Baurecht

Anordnung des Unterlassens weiteren Holzeinschlags gegenüber Waldbesitzer

Aktenzeichen  Au 8 K 18.632

Datum:
2.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NuR – 2019, 139
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayWaldG Art. 10 Abs. 1, Art. 14 Abs. 3, Art. 41 Abs. 1 S. 1
BayVwZVG Art. 29 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Für die Funktion als Schutzwald gem. Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG ist es ohne Bedeutung, wenn der Wald nicht in das Schutzwaldverzeichnis nach Art. 10 Abs. 3 S. 1 BayWaldG eingetragen ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Verpflichtungen des Waldbesitzers aus dem BayWaldG knüpfen alleine an dem unmittelbaren Besitz des Waldgrundstücks an und nicht an der im sonstigen Sicherheitsrecht anwendbaren Verantwortlichkeit eines Handlungs- oder Zustandsstörers. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässig erhobene Klage ist nicht begründet. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. März 2018 hat der Beklagte gegenüber der Klägerin zu Recht jeden weiteren Holzeinschlag auf dem Grundstück Fl.Nr., Gem., untersagt und für den Fall der Nichtbeachtung dieser Untersagungsverfügung ein Zwangsgeld angedroht. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG: Kommt der Waldbesitzer den ihm nach diesem Gesetz obliegenden Verpflichtungen nicht nach, kann die untere Forstbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. In Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens hat der Beklagte den weiteren Holzeinschlag untersagt.
a) Die Klägerin ist Eigentümerin und unmittelbare Besitzerin des Grundstücks, der auf dem Grundstück stockende Wald ist Schutzwald i.S.d. Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG. Dies ist zwischen den Beteiligten unstrittig. Ohne Bedeutung für die Funktion als Schutzwald ist es insbesondere, dass der Wald nicht in das Schutzwaldverzeichnis nach Art. 10 Abs. 3 Satz 1 BayWaldG eingetragen ist, da diese Eintragung nur deklaratorische Funktion hat (vgl. Zerle/Hein u.a., Forstrecht in Bayern, Stand März 2017, Art. 10 BayWaldG Rn. 12).
b) Als Eigentümerin ist die Klägerin auch die unmittelbare Besitzerin des Grundstücks und damit nach Art. 3 Abs. 2 BayWaldG Waldbesitzerin für den auf dem Grundstück stockenden Wald. Ihr obliegen damit (alleine) die Verpflichtungen aus dem BayWaldG, insbesondere für den hier vorliegenden Schutzwald das Verbot des Kahlhiebs ohne behördliche Erlaubnis (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 BayWaldG).
Die der Fa. N. mit notariellem Kaufvertrag vom 26. Juli 2017 eingeräumte Dienstbarkeit zur Begrenzung bzw. Reduktion der Bewuchshöhe des Waldes auf dem klägerischen Grundstück lässt die Verpflichtungen der Klägerin aus dem BayWaldG unberührt. Der Fa. N. ist mit der Dienstbarkeit – neben dem Recht zur Höhebegrenzung für die Bepflanzungen auf dem dienenden klägerischen Grundstück Fl.Nr., Gem. … – kein unmittelbarer Besitz an dem klägerischen Grundstück eingeräumt. Die unmittelbare Sachherrschaft über das Grundstück übt weiter alleine die Klägerin aus. Dies wurde auch in der Notarurkunde unter Ziffer 12 Unterpunkt 2 c) (Anlage K 2, Bl. 31 der Gerichtsakte) zugunsten der Klägerin nochmals festgestellt, wonach die Klägerin („Verpflichtete“ des dienenden Grundstücks Fl.Nr., Gem. …) zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des dienenden Grundstücks Fl.Nr., Gem., berechtigt ist. Damit verbleibt die Waldbesitzereigenschaft i.S.d. Art. 3 Abs. 2 BayWaldG bei der Klägerin (vgl. Zerle/Hein u.a., Forstrecht in Bayern, Art. 3 BayWaldG Rn. 6).
c) Die Klägerin ist mit dem ohne behördliche Erlaubnis erfolgten Kahlhieb auf ihrem Grundstück ihren Verpflichtungen als Waldbesitzerin aus dem BayWaldG nicht nachgekommen.
Dabei spielt es entgegen der von der Klägerseite vertretenen Auffassung keine Rolle, ob die Klägerin selbst oder ein Dritter Veranlasser des durchgeführten Kahlhiebs gewesen ist. Die Verpflichtungen des Waldbesitzers aus dem BayWaldG knüpfen alleine an dem unmittelbaren Besitz des Waldgrundstücks an und nicht an der im sonstigen Sicherheitsrecht anwendbaren Verantwortlichkeit eines Handlungs- oder Zustandsstörers (VG Regensburg, U.v. 23.11.2011 – RO 4 K 10.924 – juris Rn. 89).
Verantwortlich für die Erfüllung der waldrechtlichen Verpflichtungen ist also unabhängig von der Verursachung des Kahlhiebs alleine die Klägerin als unmittelbare Besitzerin. Ob sie Ersatzansprüche gegenüber der Fa. N. geltend machen kann, ist für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung.
Für den Kahlhieb kommt auch die Erteilung einer behördlichen Erlaubnis nicht in Betracht. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Beklagten, insbesondere auch aufgrund der Hangrutschung auf einem in unmittelbarer Nachbarschaft zum klägerischen Grundstück liegenden Grundstück, für die derzeit Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden (vgl. Schreiben des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 22.3.2018, Bl. 19 der Behördenakte), ist von einem erheblichen Rutschpotenzial auf dem klägerischen Grundstück auszugehen. Der auf dem klägerischen Grundstück stockende Wald erfüllt deshalb wesentliche Schutzwaldfunktionen. Ein Kahlhieb auf diesem Grundstück ist somit nicht erlaubnisfähig.
d) Der Beklagte hat in Ausübung des ihm in Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG eingeräumten Ermessens den weiteren Holzeinschlag auf dem klägerischen Grundstück gegenüber der Klägerin als Waldbesitzerin untersagt. Diese angeordnete Maßnahme dient der notwendigen Sicherung des Schutzwaldes, die von der Beklagten verfügte Maßnahme ist sachgerecht und verhältnismäßig. Die Anordnung hält sich im Rahmen der Generalermächtigung des Art. 41 Abs. 1 BayWaldG an die durch das BayWaldG vorgegeben Zielrichtung, durch die notwendigen Ge- und Verbote den Schutzwald in seiner Funktion zu erhalten (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3, Art. 14 Abs. 1 BayWaldG; vgl. VG Regensburg, U.v. 23.11.2011 – RO 4 K 10.924 – juris Rn. 92 f.). Durch die Untersagung weiteren Holzeinschlags auf dem klägerischen Grundstück wird die Erweiterung der bereits getätigten Hiebflächen verhindert, der Schutzwald wird in seiner Funktion gesichert (s. Ausführungen auf S. 2 des angefochtenen Bescheids). Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar.
2. Da auch gegen die Regelungen in den Ziffern 2 und 3 des angefochtenen Bescheids rechtliche Bedenken weder von der Klägerseite vorgetragen noch für das Gericht erkennbar sind, bleibt die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO erfolglos.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben