Aktenzeichen M 1 SN 16.3090
Leitsatz
Art. 6 BayDSchG kann Drittschutz vermitteln, weil der Eigentümer eines Baudenkmals durch die Errichtung eines Vorhabens in der Nähe seines Denkmals in der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzt sein kann. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn sich die Errichtung des Vorhabens auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals oder Ensembles erheblich auswirkt. Darüber hinaus lässt sich dem bayerischen Denkmalschutzrecht kein allgemeiner Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers entnehmen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 11. Juli 2016 gegen die der Beigeladenen mit Bescheid vom 14. Juni 2016 von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung (Az. BV …) wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III.
Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf den Grundstücken FlNr. 213 und 217/1 der Gemarkung …
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 215 …), das mit einem denkmalgeschützten Gebäude bebaut, in der Stadtmitte der Antragsgegnerin belegen und Teil des geschützten Ensembles „…“ ist. Dieses Gebäude grenzt im hinteren Bereich nach Norden hin an das Grundstück FlNr. 213.
Unter dem 28. August 2015 beantragte die Beigeladene – bei der Antragsgegnerin eingegangen am 9. September 2015 – die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung des von ihr betriebenen …-hauses auf den Grundstücken FlNr. 213 und 217/1 …). Die Antragstellerin hat dem Bauantrag im Rahmen der Nachbarbeteiligung mit Schreiben vom … November 2015 ausdrücklich die Zustimmung verweigert. Auch das Landesamt für Denkmalpflege lehnte mit Stellungnahme vom … Mai 2016 die Planung unter Bezugnahme auf das zu schützende Erscheinungsbild des Ensembles „…“ sowie der damit einhergehenden erheblichen Störung für die unmittelbar benachbarten Einzeldenkmäler nachdrücklich ab.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2016, der Antragstellerin zugestellt am 16. Juni 2016, erteilte die Antragsgegnerin für das Bauvorhaben der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung nach Maßgabe der mit Genehmigungsvermerk und Roteintragungen versehenen Bauvorlagen unter verschiedenen Bedingungen, Auflagen und Abweichungen. Mit der Baugenehmigung wurden zudem die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis sowie die sanierungsrechtliche Genehmigung erteilt.
Mit Schriftsatz vom … Juli 2016, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat die Antragstellerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Juni 2016 aufzuheben. Über diese Klage, die unter dem Aktenzeichen M 1 K 16.3035 geführt wird, ist noch nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom … Juli 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, suchte die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz nach und beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Bauge-
nehmigung der Antragsgegnerin vom 14. Juni 2016 wiederherzustellen,
2. anzuordnen, dass die Bauherrin mit sofortiger Wirkung die Bauarbeiten
auf dem Grundstück FlNr. 217 einstellt.
Zur Begründung wird im Antragsschriftsatz auf die Klagebegründung im Verfahren M 1 K 16.3035 verwiesen. Dort wird ausgeführt, dass das Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich liege und sich dabei nach Art, Maß, Bauweise und überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die nähere Umgebung einfüge. Die angestrebte bauliche Nutzung stelle einen großflächigen Einzelhandel dar, der im faktischen Mischgebiet unzulässig sei und gegen den Gebietserhaltungsanspruch verstoße. Aufgrund seiner erheblichen Dimensionierung, die deutlich über das hinausgehe, was in der Umgebung vorzufinden sei, verstoße das Vorhaben auch gegen das Einfügensgebot bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche. Hinsichtlich der Bauweise werde missachtet, dass sich in der Außenmauer, an die angebaut werden solle, Fenster für Aufenthaltsräume befänden und diese bereits seit unvordenklicher Zeit bestünden. Zudem verstoße das Vorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, insbesondere hinsichtlich der Fenster im klägerischen Anwesen. Sie seien die einzig vorhandene Belichtung und Belüftung der hinter diesen Fenstern befindlichen Aufenthaltsräume, wo sich in den oberen Geschossen eine Wohnküche und im Erdgeschoss eine Gaststätte befänden. Im Innenhof zwischen dem streitgegenständlichen Bauvorhaben und dem Anwesen der Antragstellerin seien im rückwärtigen Bereich elf Stellplätze für Kraftfahrzeuge angeordnet, die rücksichtslose Immissionen auf das Anwesen der Antragstellerin auslösten. Nachdem die Baugenehmigung die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis einschließe und das Landesamt für Denkmalpflege in seiner Stellungnahme vom … Mai 2016 dem Vorhaben widersprochen habe, werde das denkmalschutzrechtliche Abwehrrecht geltend gemacht.
