Baurecht

Antrag auf Baugenehmigung für eine Dachterrasse mit Zugangstreppe

Aktenzeichen  Au 4 K 20.168

Datum:
17.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 18409
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 3 Abs. 1 S. 1, Art. 8 S. 1, S. 2, Art. 59 S. 1 Nr. 1 lit. a
BauGB § 29, § 34 Abs. 1
BauNVO § 16 Abs. 2, § 18 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es dort Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche, vergleichbar sind. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 10. Januar 2020 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Das Vorhaben widerspricht bauplanungsrechtlichen Vorschriften gem. §§ 29 ff. BauGB, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO). Das im unbeplanten Innenbereich gem. § 34 BauGB gelegene Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung gem. § 34 Abs. 1 BauGB ein.
Maßgebliche nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10.18 – juris Rn. 11 m.w.N.). Die Grenzen sind nicht schematisch, sondern nach der jeweiligen städtebaulichen Situation zu bestimmen. Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der Merkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesondert zu ermitteln. Bei dem hier in Rede stehenden Nutzungsmaß ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2015 – 2 ZB 14.1965 – juris Rn. 3 m.w.N.). Meist führt die größere Nähe zu einer stärker prägenden Wirkung (BayVGH, U.v. 20.12.2012 – 2 B 12.1977 – juris Rn. 28). Bei einem – wie hier – inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben gilt als Bereich gegenseitiger Prägung in der Regel das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (vgl. etwa BayVGH, B.v. 27.9.2010 – 2 ZB 08.277 – juris Rn. 7). Stets ist jedoch eine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall erforderlich (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris, Ls 2 und Rn. 5 ff.).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die maßgebliche nähere Umgebung zur Überzeugung des Gerichts, welche sich auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den mit dem Bauantrag eingereichten Lageplan (Auszug aus dem Liegenschaftskataster) sowie auf die beim Augenscheinstermin gewonnenen Eindrücke stützt, welche vom Berichterstatter der Kammer namentlich anhand der gefertigten Lichtbilder vermittelt wurden, im vorliegenden Fall wie folgt abzugrenzen:
Vom Vorhabengrundstück ausgehend zählt zur näheren Umgebung in nordwestlicher Richtung die Bebauung beidseits der … bis einschließlich des Bereichs der von Nordosten einmündenden S.-straße der …. Dabei sind die Gebäude … … bis … (entlang der genannten S.- straße) noch in die nähere Umgebung einzubeziehen. Ob die Bebauung beidseits der … von Nr. … bis Nr. … noch zur näheren Umgebung zählt, erscheint zweifelhaft; hierauf kommt es jedoch nicht an, weil (auch) dort keine Gebäude vorhanden sind, welche – wie noch auszuführen ist – hinsichtlich ihres Maßes der baulichen Nutzung zu Gunsten des klägerischen Vorhabens angeführt werden können. Jedenfalls nach dem Gebäude … Nr. … endet die maßgebliche nähere Umgebung, da hier angesichts der größeren Grün- und Freifläche südwestlich der Kirche … eine städtebauliche Zäsur festzustellen ist und eine wechselseitige Prägung dieses Bereichs und der Bebauung auf dem Vorhabengrundstück, gerade auch nach den beim Augenschein gewonnenen Eindrücken, nicht mehr feststellbar ist. Die klägerseits (Schriftsatz vom 29.4.2020, S. 2) weiter genannten Gebäude …, … und, die nochmals deutlich weiter von der genannten Bebauung … Nr. … bis Nr. … entfernt liegen, rechnen daher nicht mehr zur näheren Umgebung. Diese Gebäude sind zudem von der sich von Süden nähernden Bahnlinie geprägt, so dass auch insoweit eine von der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks abweichende städtebauliche Situation vorliegt.
In Richtung Nordosten ist maßgeblich sodann die Bebauung entlang der genannten S.- straße der … sowie anschließend, in Richtung Südosten, die auf der Südwestseite der … Straße vorhandene Bebauung bis zur Einmündung der … in die … Straße. Die klägerseits angeführten Gebäude … Straße Nr. … und Nr. … rechnen daher, zumal in unmittelbarer Nähe des Vorhabengrundstücks gelegen bzw. an dieses angrenzend, zur maßgeblichen näheren Umgebung. Die Bebauung auf der Ostseite der … Straße zählt demgegenüber nicht mehr hierzu, weil diese Straße auf Grund ihrer Breite und ihres Verkehrsaufkommens, wie auch beim Augenscheinstermin erkennbar, nach den Umständen des vorliegenden Falles eine trennende Wirkung entfaltet (vgl. BayVGH, U.v. 24.7.2014 – 2 B 14.1099 – juris Rn. 23).
In die Eigenart dieser näheren Umgebung fügt sich das vom Kläger beantragte Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht ein. Gegenstand der Prüfung ist das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – BVerwGE 157, 1 = juris Rn. 18), so dass nicht isoliert auf die zum bestandskräftig genehmigten Mehrfamilienhaus hinzutretende Dachterrasse abgestellt werden kann.
Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (vgl. BVerwG, B.v. 3.4.2014 – 4 B 12.14 – juris Rn. 3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Gebäude ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 BauNVO prägen, sondern ihre optische maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild erzielen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor (Grundfläche, Geschosszahl und Höhe) genügt nicht, weil dies dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspricht der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – BVerwGE 157, 1 = juris Rn. 20; bestätigend BVerwG, B.v. 25.7.2018 – 4 B 35.18 – juris Rn. 4). Ein Vorhaben fügt sich daher nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es dort Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche, vergleichbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – BVerwGE 157, 1 – juris, Ls 2).
An solchen Referenzobjekten fehlt es vorliegend in der vorliegend maßgeblichen näheren Umgebung. Dort finden sich, soweit in Höhe und Geschossigkeit mit dem dem Kläger genehmigten Vorhaben vergleichbar, bislang lediglich Gebäude, bei denen sich diese Maßkriterien nach außen wahrnehmbar aus dem Abschluss durch ein Flachdach bestimmen. Vergleichbarkeit in dem genannten Sinne besteht insoweit bei den Gebäuden … Straße Nr. … und Nr. … sowie … Nr. … bis Nr., die ebenfalls oberirdisch über drei Geschosse sowie nach der maßgeblichen optischen Wahrnehmbarkeit über eine in etwa gleiche Höhe verfügen. Bei Berücksichtigung der Gebäude … Nr. … bis Nr. … und auch Nr. … ergibt sich keine andere Beurteilung, weil sich diese Gebäude in Bezug auf Geschossigkeit und Höhe vergleichbar mit den vorgenannten Gebäuden (… Straße Nr. … und Nr. …; … Nr. … bis Nr. …) und dem dem Kläger genehmigten Gebäude darstellen. Das klägerseits ebenfalls genannte Gebäude … … ist bei der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung nicht mit dem klägerischen Vorhaben, wie bisher genehmigt, vergleichbar, weil hier nach außen wahrnehmbar hinsichtlich der Gebäudehöhe ganz wesentlich auch die Traufhöhe zu berücksichtigen ist und bis zu dieser Höhe lediglich zwei Geschosse existieren, während sich beim klägerischen Gebäude wie auch bei den anderen vorstehend genannten Gebäuden auf Grund eines Flachdachs die Gebäudehöhe allein nach der Traufhöhe bestimmt (vgl. zur Einzelfallwürdigung von Prägung durch Trauf- und Gesamthöhe: BVerwG, B.v. 26.7.2006 – 4 B 55.06 – juris Rn. 6). Auch bei weiteren Gebäuden zwischen dem Vorhabenstandort und der Einmündung der … in die … Straße sind Referenzobjekte für das streitgegenständliche Vorhaben nicht erkennbar.
Angesichts der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung und des Umstands, dass Gebäude ihre optisch maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild erzielen, kommt es auf die klägerseits vermisste Ermittlung der Höhen umliegender Gebäude nicht an. Nur die bei wertender Gesamtbetrachtung mit dem klägerischen Vorhaben vergleichbaren Gebäude sind maßgeblich, hier – wie ausgeführt – die Gebäude … Straße Nr. … und Nr., … Nr. … bis Nr. … sowie – soweit sie noch zur näheren Umgebung gerechnet werden – Nr. … bis Nr. … und Nr. …. Auszuscheiden aus der Betrachtung ist das – auch von keinem Beteiligten angeführte – Gebäude … Straße Nr. …. Dieses stellt sich nach seiner städtebaulichen Situation bereits als ausgegliedert aus der Bebauung entlang der … – auch hinsichtlich der von Norden einmündenden S.-straße – dar; es rechnet daher, auch im Hinblick auf seine Entfernung zum Vorhabengrundstück, nicht mehr zur näheren Umgebung. Im Übrigen erscheint dieses Gebäude auf Grund seines singulären Erscheinungsbilds, welches im Vergleich zur umgebenden Wohnbebauung eine deutlich massivere Gebäudekubatur aufweist, die ohne Beziehung zur übrigen Bebauung steht, als Fremdkörper, der außer Betracht zu bleiben hat (vgl. etwa BayVGH, B.v. 5.11.2013 – 15 ZB 12.179 – juris Rn. 14).
