Baurecht

Duldung von Notmaßnahmen an einem Baudenkmal

Aktenzeichen  AN 3 S 17.01807

Datum:
14.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
DSchG Art. 4 Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

Für die Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung von Notmaßnahmen an einem Baudenkmal kommt es auf die Frage der Zumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen für den dinglich Berechtigten nicht an. Erst bei der Frage, wer die Kosten der unmittelbaren Maßnahme zu tragen hat, kommt es darauf an, ob die dinglich Berechtigten zur Durchführung der Maßnahme gegebenenfalls zu Recht verpflichtet wurden oder hätten verpflichtet werden können. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist mit seiner Ehefrau Miteigentümer des Grundstücks FlNr., Gemarkung …, … in … Auf diesem Grundstück befinden sich neben dem Hauptgebäude auch die Nebengebäude Streuschupfe und ehemaliger Schweinestall. Bei diesen Gebäuden handelt es sich nach Art. 1 Abs. 2 DSchG um Baudenkmäler. In der Denkmalliste sind die Gebäude mit folgendem Kurzeintrag charakterisiert: „Scheune, ehemalige Streuschupfe, Fachwerkbau mit Satteldach, dendro.dat. 1880/81; Kleinviehstall, kleiner Sandsteinquaderbau mit Satteldach und Hopfengaube, 2. Hälfte 19. Jh.“
Mit Erlaubnisantrag vom 2. November 2016 beantragten der Antragsteller und seine Ehefrau die Genehmigung für den Abbruch beider Gebäude. Mit Bescheid vom 24. Mai 2017 wurde der Antrag als unzulässig abgelehnt, da der Antragsteller die Voraussetzung der Nichtnutzbarkeit nicht durch geeignete Unterlagen dargelegt habe. Dieser Bescheid ist Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Ansbach (AN 3 K 17.01167).
Mit weiterem Bescheid vom 28. August 2017 wurde der Antragsteller und seine Ehefrau in Ziffer 1 verpflichtet, Notsicherungsmaßnahmen an der denkmalgeschützten Streuschupfe zu dulden (Sicherung des südlichen Fachwerkgiebels durch eine Stützkonstruktion; Ausbesserung der schadhaften Dachdeckung durch Ergänzung der Dachhaut mit Ziegelmaterial oder Eindeckung mit Wellbitumen). In Ziffer 2 wurde die sofortige Vollziehung der gesamten Ziffer 1 angeordnet. In Ziffer 3 wurde bei Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 Euro angedroht. In Ziffer 4 wurde darauf hingewiesen, dass nach Abschluss der unter Ziffer 1 beschriebenen Maßnahmen die Untere Denkmalschutzbehörde über die Kostentragungspflicht mit einem selbstständig anfechtbaren Bescheid entscheidet. Die verfügte Duldungsanordnung habe den Charakter einer vorläufigen Sicherungsmaßnahme und lege gerade nicht fest, dass die Betroffenen die Kosten der Sicherungsmaßnahme zu tragen hätten.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der Streuschupfe handele es sich um einen der letzten Bauten dieser Bauart und eines der ältesten bekannten Gebäude dieses Bautyps in Nordbayern. Bereits mit Aktenvermerk vom 17. April 2012 sei der Erhalt des Gebäudes durch das bayerische Landesamt für Denkmalpflege aufgrund der Feststellung, dass dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege keine weitere Streuschupfe in der näheren Umgebung bekannt sei und es sich hiermit wohl um eine der wenigen noch existierenden barockzeitlichen Vertreter dieses Bautyps handele, mit Nachdruck gefordert worden. Des Weiteren sei das Baudenkmal aufgrund seiner malerischen Bauweise und der Lage an der Zufahrt zum Schloss von außerordentlicher Bedeutung.
Bereits mit oben genanntem Aktenvermerk sei die höchstmögliche Bezuschussung in Aussicht gestellt worden.
