003, VII ZR 218/02, juris Tz. 23). Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung im Schriftsatz vom 18.04.2017 die Klägerin bereits seit mehr als dreieinhalb Monaten keine Reinigungsleistungen erbracht hat und in diesem Zeitraum das Hotel bereits durch eigenes Personal der Beklagten oder Einsatz eines Drittunternehmers gereinigt wurde. Einer Umdeutung der Kündigung aus wichtigem Grund in eine freie Kündigung steht vorliegend ferner entgegen, dass im Falle einer Kündigung des Bestellers aus wichtigem Grund der Unternehmer nach § 648a Abs. 5 BGB nur berechtigt ist, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt, während im Fall der freien Kündigung der Unternehmer nach § 648 Satz 2 BGB berechtigt ist, die vereinbarte Vergütung zu verlangen und er sich nur ersparte Aufwendungen anrechnen lassen muss. Da die Klägerin verpflichtet war, dafür zu sorgen, dass das Reinigungspersonal täglich bei der Beklagten erschien, um von der Hausdame der Beklagte eingeteilt zu werden und die Klägerin dieser Verpflichtung jedenfalls seit Januar 2017 nicht mehr nachgekommen ist, musste die Beklagte als Bestellerin für den Fall, dass sie Ihre Kündigung nur als außerordentliche verstanden wissen will, nicht das Risiko tragen, im Falle einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung eine Entschädigung nach § 642 Abs. 1 BGB bezahlen zu müssen (s. 4.3). Die Auslegung der Kündigungserklärung der Beklagten dahingehend, dass jedenfalls eine freie Kündigung gewollt ist, würde zwar die weitere Abwicklung des Werkvertrags auf eine sichere rechtliche und zeitliche Grundlage stellen (BGH, a.a.O., Tz. 25), wäre aber nicht interessengerecht. Die Beklagte müsste nämlich dann ab Zugang der Kündigung die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen bezahlen, wohingegen sie für den Zeitraum bis zum Zugang der Kündigung keine Zahlung leisten muss, da das Reinigungspersonal der Klägerin nicht bei der Beklagten erschienen ist.
5. Der Anspruch der Klägerin auf Prozesszinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB.
6. Das Landgericht hat der Klägerin die Erstattung der für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe angefallenen Kosten in Höhe von 2.611,93 € zugesprochen. Diese Kosten wurden aus einem Gegenstandswert in Höhe von 139.326,63 € ermittelt. Da die Klägerin lediglich Anspruch auf Zahlung von 86.518,78 € hat, hat sie auch lediglich Anspruch auf die sich aus diesem Gegenstandswert ergebenden Kosten. Für diesen Geschäftswert beläuft sich die Geschäftsgebühr auf 1.418 €. Die Klägerin hat damit einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.217,45 € (1.418 € x 1,3 = 1.843,40 € + 20 € Pauschale für Post und Telekommunikation = 1.863,40 € + 19% MWSt. = 2.217,45 €).
7. Die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf § 92 Abs. 2, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
8. Die Revision war nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.

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