Aktenzeichen M 9 K 15.3259
Leitsatz
Unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs würde ein vernünftiger Landwirt ein landwirtschaftliches Gebäude zur Lagerung von Futter, Heu oder Maschinen an der Hofstelle und nicht in ca. 200 Meter Entfernung bergab an einem Standort jenseits der Straße errichten. Mithin „dient“ ein derartiges Gebäude nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für die Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO liegen vor. Danach kann die Beseitigung baulicher Anlagen durch die Bauaufsichtsbehörde angeordnet werden, wenn diese in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert worden sind und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.
Der Stadel ist formell- und materiell-rechtlich illegal und liegt zweifelsfrei im Außenbereich.
Es handelt sich nicht um ein verfahrensfreies Bauvorhaben i. S. des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 c) BayBO. Danach ist für ein freistehendes Gebäude ohne Feuerungsanlagen mit den dort genannten Maßen Voraussetzung, dass es einem land- oder fortwirtschaftlichen Betrieb i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, § 201 BauGB dient, um verfahrensfrei zu sein. Der Kläger ist unstrittig Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs. Der verfahrensgegenständliche Stadel dient jedoch nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Begriff des Dienens erfordert nicht, dass das Vorhaben notwendig oder unentbehrlich ist. Es genügt jedoch auch nicht, dass das Bauvorhaben der Bodenbewirtschaftung und Bodennutzung des konkreten Betriebs förderlich ist. Die ständige Rechtsprechung stellt vielmehr darauf ab, ob ein vernünftiger Landwirt auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für seinen Betrieb errichten würde.
Gemessen daran dient das Bauvorhaben nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Ausschlaggebend ist im vorliegenden Fall, dass unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs ein vernünftiger Landwirt ein landwirtschaftliches Gebäude zur Lagerung von Futter, Heu oder Maschinen an der Hofstelle und nicht in ca. 200 m Entfernung bergab an einem Standort jenseits der Straße errichten würde. Der Vortrag des Klägers, dass an der Hofstelle kein Platz zur Verfügung stehe, trifft nach dem Ergebnis des Augenscheins nicht zu. Zum einen befinden sich auf dem Hof Nebengebäude und eine alte Maschinenhalle, in der eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Maschinen stehen und die gegebenenfalls nach einem Um- oder Anbau genug Platz für die Heuballen und landwirtschaftlichen Geräte böten. Zum anderen besteht auf und im Umgriff der Hofstelle genug Platz für einen gegebenenfalls erforderlichen weiteren Stadel. Auch ohne Berücksichtigung der zu Wohnzwecken umgenutzten landwirtschaftlichen Gebäude bedarf es daher aus betrieblichen Gründen keines Stadels talabwärts in dieser Entfernung zum Hof. Dazu kommt, dass ein i. S. der Privilegierungstatbestände vernünftiger Landwirt das Gebäude auch nicht in Betonbauweise, ursprünglich mit Türen und Fenstern, errichten würde. Für die Nutzung als Stadel, der vorne offen ist, ist es üblich, auf einer Bodenplatte eine Holzkonstruktion zu errichten.
Genehmigungsfähigkeit liegt nicht vor. Der Stadel ist bauplanungsrechtlich unzulässig, da er als nicht privilegiertes Vorhaben im Außenbereich öffentliche Belange beeinträchtigt, insbesondere wird die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Wegen der Bezugsfallwirkung droht auch die Entstehung einer Splittersiedlung, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB.
Die getroffene Ermessensentscheidung ist im Rahmen der dem Gericht nach § 114 VwGO eingeräumten eingeschränkten Prüfungskompetenz nicht zu beanstanden. Dabei war zu berücksichtigen, dass es in Fällen wie diesem grundsätzlich genügt, wenn die Bauaufsichtsbehörde den beanstandeten Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigen will.
Gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer II. des Bescheids bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 f. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 2.500,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.