Mit Beschluss vom 20. Juli 2016 hat die Kammer die Bauherrin zum Verfahren beigeladen. Im Klageverfahren M 1 K 16.3035 erfolgte ihre Beiladung mit Beschluss vom 13. Juli 2016.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 nahm die Antragsgegnerin zur Sache Stellung und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorhaben im faktischen Mischgebiet auch bei einer Überschreitung der regelmäßigen Grenze für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb planungsrechtlich genehmigungsfähig sei und die Überschreitung der Grenze keine nachbarschützenden Belange berühre. Sowohl hinsichtlich der Höhe als auch der Zahl der Geschosse füge es sich in die Umgebung ein; gleiches gelte hinsichtlich der geschlossenen Bauweise. Angesichts dessen habe die Antragstellerin auch nicht auf den dauerhaften Bestand der Fenster vertrauen dürfen. Vor diesem Hintergrund erweise sich das Vorhaben der Beigeladenen auch nicht als rücksichtslos. Zwar verschlechtere sich die Belichtung der Wohnungen durch den Wegfall der Fenster, gleichwohl bleibe die Belichtung durch die auf der südöstlichen Seite des Gebäudes der Antragstellerin vorhandenen Fenster gewahrt. Hinsichtlich der sieben Stellplätze im Innenhof, die für die geplanten Wohnungen vorgesehen und deren Nutzung bisher baurechtlich für das Gewerbe der Beigeladenen beschränkt gewesen seien, sei von einem vermehrten Verkehr abends und teilweise auch nachts auszugehen. Eine schalltechnische Untersuchung habe ergeben, dass die Mischgebietswerte der TA Lärm eingehalten würden. Ob die Antragstellerin demnach durch den Lärm dieser Stellplätze so beeinträchtigt werde, dass deren Anordnung dort im Ergebnis rücksichtslos sei, sei nicht nachvollziehbar, insbesondere weil dort auch schon bisher Stellplätze der Nachbarn und eine Garage vorhanden gewesen seien. Zudem zeige sich dadurch, dass mittels Fassadengestaltung des streitbefangenen Vorhabens auf das Ensemble „…“ mit der gewählten Lochfassade und dem Mansardendach mit Dachglaube in einer modernen architektonischen Formensprache eingegangen werde, dass nicht von einer Denkmalbeeinträchtigung auszugehen sei, die das Maß der Erheblichkeit überschreite. Im Vergleich zum abgebrochenen Gebäude, das kein Einzeldenkmal gewesen sei, sei hinsichtlich der Wirkung zur … und damit auf das unmittelbar angebaute Wohn- und Geschäftshaus der Antragstellerin sogar von einer Verbesserung des Gesamterscheinungsbildes auszugehen.
Mit Schriftsatz vom 1. August 2016 hat die Beigeladene sinngemäß beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung lässt sie durch ihre Verfahrensbevollmächtigten im Wesentlichen vortragen, dass das Vorhaben weder gegen Bauplanungs- noch gegen Denkmalschutzrecht verstoße. Ein Verstoß gegen das Gebot des Einfügens liege nicht vor, im Übrigen ergebe sich hieraus kein unmittelbarer Anfechtungsgrund gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung, da sich die Antragstellerin hierauf nur berufen könne, wenn dadurch unmittelbar eine besondere Beeinträchtigung ihrer Interessen resultiere. Dies sei nicht der Fall. Zudem füge sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung sowie auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche und der Bauweise in die nähere Umgebung ein. Jedenfalls resultiere auch hieraus keine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin. Das gelte auch hinsichtlich der drei Fensteröffnungen, die infolge des Bauvorhabens geschlossen würden. Es bestünden keine überwiegenden Interessen der Klägerin am Bestand dieser Fenster, auf deren Erhalt sie auch keinen rechtlichen Anspruch habe. Auch drittschützende denkmalschutzrechtliche Normen seien nicht verletzt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten, die Gerichtsakten in diesem und im Hauptsacheverfahren M 1 K 16.3035 Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg.
1. Der Antrag nach §§ 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO vom 14. Juli 2016, – sinngemäß in Nr. 1 (§ 88 VwGO) darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom … Juli 2016 gegen die der Beigeladenen mit Bescheid vom 14. Juni 2016 von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung anzuordnen, – ist zulässig und in Nr. 1 auch begründet.
