Baurecht

4 A 10/19

Aktenzeichen  4 A 10/19

Datum:
16.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2021:160321U4A10.19.0
Spruchkörper:
4. Senat

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss für eine Höchstspannungsfreileitung.
2
Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss (PFB) vom 23. August 2019 stellt im Kern den Plan für die Errichtung und den Betrieb der 110-/380-kV-Höchstspannungsfreileitung zwischen der Umspannanlage Gütersloh und dem Punkt Halle/Hesseln fest. Von der Gesamtlänge des Leitungsneubaus (etwa 19,9 km) entfallen rund 18,75 km auf die 380-kV-Höchstspannungsfreileitung von Gütersloh bis zum Punkt Hesseln sowie rund 1,15 km auf die gebündelt auf einem Gestänge geführte 110-/380-kV-Höchstspannungsfreileitung zwischen dem Punkt Hesseln und der Umspannanlage Hesseln in Halle (Abzweig Hesseln). Die Höchstspannungsfreileitung nutzt im Wesentlichen die Trassenräume, die durch die Bestandstrasse bereits vorgeprägt sind und durch den Rückbau vorhandener 110-/220-kV-Freileitungen frei werden. Sie bildet den ersten Abschnitt des insgesamt 27 km langen nordrhein-westfälischen Teils der Höchstspannungsleitung Wehrendorf – Gütersloh, Nennspannung 380 kV (Nr. 16 der Anlage zum Energieleitungsausbaugesetz – EnLAG).
3
Den ursprünglich ebenfalls zur Planfeststellung gestellten Antrag für den Abschnitt vom Punkt Hesseln weiter bis zur Landesgrenze Niedersachsen (Punkt Königsholz im Spannfeld zwischen den Masten 74 und 75) nahm die Beigeladene mit Schreiben vom 16. August 2017 zurück. Durch Beschluss vom 24. August 2017 stellte die Bezirksregierung Detmold das Planfeststellungsverfahren insoweit ein.
4
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer des Grundstücks Flurstück …, Flur …, Gemarkung H., auf dem sich Gebäude mit einer historischen Kornbrennerei und der Produktion der “… GmbH”, eine technische Sammlung der deutschen Kornbranntweinhistorie und eine Wohnung befinden. Das Grundstück liegt in der Nähe von Mast 13 auf der Westseite der Leitungstrasse und grenzt mit einer Grundstücksecke winklig an den Schutzstreifen an. Der Kläger zu 2 ist Eigentümer des Grundstücks Flurstück …, Flur …, Gemarkung H. Auf dem Grundstück befindet sich das Wohngebäude des Klägers zu 2 sowie eine ehemalige Hofstelle; Teile der zur Hofstelle gehörenden Gebäude dienen einem Gewerbebetrieb. Das Grundstück liegt ebenfalls in Höhe von Mast 13, jedoch auf der Ostseite. Der Schutzstreifen verläuft in unmittelbarer Nähe zu Teilen des Grundstücks.
5
Die Kläger sehen sich durch den Planfeststellungsbeschluss in ihren Rechten verletzt. Sie machen Verfahrensfehler bei der artenschutzrechtlichen Prüfung und bei der Entscheidung gegen eine Erdverkabelung geltend, die auch zu Verfahrensfehlern bei der Umweltverträglichkeitsprüfung führten. Ferner beanstanden sie die Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses. Sie sind weiter der Auffassung, dass aufgrund der Antragsbeschränkung § 2 Abs. 1 EnLAG in seiner ab dem 31. Dezember 2015 geltenden Fassung anzuwenden sei. § 2 Abs. 4 EnLAG stehe der Anwendung neuen Rechts nicht entgegen, denn die Vorschrift sei verfassungswidrig. Die Planfeststellungsbehörde habe daher berücksichtigen müssen, dass es sich bei dem Vorhaben um einen Abschnitt eines Pilotvorhabens handelt, für welches eine Erdverkabelung in Betracht komme. Der Planfeststellungsbeschluss missachte auch das Ziel 8.2-4 des Landesentwicklungsplans NRW und verstoße gegen zwingende Vorschriften des Immissionsschutzrechts. Darüber hinaus rügen die Kläger Abwägungsfehler in Bezug auf die Verschwenkung der Leitung im Bereich ihrer Grundstücke, die Ablehnung einer Erdverkabelung und einen Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht. Schließlich beanstanden sie, dass die Beigeladene Mast 13 planabweichend errichte und dass der Planfeststellungsbeschluss gegen das Konfliktbewältigungsgebot verstoße. Der Kläger zu 1 ist ferner der Auffassung, dass Mast 13 gegenüber seinem Grundstück erdrückende Wirkung und der Planfeststellungsbeschluss die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes auf seinem Grundstück nicht berücksichtigt habe.
6
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Detmold vom 23. August 2019 aufzuheben,
hilfsweise, festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 23. August 2019 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
7
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
8
Die Beigeladene beantragt,
die Klagen abzuweisen.
9
Sie verteidigen jeweils den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss.
10
Der Senat hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2020 (4 VR 7.20) den am 21. September 2020 gestellten und auf § 43e Abs. 2 Satz 1 EnWG gestützten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen abgelehnt.


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