Aktenzeichen 23 U 2076/16
BGB BGB § 398
HGB HGB § 354, § 439, § 475a
Leitsatz
1. Die Erhebung einer Klage durch eine vermögenslose Klägerin ist nicht rechtsmissbräuchlich. (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Ansprüchen auf Lagergeld kommt es für den Beginn der Verjährung nach §§ 475a, 439 HGB nicht auf den Zeitpunkt der Einlagerung, sondern der Rückgabe des Gutes an. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 HK O 2102/13 2016-03-24 Endurteil LGINGOLSTADT LG Ingolstadt
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 24.03.2016, Az. 1 HK O 2102/13, aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Ingolstadt zurückverwiesen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Bezahlung einer angeblich vereinbarten, umsatzbezogenen Rückvergütung für den Erwerb von Zigaretten im Zeitraum 01.01.2010 bis 30.06.2012 sowie auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für einen Teil einer Halle im Zeitraum vom 01.01.2010 bis 30.04.2013 in Anspruch.
Mit Schreiben vom 08.10.2013 (Anlage B 10) teilte das Finanzamt Pfaffenhofen der Beklagten mit, Herr Bernhard K. habe am 08.10.2013 die Forderungen, die ihm aus der Umsatzrückvergütung 1. Quartal 2010 bis 4. Quartal 2012 bzw. Mietzinsforderungen vom 01.01.2010 bis 30.4.2013 gegen die Beklagte zustünden, in voller Höhe an die BRD und den Freistaat Bayern jeweils vertreten durch das Finanzamt Pfaffenhofen, abgetreten. Mit Schreiben vom 12.11.2015 (Anlage K 13) an die Klägervertreter teilte das Finanzamt Pfaffenhofen mit, Herr Bernhard K. habe am 08.10.2013 dem Finanzamt sicherungshalber die im Abtretungsvertrag genannten Forderungen gegen die Beklagte abgetreten. Die Klägerin sei weiterhin berechtigt, diese Forderungen im eigenen Namen und mit Leistung an sich geltend zu machen.
Im Abtretungsvertrag vom 08.10.2013 heißt es zu Beginn: „Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern… und Herrn Bernhard K. … – nachstehend als Abtretender bezeichnet – wird folgender Abtretungsvertrag geschlossen: Zur Sicherung der nachfolgend aufgeführten Steuern … von Herrn Bernhard K. … tritt der Abtretende sicherungshalber die nachstehenden Forderungen … ab“.
Die Klägerin hat ihren operativen Geschäftsbetrieb seit längerem eingestellt.
Die Klägerin behauptet, bei einer Besprechung in den Geschäftsräumen der Beklagten am 07.08.2009 sei vereinbart worden, dass die Beklagte der Klägerin für die Belieferung mit Zigaretten für Automaten eine Verkaufsmarge von 10% einräume und ihr zugleich eine Rückvergütung in Höhe von 0,5% auf die erzielten Umsätze quartalsweise bezahle.
In einem ca. 25 m² großen abgetrennten Raum in einer Halle auf dem Betriebsgelände der Klägerin seien aus Automaten zurückgeholte Zigaretten, die im Eigentum der Beklagten stünden, im Zeitraum vom 01.01.2010 bis 30.4.2013 eingelagert worden. Hierfür stehe der Klägerin eine Nutzungsentschädigung zu.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihre streitgegenständlichen Forderungen seien nicht wirksam durch Herrn Bernhard K. abgetreten worden, da dieser gegenüber dem Finanzamt Pfaffenhofen ausschließlich im eigenen Namen und nicht als Geschäftsführer der Klägerin gehandelt habe.
Die Klägerin hat in 1. Instanz beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.061,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.03.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.061,83 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten und über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.06.2013 zu bezahlen.
Hinsichtlich eines Restbetrags von 4.938,17 € wird die Hauptsache für erledigt erklärt.
