Baurecht

Anspruch auf Architektenhonorar

Aktenzeichen  13 U 3256/17 Bau

Datum:
3.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 10169
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HOAI 2009 § 6 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Wenn bereits eine Woche nach der Beauftragung und vor der Grundlagenermittlung ohne jede Planungsleistung des Architekten der Architektenvertrag gekündigt wird, können die anrechenbaren Kosten ausnahmsweise geschätzt werden. (Rn. 4 – 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

73 O 1487/14 2017-08-30 Endurteil LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 30.08.2017, Az. 73 O 1487/14, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Der Senat stellt der Klagepartei anheim, die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.
3. Es ist beabsichtigt, den Streitwert auf 10.456,07 € festzusetzen.
4. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
13 U 3256/17 Bau – Seite 2

Gründe

Der Senat hält die Berufung für unbegründet. Weder beruht das angefochtene Urteil auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung.
Im Einzelnen:
1. Zunächst greift die Klägerin die vom Landgericht angenommene Höhe der anrechenbaren Kosten als Parameter für die Berechnung des Architektenhonorars an. Damit hat sie jedoch keinen Erfolg.
Seit der HOAI 2009 ist ausschließliche Abrechnungsgrundlage für Honorare aus allen Leistungsphasen die Kostenberechnung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI). Nur „soweit diese nicht vorliegt“ kann die Kostenschätzung zugrunde gelegt werden. (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 12. Teil Recht der Architekten und Ingenieure Rn. 282 – 289, beckonline). Da hier keine Kostenberechnung vorliegt, kann nur eine Kostenschätzung Grundlage für die Honorarermittlung sein. Problematisch ist hier allerdings, dass die anrechenbaren Kosten deswegen nicht feststehen, weil in einem ganz frühen Stadium (1 Woche nach Beauftragung und noch vor der Grundlagenermittlung) der Vertrag gekündigt wurde und als Grundlage für die Planung nur eine (wie das Erstgericht zu Recht feststellt) laienhafte, naive Skizze des Auftraggebers vorliegt, welche seine Wunschvorstellungen nach einem Haus wiedergeben soll. Hinzu kommt, dass der Beklagte diese Skizze nicht etwa der klagenden Architektin bei einer ersten Besprechung vorgelegt hatte, sondern sie mitbrachte, als er mit dem Mitarbeiter der Firma L. Massivhaus (dieser als Vertreter für die Architektin handelnd) den Architektenvertrag abschloss.
In Ausnahmefällen lässt die obergerichtliche Rechtsprechung eine Schätzung der anrechenbaren Kosten zu. So soll eine Schätzung schon dann zulässig sein, wenn der Architekt die Berechnungsgrundlagen für sein Honorar nicht oder nicht vollständig darlegen kann, weil er selbst nicht im Besitz der dafür erforderlichen Informationen oder Unterlagen ist und der Auftraggeber ihm vertragswidrig die erforderlichen Auskünfte oder die Herausgabe der Unterlagen verweigert (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.1994 – VII ZR 217/93 = NJW 1995, 399; OLG Hamm, Urteil vom 05.07.1991 – 26 U 168/90, OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. 6. 1986, 23 U 231/85 Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 12. Teil: Recht der Architekten und Ingenieure, Rn. 311; zitiert nach beckonline).
Schon mangels anderer Möglichkeiten muss eine Schätzung auch hier möglich sein. Dabei hat das Erstgericht die zur Verfügung stehenden objektiven Anhaltspunkte für die Ermittlung der anrechenbaren Baukosten zutreffend gewürdigt. Die von der Klagepartei angesetzten Kosten von 777.875,00 € sind weit überhöht; angemessen sind die vom Landgericht angenommenen 13 U 3256/17 Bau – Seite 3 Kosten von 290.000,00 €. Auf die Begründung des Landgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
2. Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Argumentation der Klägerin, hier seien zwei verschiedene Objekte geplant worden. Richtig ist, dass es um ein Bauvorhaben ging und der Beklagte – wie soeben schon dargelegt – eine laienhafte Skizze zum Vertragsabschluss mitbrachte. Es wurden nicht zwei verschiedene Objekte geplant. Vielmehr wurde nicht einmal die Grundlagenermittlung für ein Objekt durchgeführt.
3. Unverständlich sind die Ausführungen unter Ziffer 2 b) der Berufungsbegründung. Das Erstgericht ist nicht etwa von einer „fiktiven Fortsetzung des Vertrages“ ausgegangen. Vielmehr betrifft die angegriffene Formulierung die soeben erörterte Frage, welche Kriterien für die Schätzung der anrechenbaren Baukosten heranzuziehen waren.
II.
Da die Berufung unbegründet ist, stellt der Senat der Klägerin anheim, sie aus Kostengründen zurückzunehmen.
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass der beabsichtigte Beschluss angesichts des auf 10.456,07 € festzusetzenden Streitwerts wegen der Regelung des § 26 Nr.8 EGZPO nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde angreifbar wäre.
III.
Ausführungen zur Anschlussberufung des Beklagten sind derzeit nicht veranlasst, da gem. § 524 Abs. 4 ZPO die Anschließung ihre Wirkung verliert, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
Vorsitzende Richterin Richterin Richter am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht


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