Das genehmigte Mehrfamilienhaus überschreitet unter Berücksichtigung der begehrten Dachterrasse bei wertender Gesamtbetrachtung den Rahmen der in der Umgebung vorhandenen Bebauung. Zwar handelt es sich bei der Dachterrasse mangels Überdeckung nicht um ein Geschoss (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2019, Art. 2 Rn. 558). Ebenso mag sich aus der Höhe der Dachterrassenumwehrung als solche noch keine Gebäudehöhe ergeben, die für sich genommen über die genehmigte und in der Umgebung vorhandene Bebauung wesentlich (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – BVerwGE 157, 1 – juris Rn. 21) hinausgeht.
Eine solche isolierte Betrachtung von Geschossigkeit und Höhe wird jedoch der geforderten wertenden Gesamtbetrachtung nicht gerecht. Wie ausgeführt, sind die vorliegend in Bezug auf Geschossigkeit und Höhe mit dem dem Kläger genehmigten Vorhaben vergleichbaren Gebäude in der näheren Umgebung dadurch geprägt, dass sich in Bezug auf beide Kriterien der Maßstab durch das gebäudeabschließende Flachdach ergibt. Dieser Maßstab würde vorliegend durch die auf das Flachdach aufgesetzte Dachterrasse überschritten, bzw. durch diese würde 3in neuer und qualitativ anderer Maßstab in die vorliegende Umgebungsbebauung eingeführt. Mit einer Dachterrasse ergäbe sich ohne weiteres ein anderes optisch maßstabbildendes Erscheinungsbild als bei den bisher vorhandenen Gebäuden und bei Errichtung des klägerischen Gebäudes ohne Dachterrasse. Insoweit ist eine Vergleichbarkeit mit technischen Dachaufbauten wie Be- und Entlüftungsanlagen, Treppenoberlichtern oder Aufbauten für einen Aufzug nicht gegeben. Solche Einrichtungen sind auf das darunter liegende Gebäude bezogen, während eine Dachterrasse dieses nach oben hin erweitert. Dieser Unterschied ist auch optisch ohne weiteres erkennbar und damit in die wertende Gesamtbetrachtung einzustellen. Im Übrigen ist vorliegend nicht erkennbar, dass die nähere Umgebung bereits durch solche Aufbauten geprägt wäre, zumal im Umfang eines mit der klägerseits begehrten Dachterrasse vergleichbaren Maßes.
Die Kammer sieht keine Vergleichbarkeit des vorliegenden Falles mit der Konstellation, wie sie der vom Kläger angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichts München zu Grunde lag (VG München, U.v. 3.12.2012 – M 8 K 11.5745 – juris Rn. 21 ff.). Auch das Verwaltungsgericht München geht davon aus, dass integrale Bestandteile des Gebäudes für die Höhe baulicher Anlagen maßgebend sind (a.a.O., juris Rn. 23). Diese Maßgeblichkeit ist jedoch im vorliegenden Fall für die beantragte Dachterrasse anzunehmen, die nach den eingereichten Plänen der Wohnung im Dachgeschoss zugeordnet und damit als deren Bestandteil anzusehen ist. Ferner ist im vorliegenden Fall nicht davon auszugehen, dass die Dachterrasse gegenüber der Gebäudekubatur nur untergeordnet ist, so dass sie – wie vom Verwaltungsgericht München für den von ihm entschiedenen Fall – nicht als maßgebender Anhaltspunkt für die die Gebäudehöhe wahrgenommen würde. Zwar soll die Dachterrasse nur einen Teilbereich des Flachdachs in Anspruch nehmen. Nach den eingereichten Plänen beansprucht sie jedoch immerhin noch etwa die Hälfte der zur Verfügung stehenden Fläche. Auch aus den eingereichten Ansichten ergibt sich, dass die Dachterrasse das Gebäude zwar nicht beherrscht, jedoch gegenüber der genehmigten Kubatur immer noch ganz erheblich in Erscheinung tritt. Zudem waren in dem vom Verwaltungsgericht München entschiedenen Fall – anders als vorliegend – Treppenoberlichter in ähnlicher Form bereits auf dem genehmigten Bestand vorhanden (vgl. VG München, a.a.O.). Insgesamt betrachtet ist im vorliegenden Fall – anders als in der vom Verwaltungsgericht München entschiedenen Konstellation – davon auszugehen, dass die begehrte Dachterrasse bei wertender Wahrnehmung die Gewichtigkeit besitzt, um zu einer Veränderung des Maßbezugspunkts zu führen. Ferner hat das Verwaltungsgericht München (a.a.O., juris Rn. 24) auch die Möglichkeit einer geschossähnlichen Wirkung erörtert, die den Ansatzpunkt für die Gebäudehöhe zu ändern im Stande sein kann. Wird vorliegend an Hand der eingereichten Pläne das Verhältnis der Ausmaße der Dachterrasse zu dem zugeordneten Dachgeschoss, aber auch zu dem genehmigten Gebäude insgesamt betrachtet, so muss von einer solchen geschossähnlichen Wirkung ausgegangen werden, auch wenn sich sonst keine Dachaufbauten auf dem Gebäude befinden. Eine solche über den bestehenden Dachabschluss hinausgehende geschossähnliche Wirkung besteht sonst bei keinem der in der näheren Umgebung in Betracht kommenden Referenzobjekte.