Hilfsweise:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die BRD und den Freistaat Bayern, sämtliche vertreten durch das Finanzamt Pfaffenhofen, 45.061,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.03.2013 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die BRD und den Freistaat Bayern, sämtliche vertreten durch das Finanzamt Pfaffenhofen, 3.061,83 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.06.2013 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe die streitgegenständlichen Forderungen an die BRD und den Freistaat Bayern wirksam abgetreten. Herr Bernhard K. habe die Abtretungserklärung als Geschäftsführer der Klägerin abgegeben. Für die klageweise Geltendmachung der abgetretenen Forderung fehle der Klägerin die Prozessführungsbefugnis, die Klage sei rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig. Die Klägerin sei vermögenslos.
Der Anspruch auf die geltend gemachte Rückvergütung bestehe bereits dem Grunde nach nicht, da eine Einigung zwischen den Parteien nicht getroffen worden sei. Nutzungsentschädigung könne die Klägerin mangels Vereinbarung ebenfalls nicht verlangen. Der Anspruch sei verjährt.
Sämtliche streitgegenständlichen Ansprüche seien außerdem durch einen im Verfahren OLG München, Az. 23 U 3636/11, am 09.10.2012 protokollierten Vergleich mit abgegolten.
Hilfsweise rechnet die Beklagte mit offenen Restforderungen aus diesem Vergleich, Kaufpreis- und Schadensersatzansprüchen auf.
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die streitgegenständlichen Forderungen seien wirksam abgetreten worden. Die Klage in Prozesstandschaft durch die Klägerin sei rechtsmissbräuchlich.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die Klägerin habe ihre Forderungen nicht abgetreten, Herr Bernhard K. habe im eigenen Namen gehandelt. Zudem fehle es an einem Missbrauch der gewillkürten Prozesstandschaft, insbesondere sei die Klägerin nicht vermögenslos.
Die Klägerin beantragt daher:
1. In Abänderung des am 24.03.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Ingolstadt wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 45.061,98 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.03.2013 zu bezahlen.
2. In Abänderung des am 24.03.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Ingolstadt wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.061,83 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.06.2013 zu bezahlen.
Des Weiteren beantragt die Klägerin festzustellen, dass die Hauptsache in Höhe eines Teilbetrags von 4.938,17 € erledigt ist.
Hilfsweise:
3. Unter Abänderung des am 24.03.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Ingolstadt wird die Beklagte verurteilt, an die Bundesrepublik Deutschland und den Freistaat Bayern, sämtliche vertreten durch das Finanzamt Pfaffenhofen, 45.061,98 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.03.2013 zu bezahlen.
4. Unter Abänderung des am 24.03.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Ingolstadt wird die Beklagte verurteilt, an die Bundesrepublik Deutschland und den Freistaat Bayern, sämtliche vertreten durch das Finanzamt Pfaffenhofen, 3.061,83 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.06.2013 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Sache zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Ingolstadt zurückzuverweisen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2016 Bezug genommen.
II. Die Berufung der Klägerin hat insoweit Erfolg, als das landgerichtliche Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit nach § 538 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 3 ZPO zur weiteren Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen war.
1. Die Klage ist nicht wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
1.1. Die Klägerin macht die streitgegenständlichen Forderungen primär im eigenen Namen und aus eigenem Recht geltend. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin in der ersten Instanz ebenso wie in der Berufungsbegründung ausführlich darstellt, sie habe diese Forderungen nicht abgetreten, Herr Bernhard K. habe auch aus Sicht des Finanzamts Pfaffenhofen nur im eigenen Namen gehandelt, nicht aber als Geschäftsführer der Klägerin. Das Finanzamt Pfaffenhofen sei davon ausgegangen, Herr Bernhard K. trete eigene Forderungen ab.
Zudem beantragt die Klägerin nur hilfsweise die Zahlung an die Bundesrepublik Deutschland und den Freistaat Bayern.
Eine Klage, mit der eigene Forderungen im eigenen Namen geltend gemacht werden, ist nicht rechtsmissbräuchlich, selbst wenn die Klägerin vermögenslos ist. Niemand hat Anspruch darauf, nur von einem zahlungskräftigen Kläger verklagt zu werden (BGH NJW 1986, S. 850, 851).
1.2. Selbst wenn man – wie das Landgericht – nur von einer Klage in gewillkürter Prozessstandschaft ausginge und die Wirksamkeit der Abtretung bejahen würde, wäre die Klage nicht unzulässig.
Zwar kann eine Klage in gewillkürter Prozessstandschaft rechtsmissbräuchlich sein, wie das Landgericht zutreffend ausführt. Einer überschuldeten vermögenslosen GmbH, die keine Aussicht hat, die Geschäfte fortzuführen, fehlt in aller Regel das schutzwürdige Interesse, abgetretene Forderungen nach Offenlegung der Abtretung im eigenen Namen und auf eigene Kosten mit Ermächtigung des Gläubigers zu dessen Gunsten einzuklagen (BGH, NJW-RR 2011, S. 1690, 1691; BGH NJW 2003, S. 2231; BGH NJW 1986, S. 850, 851). Mit der Liquidation der Gesellschaft erledigen sich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft von selbst. In Anbetracht dessen ist eine unzumutbare Beeinträchtigung des Gegners darin zu sehen, dass er den ihm im Falle einer erfolglosen Klage zustehenden Erstattungsanspruch voraussichtlich nicht durchsetzen kann (BGH, NJW-RR 2011, S. 1690, 1691; BGH NJW 2003, S. 2231).
Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Zum einen ist die Klägerin – auch nach dem Vortrag der Beklagten – nicht insolvent und auch nicht überschuldet. Zum anderen ist ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin gegeben: Die Klägerin klagt – primär – gerade nicht auf Leistung an die Bundesrepublik Deutschland oder den Freistaat Bayern, sondern an sich selbst. Dies entspricht dem als Anlage K 13 vorgelegten Schreiben des Finanzamts Pfaffenhofen vom 12.11.2015, wonach die Klägerin auch nach der – vermeintlichen – Abtretung die Forderung einklagen und Zahlung an sich fordern darf. Anders als in den vorgenannten, vom BGH entschiedenen Fällen wird nicht zugunsten des Zessionars, sondern ausschließlich zu eigenen Gunsten geklagt. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass unstreitig nur eine Sicherungszession für Verbindlichkeiten des Herrn Bernhard K. vereinbart war. Solange dieser seine Schulden bedient, ist mithin schon der Sicherungsfall nicht eingetreten.
2. Das landgerichtliche Urteil ist aufzuheben und das Verfahren nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zur weiteren Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen. Ein Zurückverweisungsantrag der Beklagten liegt vor. Das Verfahren ist auch nicht entscheidungsreif, da es noch verschiedener Beweiserhebungen bedarf. Hierzu und für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
2.1. Der Klägerin könnte ein eigener Anspruch auf die eingeklagte Rückvergütung in Höhe von 45.061,98 Euro zustehen.
2.1.1. Die Klägerin ist nach derzeitigem Sachstand noch Inhaberin dieser Forderung. Die Forderung wurde nicht nach § 398 BGB wirksam an die Bundesrepublik Deutschland und den Freistaat Bayern abgetreten.
