Baurecht

Denkmalrechtliche Sanierungsanordnung zur Verhinderung eines drohenden Substanzverlustes

Aktenzeichen  2 M 131/21

Datum:
5.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 2. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0105.2M131.21.00
Normen:
§ 9 Abs 6 S 1 DSchG ST
§ 10 Abs 4 DSchG ST
§ 10 Abs 5 S 3 DSchG ST
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Zur Erforderlichkeit einer denkmalrechtlichen Sanierungsanordnung, um einen drohenden Substanzverlust eines Denkmals zu verhindern.(Rn.19)
(Rn.20)
2. Auch bei der Anordnung denkmalrechtlicher Sicherungsmaßnahmen gilt für die Feststellung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit ein objektbezogener Maßstab. Für die Beurteilung kommt es nicht auf die subjektiven wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Eigentümers, sondern auf eine objektive Wirtschaftlichkeitsberechnung in Bezug auf das Schutzobjekt an.(Rn.33)
3. Ist die Zumutbarkeit vorläufiger Sicherungsmaßnahmen zur Erhaltung eines Denkmals zu beurteilen, liegt grundsätzlich keine wirtschaftliche Unzumutbarkeit vor, wenn bereits im Zeitpunkt des Erwerbs die Sanierungsbedürftigkeit des Denkmals offensichtlich war oder wenn die angeordneten Sicherungsmaßnahmen auf einer Vernachlässigung notwendiger Erhaltungsmaßnahmen beruhen.(Rn.34)
(Rn.35)

Verfahrensgang

vorgehend VG Halle (Saale), 17. September 2021, 2 B 207/21 HAL, Beschluss

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle vom 17. September 2021 – 2 B 207/21 – ist insoweit unwirksam.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 20.750,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine denkmalrechtliche Anordnung, mit der ihm die Durchführung von Sicherungsmaßnamen an einem Gebäude auferlegt wurde.
Er ist Eigentümer des Flurstücks 195/2 der Flur A in der Gemarkung (Z.), das er vor ca. 15 Jahren erworben hat. Das Flurstück ist mit zwei Wohnhäusern bebaut, die in die Liste der Kulturdenkmale eingetragen sind. Das Gebäude mit der Anschrift R-Straße 5 steht seit ca. 20 Jahren leer und weist ebenso wie das Nachbargebäude (R-Straße 4), das ebenfalls im Eigentum des Antragstellers steht und Gegenstand des Parallelverfahrens 2 M 130/21 ist, diverse Schäden auf. Am 20. August 2020 führte die Antragsgegnerin eine Begehung des Objekts durch, nachdem sie gegen den Antragsteller eine Duldungsanordnung zur Durchsetzung des Betretungsrechts erlassen hatte. Bei der Begehung waren neben Vertretern der Antragsgegnerin unter anderem eine Vertreterin des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie sowie zwei von der Antragsgegnerin beauftragte Sachverständige – Herr Dipl.-Ing. P., Nachweisberechtigter für Standsicherheit nach § 65 BauO LSA, und Herr Dipl.-Ing. F., Geschäftsführer des Ingenieurbüros F., einem Fachplanungsunternehmen für Holz- und Bautenschutz – anwesend.
In seiner „Holzschutztechnischen Voruntersuchung“ vom 1. September 2020 führte Herr Dipl.-Ing. F. nach der Besichtigung des Objekts im Wesentlichen aus: Die Schäden in dem Gebäude beschränkten sich hauptsächlich auf den Treppenhausbereich. Ursache seien die jahrelange Durchfeuchtung und eine undichte Kehle zwischen Haupthaus und Nebengebäude. Zurzeit sei diese Dachstelle noch offen. Um die weitere Ausbreitung der Schadenorganismen zu unterbinden, müsse die Kehle unbedingt geschlossen werden. Durch die Reparatur des Treppenhauses und deren Umfeld könne die Gebäudesubstanz mit relativ geringem Aufwand saniert werden. Dieser Aufwand werde jedoch immer umfangreicher, je länger die Leckstelle in der Dachhaut bestehe.
Herr Dipl.-Ing. P. führte in einer „Statischen Stellungnahme zum Zustand und zur Sicherung“ vom 9. Oktober 2020 u.a. aus, dass es durch Einregnungen im Deckenbereich punktuell zu Schädigungen der Rähmhölzer und Stiele der Wände insbesondere im Treppenbereich am Übergang zum Hintergebäude gekommen sei. Grundsätzlich seien im Außenwandbereich nur lokale Schäden im Bereich der Rückwand zu verzeichnen. Weiterhin seien massive Schädigungen im Außenwandbereich der Giebelwand des Seitengebäudes vorhanden. Diese Wand sei nur als Fachwerkwand ausgeführt, nach Nordwesten ausgerichtet und damit sehr witterungsbeaufschlagt. Im hinteren Übergangsbereich zum Seitengebäude an der Treppe direkt zur Außenwand seien deutliche Substanzschäden in der Decke einschließlich tragender Balken zu verzeichnen. Hier sei die Decke lokal auf ca. 5 m2 eingebrochen. Die Ursache liege im Nässeeintrag durch ein undichtes Dach bzw. der Dachkehle. Durch lokale Undichtigkeiten in der Eindeckung sei es zu einer massiven Schädigung an tragenden Hölzern der Dachkonstruktion auf ca. 6 m2 Dachfläche gekommen. Ursächlich seien Nässeeintragungen durch die undichte Dachkehle zum Seitengebäude. Die Dacheindeckung sei grundsätzlich weitgehend intakt, jedoch seien durch Wind und Ziegelverschleiß Schäden im Bereich der Firsten und in der Fläche erkennbar. Ebenso seien Schädigungen im Bereich von Dacheinbauten wie Dachluken, Schornsteinen, Wandanschlüssen und Traufen durch defekte Eindeckung und Wandanschlüsse vorhanden. Die Dachziegel wiesen deutliche Frostschäden auf, so dass eine lokale Reparatur durch den Einbau von Einzelziegeln in die Fehlstellen durch notwendige Verschiebung und teils auch Belastung durch den ausführenden Monteur zu weiteren Defekten in der Dacheindeckung führen könne. Eine Reparatur hätte also nur für begrenzte Zeit Bestand. Die Kehle zum Hintergebäude sei massiv geschädigt, so dass hier die Treppe bereits abgängig und nicht mehr gefahrlos zu begehen sei. Diese Undichtigkeiten hätten im Bereich der Rückfront zu einem großen Bauschaden an Dachkonstruktion (Sparren) und Decken (Deckenbalken inklusive Dielungen, Unterdecke etc.) geführt. Zum Erhalt des Gebäudes seien kurzfristige Sicherungsmaßnahmen notwendig, darunter im Einzelnen beschriebene Maßnahmen zur Räumung des Objekts, zur Absteifung für das Abnehmen der Dacheindeckung, die Anbringung eines Gerüsts, Maßnahmen an der Dacheindeckung, an der Dachkonstruktion, an den Deckenkonstruktionen sowie an der Dachentwässerung. Nach einer erfolgten Sicherung werde das Gebäude in die Lage versetzt, die nächsten ca. 10 Jahre zu überstehen, ohne dass gravierende, weiterführende Schäden einträten. Längerfristig könne das Gebäude nur mit einer durchgreifenden Sanierung gerettet werden.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2020 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller in Nr. 1 auf, an dem Objekt folgende Sicherungsmaßnahmen durchzuführen:
„a. Beräumung des Gebäudes von Schutt und Müll, Fällen aller wild gewachsenen Bäume, die näher als 3 m am Gebäude stehen.
b. Absteifung durch Schaffen einer Absturzebene im Dachgeschoss im Bereich des Treppenaufgangs in Höhe der Kehlbalkenanlage.
c. Einrüsten der Traufseiten des Vordergebäudes inkl. Seitenflügel mit Dachdeckerfangschutzgerüst und straßenseitig Staubschutz im Bereich des Fußweges.
d. Dacheindeckung aufnehmen, Lattung prüfen, ggf. schrittweise Ersetzen, Noteindeckung mit Trapezblech aus Aluminium; genauso beim First, allerdings mit Lüftungsquerschnitt.
e. Defekte Sparren im Bereich der Rückwand mit Schäden sind mit zusätzlichen Hölzern anzulaschen und zu verstärken, der Dachstuhl ist soweit wiederherzustellen, mindestens im Bereich des Treppenhauses, damit die Noteindeckung aufgebracht werden kann. Die Längsaussteifung des Gebäudes wird entweder mit Windrispenband oder klassischer Diagonalverstrebung auszuführen. Es wird auch die Fachwerkwand nach Norden notgesichert, damit die Standsicherheit wiederhergestellt ist. Die Dachkehle zwischen Vorderhaus und Seitenflügel ist wieder funktionsfähig herzurichten.
f. Die Decke an und neben dem Treppenhaus ist zu entkernen und die vorhandenen Deckenbalken sind zu prüfen; instandzusetzen bzw. zu verstärken.
g. Die Dachentwässerung ist in Titanzink zu erneuern und an den vorhandenen Regenwasseranschluss anzuschließen.“
Ferner wurde dem Antragsteller aufgegeben, die Beauftragung eines Generalunternehmers für die Durchführung der Maßnahmen „bis zum 27. Januar 2020“ (gemeint war offenbar der 27. Januar 2021) gegenüber dem Denkmalfachamt nachzuweisen. Die sofortige Vollziehung der Anordnungen wurde angeordnet. Ferner wurde die Ersatzvornahme angedroht. Die dabei anfallenden Kosten wurden auf ca. 83.000 € geschätzt. Zur Begründung bezog sich die Antragsgegnerin zunächst im Wesentlichen auf die Feststellungen und Bewertungen in den Stellungnahmen des Herrn Dipl.-Ing. F. und des Herrn Dipl.-Ing. P.. Die festgestellten Schäden zeigten, dass seit geraumer Zeit weder eine normale Bauunterhaltung noch eine nachhaltige Sanierung durchgeführt worden sei. Das Gebäude sei gleichwohl mit vertretbarem Aufwand sanierungsfähig. Die hierfür anfallenden Kosten seien zumutbar. Der Eigentümer habe über Jahre hinweg die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen unterlassen. Das Gebäude sei als solches ohne weiteres einer Nutzung zuführbar.