Die Eigentümer seien mit Aktenvermerk der Denkmalschutzbehörde vom 17. Juni 2015 und vom 25. Juni 2015 auf ihre Erhaltungspflicht und die Vorsorgepflicht gegen den Eintritt von weiteren Schädigungen sowie eine denkmalgerechte Durchführung von Maßnahmen zur Instandsetzung des Gebäudes hingewiesen worden. Die Eigentümer seien mehrfach im Zeitraum März 2016 bis Juni 2016 aufgefordert worden, die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen, die seitens der unteren Denkmalschutzbehörde gefordert worden seien. Bis zum heutigen Datum seien sie nicht durchgeführt worden.
Bei einer Ortseinsicht am 10. August 2017 durch die technische Abteilung der Unteren Denkmalschutzbehörde sei festgestellt worden, dass sich der Zustand der Streuschupfe zunehmend erheblich verschlechtere und das südliche Giebeldreieck des Gebäudes aufgrund dauerhaft eintretender Durchfeuchtung einsturzgefährdet sei. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, um weitere Schäden sowie einen eventuellen Verlust abzuwenden. Die Notsicherung sei als absolut zwingend erforderlich zu bezeichnen, da bei Nichtumsetzung und einem zusätzlichen weiteren Verlust von historischer Bausubstanz eine Gefährdung des Gesamtobjekts nicht ausgeschlossen werden könne. Damit würden, bezogen auf das laufende Verfahren, Tatsachen geschaffen werden, die einer gerichtlichen Entscheidung vorgreifen würden.*Am 14. August 2017 sei der Anwalt der Eigentümer zu der dringend erforderlichen Notsicherung per E-Mail angehört worden.
Zur Begründung der sofortigen Vollzugsanordnung wird ausgeführt, dass zwischenzeitlich witterungsbedingt noch mehr Substanz des Denkmals unwiderruflich verloren gehe und das Denkmal komplett einstürzen könnte. Diese Gefahr sei insbesondere durch den kommenden Herbst und die Frostperiode gegeben. Es bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, das Baudenkmal zu erhalten. Das private Interesse der Pflichtigen am Suspensiveffekt einer Klage unterliege dem genannten öffentlichen Interesse, welches nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung effektiv wahrgenommen werden könne.
Mit Schriftsatz vom 31. August 2017 ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage erheben (AN 3 K 17.01808) und Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage stellen.
Zur Begründung verweist er auf die Klageschrift vom 31. August 2017, in der er ausführt, der Antragsteller könne keinen vernünftigen Gebrauch mehr von dem Gebäude machen. Dem Kläger sei es deshalb nicht mehr zuzumuten, weitere Erhaltungsmaßnahmen an der denkmalgeschützten Streuschupfe zu dulden. Darüber hinaus sei zwar noch nicht über die Kosten der Erhaltungsmaßnahmen entschieden, es sei jedoch davon auszugehen, dass die entstehenden Kosten auf den Antragsteller übertragen werden würden.
Es wird beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 31. August 2017 gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 28. August 2017, AZ: … wird angeordnet.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verweist er weitestgehend auf die Begründung des Bescheids vom 28. August 2017 und führt aus, dass der Antragsteller durch die ihm auferlegte Duldungspflicht weder tatsächlich noch in wirtschaftlicher Hinsicht unangemessen belastet werde. Es würden keine zu seinen Lasten vollendeten Tatsachen geschaffen, die im Falle des Erfolgs seiner Klage nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Die Duldungsanordnung habe den Charakter einer vorläufigen Sicherungsmaßnahme und lege gerade nicht fest, dass der Betroffene die Kosten zu tragen habe. Außerdem konterkariere die sofortige Vollziehung der Duldungsanordnung nicht den Klageantrag auf Erteilung einer Abbrisserlaubnis der Streuschupfe. Es handele sich bei den durchzuführenden Arbeiten nur um bestandssichernde Sofortmaßnahmen, die per se keinen Einfluss auf den Erfolg der Versagungsgegenklage hätten. Schließlich sei die sofortige Vollzugsanordnung auch in formell nicht zu beanstandender Weise ergangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Der Antrag war zunächst dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass beantragt wird, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage anzuordnen, da ein Fall des § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO vorliegt.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Verwaltungsgericht eine eigenständige Ermessensentscheidung auf der Grundlage einer summarischen Sachprüfung und hat dabei die widerstreitenden Interessen abzuwägen. Erweist sich bereits die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO nicht ausreichend, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (siehe dazu 1.)