Für die Auslegung der Abtretungsvereinbarung kommt es entscheidend darauf an, wie bei Vertragsschluss die für das Finanzamt Pfaffenhofen handelnden Personen die Erklärungen von Herrn Bernhard K. verstehen konnten und mussten (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 75. Aufl, § 133 Rz. 9). Nach dem in Auszügen vorgelegten Abtretungsvertrag (Anlage zu Bl. 165 ff d. A., im Anlagenheft) wurde der Abtretungsvertrag geschlossen mit Herrn Bernhard K. als Abtretendem. Auch aus dem weiteren Text ist nicht ersichtlich, dass Herr Bernhard K. als Geschäftsführer der Klägerin handelte. Zudem ist nicht erkennbar, dass Forderungen der Klägerin abgetreten werden sollen. Zwar wird zur Bezeichnung der abgetretenen Forderungen auf die Rechnungen Bezug genommen. Diese lagen aber nach den Angaben des Zeugen P. (Protokoll vom 01.12.2015, S. 3 f, Bl. 185 f d. A.) dem Abtretungsvertrag gerade nicht bei. Auch erscheint es grundsätzlich naheliegend, dass ein Steuerschuldner zur Sicherung von Forderungen des Finanzamts gegen ihn eigene, ihm zustehende Forderungen abtritt. Schließlich hat das Finanzamt Pfaffenhofen noch am Tag der Abtretung, mit Schreiben vom 08.10.2013 (Anlage B 10) gegenüber der Beklagten erklärt, „Herr Bernhard K.“ habe „die Forderungen, die ihm aus der Umsatzrückvergütung … gegen Sie zustehen … abgetreten“. Danach geht das Finanzamt Pfaffenhofen weder davon aus, Herr K. habe als Geschäftsführer für die Klägerin gehandelt noch dass die abgetretenen Forderungen solche der Klägerin gewesen wären.
Zu keinem anderen Ergebnis führt das als Anlage K 13 vorgelegte Schreiben des Finanzamts Pfaffenhofen vom 12.11.2015. Zum einen heißt es auch in diesem Schreiben, „Herr Bernhard K.“ habe dem Finanzamt sicherungshalber die im Abtretungsvertrag genannten Forderungen abgetreten. Auch insoweit geht das Finanzamt daher davon aus, Abtretender sei Herr K. persönlich gewesen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass dieses Schreiben mehr als zwei Jahre nach der Abtretungsvereinbarung verfasst wurde. Selbst wenn dem Finanzamt Pfaffenhofen am 12.11.2015 bekannt war, dass es sich bei den abgetretenen Forderungen um solche der Klägerin handelte, lässt dies keine Rückschlüsse auf den Kenntnisstand und die Erkennbarkeit für das Finanzamt im Jahr 2013 zu. Wenig beweiskräftig ist daher auch die Aussage des Zeugen P. (Protokoll vom 01.12.2015, S. 3, Bl. 185 d. A.), der nach Vorhalt der Anlage K 13 bestätigt hat, er sei davon ausgegangen, dass die Klägerin weiterhin berechtigt gewesen sei, die Forderungen im eigenen Namen geltend zu machen. Wenn der Zeuge hiervon bei Abfassung des Schreibens im November 2015 ausging, sagt dies nichts über seinen Kenntnisstand 2013. Fragen dazu, was bezüglich der Forderungen am Tag der Abtretung gesprochen wurde und ob ihm die Klägerin und die Geschäftsführerstellung von Herrn K. damals bekannt war, hat der Zeuge nicht beantwortet.
Der Senat folgt auch nicht der Ansicht der Beklagten, es liege eine Beweisvereitelung vor und daher sei nach § 446 ZPO die von der Beklagten behauptete Tatsache, die Klägerin habe ihre Forderungen abgetreten, als erwiesen anzusehen. Der Senat verkennt nicht, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin geweigert hat, sich als Partei nach § 445 ZPO vernehmen zu lassen. Zudem hatte der Geschäftsführer der Klägerin schon zuvor abgelehnt, den Zeugen P. und die Zeugin E. von der Verschwiegenheitspflicht bezüglich des Steuergeheimnisses zu entbinden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Parteivernehmung schon nach § 445 Abs. 2 ZPO unzulässig war, da aufgrund der vorgelegten Unterlagen bereits feststand, dass es sich um eine Abtretung im eigenen Namen handelte (s.o.). Damit war die Weigerung des Geschäftsführers der Klägerin berechtigt.