Der Antragsteller erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Sein beim Verwaltungsgericht gestellter Antrag, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. September 2021 ab: Rechtsgrundlage sei voraussichtlich § 9 Abs. 6 DSchG LSA. Nach Aktenlage sei der Antragsteller seiner Erhaltungspflicht nicht umfassend nachgekommen. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Objekt trotz der Schäden noch um ein Baudenkmal handele. Soweit der Antragsteller behaupte, die bauliche Einschätzung des Sachverständigen P. sei falsch und fachlich unrichtig, fehle es an einer entsprechenden Glaubhaftmachung. Ein angekündigtes Gutachten des Sachverständigen S., das offenbar Abweichendes aussagen solle, habe der Antragteller nicht vorgelegt. Es sei auch nicht zu erkennen, dass es sich um ein „Gefälligkeitsgutachten“ halte. Aus der dem angefochtenen Bescheid beigefügten Fotodokumentation ergebe sich offensichtlich ein schlechter baulicher Zustand des Objekts mit der Folge, dass die dem Antragsteller auferlegten Sicherungsmaßnahmen sachlich nachvollziehbar und geeignet seien, den weiteren Verfall des Denkmals aufzuhalten und die weitere Ausbreitung von lokalen Pilzschäden zu verhindern. Es sei nicht zu erkennen, dass die sicherlich nicht kostengünstigen Sicherungsmaßnahmen für den Antragsteller unzumutbar seien. Das vormalige Wohngebäude stehe seit Jahren leer. Der Antragsteller habe selbst nicht vorgetragen, hinreichende Sicherungsmaßnahmen durchgeführt zu haben. Auch die Frist zur Durchführung der Maßnahmen sei nicht unzumutbar.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde erhoben.
Mit Bescheid vom 19. November 2021 hat das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2020 zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat inzwischen im Wege der Ersatzvornahme Sicherungsmaßnahmen am Gebäude durchführen lassen. Sie hat vorgetragen, dass nunmehr lediglich die in Nr. 1 Buchst. e angeordnete Notsicherung der Fachwerkwand nach Norden noch offen sei. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit hinsichtlich der übrigen Maßnahmen für in der Hauptsache erledigt erklärt.
II.
A. Das Verfahren wird in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Insoweit ist der erstinstanzliche Beschluss entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. ZPO für unwirksam zu erklären.
B. Im Übrigen hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
1. Der Antragsteller trägt vor: Es bestehe die Besorgnis der Befangenheit des Herrn Dipl.-Ing. P.. Die Antragsgegnerin verfolge ein immer wiederkehrendes Muster. Unter dem Vorwand des Denkmalschutzes verlange sie wirtschaftlich unverhältnismäßige Maßnahmen, um Eigentümer von Kulturdenkmälern dazu zu bewegen, die Objekte an die Antragsgegnerin zu verkaufen, um diese nach dem Erwerb abzubrechen. Die Antragsgegnerin habe keinerlei Interesse am Erhalt der Kulturdenkmäler im Stadtgebiet, was sich beispielsweise darin zeige, dass ihm, dem Antragsteller, in der Vergangenheit eine Denkmalförderung verwehrt worden sei. In einem Schreiben der stadteigenen WBG schreibe ein gewisser Herr W., dass ein Abbruch des Gebäudes R-Straße 6 erst möglich wäre, wenn er, der Antragsteller spezielle Maßnahmen ergreifen würde. Dieses Gebäude solle abgebrochen werden. Herr Dipl.-Ing. P. sei in diese Vorgänge stets involviert und erstatte das von der Antragsgegnerin erwünschte Gutachten mit entsprechenden Feststellungen. Die Antragsgegnerin lasse sich auch nicht von rechtskräftigen Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts aufhalten. In dem Verfahren 2 L 65/14 habe seine Mutter als Beigeladene erfolgreich ein Denkmal vor dem Abbruch geschützt. Die Antragsgegnerin habe als damalige Klägerin den Erlass einer Abbruchverfügung verlangt. Auch in diesem Verfahren habe die Antragsgegnerin ihre Argumentation auf die fachlichen Einschätzungen von Herrn Dipl.-Ing. P. gestützt. Das Oberverwaltungsgericht habe bezweifelt, dass Herr Dipl.-Ing. P. überhaupt über denkmaltechnische Sachkompetenz verfüge. Dessen Einschätzungen hätten sich als falsch erwiesen. Das Gebäude habe bestehen bleiben sollen. Dies habe die Antragsgegnerin nicht davon abgehalten, das Gebäude trotz der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts abzubrechen und damit vorsätzlich zu zerstören. Diesem Muster folgend spiegele die Antragsgegnerin einen Sachverhalt vor, der ihn, den Antragsteller, als denjenigen erscheinen lasse, der das Denkmal verwahrlosen lasse. Dem werde widersprochen. Er beschütze die Denkmäler im Gebiet der Antragsgegnerin. Er halte die Denkmäler für wertvoll und möchte alte Substanz bewahren, meine jedoch, dass diese nicht unnötig saniert werden müssten, sofern dies bautechnisch nicht erforderlich sei. Die Antragsgegnerin betreibe jedoch eine auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtete Vision, die ihr ein privater Projektentwickler aus M-Stadt eingeredet habe. Die alten Gemäuer sollten weichen und Platz für neues, exklusives Wohneigentum schaffen, mit dem sich mutmaßlich sehr viel Geld verdienen lasse und dem massiven Einwohnerschwund entgegengewirkt werden solle.
Mit diesen Ausführungen hat der Antragsteller die Verwertbarkeit der von Herrn Dipl.-Ing. P. erstellten „Statischen Stellungnahme zum Zustand und zur Sicherung“ des Objekts vom 9. Oktober 2020 nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es ist davon auszugehen, dass Herr Dipl.-Ing. P. als Nachweisberechtigter für Standsicherheit i.S. des § 65 BauO LSA über die gebotene fachliche Qualifikation zur Beurteilung der in seiner Stellungnahme angesprochenen Fragen verfügt. Soweit der Antragsteller Herrn Dipl.-Ing. P. ein kollusives Zusammenwirken mit der Antragsgegnerin zur Durchsetzung dem Denkmalschutz gegenläufiger Interessen vorwirft, bleiben seine Ausführung substanzlos. Die Schreiben des Herrn Dipl.-Ing. W. an die Wohnungsbaugesellschaft Z. mbH vom 3. Mai 2021 und das Schreiben dieser Wohnungsbaugesellschaft an die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 17. September 2021 zum Gebäude R-Straße 6 geben für die Richtigkeit der Thesen des Antragstellers nichts her. Für eine angebliche „auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtete Vision“ der Antragsgegnerin, für die ein nicht näher bezeichneter „Projektentwickler aus M-Stadt“ verantwortlich sein soll, bleibt der Antragsteller jeden Beleg schuldig. Entsprechendes gilt für die Behauptung des Antragstellers, dass Herr Dipl.-Ing. P. in die behaupteten Machenschaften der Antragsgegnerin involviert sein soll und Gefälligkeitsgutachten erstellt habe. Soweit der Senat in dem Verfahren 2 L 65/14 die Sachkompetenz des Herrn Dipl.-Ing. P. in Zweifel gezogen hat, bezog sich dies allein auf dessen Kompetenz zur Beurteilung der „Aussagekraft denkmalbegründender Elemente“ im Vergleich zur Kompetenz des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Die vom Antragsteller im vorliegenden Verfahren angegriffene statische Stellungnahme von Herrn Dipl.-Ing. P. befasst sich indes nicht mit der Beurteilung der Aussagekraft denkmalbegründender Elemente, sondern mit der Beurteilung notwendiger Sicherungsmaßnahmen zum Gebäudeschutz. Für denkmalspezifische Beurteilungen hat die Antragsgegnerin das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie herangezogen. Die Vorgehensweise zur Sicherung des Objekts hat die Antragsgegnerin mit dieser Behörde abgestimmt.
2. Weiter greift der Antragsteller die von Herrn Dipl.-Ing. P. getroffenen Feststellungen und Vorschläge zu Sicherungsmaßnahmen an, die in der angefochtenen Verfügung im Wesentlichen aufgegriffen und übernommen wurden. Er meint, Herr Dipl.-Ing. P. habe völlig willkürliche Angaben gemacht, die allenfalls oberflächlich die Sicherungsverfügung stützen. Hierzu beruft er sich auf Stellungnahmen des Dipl.-Ing. S., eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Schäden an Gebäuden.
Mit diesen Stellungnahmen hat der Antragsteller die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahmen, soweit sie noch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und nicht von der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Beteiligten erfasst sind, nicht durchgreifend in Frage gestellt. Streitig ist unter den Beteiligten nur noch die Notsicherung der Fachwerkwand nach Norden.
a) Konkrete und substantiierte Einwände gegen die Notwendigkeit dieser Maßnahme ergeben sich aus der Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 14. Oktober 2021 nicht:
(1) Herr Dipl.-Ing. S. bemängelt, dass die statische Stellungnahme von Herrn Dipl.-Ing. P. keine Aussage zu Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich des Kellers treffe. Aus den Ausführungen von Herrn Dipl.-Ing. S. ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Keller so gravierende statische Probleme aufweist, dass sich ohne Maßnahmen im Kellerbereich weitere Sicherungsanordnungen und insbesondere die hier fragliche Notsicherung der nördlichen Außenwand als nutzlos erweisen könnten. Sofern neben zu den angeordneten Maßnahmen weitere Anordnungen zur Stabilisierung des Kellers sinnvoll oder geboten sein sollten, stellt dies die Erforderlichkeit der Notsicherung der Außenfachwerkwand nach Norden nicht in Frage.
(2) Herr Dipl.-Ing. S. macht geltend, dass die von Herrn Dipl.-Ing. P. empfohlenen Maßnahmen von den Empfehlungen des anderen hinzugezogenen Sachverständigen Herrn Dipl.-Ing. F. abwichen. Die von Herrn F. empfohlenen Maßnahmen halte er für plausibel, während die Empfehlungen des Herrn Dipl.-Ing. P. angesichts des dokumentierten und teilweise auch von ihm – Herrn Dipl.-Ing. S. – selbst wahrgenommenen Objektzustands zur Vermeidung des Fortschreitens vorhandener Schäden und zur Sicherung der Bausubstanz nicht erforderlich seien.
Aus dem Vergleich der Handlungsempfehlungen in den Stellungnahmen von Herrn Dipl.-Ing. P. und Herrn Dipl.-Ing. F. lassen sich indes keine Widersprüche ableiten. Die beiden Sachverständigen hatten unterschiedliche Prüfaufträge und haben ihre Handlungsempfehlungen ersichtlich jeweils auf den Bereich beschränkt, der Gegenstand ihres Auftrags war. Es leuchtet ein, dass der Dipl.-Ing. F., der von der Antragsgegnerin den Auftrag hatte, „die zugänglichen und sichtbaren Holzbauteile im Rahmen einer Voruntersuchung stichpunktartig hinsichtlich einer Schädigung durch holzzerstörende Organismen (Pilze und Insekten) zu beurteilen“ (so die Beschreibung in der „Holzschutztechnischen Voruntersuchung“ vom 1. September 2020), keine Aussagen zur Notwendigkeit statischer Maßnahmen an der nördlichen Fachwerkwand getroffen hat. Für die statische Beurteilung hatte die Antragsgegnerin gerade Herrn Dipl.-Ing. P. herangezogen.
Soweit Herr Dipl.-Ing. S. im Zusammenhang mit dem Vergleich der beiden Stellungnahmen die von Herrn Dipl.-Ing. F. vorgeschlagenen Maßnahmen für plausibel, hingegen die von Herrn Dipl.-Ing. P. vorgeschlagenen Maßnahmen für „nicht erforderlich“ hält, bleibt seine Aussage pauschal und ohne nähere fachliche Begründung.
