Bankrecht

Fehlende Darlegung der Kausalität eines Aufklärungsfehlers

Aktenzeichen  34 O 25399/12

Datum:
28.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 280

 

Leitsatz

Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zur Folge hat, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, entbindet den Anleger nicht davon vorzutragen, welche der von ihm gerügten Aufklärungsfehler bzw. Prospektfehler seine Anlageentscheidung beeinflusst haben. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klagepartei.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Beschluss:
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.040,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet, so dass sie abzuweisen war.
I. Zulässigkeit:
Das Gericht hält die Feststellungsklage für die richtige Klageart, wobei nicht verkannt wird, dass grundsätzlich von einem Fehlen des Feststellungsinteresses ausgegangen wird, wenn der Klagepartei die Erhebung einer Leistungsklage möglich ist.
Vorliegend trägt der Kläger zwar vor, dass derzeit die Rückzahlung an das Finanzamt 6.310,00 € betragen würde, da die Entscheidung aus dem Jahr 2012 jedoch nicht rechtskräftig ist, steht derzeit nicht fest, welcher tatsächliche Steuerschaden dem Kläger entstanden sein könnte.
Bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch die Finanzverwaltung ist das Feststellungsinteresse daher zu bejahen. Denn würde eine Leistungsklage erhoben, bestünde die Gefahr, dass nach einem rechtskräftigen Bescheid der Finanzverwaltung ein weiterer Rechtsstreit entstünde.
II. Begründetheit:
Die Klage gegen die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) ist jedoch unbegründet, da dem Kläger keinerlei Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) zustehen.
Ein Schadensersatzanspruch ergäbe sich nach dem eigenen Vortrag der Klagepartei allenfalls daraus, dass die Beklagte zu 1) von der vermittelnden … Vertriebsprovisionen erhalten hätte, über die seitens der Beklagten zu 1) der Kläger nicht aufgeklärt worden ist.
Der Kläger selbst trägt vor, dass er bei Kenntnis der von ihm behaupteten Vertriebsprovisionen an die Beklagte zu 1) die streitgegenständliche Beteiligung nicht gezeichnet hätte.
Hinsichtlich der weiteren von ihm gerügten Aufklärungsfehler und Prospektfehler trägt der Kläger weder in der Klageschrift noch in den übrigen klägerischen Schriftsätzen vor, dass er bei Kenntnis von diesen angeblichen Fehlern die Anlage nicht getätigt hätte. Der Kläger behauptet zwar, Aufklärungspflichtverletzungen und Prospektfehler, unterlässt es jedoch darzustellen, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung bzw. bei einem fehlerfreien Prospekt die streitgegenständliche Beteiligung nicht gezeichnet hätte.
Der Kläger stützt seine vermeintliche andere Anlageentscheidung im Rahmen der von ihm behaupteten Kausalität somit nur auf die nicht erfolgte Aufklärung über angeblich an die Beklagte zu 1) geflossene Vertriebsvergütungen.
Zwar besteht laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Vermutung für ein aufklärungsrichtiges Verhalten mit der Folge dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Dies entbindet den Kläger jedoch nicht davon vorzutragen, welche der von ihm gerügten Aufklärungsfehler bzw. Prospektfehler seine Anlageentscheidung beeinflusst haben. Hier trägt der Kläger lediglich vor, dass er bei Kenntnis über eine von ihm behauptete Vertriebsvergütung an die Beklagte zu 1) von der Anlage Abstand genommen hätte. Hinsichtlich sämtlicher weiterer gerügten Prospektfehler und Aufklärungsfehler trägt der Kläger nicht vor, dass er sich bei Kenntnis von diesen behaupteten Fehlern anders entschieden hätte.
Letztendlich kommt es daher nur darauf an, ob eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1) bzw. eine Aufklärung im Prospekt über die vom Kläger behauptete, von der Beklagten zu 1) bestrittene, Vertriebsvergütung erforderlich war oder nicht.
Der Kläger trägt in der Klage vor, die Beklagte zu 1) habe eine Regelung mit der vermittelnden … getroffen, derzufolge ihr ein Anteil an der vom Fonds bezahlten Vertriebsprovision ausbezahlt werden solle. Weiterhin behauptet der Kläger, nach den ihm vorliegenden Informationen sei eine 7 %ige Rückvergütung geflossen.
Der Kläger unterlässt es jedoch anzugeben, woher er diese Behauptung nimmt bzw. wozu der benannte Zeuge … (Blatt 8 der Klage) aussagen solle. Es wäre zumindest erforderlich, damit sich die Beklagte zu 1) gegen diesen Sachverhalt verteidigen kann, dass die Klagepartei angibt, welche Personen, handelnd für die Bank und handelnd für die Beklagte zu 1), Vereinbarungen hinsichtlich Vertriebsprovisionen geschlossen haben. Die Beklagte zu 1) weist in ihrem Schriftsatz vom 15.03.2013 darauf hin, dass die Angaben der Klagepartei substanzlos seien und bestreitet die Vereinbarung.
Ein richterlicher Hinweis, dass die Klagepartei die Vereinbarung substantiieren müsse, war daher nicht erforderlich, da die Klagepartei aufgrund des Schriftsatzes der Beklagten zu 1) vom 15.03.2013 darauf hingewiesen wurde, dass die Vereinbarung nicht substantiiert vorgetragen ist.
Die Einvernahme des Zeugen … zu der von der Klagepartei behaupteten und von der Beklagten zu 1) bestrittenen Vertriebsvereinbarung wäre demnach ein Ausforschungsbeweis, der nicht zulässig ist, gewesen.
Hinsichtlich der weiteren gerügten Aufklärungsdefizite und Prospektfehler kann offenbleiben, ob diese tatsächlich gegeben sind oder nicht, da schon nach dem Vortrag der Klagepartei eine Kausalität zwischen den vermeintlichen Fehlern und der Anlageentscheidung nicht behauptet wird.
Hinsichtlich der Hilfswiderklage ist die Bedingung nicht eingetreten, so dass über diese nicht zu entscheiden war.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1; 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Bezüglich der übereinstimmenden Erledigterklärung der Anträge Ziffer 1. bis 3., 5. und 6. trägt die Klagepartei ebenso die Kosten des Verfahrens, da von Anfang an mangels Schadensersatzanspruches des Klägers gegenüber den Beklagten zu 1) und zu 2) die Klage unbegründet war.
Hinsichtlich des Streitwertes ist für das Gericht der Steuerschaden maßgeblich, den die Klagepartei mit 6.310,00 € beziffert, von dieser Position war wegen der Feststellungsklage ein ca. 20 %iger Abschlag zu machen, so dass der Streitwert auf 5.040,00 € festgesetzt wurde.
Mangels Entscheidung über die Widerklage erhöhte diese den Streitwert nicht.

Richterin am Landgericht
Verkündet am 28.10.2016

Urkundsbeamter der Geschäftsstelle


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben