Baurecht

Eisenbahnrecht: Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Plangenehmigung für einen Bahnhof bei Spuranpassung; Ablehnung einer einfachen Beiladung im Eilverfahren

Aktenzeichen  1 R 76/21

Datum:
28.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 1. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0328.1R76.21.00
Normen:
§ 80 Abs 1 Nr 3a VwGO
§ 80 Abs 4 S 1 Alt 1 VwGO
§ 18 Abs 1 S 3 AEG 1994
§ 74 Abs 6 VwVfG
§ 80 Abs 2 S 1 Nr 3a VwGO
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Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Wegfall der aufschiebenden Wirkung einer Klage gem. § 80 Abs. 2 Nr. 3a VwGO.(Rn.4)
2. Zum Prüfungsmaßstab im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gem. § 80 Abs. 5 S. 1 1. Alt. VwGO.(Rn.12)
3. Plangenehmigung für Spurplananpassung u. a. durch Umsetzung einer Weiche.(Rn.17)

Tenor

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (vom 2. Juli 2021 – 1 K 54/21 -) gegen die Plangenehmigung der Antragsgegnerin vom 26. Mai 2021 wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind, je zur Hälfte.
Der Streitwert für das vorläufige Rechtsschutzverfahren wird auf 60.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragsteller ist statthaft und auch sonst zulässig (Pkt. 1), aber unbegründet (Pkt. 2).
1. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3a VwGO ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend entfaltet die Klage der Antragsteller vom 2. Juli 2021 gegen die Plangenehmigung der Antragsgegnerin vom 26. Mai 2021 keine aufschiebende Wirkung, weil dies gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3a VwGO ausgeschlossen ist. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen.
1.1. Die streitgegenständliche Plangenehmigung im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 3 AEG i. V. m. § 74 Abs. 6 VwVfG ist ein Verwaltungsakt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 74 Rn. 203; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. [bzw. 5.] Aufl., § 74 Rn. 251 – 252 [134]; Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl., § 74 VwVfG Rn. 184, 272), gegen den die Antragsteller als „planbetroffene Dritte“ (weil nicht Adressat der Plangenehmigung vom 26. Mai 2021) am 2. Juli 2021 Klage erhoben haben (Az.: 1 K 54/21).
1.2. Das genehmigte Vorhaben betrifft Bahn-km 86,900 bis km 88,481 der Eisenbahnstrecke (6133) J. – Abzw. Z. und bezieht sich laut Plangenehmigung (vgl. Pkt. B.2.2.) auf Betriebsanlagen von Eisenbahnen des Bundes, genau gesagt auf Betriebsanlagen der Beigeladenen und Antragstellerin des Plangenehmigungsverfahrens als Eisenbahninfrastrukturbetreiberin sowie auf Anschlussgleisanlagen der Bundeswehr, und betrifft damit Bundesverkehrswege im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 3a VwGO. Die „Einbeziehung“ der indirekt Anschluss anstrebenden Firma „B. GmbH & Co. KG“ bzw. jetzt „Sch. GmbH & Co. KG“ als Nebenanschließerin der Bundeswehr (der Anschluss soll an das vorhandene Anschlussgleis der Bundeswehr erfolgen) ändert hieran nichts, zumal deren zukünftiger Anschluss nicht Antragsgegenstand und von den Baumaßnahmen der streitgegenständlichen Spurplanänderung nicht betroffen ist (vgl. Planskizze und Legende, S. 3 d. Erläuterungsberichts vom 4. November 2019, Beiakte A Unterl. 1).
1.3. Das streitige Vorhaben fällt auch nicht unter § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Der bundesgesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage gegen eine Plangenehmigung für den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes gemäß § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG betrifft Vorhaben, für die nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) ein vordringlicher Bedarf festgestellt ist. Ein solcher wird weder von der Antragsgegnerin oder von der Beigeladenen behauptet, noch ergeben sich bislang hinreichende Anhaltspunkte für eine Zuordnung gemäß § 1 Abs. 1 BSWAG in Verbindung mit der Anlage zu § 1.
1.4. Soweit die Beigeladene eine Verfristung der Antragstellung in (entsprechender) Anwendung von § 18e Abs. 2 Satz 2 AEG geltend macht, wonach der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen eine Plangenehmigung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Plangenehmigung gestellt und begründet werden kann, kann auf sich beruhen, ob – wie sie vorträgt – „die isolierte Betrachtung des Wortlauts von § 18e Abs. 2 Satz 2 AEG … auch die neu eingeführten Fälle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a VwGO“ erfasst bzw. sich dies aus Sinn und Zweck der Norm ergibt, denn eine entsprechende Frist wäre mangels erforderlicher Rechtsbehelfsbelehrung (vgl. § 18e Abs. 2 Satz 3 und 4 AEG) jedenfalls nicht wirksam in Lauf gesetzt worden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. April 2005 – 9 VR 41.04 -, juris Rn. 13 zu einer entsprechenden Regelung in § 17 Abs. 6a Satz 2 FStrG i. d. F. v. 20. Februar 2003). Die infolge dessen geltende Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ist jedenfalls eingehalten.