Ergänzend sei darauf verwiesen, dass der Geschäftsführer der Klägerin auch weitere nachvollziehbare Gründe für seine Weigerung vorgebracht hat. Unstreitig betraf die Abtretungsvereinbarung eine Sicherungszession für Steuerschulden des Herrn Bernhard K. persönlich. Die Umstände seiner persönlichen Steuerschuld muss er im vorliegenden Verfahren nicht offenlegen. Außerdem hat der Klägervertreter darauf hingewiesen (Protokoll S. 6, Bl. 188 d. A.), dass bei Herrn K. strafrechtlich relevante Sachverhalte vorliegen könnten. Dies erscheint nicht fernliegend, wenn Herr K. bei Abschluss der Abtretungsvereinbarung das Finanzamt in dem falschen Glauben ließ, die Forderungen seien seine eigenen und würden wirksam abgetreten.
2.1.2. Der Anspruch auf die Rückvergütung ist nicht durch den Vergleich vom 09.10.2012 (Anlage K 4) abgegolten. Die Abgeltungsklausel (Ziff. 4) betrifft nur die damals streitgegenständlichen Ansprüche. Der nunmehr geltend gemachte Anspruch auf Umsatzrückvergütung für Lieferungen ab dem 1. Quartal 2010 wurde im früheren Verfahren nicht thematisiert. Auch handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt als der im damaligen Verfahren umstrittene Kaufpreisanspruch für die am 01.06.2009 übernommenen Zigaretten aus den Automaten.
2.1.3. Ob tatsächlich am 07.08.2009 eine Umsatzrückvergütung zwischen den Parteien vereinbart wurde, ist durch Erhebung der angebotenen Beweise zu klären.
2.1.4. Soweit sich die Beklagte hinsichtlich der Rückvergütung für das erste Quartal 2010 darauf beruft, die Forderung habe für eine „Anrechnung der Forderung vom 11.12.2009 verwendet“ werden sollen (Schreiben vom 13.04.2010, Anlage B 5), fehlt es schon an einer Aufrechnungserklärung. Völlig unklar bleibt zudem, um welche Forderung es sich hierbei handelt.
2.2. Der Anspruch auf Zahlung eines Lagergelds könnte sich aus § 354 HGB ergeben.
2.2.1. Insoweit müsste die Klägerin zunächst klarstellen, für welche Zeiträume sie Zahlung begehrt und auf welchen Zeitraum sich der Antrag auf Feststellung, dass die Hauptsache erledigt ist, bezieht.
2.2.2. Die Klägerin ist aus den oben Ziff. 2.1.1 dargestellten Gründen noch selbst Inhaberin einer eventuellen Forderung.
2.2.3. Bezüglich der Höhe der Forderung ist durch Erhebung der angebotenen Beweise zu klären, wieviel Fläche für die Lagerung tatsächlich benötigt wurde und welche Vergütung als hierfür üblicher Satz anzusehen ist.
2.2.4. Für den Beginn der Verjährung nach § 475 a, § 439 HGB kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Einlagerung, sondern der Rückgabe des Gutes an (Heublein in Ebenroth /Boujong /Joost /Strohn, HGB, 3. Aufl, § 475 a Rz. 4 und 6). Vortrag dazu fehlt bislang.
2.3. Hinsichtlich der Hilfsaufrechnungen hat die Beklagte bislang nicht dargetan, in welcher Reihenfolge sie mit welcher Forderung gegen welche Forderung aufrechnet.
Zudem wären weiterer Sachvortrag und Beweisangebote nötig:
Bezüglich der Restforderungen aus dem Vergleich fehlt es an Vortrag zum Verzugsbeginn für den Zinsanspruch. Hinsichtlich des angeblichen Kaufpreisanspruchs für Warenlieferungen 2010 fehlt konkreter Vortrag der Beklagten und ggf. Beweisangebote. Bezüglich des Schadensersatzanspruchs für beschädigte Ware hat die Beklagte keinen Beweis angeboten, dass die Beschädigungen gerade auf Pflichtverletzungen der Klägerin oder ihrer Mitarbeiter beruhten oder die Schäden während der Obhutszeit der Klägerin eingetreten wären. Zudem ist unklar, ob die Beklagte behauptet, die gesamte eingelagerte Ware sei beschädigt gewesen und ob – falls der Vortrag der Beklagten so zu verstehen ist – die Klägerin dies bestreitet.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.