(3) Die weiteren Zweifel, die Herr Dipl.-Ing. S. an der Richtigkeit der statischen Beurteilung des Dipl.-Ing P. aufwirft, betreffen Gesichtspunkte in der angefochtenen Verfügung, die nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Beteiligten nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Antrags auf vorläufigen Rechtsschutzes sind (Räumung von Gegenständen aus dem Gebäude, Deckenbelastung, Bäume in der Nähe des Gebäudes, Ersetzung der Dacheindeckung durch Trapezblech, Längsaussteifung, Erneuerung der Dachentwässerung, Neuherstellung von Durchbrüchen).
b) Auch die Ausführungen des Dipl.-Ing. S. in der weiteren Stellungnahme vom 11. November 2021 begründen keine Zweifel an der Notwendigkeit der angeordneten Notsicherung der nördlichen Fachwerkwand. Dabei kann dahinstehen, ob diese Stellungnahme, die erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgelegt wurde, für die vorliegende Entscheidung berücksichtigt werden kann. Denn auch aus dieser Stellungnahme ergeben sich keine konkreten fachlich begründeten Bedenken gegen die Notwendigkeit der Notsicherung der nördlichen Fachwerkwand.
3. Der Antragsteller wendet sich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Maßnahmen für ihn nicht mit einer i.S. des § 10 Abs. 4 DSchG LSA unzumutbaren Belastung verbunden seien. Hierzu trägt er vor: Es möge zutreffen, dass sich der Eigentümer eines Denkmals nicht auf wirtschaftliche Unzumutbarkeit berufen könne, wenn er das Denkmal in Kenntnis der Erhaltungsbedürftigkeit erworben habe. Das Denkmal habe er jedoch nicht „sehenden Auges“ verfallen lassen. Er habe selbst entsprechende Fachkenntnisse und sei in der Lage zu beurteilen, ob die Substanz eines Gebäudes gefährdet sei. Dies sei niemals der Fall gewesen. Aus dem Umstand, dass das Gebäude leer stehe, könne nicht auf den Zustand der Bausubstanz geschossen werden. Er kontrolliere den Zustand regelmäßig. Die Untersuchungen des Herrn S. bestätigten dies. Die angeblichen Schäden beruhten maßgeblich nicht auf Verwahrlosung, sondern auf Vandalismus. Dafür trage er keine Verantwortung, denn er habe das Gebäude stets vor unbefugtem Zutritt gesichert. Das Bundesverwaltungsgericht fordere eine seriöse Einzelfallprüfung (Beschluss vom 7. Februar 2002 – 4 B 4.02 -). Der Hinweis des Verwaltungsgerichts darauf, dass das Gebäude seit Jahren leer stehe, reiche hierfür nicht aus. Das Gericht stütze sich lediglich auf die Aussagen von Herrn Dipl.-Ing. P., dessen fachliche Kompetenz hinsichtlich des Denkmalschutzes gerichtsfest in Frage stehe und dessen Aussagen von ihm, dem Antragsteller, und vom Sachverständigen Dipl.-Ing. S. angezweifelt würden. Zur Glaubhaftmachung der Tatsache, dass die avisierten Maßnahmen aus wirtschaftlicher und technischer Sicht unzumutbar seien, biete er das Zeugnis des Herrn Dipl.-Ing. S. an.
Auch mit diesen Einwänden dringt der Antragsteller nicht durch.
Für die Bewertung, ob sich im Rahmen einer Erhaltungsanordnung angeordnete Maßnahmen im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren halten, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob eine Sanierung des Denkmals zum Zwecke der Erhaltung zu unzumutbaren Belastungen führen würde, sondern ob die konkret angeordnete Maßnahme zur vorübergehenden Sicherung des Denkmals vor Gefährdungen als solche zumutbar ist (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 30. Juni 2008 – OVG 2 S 29.08 – juris Rn. 6). Auch unter Berücksichtigung dieser Einschränkung kann für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nur ein objektbezogener Maßstab zur Feststellung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit gelten. Für die Beurteilung kommt es nicht auf die subjektiven wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Eigentümers, sondern auf eine objektive Wirtschaftlichkeitsberechnung in Bezug auf das Schutzobjekt an (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 20. Juli 2016 – 4 A 128/16 – juris Rn. 28).
Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich ein privater Grundstückseigentümer nicht auf die Unzumutbarkeit eines Erhaltungsaufwands berufen, wenn die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten dadurch verursacht worden ist, dass Erhaltungsmaßnahmen dem Denkmalschutzgesetz oder sonstigem öffentlichem Recht zuwider unterblieben sind (§ 10 Abs. 5 Satz 3 DSchG LSA). Diese Voraussetzungen sind nicht nur dann gegeben, wenn der Verpflichtete im Laufe der Lebenszeit eines Denkmals als Eigentümer dieser Sache Unterhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, sondern auch dann, wenn der Verpflichtete „sehenden Auges“ ein sanierungsbedürftiges Denkmal erwirbt, die Denkmaleigenschaft kennt und die Sanierungsbedürftigkeit offensichtlich ist (Urteile des Senats vom 18. August 2016 – 2 L 65/14 – juris Rn. 60 und vom 18. Februar 2015 – 2 L 175/13 -, juris Rn. 87). Ein hiervon abweichender Maßstab ergibt sich nicht aus dem vom Antragsteller zitierten Beschluss des Bundeverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2002 (- 4 B 4.02 – juris).