Das Gericht der Hauptsache (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) hat bei seiner Entscheidung über den Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn an der aufschiebenden Wirkung der Klage und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung trotz eingelegten Rechtsmittels sofort Gebrauch machen zu können, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Das gilt ungeachtet des durch die in § 212a Baugesetzbuch (BauGB) gesetzlich angeordnete sofortige Vollziehbarkeit veränderten Ansatzes der gerichtlichen Prüfung (vgl. BayVGH, B. v. 21.12.2001 – 15 ZS 01.2570 – BayVBl 2003, 48). Aus diesem Grund ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Fällt die Erfolgsprognose danach zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer gerichtlicher Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als voraussichtlich rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (vgl. BayVGH, B. v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 – BayVBl 1991, 720). Erweist sich der Nachbarrechtsbehelf dagegen als voraussichtlich erfolglos, ist der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abzulehnen. Für den Fall, dass keine eindeutige Antwort auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes gegeben werden kann, können die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs gleichwohl bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO berücksichtigt werden. Stellen sich die Erfolgsaussichten als gänzlich offen dar, findet im Übrigen eine reine Interessenabwägung statt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 152 ff.).
Vorliegend sind die Erfolgsaussichten der Klage im Ergebnis offen, weil insbesondere die Fragen der denkmalschutzrechtlichen Zulässigkeit des streitigen Vorhabens und der damit gegebenenfalls einhergehenden Rechtsverletzung der Antragstellerin weiterer Ermittlungen im Hauptsacheverfahren bedürfen. In der deshalb vorzunehmenden Interessenabwägung setzt sich das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin durch.
a. Nach dem Ergebnis der gebotenen summarischen Prüfung ist ohne weitere Ermittlungen nicht auszuschließen, dass das Vorhaben gegen drittschützende Vorschriften des Denkmalschutzrechts verstößt. Gleiches gilt für die Wahrung des Gebotes der Rücksichtnahme hinsichtlich der von den Kfz-Stellplätzen des Bauvorhabens in der Nachtzeit auf das Grundstück der Antragstellerin einwirkende Immissionen.
aa. Die Baugenehmigung verletzt mit gewisser Wahrscheinlichkeit drittschützende Normen des Denkmalschutzrechts.
Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Denkmalschutzgesetz (DSchG) bedarf die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung von Anlagen in der Nähe von Baudenkmälern (Art. 1 Abs. 2 DSchG) einer Erlaubnis, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG bedarf auch die Veränderung eines Ensembles (Art. 1 Abs. 3 DSchG) einer Erlaubnis, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Die Baugenehmigung umfasst gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG auch die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis. Damit sind die denkmalschutzrechtlichen Belange vom Prüfprogramm der bauaufsichtlichen Zulassung erfasst. Art. 6 DSchG kann dabei Drittschutz vermitteln, weil der Eigentümer eines Baudenkmals durch die Errichtung eines Vorhabens in der Nähe seines Denkmals in der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzt sein kann (BVerwG, U. v. 21.4.2009 – 4 C 3/08 – BVerwGE 133, 347; BayVGH, B. v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 4). Dies ist jedoch nur der Fall, wenn sich die Errichtung des Vorhabens auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals oder Ensembles erheblich auswirkt. Darüber hinaus lässt sich dem bayerischen Denkmalschutzrecht kein allgemeiner Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers entnehmen (BayVGH, U. v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – juris Rn. 21). Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG kann die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis versagt werden, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
Die erhebliche Beeinträchtigung eines Denkmals oder Ensembles liegt nicht nur vor, wenn ein das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird, sondern auch, wenn die Wirkung des Denkmals als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element geschmälert wird. Neue Bauten müssen sich zwar weder völlig an vorhandene Baudenkmäler anpassen noch unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich ist. Aber sie müssen sich an dem vom Denkmal gesetzten Maßstab messen lassen, dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen (vgl. BayVGH, U. v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – juris Rn. 30). Die genannten Merkmale müssen in schwerwiegender Weise gegeben sein, damit von einer erheblichen Beeinträchtigung gesprochen werden kann. Je höher der Wert des Denkmals einzuschätzen ist, desto eher kann eine erhebliche Beeinträchtigung seines Erscheinungsbilds anzunehmen sein; je schwerwiegender das Erscheinungsbild betroffen ist, desto eher kann die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten sein (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – juris Rn. 26).
