Bankrecht

Verjährungshemmende Wirkung der Einleitung eines Güteverfahrens im Streit um Schadensersatzansprüche aus Kapitalanlagegeschäften: Reichweite der Hemmungswirkung; Anforderungen an die erforderliche Individualisierung des Anspruchs im Güteantrag

Aktenzeichen  III ZR 170/14

Datum:
15.10.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 195 BGB
§ 199 Abs 1 BGB
§ 199 Abs 3 S 1 Nr 1 BGB
§ 204 Abs 1 Nr 4 BGB
§ 322 Abs 1 ZPO
Spruchkörper:
3. Zivilsenat

Leitsatz

1. Zur Reichweite der Verjährungshemmung und zu den Anforderungen an die Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs in Bezug auf Güteanträge in Kapitalanlageberatungsfällen (Bestätigung der Senatsurteile vom 18. Juni 2015, III ZR 303/14, WM 2015, 1322 und III ZR 198/14, NJW 2015, 2407).
2. Bei Güteanträgen kann auf Schriftstücke, die der Individualisierung des verfolgten Anspruchs dienen, nur dann zurückgegriffen werden, wenn sie im Güteantrag erwähnt und dem Antrag beigefügt worden sind.

Verfahrensgang

vorgehend BGH, 26. August 2015, Az: III ZR 170/14, Beschlussvorgehend OLG Celle, 19. Mai 2014, Az: 11 U 5/14vorgehend LG Hannover, 4. Dezember 2013, Az: 11 O 8/13

Tenor

Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 19. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs, einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten, hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Auf Empfehlung des für die Beklagte tätigen Handelsvertreters F.   E.        zeichnete der Kläger am 15. Dezember 1993 eine Beteiligung als mittelbarer Kommanditist an der F.       Baubetreuung Immobilien-Anlagen Nr. 28 KG (im Folgenden: F.      -Fonds 28), einem geschlossenen Immobilienfonds, mit einer Einlage in Höhe von 90.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Diese Kapitalanlage finanzierte der Kläger teilweise mit einem Bankdarlehen über 36.000 DM.
3
Mit Anwaltsschreiben vom 23. September 2011 verlangte der Kläger von der Beklagten Schadensersatz wegen Falschberatung. Dies wies die Beklagte mit Antwortschreiben vom 7. Oktober 2011 zurück.
4
Mit Eingang vom 28. Dezember 2011 reichte der Kläger über seine vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F.    X.  R.     in F.          einen Güteantrag ein, der folgende Begründung enthielt:
“Die Antragstellerpartei macht Ansprüche auf Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hintergrund ist die Beteiligung am F.     Fonds 28           KG. Die Antragstellerpartei erwarb Anteile an diesem geschlossenen Immobilienfonds. Die Antragstellerpartei hat Anspruch dahin, so gestellt zu werden, als habe sie die Beteiligung nie getätigt. Die Antragsgegnerin war bei dieser Beteiligung als Anlagevermittler und -berater tätig. Die Beratung wurde von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin vorgenommen.
Der Antragstellerpartei wurde der oben genannte Immobilienfonds vorgestellt und ihr suggeriert, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage. Nicht erläutert wurden die Risiken und Nachteile einer Beteiligung an diesem Immobilienfonds. Auch die Verwendung des Prospektes im Beratungsgespräch führt nicht zu einer umfassenden Aufklärung der Antragstellerpartei, da der Prospekt selbst keine ausreichenden Risikohinweise enthält.
Der Emissionsprospekt zur gegenständlichen Fondsbeteiligung ist in mehreren Punkten fehlerhaft und es fehlt die Aufklärung über die Risiken der Fondskonzeption. Die Antragsgegnerin haftet auch für die Prospektfehler auf Schadensersatz, da sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat.
Aus diesen Beratungsfehlern resultieren die Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin aus dem mit der Antragstellerpartei geschlossenen Anlageberatungsvertrag.
Darüber hinaus wurde die Antragstellerpartei von der Antragsgegnerin auch nicht darüber aufgeklärt, ob und in welcher Höhe diese oder der Berater Provisionen erhalten hat. Auch im Prospekt findet sich hierzu keine klare Angabe. Ein Anlageberater, der Fondsanteile empfiehlt, muss seinen Kunden darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe er Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält. Das ist vorliegend nicht passiert.
Danach war die Antragsgegnerin auf Grund des mit der Antragstellerpartei geschlossenen Beratungsvertrags verpflichtet, über die Rückvergütungen aufzuklären und so den hieraus resultierenden Interessenkonflikt offen zu legen. Auch dies stellt eine Pflichtverletzung des mit der Antragstellerpartei geschlossenen Beratervertrages dar.
Die Antragstellerpartei strebt eine gütliche Einigung mit der Antragsgegnerin an. Es wird deshalb gebeten und beantragt, die beigefügte Mehrfertigung des Güteantrages der Antragsgegnerin mit der Aufforderung zuzustellen, dem Güteverfahren beizutreten.”
5
Die Gütestelle unterrichtete die Beklagte hiervon. Nachdem diese mitgeteilt hatte, dass sie dem Güteverfahren nicht beitrete, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 14. August 2012 dem Kläger gegenüber das Scheitern des Verfahrens fest.
6
Mit Eingang vom 24. Januar 2013, der Beklagten zugestellt am 15. Februar 2013, hat der Kläger bei dem Landgericht Klage eingereicht.
7
Der Kläger hat geltend gemacht, es sei ein Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten zustande gekommen, und er sei von dem Handelsvertreter der Beklagten nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. Er habe eine sichere und risikolose Kapitalanlage zur Altersvorsorge gewünscht und sei über den unternehmerischen Charakter der Beteiligung, das (Total-)Verlustrisiko, die stark eingeschränkte Fungibilität und die Nachhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB nicht aufgeklärt worden. Die Provisionen würden im Emissionsprospekt, der ihm erst nach dem Erwerb der Beteiligung zugesandt worden sei, nicht transparent dargestellt.
8
Die Beklagte hat erwidert, es habe nur eine Anlagevermittlung stattgefunden. Sie ist den Beratungsfehlervorwürfen des Klägers im Einzelnen entgegen getreten und hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
9
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.


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