Auch wenn – wie im vorliegenden Fall – die Zumutbarkeit vorläufiger Sicherungsmaßnahmen zu beurteilen ist, liegt grundsätzlich keine wirtschaftliche Unzumutbarkeit vor, wenn bereits im Zeitpunkt des Erwerbs die Sanierungsbedürftigkeit des Denkmals nach den o.g. Maßstäben offensichtlich war oder wenn die angeordneten Sicherungsmaßnahmen auf einer Vernachlässigung notwendiger Erhaltungsmaßnahmen beruhen (VG Magdeburg, a.a.O. Rn. 31; vgl. auch ThürOVG, Beschluss vom 4. August 2014 – 1 EO 760/13 – juris Rn. 27).
Dabei ist für die Beurteilung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit im vorliegenden Fall nicht nur die noch nicht durchgeführte Maßnahme der Notsicherung der Fachwerkwand nach Norden in den Blick zu nehmen. Da diese Maßnahme Bestandteil einer umfangreichen denkmalrechtlichen Sicherungsverfügung ist, die erhebliche Kosten auslöst, ist eine Gesamtbetrachtung der Zumutbarkeit aller angeordneten Sicherungsmaßnahmen geboten. Auch unter Zugrundelegung dieses Maßstabs liegt nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit nicht vor.
Der Antragsteller hat „sehenden Auges“ ein sanierungsbedürftiges Denkmal erworben, dessen Sanierungsbedürftigkeit offensichtlich war. Der Senat geht davon aus, dass dem Antragsteller im Zeitpunkt des Erwerbs die Denkmaleigenschaft des Gebäudes bewusst gewesen ist. Ferner spricht alles dafür, dass sich das Gebäude bereits im Zeitpunkt des Erwerbs in einem offensichtlich sanierungsbedürftigen Zustand befunden hat. Der Antragsteller führt in seinem Schriftsatz vom 30. November 2021 selbst aus, dass „das Gebäude schon bei Übernahme vor 15 Jahren in einem desolaten Zustand war“. Für die Richtigkeit dieser Darstellung des Antragstellers spricht zudem der in den Stellungnahmen von Herrn Dipl.-Ing. P. vom 9. Oktober 2020 und von Herrn Dipl.-Ing. F. vom 1. September 2020 beschriebene Zustand des Gebäudes, der es nahelegt, dass die umfangreichen Schäden nicht erst in den letzten 15 Jahren entstanden sind. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller – wie er vorträgt – regelmäßig die Dächer kontrolliert und Ziegel nachgeschoben hat. Das Vorbringen des Antragstellers, dass die Schäden nicht maßgeblich auf Verwahrlosung, sondern auf Vandalismus zurückzuführen seien, ist nicht plausibel. Nach der Stellungnahme von Herrn Dipl.-Ing. P. sind die Schäden im Wesentlichen auf Nässeeintrag im Dachbereich und durch die undichte Kehle zwischen Haupthaus und Nebengebäude zurückzuführen.
Soweit einzelne der angeordneten Maßnahmen erforderlich sein sollten, weil das Gebäude bereits vor dem Erwerb durch den Antragsteller statische Mängel aufgewiesen hat, die im Zeitpunkt des Erwerbs für den Antragsteller nicht erkennbar waren, mögen die dafür anfallenden Kosten zwar nicht auf einer Vernachlässigung notwendiger Erhaltungsmaßnahmen beruhen. Dies dürfte jedoch nicht den Großteil der angeordneten Maßnahmen, sondern allenfalls die hier noch streitige Anordnung zur Notsicherung der Fachwerkwand nach Norden sowie die Anbringung von Windrispenbändern oder Diagonalverstrebungen betreffen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller aufgrund der Kosten für solche Einzelmaßnahmen unzumutbar belastet werden könnte (vgl. zu den Anforderungen an die Annahme einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit: Urteil des Senats vom 15. Dezember 2011 – 2 L 152/06 – juris Rn. 93), sind indes nicht ersichtlich.
4. Das Vorbringen des Antragstellers, dass die Maßnahmen, die von der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme veranlasst wurden, grobe Fehler aufgewiesen und zur Schädigung des Denkmals geführt hätten, kann der vorliegenden Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Etwaige Mängel bei der Durchführung der Ersatzvornahme haben keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Verfahren in Frage stehenden Grundverfügung.
D. Soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde, hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen. Im Übrigen sind die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen gemäß § 161 Abs. 2 VwGO dem Antragsteller aufzuerlegen, weil der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keinen Erfolg gehabt hätte.
1. Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Dezember 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2021 war nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig.
a) Die in der angefochtenen Verfügung angeordneten Maßnahmen waren nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage als Sicherungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr nach § 9 Abs. 6 Satz 1 DSchG LSA erforderlich, um einen drohenden Substanzverlust des Denkmals zu verhindern. Die Notwendigkeit dürfte sich insbesondere aus der fachlich begründeten Stellungnahme des Dipl.-Ing. P. vom 9. Oktober 2020 schlüssig ergeben. Wie oben ausgeführt, bestehen gegen die Unparteilichkeit und die fachliche Qualifikation des Herrn Dipl.-Ing. P. keine Bedenken.
Die Notwendigkeit der einzelnen angeordneten Sicherungsmaßnahmen stellt der Antragsteller, der sich insoweit im Wesentlichen auf die von ihm eingeholten Stellungnahmen des Herrn Dipl.-Ing. S. vom 14. Oktober und 11. November 2021 beruft, nicht substantiiert in Frage. Soweit Herr Dipl.-Ing. S. beanstandetet, dass die Stellungahme von Herrn Dipl.-Ing. P. keine Aussage zu Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich des Kellers treffe, kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Entsprechendes gilt für die vermeintlichen Widersprüche hinsichtlich der Handlungsempfehlungen in den Stellungnahmen von Herrn Dipl.-Ing. P. und Herrn Dipl.-Ing. F..