Nach der Stellungnahme des Landesamt für Denkmalpflege (Landesamt) vom … Mai 2016 wurde das auf dem Grundstück FlNr. 213 vorhandene Gebäude vollständig abgebrochen, ohne dass eine fachbehördliche Stellungnahme hinsichtlich der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisbedürftigkeit und ggf. -fähigkeit eingeholt worden wäre. Der dort beseitigte bauliche Bestand (Gebäude mit vier Vollgeschossen und sieben Fensterachsen) war nach Einschätzung des Landesamtes ein bedeutender Bestandteil des Ensembles „…“, weil er die Geschichtlichkeit des Ortes und die Information über die früheren städtebaulichen Strukturen der Stadt … unmittelbar verkörpert und so für die historische Erscheinungsweise des Ensembles eine besondere Bedeutung dargestellt hat. Als solches war er nach Überzeugung der Fachbehörde substantieller Bestandteil des Ensembles gewesen. Das streitbefangene Bauvorhaben überragt nach Auffassung des Landesamtes die aus viergeschossigen Einzeldenkmälern bestehende Häuserzeile entlang der … (Nr. …, …, …) erheblich, wobei die Fassade mit großformatigen Befensterungen bzw. Eckloggien einen Fremdkörper im Ensemble darstellt. In gleicher Weise erheblich betroffen sei die Wirkung der unmittelbar gegenüberliegenden romanischen …-kirche als ältester Kirchenbau der Stadt. Vor diesem Hintergrund lehnte das Landesamt das streitbefangene Vorhaben unter Bezugnahme auf das zu schützende Erscheinungsbild des Ensembles sowie wenn der damit einhergehenden erheblichen Störung für die unmittelbar benachbarten Einzeldenkmäler …, … und … und die …-kirche nachdrücklich ab.
Trotz der von der Antragsgegnerin ins Feld geführten, im 18., 19. und 20. Jahrhundert bereits erfolgten Eingriffe in die ursprüngliche mittelalterliche Torsituation und der Veränderungen am …-platz durch die Errichtung des Hotels „…“ (vgl. Bescheid vom 14. Juni 2016, S. 18 f. und Vermerk vom 24. Mai 2016) geht das Landesamt nach wie vor von einem Ensemble i. S. d. Art. 1 Abs. 1 und 3 DSchG und beim Anwesen der Antragstellerin von einem Einzeldenkmal nach Art. 1 Abs. 1 und 2 DSchG aus. Dafür, dass dieser Einschätzung zutrifft, spricht nicht zuletzt die Fachexpertise dieser Behörde. Das Landesamt ist die zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung berufene Fachbehörde (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 DSchG). Dabei sind Genehmigungsbehörden und Gerichte rechtlich nicht an die fachliche Beurteilung des Landesamts gebunden. Sie haben deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden. Hierbei kommt den fachlichen Einschätzungen des Landesamts ein tatsächliches Gewicht zu (BayVGH, U. v. 18.7.2013 a. a. O. Rn. 27), da diesen der besondere fachbehördlich-sachverständige Wissens- und Kenntnisstand zugrunde liegt.
Folglich ist eine erhebliche Beeinträchtigung sowohl des denkmalgeschützten Einzelgebäudes der Antragstellerin als auch des Ensembles „…“ nicht auszuschließen. Dies ergibt sich aus der Situierung des Bauvorhabens unmittelbar an der … und direkt gegenüber der romanischen …-kirche mit der damit einhergehenden engen Nähe- und Sichtbeziehung. Die Kammer wird im Klageverfahren durch Beweiserhebung, etwa im Rahmen eines Augenscheins, den in der fachlichen Stellungnahme vom … Mai 2016 beschriebenen Eindruck in natura zu erleben und die denkmalfachliche Würdigung – namentlich auch mit Blick auf die gegenläufigen Ausführungen der Antragsgegnerin – nachzuvollziehen haben. Nach Aktenlage ist es nicht auszuschließen, dass das streitbefangene Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf den Gesamteindruck der einzelnen Baudenkmäler entlang der … und das dortige Ensemble zeitigt und diese vorhabenbedingt erheblich in ihrem Wesen und überlieferten Erscheinungsbild beeinträchtigt.
bb. Zudem erweist sich das Vorhaben hinsichtlich der von der Antragstellerin gerügten Lärmimmissionen durch Kfz-Stellplätze im Innenhof voraussichtlich als rechtswidrig.
Bei der Überprüfung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG) und dessen materiell-rechtliche Maßstäbe (vgl. vorliegend § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz legt die Grenzen und damit auch das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 – 4 C 6/98 – juris). Was die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen angeht, können die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (TA Lärm) und die darin enthaltenen Immissionsrichtwerte herangezogen werden. Die TA Lärm ist dabei als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift zu betrachten, die – vorbehaltlich abweichender Einzelfallerkenntnisse – jedenfalls im Regelfall der gerichtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist.
Die auch in der Nacht nutzbaren Pkw-Stellplätze des Vorhabens der Beigeladenen sind jedenfalls teilweise (insbesondere Stellplätze 6, 7 und 11) so situiert, dass der als immissionsschutzfachliche Orientierungshilfe heranzuziehende Mindestabstand nach Tabelle 37 der Parkplatzlärmstudie des Landesamts für Umwelt (6. Aufl. 2007, S. 106 f.) erheblich unterschritten wird. Im Mischgebiet ist hiernach zur Wahrung des Nacht-Maximalpegelkriteriums gemäß Nr. 6.1 Satz 2 der TA Lärm von dort 65 dB(A) ein horizontaler Mindestabstand zwischen dem kritischen Immissionsort – hier den Fenstern an der Rückseite des Gebäudes …, die nach Südosten hin ausgerichtet sind, – und dem Rand des nächstgelegenen Pkw-Stellplatzes von 15 m einzuhalten. Nach den genehmigten Plänen wird dieses Mindestabstandsmaß bei den Stellplätzen 6, 7 und 11, deren Rand jeweils nur ca. 1 bis 2 m von der Südostfassade des Anwesens der Antragstellerin abgerückt ist, deutlich unterschritten (vgl. Stellplatzplan vom 1. Juni 2016). Hierauf hat das Landratsamt Berchtesgadener Land in seiner fachtechnischen Stellungnahme vom 7. Juni 2016 im Lichte des schalltechnischen Gutachtens der …-gesellschaft mbH vom 6. Juni 2016 (vgl. insoweit Seite 19) ausdrücklich hingewiesen. Dabei kann sich die Beigeladene auch nicht auf Bestandsschutz berufen, da die nunmehr vorgesehenen Stellplätze jedenfalls teilweise (vgl. Stellplätze 6 bis 11) der neu zugelassenen Wohnnutzung zugeordnet sind, diese auch zur Nachtzeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr (vgl. Nr. 6.4 Satz 1 Nr. 2 der TA Lärm) genutzt werden sollen und daher von einem vermehrten Verkehr abends und teilweise nachts auszugehen ist (vgl. ausdrücklich so: Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 29. Juli 2016, Seite 4).
Aus diesem Grund erweist sich das streitige Vorhaben gegenüber der Antragstellerin insoweit voraussichtlich als rücksichtslos.
cc. Nachdem im Hinblick auf den Denkmalschutz die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind und sich das Vorhaben des Weiteren wegen der Anordnung der Kfz-Stellplätze im Innenhof mit Blick auf deren nächtliche Nutzbarkeit voraussichtlich gegenüber der Antragstellerin als rücksichtlos erweist, ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen als originäre Ermessensentscheidung des Gerichts anzustellen. Sie ergibt, dass die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin im tenorierten Umfang anzuordnen ist, um die Schaffung vollendeter Tatsachen abzuwenden. Das Interesse der Antragstellerin, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, überwiegt das Interesse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids. Unabhängig vom voraussichtlichen Ergebnis des Hauptsacheverfahrens ist es nach Auffassung der Kammer geboten, die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
Die Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen ist mit baulichen Eingriffen verbunden, die geeignet sind, das Gesicht des davon betroffenen Stadtkerns von … jedenfalls entlang der … und das Einzeldenkmal der Antragstellerin in seiner Wirkung erheblich zu verändern. Würde es der Beigeladenen in dieser Situation der Ungewissheit gestattet, unter Ausnutzung der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzugs von der Baugenehmigung unbeschränkt Gebrauch zu machen, so würden hierdurch, abhängig vom Baufortschritt, möglicherweise vollendete Tatsachen geschaffen, die zur Folge haben könnten, dass unmittelbar nicht nur Rechtspositionen der Antragstellerin, die ihrem nachbarlichen Schutz dienen, sondern mittelbar auch