Aktenzeichen II ZR 152/10
§ 130 Abs 1 HGB
§ 488 Abs 1 S 2 BGB
Verfahrensgang
vorgehend KG Berlin, 29. Juni 2010, Az: 4 U 78/09, Urteilvorgehend LG Berlin, 23. April 2009, Az: 21 O 404/07
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. Juni 2010 im Kostenpunkt und – mit Ausnahme des Zinsbeginns – insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist, und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Berufung des Beklagten zu 1 gegen das Versäumnis- und Schlussurteil der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin vom 23. April 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen seit 1. Mai 2007 zu zahlen sind.
Der Beklagte zu 1 trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von den Gerichtskosten der 2. Instanz tragen der Beklagte zu 1 68,7 % und der Beklagte zu 6 31,3 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in der 2. Instanz tragen der Beklagte zu 1 64,7 % und der Beklagte zu 6 35,3 %; die Beklagten zu 1 und zu 6 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Hinsichtlich der Kosten der 1. Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Der Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagter) ist Gesellschafter der D. Grundstücksgesellschaft b.R. (im Folgenden: GbR), einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zweck der Gesellschaft war die Errichtung und anschließende Verwaltung einer Wohnanlage in Ausübung eines Erbbaurechts an dem Grundstück D. in B. . Der Beklagte ist der GbR auf der Grundlage eines Prospekts mit einem Kapitalanteil von 3,4698 % beigetreten. Seine Beitrittserklärung wurde am 4. Oktober 1993 angenommen.
2
Zur Haftung der Gesellschafter heißt es im Fondsprospekt auf S. 16:
Die Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft. Soweit Gläubiger durch Grundpfandrechte gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück – wie auch für öffentliche Lasten – insgesamt. …
In der Praxis bereitet die Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit unbeschränkter Anteilshaftung kein Problem; namentlich die Banken akzeptieren die Anteilshaftung. Den Darlehensverträgen ist regelmäßig eine Quotelung der anteiligen Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschafter beigefügt.
3
§ 8 des Gesellschaftsvertrags lautet:
1. Die Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner.
2. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie den Gläubigern der Gesellschaft nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft, in der Höhe jedoch unbegrenzt.
…
4
Mit Vertrag vom 28. September/8. Oktober 1993 gewährte die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) der GbR zur Finanzierung des Objekts ein Darlehen in Höhe von 8.600.000 DM und ließ sich mit notarieller Urkunde vom 3. November 1993 eine Grundschuld in gleicher Höhe bestellen.
5
Am 25./31. Oktober 1996 vereinbarte die von der GbR beauftragte Geschäftsbesorgerin, die für die in einer Anlage genannten Gesellschafter der GbR auftrat und von diesen bevollmächtigt war, in Ergänzung des von den Gründungsgesellschaftern geschlossenen Darlehensvertrages, dass das Darlehensverhältnis zwischen der Klägerin und der GbR, bestehend aus den in der Anlage aufgeführten Gesellschaftern, fortgesetzt wird und die beigetretenen Gesellschafter („Darlehensnehmer“) gesamtschuldnerisch, aber jeweils beschränkt auf die in der beigefügten Aufstellung aufgeführten Beträge nebst Zinsen und Nebenleistungen haften. Im Übrigen sollten die Bestimmungen des Darlehensvertrages unverändert fortgelten. Der Anteil des Beklagten am Darlehenskapital ist in der dem Darlehensvertrag beigefügten Liste mit 298.400 DM (152.569,50 €) angegeben.
6
Am 7. November 1996 erklärte die Geschäftsbesorgerin im Namen der beigetretenen Gesellschafter in notarieller Urkunde die Übernahme der persönlichen Haftung in Höhe des Grundschuldbetrags von 8.600.000 DM nebst Zinsen und Nebenleistungen, jedoch nur für die aus der Anlage zur notariellen Urkunde ersichtlichen Teilbeträge und mit der Maßgabe, dass die Gläubigerin berechtigt sein sollte, die Gesellschafter aus der persönlichen Haftung vor Vollstreckung in das Pfandobjekt in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig erklärte die Geschäftsbesorgerin für die Gesellschafter, sie wegen dieser Verbindlichkeit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen.
7
Nachdem der Kredit notleidend geworden und das Erbbaurecht unter Zwangsverwaltung gestellt worden war, schloss die Klägerin am 31. Januar/5. Februar 2007 mit der GbR eine sogenannte Ablösevereinbarung, mit der die zum 30. September 2006 in Höhe von 5.431.619,96 € bestehende Restdarlehensschuld zum 31. Dezember 2006 abgelöst werden sollte. Es wurde eine zum 30. März 2007 fällige „Ablösezahlung“ in Höhe von 2.230.000 € festgelegt, die von der GbR im Wesentlichen durch den Erlös aus dem Verkauf des Erbaurechts bedient werden sollte. Ferner war von der GbR ein ebenfalls am 30. März 2007 fälliger „Ablösebetrag“ in Höhe von 2.350.000 € zu zahlen, der quotal aus Beiträgen der Gesellschafter aufgebracht werden sollte. Außerdem wurde ein sogenannter Abwicklungsbetrag in Höhe von 2.700.000 € vereinbart, mit dessen Zahlung die Gesellschafter von der persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten der GbR aus dem Darlehensvertrag befreit waren, die den auf ihre Beteiligung entfallenden Anteil bis 26. Januar 2007 zahlten. Der auf den Beklagten entfallende Anteil am „Ablösebetrag“ belief sich nach einer der Ablösevereinbarung beigefügten Liste, in der für jeden Gesellschafter der Anteil am „Ablösebetrag“ und am „Abwicklungsbetrag“ aufgeführt war, auf 81.540,30 €, der Anteil am „Abwicklungsbetrag“ auf 93.684,60 €. Der Beklagte leistete keine Zahlung. Die nach Tilgungen der GbR aus dem Verkauf des Erbbaurechts und nach Zahlungen verschiedener Gesellschafter entsprechend der Ablösevereinbarung noch offene Darlehensschuld der Gesellschaft betrug zum 10. August 2007 1.010.960,28 €.
8
Mit der Klage hat die Klägerin den Beklagten sowie weitere Gesellschafter auf Zahlung des ihrer jeweiligen Beteiligungsquote an der GbR entsprechenden Anteils am Darlehensnominalbetrag (hinsichtlich des Beklagten in Höhe von 298.400 DM (152.569,50 €) – ohne Zinsen und Kosten – in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat – nach Rücknahme des Rechtsmittels durch den Beklagten zu 6 – den Beklagten zur Zahlung von 118.214,73 € nebst Zinsen aus 109.892,93 € verurteilt und die gegen ihn gerichtete Klage im Übrigen abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht – beschränkt auf die Anspruchshöhe zu Gunsten der Klägerin – zugelassene Revision der Klägerin.