Für das Vorliegen eines im Rahmen des § 34 BauGB beachtlichen, von der vorliegenden Umgebungsbebauung abweichenden Maßbezugspunkts spricht weiter, dass als Höhenbezugspunkt nach § 18 Abs. 1 BauNVO auch die für die Berechnung der Tiefe der Abstandsflächen maßgebliche Wandhöhe in Betracht kommt (König/Petz in König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Aufl. 2019, § 18 Rn. 5). Im Rahmen des Abstandsflächenrechts hängt aber das Vorliegen einer Außenwand oder eines Außenwandteils grundsätzlich nicht von der Ausgestaltung der Wand ab (BayVGH, B.v. 8.8.2001 – 2 ZS 01.1331 – juris Rn. 5). Eine – wie hier – vollständig aus Glas hergestellte und deutlich optisch wahrnehmbare Einfriedung ist daher abstandsflächenrelevant; oberer Bezugspunkt für die Bestimmung der Wandhöhe ist die Oberkante der Terrassenumwehrung (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2015 – 2 ZB 13.2395 – juris Rn. 3). Insofern ist angesichts des genannten Verständnisses des § 18 Abs. 1 BauNVO die sich durch die begehrte Dachterrasse ergebende bauordnungsrechtliche Wandhöhe auch bauplanungsrechtlich bzw. städtebaulich relevant.
Auf die klägerseits angeführte topografische Höhe (m üNN) der bestehenden bzw. des genehmigten Gebäudes kommt es hier nicht entscheidend an. Die Höhe der genehmigten und der in der Umgebung vorhandenen Gebäude ergibt sich im vorliegenden Fall aus der Differenz zwischen dem unteren und dem oberen Bezugspunkt der Gebäude (vgl. § 18 Abs. 1 BauNVO), nicht aus der (absoluten) Höhenlage der Dachabschlüsse.
Dass sich das Vorhaben, obwohl es bei wertender Gesamtbetrachtung der für das Maß der baulichen Nutzung einschlägigen Kriterien wesentlich über den bisher vorhandenen Rahmen hinausgeht, dennoch in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, weil es nicht geeignet ist, bodenrechtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. dazu etwa BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – BVerwGE 157, 1 = juris Rn. 21), ist nicht anzunehmen. Denn es beschwört die Gefahr herauf, dass der gegebene Zustand in negativer Richtung in Bewegung gebracht wird. Davon ist nämlich regelmäßig auszugehen, wenn – wie hier – der von der Bebauung bisher eingehaltene Rahmen überschritten wird, ohne dass dies durch irgendeine Besonderheit begründet wäre, durch die sich das Baugrundstück von den Nachbargrundstücken unterscheidet (BVerwG, B.v. 25.3.1999 – 4 B 15.99 – juris Rn. 6 m.w.N.). Gerade im Hinblick darauf, dass in der näheren Umgebung bereits mehrere Flachdachgebäude vorhanden sind, die sich für die Errichtung von Dachterrassen oberhalb des obersten Geschosses eignen würden, ist davon auszugehen, dass Bauanträge für weitere Dachterrassen gestellt würden, bei deren Beurteilung das klägerische Gebäude als Referenzobjekt berücksichtigt werden müsste. Besonderheiten für das klägerische Grundstück könnten nicht angeführt werden.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung gem. § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.


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