Auch die weiteren Erwägungen in den Stellungnahmen des Herrn Dipl.-Ing. S. lassen keine durchgreifenden Zweifel an der Notwendigkeit der angeordneten Sicherungsmaßnahmen aufkommen:
(1) Das gilt zunächst für die Anordnung in Nr. 1 Buchst. a der angefochtenen Verfügung, das Gebäude von Schutt und Müll zu beräumen. Herr Dipl.-Ing. S. führt hierzu aus: Es erstaune, dass Herr Dipl.-Ing. P. die ehemals im Objekt vorhandenen Gegenstände als „Sperrmüll“ bezeichne. Insoweit liege vieles im Auge des Betrachters. Es sei hinlänglich bekannt, dass Gegenstände, die mancher Mensch wegwerfe, von anderen Menschen noch gern benutzt würden. Es stelle sich die Frage, ob das Wegnehmen vorhandener Gegenstände rechtens gewesen sei.
Mit diesen Erwägungen wird die Notwendigkeit der insoweit getroffenen Anordnung nicht in Frage gestellt. Aus den im Gebäude aufgenommenen Fotos lässt sich ohne weiteres erkennen, dass es sich bei den dort vorhandenen Gegenständen im Wesentlichen um Schutt und Müll handelt. Noch brauchbare und verwertbare Gegenstände sind von der Anordnung, das Gebäude von „Schutt und Müll“ zu beräumen, nicht erfasst. Mit dieser Formulierung ist die angefochtene Verfügung auch nicht zu unbestimmt (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 30. Juli 2020 – 2 L 108/17 – juris Rn. 42). Ob bei der Durchführung der Ersatzvornahme Gegenstände aus dem Gebäude geräumt wurden, die nicht von der Anordnung erfasst sind, spielt für die Rechtmäßigkeit der Anordnung keine Rolle.
Die Anordnung ist auch nicht deshalb rechtlich zu beanstanden, weil es – wie Herr Dipl.-Ing. S. meint – nicht plausibel sei, dass im Rahmen einer ausschließlichen Sicherungsmaßnahme der Gebäudeinhalt separiert und entsorgt werden müsse.
In der Verfügung vom 10. Dezember 2020 wurde nicht ausdrücklich angeordnet, den Gebäudeinhalt zu separieren und zu entsorgen. Es kann dahinstehen, ob die ordnungsgemäße Entsorgung des aus dem Gebäude geräumten Schutts und Mülls auch ohne die ausdrückliche Erwägung Bestandteil der Sicherungsanordnung ist. Denn eine solche Anordnung wäre voraussichtlich rechtmäßig. Es ist regelmäßig geboten, den aus dem Gebäude ausgeräumten Schutt und Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen, um das Entstehen eines ordnungswidrigen Zustands zu verhindern (vgl. auch Beschluss des Senats vom 22. Juli 2013 – 2 M 82/13 – juris Rn. 20).
(2) Soweit Herr Dipl. Ing. S. „die Aussage zur Deckenüberlastung“ ohne statische Berechnung für nicht nachvollziehbar hält, wird nicht deutlich, auf welche Aussage in der statischen Stellungnahme des Herrn Dipl.-Ing. P. und auf welche der angeordneten Maßnahmen hier Bezug genommen wird. Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass Herr Dipl.-Ing. P. als Nachweisberechtigter für Standsicherheit nach § 65 BauO LSA in der Lage ist zu beurteilen, ob statische Überlastungen bereits aufgrund einer Inaugenscheinnahme zu erkennen oder ob insoweit statische Berechnungen erforderlich sind.
(3) Durchgreifende Bedenken bestehen auch nicht gegen die Anordnung, alle wild gewachsenen Bäume, die näher als 3 m am Gebäude stehen, zu entfernen. Herr Dipl.-Ing. S. bezweifelt in seiner Stellungnahme die Notwendigkeit dieser Maßnahme mit der Frage, was die Anordnung mit der Standsicherheit zu tun habe. Weiter führt er an, dass bei der Ersatzvornahme auch nicht alle von der Anordnung betroffenen Bäume gefällt worden seien.
Herr Dipl.-Ing. P., der die Entfernung der fraglichen Bäume „im Zuge der Räumungsarbeiten“ als notwendig angesehen hat, ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die Bäume in unmittelbarer Nähe zum Gebäude die Sanierungsarbeiten behindern würden. Dies leuchtet ein. Dem steht nicht entgegen, dass das mit der Ersatzvornahme beauftragte Entsorgungsunternehmen – wie Herr Dipl.-Ing. S. ausführt – auf das Fällen der Bäume teilweise verzichtet und Bäume teilweise in das Gerüst integriert hat. Damit wird gerade bestätigt, dass Bäume so dicht am Gebäude standen, dass ein Gerüst nicht ohne Behinderung aufgestellt werden konnte. Auch wenn es dem Entsorgungsunternehmen gelungen ist, die Bäume teilweise in das Gerüst zu integrieren, bedeutet dies nicht, dass dies mit einem geringeren Aufwand verbunden war als das Fällen der Bäume. Zudem ist fraglich, ob das Entsorgungsunternehmen im Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme durch Herrn Dipl.-Ing. S. die Arbeiten, bei denen die Bäume hätten im Wege stehen können, bereits abgeschlossen hatte.