Ist dies nicht der Fall orientiert sich die gerichtliche Entscheidung im Wesentlichen an den Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers. Erweist sich die Klage als offensichtlich erfolgversprechend, so wird das Interesse des Antragstellers an einer Wiederherstellung der aufschiebende Wirkung stärker zu gewichten sein, als das gegenläufige Interesse des Antragsgegners. Umgekehrt wird eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich die Klage als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten der Klage nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen – dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners einerseits und dem Aussetzungsinteresse der Antragsteller andererseits – nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten der Klage machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, so hat das Gericht auf Grund einer reinen Interessenabwägung über den Aussetzungsantrag zu entscheiden (siehe dazu 2.)
1. Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, ein Fall des gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO ist nicht gegeben. Die Behörde hat allerdings nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die Möglichkeit, die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts anzuordnen, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies stellt aber die Ausnahme vom Regelfall dar und bedarf nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO einer schriftlichen Begründung, wenn nicht bei Gefahr im Verzug eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme von der Behörde im öffentlichen Interesse getroffen wird. Diese schriftliche Begründung, in der das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts dargelegt sein muss, fordert eine auf den konkreten Einzelfall abgestimmte Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehung notwendig ist, sie darf nicht lediglich formelhaft ausfallen und soll den Betroffenen in die Lage versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur Vollzugsanordnung veranlasst haben, seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels abzuschätzen.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung damit begründet, dass durch den anstehenden Wechsel der Witterung (kommender Herbst und Winter) noch mehr Substanz des Denkmals unwiderruflich verloren gehen könnte und somit das Denkmal komplett einstürzen könnte. Die Kammer hält diese Begründung für ausreichend.
Der Antragsgegner legt konkret und auf den Einzelfall bezogen dar, weshalb die Erhaltungsmaßnahmen nicht erst nach einer gerichtlichen Überprüfung stattfinden können, sondern sofort vollzogen werden müssen. Es wird nachvollziehbar dargelegt, dass sich ohne die sofortige Vollzugsanordnung der Schaden an den Denkmälern durch den anstehenden Witterungswechsel vertiefen könnte. Die Begründung der sofortigen Vollzugsanordnung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO und ist daher formell rechtmäßig.
2. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage erscheint die Klage in der Hauptsache zum vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als offensichtlich nicht erfolgsversprechend.
Rechtsgrundlage für die getroffene Duldungsanordnung ist Art. 4 Abs. 3 DSchG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die zuständige Denkmalschutzbehörde Maßnahmen zur Instandhaltung, Instandsetzung oder zum Schutz eines Baudenkmals durchführen oder durchführen lassen, sofern dessen Zustand diese Maßnahmen erforderlich macht und keine vollstreckbare Entscheidung nach Abs. 2 dieser Vorschrift vorliegt. Nach Satz 3 können die dinglich und obligatorisch Berechtigten zur Duldung dieser Maßnahmen verpflichtet werden. Die Kosten dieser Maßnahmen tragen nach Art. 4 Abs. 3 Satz 3 DSchG die in Art. 4 Abs. 1 DSchG genannten Personen, soweit sie nach Art. 4 Abs. 2 DSchG zur Durchführung der Maßnahmen verpflichtet wurden oder hätten verpflichtet werden können, im Übrigen der Entschädigungsfonds.
Die Kammer geht davon aus, dass aller Voraussicht nach die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 und 2 DSchG vorliegen.
a. Bei dem Gebäude, auf das sich die streitgegenständliche Duldungsanordnung bezieht, handelt es sich nach Aktenlage um ein Baudenkmal im Sinne des Art. 1 Abs. 2 DSchG (Eintragung in der Denkmalliste). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es diese Eigenschaft verloren hat.
b. Voraussetzung einer unmittelbaren Sicherungsmaßnahme ist zunächst das Fehlen einer vollstreckbaren Instandsetzungsanordnung nach Art. 4 Abs. 2 DSchG. Dieses Tatbestandsmerkmal ist gegeben.