1.5. Soweit die Antragsgegnerin die Antragsbefugnis des Antragstellers zu 2. in Abrede stellt, weil das von ihm gewerblich genutzte, aber nicht in seinem Eigentum stehende Flurstück … (der Flur … in der Gemarkung H.) weder vorübergehend noch dauerhaft durch dingliche Sicherung in Anspruch genommen werden soll (wie die Flurstücke … und … der Flur … der Gemarkung H.), eine entgeltliche Nutzung ebenso wie spürbare Auswirkungen auf den Gewerbebetrieb nicht dargelegt worden seien, wird damit die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des Antragstellers zu 2., d. h. eine Betroffenheit in eigenen Rechten durch die streitgegenständliche Plangenehmigung (noch) nicht in hinreichender Weise angezweifelt.
1.5.1. Antragsbefugt ist im Verfahren des § 80 Abs. 5 VwGO im Hinblick auf die Akzessorietät des vorläufigen Rechtsschutzes nur derjenige, der hinsichtlich des Verwaltungsaktes im Hauptsacheverfahren gemäß § 42 Abs. 2 VwGO wegen der Möglichkeit einer Rechtsverletzung klagebefugt ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 80 Rn. 134,136). Das vom Antragsteller zu 2. nach eigenem Vortrag gewerblich genutzte Flurstück 3/1 der Flur 9 ist, soweit dies aus den Planunterlagen nachvollzogen werden kann (vgl. Beiakte A, Unterl. 3 und 5) sowie nach dem nicht in Abrede gestellten Vortrag der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, nicht Bestandteil der streitgegenständlichen Planungsmaßnahme, d. h. es liegt außerhalb der Planfeststellungs- bzw. -genehmigungsgrenze. Damit steht dem Antragsteller zu 2. zwar voraussichtlich kein Vollprüfungsanspruch im Sinne einer objektiven Rechtmäßigkeitsprüfung zu, aber durch das Planvorhaben nicht enteignungsbetroffene Antragsteller/Kläger können die Verletzung sie schützender Normen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Belange geltend machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2021 – 9 A 8.20 u. a. -, juris Rn. 15, 16). Obligatorisch Berechtigte (wie Mieter/Pächter) oder Mitbewohner eines (trassennahen) Hausgrundstücks können sich auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 GG gegen – jedenfalls nicht gänzlich fernliegende – Gefährdungen ihrer Gesundheit durch vorhabenbedingte Immissionen wenden. Außerdem schützt § 41 Abs. 1 BImSchG die „Nachbarschaft“ im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG vor schädlichen Verkehrsgeräuschen, wozu auch Anwohner zählen, die nicht Eigentümer sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 9 A 20.11 -, juris Rn. 9; Urteil vom 8. September 2016 – 3 A 5.15 -, juris Rn. 19). Art. 14 Abs. 1 GG vermittelt einem Gewerbetreibenden, der nicht direkt durch eine Eigentumsentziehung in Anspruch genommen wird, zwar keine gefestigte Rechtsposition, mit der sich eine Beeinträchtigung seines Gewerbebetriebs durch die Vorhabenplanung abwehren ließe. Er muss es daher im Grundsatz hinnehmen, wenn die streitige Planung zu einer Verschlechterung der für seinen Gewerbebetrieb bestehenden Verkehrslage führt. Ein etwaiges Vertrauen in den Bestand oder Fortbestand einer bestimmten Markt- oder Verkehrslage ist regelmäßig kein für die Fachplanung unüberwindlicher Belang. Anliegerinteressen müssen jedoch, sofern sie nicht als geringfügig ausnahmsweise außer Betracht zu bleiben haben, in die Abwägung eingestellt werden. Dies gilt erst recht, wenn eine Existenzgefährdung geltend gemacht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 – 9 A 7.15 -, juris Rn. 14).
1.5.2. Diese Maßstäbe zugrunde legend hat der Antragsteller zu 2. (im Klageverfahren) angegeben, Inhaber des Unternehmens A. Schrottrecycling in J-Stadt zu sein und (laut Antragsschrift vom 10. September 2021) auf dem angemieteten, im Eigentum des Antragstellers zu 1. stehenden Flurstück … den An- und Verkauf von Schrott sowie von Recycling desselben zu betreiben. Es wird vorgetragen, dass durch eine erhebliche Belastung der Gleisanlagen (infolge der erwarteten Mehrnutzung durch die Firma Sch.) nicht unerhebliche Erschütterungen, eine Erhöhung der Lärmbelastungen und eine Störung des Betriebsablaufs des Antragstellers zu 2. zu gewärtigen seien. Die Gleisanlage führe lediglich mit einem Abstand von ca. 1,5 m am Gebäude und unterhalb der Grundstücksgrenze zum Grundstück an dem Objekt vorbei. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2020 an die Antragsgegnerin (Beiakte B Unterl. 2) hat der Antragsteller zu 2. angegeben, dieses Gebäude zu nutzen. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller zu 2. als Mieter/Nutzer angehört (vgl. Schreiben der Antragsgegnerin vom 1. Juni 2021, Bl. 2 d. GA 1 K 54/21) und ihn unter Pkt. B.4.13. in der Plangenehmigung u. a. hinsichtlich einer unzumutbaren Erschütterungs- und Lärmproblematik durch die bestimmungs- und widmungsgemäße Nutzung der Eisenbahnverkehrsanlage (mit)beschieden. Bei dieser Sachlage lässt sich zumindest die Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung des Antragstellers zu 2. nicht sicher ausschließen.
1.6. An der Antragsbefugnis des Antragstellers zu 1. als Eigentümer der Flurstücke … und … der Flur … der Gemarkung H., die teils vorübergehend (als Baustelleneinrichtungsfläche), teils zur dinglichen Sicherung in Anspruch genommen werden, bestehen ebenso wie wegen des Grundeigentums an dem Flurstück … (der Flur … der Gemarkung H.) keine Bedenken.
2. Der hiernach statthafte und im Übrigen zulässige Antrag der Antragsteller ist indes nicht begründet.
2.1. Das Gericht trifft auch im Falle des § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO eine eigene, originäre Entscheidung, und zwar eine Ermessensentscheidung nach denselben Gesichtspunkten wie die Widerspruchsbehörde (§ 80 Abs. 3 und 4 VwGO) über die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners sowie die betroffenen Interessen Dritter und der Allgemeinheit nach denselben Grundsätzen gegeneinander abzuwägen wie die Ausgangsbehörde und die Widerspruchsbehörde nach § 80 Abs. 4 VwGO. Bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Hauptsacheklage überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse, umgekehrt bei offensichtlicher Erfolgsaussicht der Hauptsacheklage das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit des zugrundeliegenden Verwaltungsaktes oder fehlende Erfolgsaussichten der Klage führen jedoch nicht dazu, dass eine Interessenabwägung entbehrlich wäre (Art. 19 Abs. 4 GG). Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen sind dabei vor allem die Natur, Schwere und Dringlichkeit der dem Bürger auferlegten Belastungen und die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Maßnahme und ihrer Folgen zu berücksichtigen. Dies gilt unter Beachtung der insoweit gegebenen gesetzgeberischen Entscheidung insbesondere auch für den Fall, dass ein Rechtsbehelf gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3a VwGO von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung entfaltet (siehe: BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 – 1 BvR 2025/03 -, juris [m. w. N.]; BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994 – 4 VR 1.94 – und Beschluss vom 6. September 2005 – 1 VR 2.95 -, jeweils juris). Der Rechtsschutzanspruch ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringt (siehe: BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003, a. a. O.).
In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich indes die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in den Fällen des § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3a VwGO zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (siehe: BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003, a. a. O. [m. w. N.]; BVerwG, Beschluss vom 13. März 1975 – V ER 300.75 – und Beschluss vom 14. April 2005 – 4 VR 1005.04 -, jeweils juris).
Die einfachgesetzliche Ausgestaltung wirkt sich mithin auf die Anforderungen an die Interessenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren aus. Hat sich der Gesetzgeber – wie hier gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3a VwGO – für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist. Ein Antragsteller hat daher die Wertung des Gesetzgebers mit Besonderheiten seiner Situation zu entkräften und Wege aufzeigen, die gleichwohl den öffentlichen Belangen noch Rechnung tragen. Dabei sind die Folgen, die sich für den einzelnen Betroffenen mit dem Sofortvollzug verbinden, nur insoweit beachtlich, als sie nicht schon als regelmäßige Folge der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzugs in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden haben (siehe: BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003, a. a. O. [m. w. N.]; BVerwG, Beschluss vom 14. April 2005, a. a. O.).
Im gegebenen Fall kann nach den vorstehenden Grundsätzen ein überwiegendes Aussetzungsinteresse der Antragsteller nicht festgestellt werden. Die Plangenehmigung der Antragsgegnerin vom 26. Mai 2021 erweist sich weder offenkundig noch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig. In Ermangelung von durch die Antragsteller aufgezeigter besonderer Umstände rechtfertigt sich hiernach keine abweichende Entscheidung von der gesetzlichen Regelung des § 80 Abs. 2 Nr. 3a VwGO über den grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses im Falle der Drittanfechtung einer Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens betreffend die Bundesverkehrswege.
2.2. Soweit die Antragsschrift vorträgt, die Änderung der Gleisanlage erfolge nicht im öffentlichen Interesse, sondern aufgrund des privaten Interesses der Firma Sch. GmbH und Co. KG, (welche für ihren Kiesabbau einen Nebenanschluss an das Bundeswehrgleis anstrebe,) wird damit dem streitgegenständlichen Vorhaben die erforderliche Planrechtfertigung nicht abgesprochen.
Die Spurplananpassung und der Rückbau von Gleisen und Weichen werden von einem Planungsziel getragen, das von den Zielen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes gedeckt ist. Das Erfordernis einer Planrechtfertigung dient dem Zweck, Vorhaben, die nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachplanungsrechts in Einklang stehen, bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten Stufe auszuscheiden. Es handelt sich um eine praktisch nur bei groben und offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit. Bestand hat eine Planung daher nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens, sondern schon dann, wenn dieses vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 2019 – 3 C 12.18 -, juris Rn. 14).
Gemessen hieran ergeben sich bislang keine hinreichenden Zweifel daran, dass das Vorhaben vernünftigerweise geboten ist. Es bewirkt im plangenehmigten Abschnitt – mit Ausstrahlung auf das Bundeswehrgleis, an das der private Nebenanschluss angebunden werden soll – eine Verbesserung des Verkehrsangebotes, die mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG niedergelegten Zielen übereinstimmt. Ausweislich Pkt. B.4.1. der Plangenehmigung dient die Plangenehmigung neben der Gewährung einer diskriminierungsfreien Anbindung eines privaten Infrastrukturbetreibers an öffentliche Infrastrukturanlagen einer Eisenbahn des Bundes gleichzeitig der Optimierung von Zugbewegungen und Herstellung eines instandhaltungsarmen Zustandes von Anlagen der Beigeladenen. Die erhebliche Reduzierung von Rangiervorgängen und damit von Gleis- und Bahnübergangsbelegungen führt zu einer beachtlichen Aufwandsminderung und Vergrößerung der Nutzlänge in Gleis 3. Diese Verbesserung der Verkehrsverhältnisse auf der Infrastrukturanlage der Beigeladenen lassen das Vorhaben aus sich heraus sinnvoll erscheinen.
2.3. Soweit die Antragsschrift die Belastbarkeit der Gleisanlage infrage stellt, wenn künftig anstelle (oder zusätzlich zu) der einmal wöchentlich stattfindenden Befahrung (hin und zurück) mit einem mit Treibstoff befüllten Kesselwagen der Bundeswehr die Firma Sch. diese Gleisanlage mit täglich mindestens vier Zügen, belastet mit jeweils 5.000 t Kies, nutzen will, ist nicht ersichtlich, dass die geplante Nutzung Gegenstand des streitgegenständlichen Planvorhabens ist (vgl. Legende zur Spurplanskizze, Unterl. 8 bzw. S. 3 des Erläuterungsberichts vom 4. November 2019, Unterl. 1 d. Beiakte A) bzw. eine überkapazitäre, d. h. über die bislang grundsätzlich genehmigte Nutzung des Bundeswehrgleises als Anschlussgleis an die Gleise der Beigeladenen hinausgehende Nutzung erlauben soll. Die Spurplananpassung ermöglicht lediglich eine (gegenüber bislang erforderlichen mehrfachen Rangiervorgängen und Teilung von Zügen) einfachere Nutzung der vorhandenen Gleise im Rahmen der bislang genehmigten, plangegebenen Kapazität und Belastbarkeit der Infrastrukturanlage der Beigeladenen. Ob sich die geplante Nutzung durch die Firma Sch. in diesem Rahmen hält, insbesondere die Beschaffenheit des Baugrundes der Betriebsanlagen der Beigeladenen hierfür ausreicht, betrifft die Genehmigungsfähigkeit des geplanten Nebenanschlusses bzw. dürfte bei erheblicher Änderung eines bislang plangenehmigten Zustandes ein neues Planverfahren oder Planänderungsverfahren der Beigeladenen (§ 18d AEG, § 76 VwVfG) erfordern. Vorliegend erfolgt die Spurplanänderung bis auf die Umsetzung der Weiche 5 (Verbindung zwischen Gleis 3 und 4), die durch Rückbau der bestehenden Verbindung und Neuverlegung in anderer Richtung umgesetzt wird (statt in Ost-West-Richtung in Nord-Süd-Richtung), auf bereits bestehenden (teils vom Rückbau betroffenen) Gleisanlagen im Wege des Lückenschlusses (vgl. Planskizze, S. 2 d. Erläuterungsberichts vom 4. November 2019, Unterl. 1 d. Beiakte A). Weshalb der von der Weichenumsetzung betroffene Zwischenraum zwischen den Gleisen 3 und 4 eine Neubewertung des Baugrundes erfordern sollte, ist nicht ersichtlich, erst recht nicht offenkundig.
2.4. Weiter trägt die Antragsschrift vor, es sei aufgrund der erheblichen Belastungen der Gleisanlagen und der Massen, welche über die Gleisanlagen bewegt werden sollen, mit nicht unerheblichen Erschütterungen zu rechnen, die das Eigentum des Antragstellers zu 1. beschädigen und den Betriebsablauf des Antragstellers zu 2. stören könnten.
Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die rechtlich zulässige plangegebene Kapazität der Strecke 6133 (mit der Gleisbezeichnung Gleis 2), deren Zuführung die Spurplanänderung dient (Verbindung des Anschlussgleises der Bundeswehr mit [dem bestehenden] Gleis 3 der Beigeladenen durch Umsetzung der Weiche 5 und aufgrund des vorhandenen Bestandes Verbindung von Gleis 3 mit Gleis 2), sich ausweislich Seite 4 (Abs. 4) des Erläuterungsberichts vom 4. November 2019 (Unterl. 1 d. Beiakte A) nicht ändert. Die Nichtausschöpfung der plangegebenen Vorbelastung rechtfertigt (bis auf hier nicht gegebene Ausnahmefälle) nicht die Erwartung, diese Situation sei unumkehrbar. In Bezug auf die Vorbelastung kommt es nicht auf die tatsächliche Ausnutzung des Schienenwegs, sondern auf dessen rechtlich zulässige Ausnutzbarkeit an (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 5.07 -, juris Rn. 21; Urteil vom 21. November 2013 – 7 A 28.12 -, juris Rn. 23 jeweils zur Lärmbelastung). Die Antragsteller haben grundsätzlich die plangenehmigte Vorbelastung hinzunehmen, auch wenn sie hinter der tatsächlichen Vorbelastung bislang – etwa wegen der Rangiermanöver und der Länge der zur Verfügung stehenden Gleise – zurückgeblieben ist. Sollte die durch den geplanten Nebenanschluss der Firma Sch. künftige Ausnutzung der Gleisanlagen den plangenehmigten Zustand überschreiten, löst im Übrigen diese und nicht das streitgegenständliche Planvorhaben eine überkapazitäre Nutzung der Strecke 6133 aus und dürfte damit dem Planvorhaben nicht zurechenbar sein. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Vielzahl der ohne das Planvorhaben erforderlichen Rangiervorgänge erschütterungsintensiver sein dürften als eine direkte Durchfahrt vom/nach Gleis 3 in den Gleisanschluss der Bundeswehr. Allein der Verweis auf die Nutzung einer größeren Anzahl von Zügen in diesem Bereich macht noch nicht plausibel, dass der „Durchfahrt-Vorteil“ hierdurch völlig aufgezehrt und prognostisch zu einer relevanten Erhöhung der plangegebenen Erschütterungsvorbelastung bei Beibehaltung der Rangiervorgänge führt. Die Zumutbarkeitsschwelle für betriebsbedingte Erschütterungen ist erst überschritten, wenn sich die Vorbelastung vorhabenbedingt um 25 % oder mehr erhöht, wobei die schutzmindernde Wirkung der Vorbelastung dort ihre Grenze findet, wo bereits die Vorbelastung die Schwelle zur Eigentums- bzw. Gesundheitsverletzung überschreitet (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 3 A 17.15 -, juris Rn. 55; Urteil vom 23. Juni 2021 – 7 A 10.20 -, juris Rn. 35, jeweils m. w. N.). Bei Einwirkungen durch Erschütterungen ist die Zumutbarkeitsschwelle nicht durch gesetzliche Grenzwerte festgelegt, sondern nach den Verhältnissen im Einzelfall zu bestimmen. Maßgeblich sind Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Nutzung am jeweiligen Immissionsort. Diese richten sich nach der Art des Gebietes und den weiteren konkreten tatsächlichen Verhältnissen. Ein Anspruch auf eine Verbesserung der vorhandenen Situation im Sinne einer Erschütterungssanierung besteht im Gegensatz zum Lärmschutz, wo dieser im Anwendungsbereich der 16. BImSchV gewährleistet ist, nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 – 3 A 1.16 -, juris Rn. 96, 98). Anhaltspunkte für eine bereits die Schwelle zur Eigentums- bzw. Gesundheitsverletzung überschreitende Vorbelastung sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch geben das unsubstantiierte Vorbringen der Antragsteller wie auch die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und die von der Beigeladenen ihrer Antragserwiderung beigefügte erschütterungstechnische Konfliktanalyse vom 9. November 2021 bislang keine Veranlassung zu der Annahme, dass von dem streitgegenständlichen Planvorhaben eine entscheidungserhebliche Erhöhung der Erschütterungsimmissionen zu erwarten ist.