Belange, die im öffentlichen Interesse des Denkmalschutzes stehen, nicht mit dem Gewicht zum Tragen kommen, die ihnen im Rahmen der baurechtlichen Genehmigungsverfahrens von Rechts wegen gebühren. Die von der Beigeladenen auf der Basis einer nicht bestandskräftigen, sondern lediglich kraft Gesetzes (§ 212a BauGB) sofort vollziehbaren Baugenehmigung getroffenen betrieblichen, personellen und finanziellen Dispositionen (vgl. Antragserwiderung der Beigeladenen vom 1. August 2016, S. 10 f.) stehen dem nicht entgegen, da diese hinsichtlich der vorgenannten Verfahrenssituation letztlich auf eigenes Risiko der Beigeladenen erfolgt sind. Die Nachteile, die der Beigeladenen durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung entstehen, erscheinen weniger gravierend als die Schäden, die im Falle der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes drohen könnten. Sie erschöpfen sich darin, dass die Baumaßnahmen zurückgestellt werden müssen, bis im Hauptsacheverfahren geklärt ist, ob die im Verfahren M 1 K 16.3035 beklagte Baugenehmigung den rechtlichen Anforderungen, die dem Nachbarschutz dienen, genügt. Zudem ist im Rahmen der Interessenabwägung auch zu berücksichtigen, dass sich die nächtliche Nutzung gerade der Kfz-Stellplätze im Innenhof, die der genehmigten Wohnnutzung zugeordnet sind, mit Blick auf ihre Situierung voraussichtlich als rücksichtslos erweist. Auch daraus ergeben sich im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung weitere erhebliche Gründe für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
b. Voraussichtlich erfolglos bleibt die Klage der Antragstellerin dagegen, soweit sie sich mit Blick auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung sowie die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche auf eine Nachbarrechtsverletzung beruft. Das bauplanungsrechtlich hier unstreitig nach § 34 BauGB zu beurteilenden Vorhaben der Beigeladenen verletzt das im Begriff des „Einfügens“ nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot zulasten der Antragstellerin nicht.
Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung oder ein planungsrechtlicher Vorbescheid gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (st. Rspr., zuletzt BVerwG, U. v. 5.12.2013 – 4 C 51.12 – juris Rn. 21).
Das ist hier voraussichtlich nicht der Fall.
Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin für die Frage, ob sich ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB – vorliegend höchstwahrscheinlich i. V. m. § 6 Baunutzungsverordnung (BauNVO) – in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, nicht auf die in § 11 Abs. 3 BauNVO umschriebenen etwaigen negativen städtebaulichen Auswirkungen an. Die in § 11 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Fernwirkungen gehören nicht zu den nach dieser Vorschrift maßgeblichen Tatbestandsmerkmalen. § 34 Abs.1 BauGB stellt beim Einfügenserfordernis allein auf Nutzungsart, Nutzungsmaß, Bauweise und Grundstücksüberbauung ab (vgl. BVerwG, B. v. 20.4.2000 – 4 B 25.00 – juris LS 1). Sonach vermag die Antragstellerin mit ihrem entsprechenden Vortrag zur Überschreitung der Geschossfläche i. S. d. § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO von Rechts wegen nicht durchzudringen.
Ob das streitbefangene Vorhaben der Beigeladenen hinsichtlich der Größe der Grund- und Geschossfläche (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BauNVO) sowie auch hinsichtlich seiner Höhe (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) den aus der näheren Umgebung hervorgehenden Rahmen nicht unerheblich überschreitet, kann dahinstehen. Denn die Erfordernisse zum Maß der baulichen Nutzung dienen grundsätzlich – wie auch diejenigen zur überbaubaren Grundstücksfläche und zur Bauweise – nur der städtebaulichen Ordnung, nicht aber auch dem Schutz des Nachbarn. Da sie in aller Regel den Gebietscharakter unberührt lassen und nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke haben, ist zum Schutz der Nachbarn das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichender Prüfungsmaßstab (vgl. BVerwG, B. v. 5.12.2013 a. a. O. juris Rn. 21; BayVGH, B. v. 1.12.2011 – 14 CS 11.2577 – juris Rn. 24). Dieses ist nur verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BayVGH, B. v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 7 m. w. N.).