Der Antragsgegner hat keine Anordnung nach Art. 4 Abs. 2 DSchG erlassen und musste dies auch nicht. Eine solche ist nach ständiger Rechtsprechung vor Erlass der Duldungsanordnung nicht erforderlich (VGH München, B. v. 2.4.2004 – 26 CS 04.375; VG Ansbach, B. v. 9.5.2007 – AN 18 S. 07.00565).
Sinn und Zweck des Art. 4 Abs. 3 DSchG ist es, schnell auf negative Veränderungen von Baudenkmälern zu reagieren und sog. Notmaßnahme durchzuführen oder durchführen zu lassen. Oftmals fehlt – wie wohl vorliegend – die erforderliche Zeit, eine vorherige Instandsetzungsanordnung nach Art. 4 Abs. 2 DSchG zu erlassen. Voraussetzung dafür ist nämlich die Zumutbarkeit für die Eigentümer der Baudenkmäler, die oftmals nur unter großem Aufwand geklärt werden kann und Zeit kosten kann, die aber im Falle von Art. 4 Abs. 3 DSchG oft nicht vorhanden ist (Eberl/Martin/Petzet, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 3. Auflage 1985, Art. 4 RdNr. 28).
Deshalb kommt es auch entgegen den Ausführungen des Antragstellers im vorliegenden Fall (noch) nicht auf die Frage der Zumutbarkeit der Maßnahmen an. Erst bei der Frage, wer die Kosten der unmittelbaren Maßnahme nach Art. 4 Abs. 3 DSchG zu tragen hat, kommt es darauf an, ob die dinglich Berechtigten nach Art. 4 Abs. 2 DSchG zur Durchführung der Maßnahme gegebenenfalls zu Recht verpflichtet wurden oder hätten verpflichtet werden können. Erst in diesem Rahmen ist auch die Frage der Zumutbarkeit zu klären. Ist die Frage zu verneinen, müssen die Kosten ggfs. vom Entschädigungsfonds getragen werden (Art. 4 Abs. 3 Satz 3 a.E. DSchG). Eine Heranziehung der in Art. 4 Abs. 1 DSchG genannten Personen zur Kostentragung kann nur dann erfolgen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG erfüllt sind; insbesondere gilt der Vorbehalt der Zumutbarkeit. Inwieweit diese Voraussetzungen gegeben sind, insbesondere ob und in welchem Umfang es den Antragstellern zumutbar gewesen wäre, die Maßnahmen ganz oder teilweise selbst durchzuführen, bedarf weiterer Aufklärung, die einem eigenen Kostenverfahren mit eigenem anfechtbaren Bescheid vorbehalten bleiben muss. Aus dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 3 Satz 3 DSchG ergibt sich, dass nur die Kosten verlangt werden können, die tatsächlich entstanden sind. Dies setzt die Durchführung der Maßnahme voraus. Sollten eigene Maßnahmen nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 und 2 DSchG den dinglich und obligatorisch Berechtigten nicht zuzumuten sein, schreibt die Kostenregelung des Art. 4 Abs. 3 Satz 3 DSchG eine Kostentragung durch die öffentliche Hand vor (vgl. hierzu im Einzelnen Eberl/Martin/Petzet, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 3. Auflage 1985, Art. 4 RdNr. 31). Im Rahmen des Art. 4 Abs. 3 Sätze 1 und 2 DSchG kommt es – anders als bei Maßnahmen nach Art. 4 Abs. 2 DSchG und bei der Frage der Entscheidung über eine Abbrucherlaubnis nach Art. 6 DSchG – somit auf die vom Antragsteller vorgetragene Unzumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen nicht an (BayVGH, B. v. 2.4.2004 – 26 CS 04.375; VG Ansbach, B. v. 20.5.2008 – AN 3 S. 08.00674).
c. Nach Einschätzung der Kammer aufgrund der vorgelegten Akten macht der Zustand des Baudenkmals die im Bescheid genannten Maßnahmen aller Voraussicht nach erforderlich.