2.5. Soweit die Antragsschrift eine Verletzung baurechtlicher Abstandsvorschriften der Gleisanlage zum Gebäude bemängelt, wird die Lage der bestehenden Gleise nicht verändert. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Umsetzung der Weiche 5 als Verbindung von Gleis 3 mit dem Anschlussgleis der Bundeswehr den bestehenden Abstand zu dem vorhandenen Gebäude (in relevanter Weise) ändert. Im Übrigen weisen die Antragsgegnerin und die Beigeladene in ihren Antragserwiderungen zutreffend auf die Nichtanwendbarkeit der (Abstands-)Vorschriften der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt für Anlagen des öffentlichen Verkehrs, bei denen es sich nicht um Gebäude handelt- wie hier der Gleis- und Weichenumbau – gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA hin. Bauplanungsrechtliche Belange im Sinne des BauGB oder die bauliche Nutzung von Grundstücken betreffende Regelungen im Sinne der BauNVO werden durch das streitige Planvorhaben – soweit ersichtlich – nicht tangiert.
2.6. Die Behauptung der Antragsschrift, der Kurvenradius solle durch das Planvorhaben erweitert werden, findet in den Planunterlagen keine Stütze. Wie bereits ausgeführt, wird die Verbindung vom Anschlussgleis der Bundeswehr an das Gleis 3 – statt wie bisher über Gleis 4 und zwei Weichenverbindungen zu Gleis 3 – nunmehr durch die Umsetzung der Weiche 5 (und durch einen Lückenschluss im Gleis 3) hergestellt (vgl. Unterl. 8, Spurplanskizze d. Beiakte A). Ihrer Bedeutung nach bleibt die Maßnahme im Rahmen einer Modifikation der bestehenden Schienenwege. Anhaltspunkte für eine wegen „Erweiterung des Kurvenradius“ behauptete wesentliche Änderung von Gleisanlagen und damit von Eisenbahnen im Sinne des § 41 Abs. 1 BImSchG ergeben sich danach weder aus dem angeführten noch offenkundig aus einem anderen Grund.
2.7. In Bezug auf den „Kurvenradius“, d. h. die Spurplanänderung, handelt es sich vorliegend auch nicht um ein UVP-pflichtiges Vorhaben gemäß „Anlage 2 Ziff. 14 Pkt. 8.2. zum UVPG“. Gemeint ist wohl Anlage 1 Nr. 14.8.2 „Bau von Zuführungs- und Industriestammgleisen mit einer Länge bis 3000 m“ (, die nicht „Teil des Baus eines Schienenwegs nach Nr. 14.7“ sind), welche im Übrigen gemäß Spalte 2 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls „S“ gemäß § 7 Abs. 2 UVPG vorsieht. Soweit es nicht um den UVPG-pflichtigen „Bau“ (Spalte 1 „X“) eines Schienenwegs von Eisenbahnen im Sinne der Anl. 1 Nr. 14.7 geht – was hier weder vorgetragen noch ersichtlich ist -, betreffen Vorhaben der Spalte 2 „A“ oder „S“ die allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 oder § 7 Abs. 2 UVPG, d. h. ein „Neuvorhaben“. Soweit gemäß § 9 Abs. 4 UVPG für die Vorprüfung bei Änderungsvorhaben § 7 UVPG entsprechend gilt, ergibt sich aus Pkt. B.3. der streitigen Plangenehmigung, dass eine Vorprüfung gemäß § 9 Abs. 3 UVPG (vorprüfungspflichtiges Änderungsvorhaben ohne UVPG-Pflicht im Ausgangsvorhaben) unter Verweis auf die verfahrensleitende Verfügung der Antragsgegnerin vom 30. Oktober 2020 (vgl. Pkt. B.1.2. Abs. 3 d. Plangenehmigung) durchgeführt, aber keine UVP-Pflicht festgestellt wurde. Die Antragsgegnerin ging davon aus, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen nach überschlägiger Prüfung ergebe, dass von dem Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien. Das Vorprüfungsergebnis ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 UVPG nicht selbständig anfechtbar. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG ist in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung die Vorprüfungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 (UVPG) durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.