Dass die Auswirkungen des Bauvorhabens auf das Grundstück der Antragstellerin die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten, ist indes nicht ersichtlich. Eine hierfür erforderlich „erdrückende“ oder „abriegelnde Wirkung“ des Bauvorhabens auf das Nachbargrundstück der Antragstellerin ist nicht erkennbar. Eine solche Wirkung kommt nach der Rechtsprechung vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – DVBl 1981, 928: zwölfgeschossiges Gebäude in Entfernung von 15 m zum Nachbarwohnhaus; U. v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – DVBl 1986, 1271: drei 11,50 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem Wohnanwesen; BayVGH, B. v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 6; VGH BW, U. v. 2.6.2015 – 8 S 1914/14 – juris Rn. 64). Davon kann bei der Höhe des genehmigten Wohn- und Geschäftshauses der Beigeladenen mit einer maximalen (First-)Höhe von 18,61 m und fünf Geschossen mit Blick auf die dreigeschossige Bebauung mit einer Firsthöhe von ca. 12 m auf dem Grundstück der Antragstellerin nicht gesprochen werden.
Gleiches gilt voraussichtlich auch mit Blick auf den durch den grenzständigen Anbau des streitbefangenen Vorhabens an das Gebäude der Antragstellerin ausgelösten Verlust von mehreren Fenstern der nördlichen Außenwand ihres Gebäudes zum bisherigen Innenhof hin. Das Gebot der Rücksichtnahme gibt einem Nachbarn nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist auch insoweit erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B. v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris RdNr. 17). So liegt der Fall nach dem vorstehend Ausgeführten auch hier; für eine „erdrückende“ oder „abriegelnde Wirkung“ des Bauvorhabens auf das Nachbargrundstück der Antragstellerin ist nichts erkennbar. Dies umso mehr deswegen, weil für die Annahme einer solchen Wirkung auf ein Nachbargebäude grundsätzlich dann kein Raum bleibt, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn – wie hier – die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B. v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – juris Rn. 5; B. v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9). Zudem ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Bayerische Bauordnung (BayBO), dass eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder darf, wofür hier im Geviert zwischen …, …-platz, …-straße und …-straße viel spricht.
Das Bauvorhaben der Beigeladenen löst im Übrigen voraussichtlich auch keine unzumutbaren bodenrechtlichen Spannungen aus. Bodenrechtlich beachtliche und somit bewältigungsbedürftige Spannungen werden begründet oder erhöht, wenn das Bauvorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und – etwa wegen einer möglichen Vorbildwirkung für andere Bauvorhaben auf Nachbargrundstücken in vergleichbarer Lage – das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.2013 a. a. O. juris Rn. 17; BayVGH, B. v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 17). Wegen des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksüberbauung können städtebauliche Spannungen nur auftreten, wenn das Vorhaben unabhängig von seiner Nutzungsart den vorhandenen Rahmen in unangemessener Weise überschreitet. Das ist etwa der Fall, wenn eine bauliche Massierung zu einer sowohl in der Höhe als auch in der Tiefe erheblichen Nachverdichtung der Bebauung führen würde (vgl. BVerwG, B. v. 21.6.2007 – 4 B 8.07 – juris Rn. 6). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, wird von der Antragstellerin nicht aufgezeigt. Insbesondere wird nicht dargelegt, inwiefern das Bauvorhaben wegen der Überschreitung des Nutzungsmaßes ein Bedürfnis nach Bauleitplanung auslösen könnte. Ebenso wenig wird aufgezeigt, weshalb sich eine mögliche Vorbildwirkung für andere Bauvorhaben unzumutbar gerade auch auf das Grundstück der Antragstellerin auswirken könnte. Die Unzumutbarkeit solcher Auswirkungen gerade für die Antragstellerin ist für die Kammer auch nicht ersichtlich.
2. Dem Antrag zu 2., der gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO auf den Erlass einer einstweiligen gerichtlichen Sicherungsmaßnahme in Gestalt einer Anordnung der Baueinstellung gerichtet ist, ist indes der Erfolg zu versagen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass vorliegend eine Missachtung der von der Kammer angeordneten aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 11. Juli 2016 durch die Antragsgegnerin oder die Beilgeladene zu befürchten stünde und es zur Wahrung des nachbarlichen Abwehrrecht der Antragstellerin sonach bereits vorsorglich auch des Erlasses einer Sicherungsmaßnahme in Form der – zusätzlich zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung – begehrten Baueinstellung bedürfte.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 154 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG) und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.