(4) Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen auch keine substantiellen Zweifel an der Notwendigkeit, die vorhandene Dacheindeckung abzunehmen und durch eine Noteindeckung mit Trapezblech aus Aluminium zu ersetzen. Herr Dipl.-Ing. S. bezeichnet diese Maßnahme als unverständlich, weil sowohl Herr Dipl.-Ing. F. als auch Herr Dipl.-Ing. P. in der Dacheindeckung nur einzelne Schadstellen festgestellt hatten. Die logische Schlussfolgerung sei nach konstruktiver Sicherung der schadhaften tragenden Holzbauteile die lokale Reparatur der Dacheindeckung.
Herr Dipl.-Ing. P. hat eine lokale Reparatur in seiner Stellungnahme als nicht zielführend angesehen, weil eine solche Maßnahme angesichts der Frostschäden der Dachziegel durch Verschiebungen und Belastungen durch den ausführenden Monteur zu weiteren Defekten in der Dacheindeckung führen könnte. Daraus ergibt sich schlüssig, dass die vollständige Abnahme der Dachziegel geboten war. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Neueindeckung mit vorhandenen Dachziegeln bei Ersatz geschädigter Ziegel günstiger wäre als die angeordnete Anbringung der Noteindeckung. Ferner dürften statische Erwägungen für die Empfehlung maßgeblich gewesen sein, die vorhandenen Dachziegel durch Ziegel eines anderen Materials zu ersetzen. Dies wird zwar in der statischen Stellungnahme von Herrn Dipl.-Ing. P. nicht ausdrücklich erwähnt. Auf statische Probleme der vorhandenen Dacheindeckung hat aber das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in seinem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 6. Dezember 2021 hingewiesen.
(5) Auch die Erwägungen, die Herr Dipl.-Ing. S. gegen die Notwendigkeit von Windrispenbändern oder Diagonalverstrebungen als Notsicherungsmaßnahme vorbringt, enthalten keine nähere fachliche Begründung. Herr Dipl.-Ing. S. verweist allein darauf, dass das Dach bereits seit Jahrzehnten stehe, ohne dass Schäden erkennbar seien, die auf eine unzureichende Längsaussteifung zurückzuführen wären. Auf die Frage, ob Windrispenbänder oder Diagonalverstrebungen statisch als notwendig anzusehen sind und ggf. wie hoch das Risiko ist, wenn hierauf verzichtet wird, geht er nicht ein. Der Umstand, dass es bislang zu keinem Schaden gekommen ist, dürfte jedenfalls das Bestehen eines Risikos nicht ausschließen.
(6) Durchgreifende Bedenken bestehen nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage auch nicht gegen die Anordnung, die Dachentwässerung in Titanzink zu erneuern. Herr Dipl.-Ing. S. bezweifelt die Notwendigkeit dieser Maßnahme mit der Erwägung, dass Dachrinnen vorhanden gewesen seien und die festgestellten Schäden nichts mit der Dachentwässerung zu tun hätten. Begründete Zweifel an der Sanierungsbedürftigkeit der Dachentwässerung werden damit aber nicht dargelegt, zumal aus der Angabe, dass Dachrinnen „vorhanden“ gewesen seien, nicht hervorgeht, in welchem Zustand sich diese Dachrinnen befunden haben.
(7) Soweit Herr Dipl.-Ing. S. weiter ausführt, dass er im Rahmen des Ortstermins neu hergestellte Dachbrüche in schadensfreien Deckenbereichen festgestellt habe und darin einen Widerspruch zur Absicht der Gebäudesicherung sieht, greift er allein die Durchführung der Ersatzvornahme auf. Die Rechtmäßigkeit der vorliegenden Grundverfügung wird durch etwaige Mängel bei der Durchführung der Ersatzvornahme nicht in Frage gestellt.
(8) In der weiteren Stellungnahme vom 11. November 2021 vergleicht Herr Dipl.-Ing. S. erneut die Handlungsempfehlungen in der Stellungnahme von Herrn Dipl.-Ing. P. mit denen des Herrn Dipl.-Ing. F.. Daraus lassen sich – wie ausgeführt – keine Widersprüche ableiten. Soweit Herr Dipl.-Ing. S. ausführt, dass zur Sicherung der Gebäudesubstanz für einen Zeitraum von ca. 10 Jahren neben einigen provisorischen Sicherungsmaßnahmen diejenigen Maßnahmen ausreichend seien, die Herr Dipl.-Ing. F. in seiner Stellungnahme empfohlen habe, handelt es sich um eine bloße – nicht näher begründete – Einschätzung.
Zusammenfassend spricht viel für die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahmen. Deren Erforderlichkeit zur Notsicherung des Gebäudes wurde von einem Sachverständigen für die Standsicherheit von Gebäuden mit nachvollziehbarer Begründung empfohlen. Die Maßnahmen erscheinen auch angesichts des dokumentierten Gebäudezustandes als schlüssig. Zudem sind die Maßnahmen mit dem Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege abgestimmt, das über Erfahrung und fachliche Kompetenz zur Beurteilung von Maßnahmen zur Substanzerhaltung von Denkmälern verfügt. Die von Herrn Dipl.-Ing. S. geäußerten Zweifel bleiben insgesamt ohne fundierte fachliche Begründung.
b) Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Maßnahmen für ihn mit einer i.S. des § 10 Abs. 4 DSchG LSA unzumutbaren Belastung verbunden seien. Hierzu wird auf die vorstehenden Ausführungen (Abschnitt B 3) verwiesen.
2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Im Hinblick auf den drohenden Verlust der Substanz des Kulturdenkmals bestand auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung.
E. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat folgt der erstinstanzlichen Entscheidung.
F. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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