Eine (im vorläufigen Rechtsschutzverfahren maßgebliche) offenkundige Fehlerhaftigkeit der Vorprüfung in dem Sinne, dass das Bestehen einer UVP-Pflicht verkannt wurde, ist nicht feststellbar.
2.7.1. Soweit die Antragsschrift entgegen Pkt. 4.7.3. der Plangenehmigung von einem „erheblichen baulichen Eingriff“ ausgeht, weil Anschlussgleise ersetzt wie auch im Unterboden neu errichtet werden müssten und weil der Abstand von weniger als 3 m zwischen Gebäude und Gleisanlage nicht gewahrt werde, rechtfertigt sich bislang nicht die Annahme, dass durch das Planvorhaben ganz – oder was vorliegend von Relevanz sein dürfte – teilweise bezogen auf die Spurplanänderung, eine wesentliche Änderung des (vorhandenen) Schienenwegs im immissionsschutzrechtlichen Sinne ausgelöst wird.
Eine immissionsschutzrechtlich wesentliche Änderung von Eisenbahnen läge vor, wenn durch das Planvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, d. h. wenn das Planvorhaben relevante betriebliche Lärmimmissionen zur Folge hätte. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach § 41 BImSchG i. V. m. der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), vorliegend nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV und, sofern das bebaute Grundstück nicht in einem Gewerbegebiet liegt, auch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV. Mangels baulicher Erweiterung des Schienenwegs um eine oder mehrere durchgehende Gleise ist § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 16. BImSchV nicht anwendbar.
Der Verordnungsgeber bezeichnet eine Änderung in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 der 16. BImSchV nur dann als wesentlich, wenn der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms durch einen „erheblichen baulichen Eingriff“ um mindestens 3 Dezibel (A) oder auf mindestens 70 Dezibel (A) am Tage oder 60 Dezibel in der Nacht erhöht wird oder – außer in Gewerbegebieten – der Verkehrslärm von mindestens 70 Dezibel (A) am Tage oder 60 Dezibel (A) in der Nacht erhöht wird. Ein baulicher Eingriff im vorgenannten Sinne ist nur dann erheblich, wenn in die Substanz des Schienenwegs, d. h. der Gleisanlage mit ihrem Unter- und Überbau einschließlich einer Oberleitung eingegriffen wird, soweit es sich nicht lediglich um Erhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen oder um kleinere Baumaßnahmen handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. April 2000 – 11 A 18.98 -, juris Rn. 112).
Vorliegend ergibt sich bislang kein Anhalt für die Annahme, dass es sich bei der für den „Kurvenradius“ maßgeblichen Umsetzung der Weiche 5 bzw. den Lückenschluss in Gleis 3 nicht um eine kleinere Baumaßnahme im vorgenannten Sinne handeln könnte. Das Antragsvorbringen, die Gleisanlage müsse komplett im Aufbau erneuert werden, da die bestehende Anlage für die beabsichtigte Belastung nicht ausgelegt sei, findet im Erläuterungsbericht vom 4. November 2019 keine Stütze. Dort ist bezüglich des Lückenschlusses nur von einer Bettungserneuerung ohne Tiefbauarbeiten die Rede (vgl. S. 6 Abs. 2 d. Erläuterungsberichts, Beiakte A, Unterl. 1). In Bezug auf die Umsetzung der Weiche 5 weist das Urteil des OVG NRW vom 21. November 2012 (- 16 D 28/10.AK -, juris Rn. 49) zutreffend auf die amtliche Begründung der Bundesregierung zu § 1 der 16. BImSchV (BR.-Drs. 661/89, S. 32) hin, die den Einbau von Weichen beispielhaft zu den kleineren Baumaßnahmen zählt. Dass die Annahme des Verordnungsgebers unzutreffend geworden sein könnte und er mittlerweile für Weichenverbindungen in Anl. 2 zu § 4 der 16. BImSchV einen Pegelzuschlag oder eine sonstige Pegelkorrektur vorgesehen haben könnte, ist jedenfalls im Rahmen der summarischen Prüfung des Eilverfahrens nicht feststellbar. Ebenso wenig ergibt sich ein Anhalt für die Annahme, bei der Weiche 5 könne es sich um eine schlecht gewartete Weiche handeln, die mehr als die üblichen Schallimmissionen verursacht (vgl. BayVGH, Urteil vom 12. April 2002 – 20 A 01.40016 u. a. -, juris Rn. 130 – 132; OVG NRW, Urteil vom 21. November 2012, a. a. O., Rn. 50). Mangels eines „erheblichen baulichen Eingriffs“ spricht derzeit nichts für eine wesentliche Änderung des Schienenwegs und damit für die Möglichkeit einer relevanten Erhöhung des Beurteilungspegels, d. h. für einen Kausalzusammenhang zwischen baulichem Eingriff und der von den Antragstellern vermuteten Erhöhung der Lärmbelästigung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Januar 2020 – 5 S 1658/17 -, juris Rn. 61).