Der Zustand der Streuschupfe ergibt sich aus dem Aktenvermerk zur Ortseinsicht vom 10. August 2017 durch die Technikabteilung der Unteren Denkmalschutzbehörde. Darin wird festgehalten, dass sich der ohnehin gefährdete Bereich im Giebeldreieck des südlichen Sichtfachwerks aufgrund dauerhaft eintretender Durchfeuchtung derart verändert hat, dass eine Einsturzgefahr für das Giebeldreieck besteht. Die angehängten Bilder untermauern den Zustand der Streuschupfe.
Die in Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheids aufgeführten Maßnahmen sind nach Ansicht der Kammer wohl zum Schutz des Baudenkmals erforderlich.
Mit dem Merkmal „erforderlich“ unterliegen Maßnahmen nach Art. 4 Abs. 3 DSchG strengeren Anforderungen als Maßnahmen nach Art. 4 Abs. 2 DSchG. Maßnahmen nach dem vorliegenden Art. 4 Abs. 3 DSchG sind nur dann erforderlich, wenn kein milderes Mittel mit gleicher Erfolgswahrscheinlichkeit den beabsichtigten Zweck der Sicherung und des Schutzes des Baudenkmals vor Zerstörung erreichen könnte.
Vorliegend geht die Kammer nach Aktenlage davon aus, dass die Gefahr weiterer erheblicher Verschlechterungen der Streuschupfe ohne unverzügliche Durchführung der streitgegenständlichen Sicherungsmaßnahmen als wahrscheinlich anzunehmen ist. Ein milderes Mittel mit gleicher Erfolgswahrscheinlichkeit zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks der Sicherung des Baudenkmals vor Zerstörung ist nicht erkennbar und im Hinblick auf die jahreszeitlich bedingte bestehende Gefahr von starken Regenfällen ist auch von einer besonderen Dringlichkeit auszugehen. Der oben beschriebene Zustand des Giebeldreiecks kann nur durch eine Stützkonstruktion gesichert werden und die Ausbesserung der schadhaften Dachabdeckung soll eintretendes Regenwasser abhalten und so den schadhaften Giebel vor weiterer Durchfeuchtung schützen.
Ob eine Anordnung gegenüber dem Antragsteller (gemäß Art. 4 Abs. 2 DSchG) generell als milderes Mittel anzusehen wäre, erscheint fraglich, jedenfalls wäre eine solche Maßnahmen vorliegend nicht gleichermaßen Erfolg versprechend wie eine unmittelbare Maßnahme mit Duldungsanordnung nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 DSchG. Nach Aktenlage ist der Antragsteller wohl nicht geneigt, auch nach mehrmaligem Hinweis auf den Zustand der Streuschupfe selbst Maßnahmen zur Sicherung durchzuführen.
Auch Ermessensfehler sind vorliegend nicht auszumachen. Der Antragsgegner hat sein Ermessen erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt.
Die einzige erkennbare Beschwer des Antragstellers, Maßnahmen zur Sicherung eines in seinem Eigentum stehenden Baudenkmals zu dulden, ist im Vergleich zum öffentlichen Interesse an der Sicherung des Fortbestandes eines Baudenkmals bis zur Entscheidung über die Notwendigkeit der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen als eindeutig weniger gewichtig zu beurteilen.
Eine Unzumutbarkeit der Duldungsanordnung ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Antrag auf Abrisserteilung (Art. 6 Abs. 2 DSchG) zu entsprechen wäre (BayVGH, B. v. 2.4.2004 – 26 CS 04.375). Nachdem diese Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde steht, keinerlei Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null bestehen und der Antragsteller keine weiteren Unterlagen vorgelegt hat, kann eine Unzumutbarkeit der Duldungsanordnung nicht bejaht werden (BayVGH B. v. 26.6.2017 – 2 ZB 16.152).
Wird somit die Klage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben, ist bei Abwägung der gegenläufigen Interessen von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses auszugehen.
Der Antrag war demnach abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwert: § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. 12.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs.


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