Baurecht

Entschädigung für durch den Bau des Main-Donau-Kanals verursachte Schäden

Aktenzeichen  M 2 K 16.2781

Datum:
17.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaStrG WaStrG § 14b
VwVfG VwVfG § 43 Abs. 2, § 72 Abs. 2, § 74 Abs. 3, § 75 Abs. 3

 

Leitsatz

Ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass ein von der Beklagten vorgelegtes Gutachten an erheblichen Mängeln leidet oder Widersprüche aufweisen würde, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder dass Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Gutachter bestehen könnte, besteht für das Gericht kein Anlass, ein weiteres (Ober-) Gutachten einzuholen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, für die das Verwaltungsgericht München auch instanziell zuständig ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.1998 – 8 A 97.40043 – juris Rn. 4), ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, die Beklagte unter Aufhebung des Planergänzungsbeschlusses vom 18. April 2013 und des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2016 zu verpflichten, an ihn eine angemessene Entschädigung für Schäden an den Gebäuden, Fahrwegen und an den Gartenanlagen des Grundstücks FlNr. … zu zahlen. Der Planergänzungsbeschluss und der Widerspruchsbescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Beklagte hat den Entschädigungsantrag des Klägers hinsichtlich möglicher Schäden am Wohngebäude, am Nebengebäude und an den Fahrwegen sowie den Gartenanlagen des klägerischen Grundstücks zu Recht abgelehnt.
a) Dabei kann offen bleiben, ob der Antrag hinsichtlich der Schäden am Nebengebäude – wie von der Beklagten angenommen – bereits unzulässig, weil verspätet gestellt, ist. Hiergegen könnte sprechen, dass sich die Beklagte noch in der mündlichen Verhandlung am 10. März 2009 (also nach dem von ihr mit schlüssiger Argumentation angenommenen Zeitpunkt letztmöglicher Antragstellung am
8. Dezember 2008) dazu bereit erklärte, weitere gutachterliche Untersuchungen am Anwesen des Klägers durchzuführen, die zu einem Entschädigungsanspruch hätten führen können. Andererseits würde die Auffassung der Beklagten zutreffen, wenn es sich bei der 3-Jahres-Frist aus den § 19 Abs. 4 i.V.m. § 22 Abs. 3 WaStrG a.F. bzw. § 14b WaStrG i.V.m. § 75 Abs. 3 VwVfG um eine von Amts wegen zu berücksichtigende Ausschlussfrist handelt (vgl. hierzu: Numberger in Zeitler, Bayer. Straßen- und Wegegesetz, Stand Oktober 2015, Art. 38 Rn. 223).
b) Jedenfalls aber ergibt sich auf Grund des Entscheidungsvorbehalts nach § 19 Abs. 4 WaStrG a.F. (bzw. dem insoweit inhaltsgleichen § 14b WaStrG i.V.m. § 74 Abs. 3 VwVfG) in Ziffer 14.1.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. März 1990 aus materiell-rechtlichem Grund kein Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 19 Abs. 3 WaStrG a.F. bzw. § 72 Abs. 2 VwVfG.
Voraussetzung hierfür wäre – wie auch für andere ggf. in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlagen eines Entschädigungsanspruchs – stets, dass die vom Kläger vorgetragenen Schäden an seinem Anwesen durch den Bau des Main-Donau-Kanals (zumindest mit-) verursacht worden wären. Hierfür gibt es nach den ausführlichen Untersuchungen und sachverständigen Bewertungen und Schlussfolgerungen der BAW im Gutachten vom 30. November 2011 (an dessen Verwertung das Gericht nicht deshalb gehindert ist, weil es im Auftrag der Beklagten eingeholt wurde, vgl. BVerwG, B.v. 30.8.1993 – 2 B 106/93 – juris Rn. 2) jedoch keinen Anhaltspunkt, wie die Beklagte im Planergänzungsbeschluss und im Widerspruchsbescheid, auf die insoweit verwiesen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend dargelegt hat. Das Gericht erachtet den Inhalt und die Ergebnisse dieses Gutachtens als überzeugend, es vermittelt dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde und ermöglicht ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO).
Das Gutachten der BAW wurde auch nicht durch die von der Klägerseite vorgelegte gutachterliche Bewertung durch das Geotechnische Büro Prof. Dr. …Dr.-Ing. … vom 21. August 2012 oder durch sonstigen substantiierten Vortrag der Klägerseite in Frage gestellt. Das Gutachten vom 21. August 2012 leidet – unbeschadet der Tatsache, dass es sich nur auf das Nebengebäude bezieht – schon daran, dass es sich mit dem Gutachten der BAW nicht hinreichend auseinandersetzt, was im Einzelnen überzeugend in der Stellungnahme der BAW vom 28. März 2013 ausgeführt wird. Vor allem aber unterstellt es ohne eigene sachverständige Ermittlungen zu den möglichen Ursachen der Gebäudeschäden eine das gesamte Gutachten vom 21. August 2012 tragende Prämisse als gegeben, nämlich diejenige einer Grundwasserabsenkung von ca. 1,25 m im Bereich des klägerischen Anwesens, wie sie im Schreiben des WSA aus dem Jahr 2006 behauptet wurde. Diese frühere Einschätzung der Beklagten wurde indes durch die neueren, lokal besonders eingegrenzten und damit insgesamt fundierteren Erkenntnisse und Bewertungen seitens der BAW als unzutreffend widerlegt, weshalb auch die Beklagte selbst die Einschätzung des WSA aus dem Jahr 2006 inzwischen als fehlerhaft bewertet. Damit fehlt der gutachterlichen Einschätzung vom 21. August 2012 jede eigene sachverständige Ermittlung der sie wesentlich tragenden Grundlagen. Letztlich ergibt sich für das Gericht weder aus dem Gutachten vom 21. August 2012 noch aus dem Vortrag der Klagepartei im gerichtlichen Verfahren oder sonstigen Umständen ein Anhaltspunkt dafür, dass das Gutachten der BAW an erheblichen Mängeln leiden oder Widersprüche aufweisen würde, dass es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder dass Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Gutachter bestehen könnte. Vor diesem Hintergrund bestand für das Gericht kein Anlass, ein weiteres (Ober-)Gutachten zur Frage der Ursache der vom Kläger dargelegten Schäden an seinem Anwesen einzuholen (vgl. BVerwG, B.v. 28.3.2013 – 4 B 15/12 – juris Rn. 19 m.w.N.; BayVGH, B.v. 6.9.2011 – 14 ZB 11.409 – juris Rn. 6; U.v. 24.11.2010 – 8 A 10.40021 – juris Rn. 78). Dies wurde von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.
2. Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Planergänzungsbeschlusses vom 18. April 2013 und des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2016, die Klägerseite hat hierzu auch nichts weiter vorgetragen. Dies gilt insbesondere für die auf § 43 Abs. 2 VwVfG zu stützende Feststellung der Beklagten in Ziffer 2. des Planergänzungsbeschlusses, wonach sich der im Planfeststellungsbeschluss vom 30. März 1990 hinsichtlich möglicher Änderungen der Grundwasserverhältnisse ausgebrachte Entscheidungsvorbehalt für das Grundstück FlNr. … erledigt hat, nachdem durch die nunmehr vorliegende sachverständige Klärung der Grundwasserverhältnisse und den zwischenzeitlichen Zeitablauf eine erneute Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs ausgeschlossen erscheint.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2
Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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