2.7.2. Soweit die Vorprüfung der Antragsgegnerin vom 30. Oktober 2020 auf den Aspekt der betriebsbedingten Lärmimmissionen nicht eingeht und erst in der Plangenehmigung unter Pkt. B.4.7.3. deren Relevanz mit dem Fehlen eines „erheblichen baulichen Eingriffs“ begründet, kann auf sich beruhen, ob und in welcher Weise sich dieser Umstand rechtlich auswirkt. Ein Aufhebungsanspruch gegen eine Plangenehmigung besteht nur, wenn aufgrund einer unbewältigten Lärm- oder Erschütterungsbelastung die fachplanerische Abwägung insgesamt oder bezogen auf einen abtrennbaren Planungsteil wegen mangelnder Ausgewogenheit keinen Bestand mehr haben könnte, weil sich eine konzeptionell andere Planungsentscheidung aufgedrängt hätte. Dies ist nach den oben genannten Ausführungen bislang nicht ersichtlich der Fall. Ansonsten sind Mängel im Rahmen des Lärm- und Erschütterungsschutzes im Wege der Planergänzung zu lösen. Eine Außervollzugsetzung der Plangenehmigung kann nicht verlangt werden, wenn nur ihre Ergänzung, nicht ihre Aufhebung in Betracht käme (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2016 – 3 VR 2.15 u. a. -, juris Rn. 17; Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 7 VR 5.14 -, juris Rn. 12, 18, 19).
3. Der Anregung der Beigeladenen, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als Betreiberin der Anschlussstrecke von Amts wegen gemäß § 65 Abs. 1 VwGO „einfach“ beizuladen, ist der Senat nicht gefolgt. Dabei kann dahinstehen, ob die Bundesanstalt im Hinblick auf die mit der Antragsgegnerin gemeinsame Zugehörigkeit zur Bundesverwaltung (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) als auf deren Seite beteiligt und damit nicht als „andere“ im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO anzusehen ist (vgl. zur Abgrenzung einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts in Trägerschaft des Landes von einer in die Verwaltungsstruktur des Landes eingegliederten Behörde: OVG LSA, Beschluss vom 10. Mai 2021 – 2 O 20/21 -, juris bzw. BVerwG, Beschluss vom 28. August 2002 – 9 VR 11.02 -, juris Rn. 6 bei Vorliegen der Voraussetzungen eines zulässigen „In-Sich-Prozesses“). Ebenso kann dahinstehen, ob „rechtliche Interessen“ der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben durch die vorliegende Eilentscheidung berührt werden, ob ein solches Interesse in einer Anschlussverpflichtung nach § 13 Abs. 1 AEG sowie gegenüber einem der Hauptverfahrensbeteiligten (vgl. HessVGH, Beschluss vom 12. Juni 1986 – 5 TE 1549/86 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2021 – 13 E 521/21 -, juris Rn. 5; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 65 Rn. 7; a. A. Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 65 Rn. 11; noch differenzierter: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 65 Rn. 85) bestehen kann. Denn selbst wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine einfache Beiladung der Bundesanstalt bejaht werden könnten, übt der Senat jedenfalls das ihm gemäß § 65 Abs. 1 VwGO eingeräumte Ermessen dahin aus, von einer einfachen Beiladung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben aus Gründen der Prozessökonomie und Verfahrensbeschleunigung sowie angesichts der im Eilverfahren im Hinblick auf dessen summarischen Prüfung nicht gebotenen umfassenden Aufklärung des Prozessstoffes abzusehen, zumal weder vorgetragen noch ersichtlich ist, welchen entscheidungserheblichen, zusätzlichen Erkenntnisgewinn die Bundesanstalt beisteuern könnte.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, weil sie sich dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt und sich im Antragsverfahren erfolgreich beteiligt hat, sodass im gegebenen Fall ein Erstattungsanspruch mit Erfolg geltend gemacht werden könnte.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 Abs. 1, 40, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei der Hauptsachewert wegen des vorläufigen Charakters des Eilverfahrens halbiert wurde.
6. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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