Baurecht

Erfolgloser Eilantrag wegen Erschließungsbeiträgen (Nacherhebung)

Aktenzeichen  Au 2 S 21.1051

Datum:
4.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36764
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 5
BauGB § 127 Abs. 2, § 128, § 129, § 130, § 131, § 132, § 133, § 134, § 135, § 242 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5, Abs. 6, Abs. 7, Abs. 8
BayKAG Art. 5a Abs. 1
BayStrWG Art. 46 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Wie weit eine einzelne Anbaustraße reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln, dh inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt (BVerwG BeckRS 2009, 35962; VGH München BeckRS 2016, 110003; BeckRS 2017, 133314). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist (OVG Magdeburg BeckRS 2009, 41322). (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 445,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Eigentümer der mit Wohn- und landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden bebauten Grundstücke Fl.Nr. D/2 (9.763 m²) und Fl.Nr. D (5.851 m²) Gemarkung 6 (Anwesen 2 I), die mit ihrer Nordseite unmittelbar an der als Ortsstraße gewidmeten Erschließungsanlage „2“ anliegen. Seit 29. Oktober 2020 ist er auch Eigentümer des 18 m² großen Grundstücks Fl.Nr. D/6 Gemarkung 6, das vorher Flächenbestandteil des Grundstücks Fl.Nr. D/4 (…) war und nach Grundstücksteilung und Abmarkung grundbuchrechtlich auf den Antragsteller übertragen worden ist.
Die Antragsgegnerin hat im Jahr 2018 mit einem Kostenaufwand von insgesamt 425.807,08 EUR (beitragsfähiger Aufwand: 383.226,37 EUR) die Erschließungsanlage „2“ auf einer Länge von ca. 500 m in einer Breite von 6,0 m einschließlich einseitigem Gehweg bautechnisch abschließend hergestellt und den erforderlichen Grunderwerb getätigt. Die letzte Unternehmerrechnung ging am 15. Juni 2020 bei der Antragsgegnerin ein. Die Herstellungsarbeiten waren bereits in den 1950er Jahren begonnen worden. Im Jahr 1975 wurde der ursprünglich als Ortsverbindungsstraße gewidmete Bereich zur Ortsstraße abgestuft. Weitere Straßenbaumaßnahmen u.a. an Fahrbahn, Geh- und Radweg und Beleuchtung fanden 1986 im Bereich der 8-Straße zwischen der Einmündung „3“ und dem westlichen Ortseingangsbereich des Ortsteils „1“ statt. Dabei wurde im Zuge des Ausbaus der von 5 kommenden Ortsverbindungsstraße auch die Teilstrecke vor dem Anwesen des Antragstellers mit kombiniertem Geh- und Radweg bis zur Abzweigung „4“ beim Grundstück Fl.Nr. B/5 (Anwesen 2 A) neu hergestellt. Von 1988 bis Ende 1991 wurde innerorts im Straßenbereich die Entwässerungseinrichtung für den Ortsteil „1“ im Trennsystem hergestellt und die Fahrbahn anschließend mit einer Tragschicht versehen. Im Oktober 1999 wurde in diesem Bereich auf die Fahrbahn ein (Asphalt-)Dünnschichtbelag aufgebracht, der dann im Jahr 2011 nochmals erneuert wurde. Die Straße 7 war im Juli 1973 mit einer Asphalttragschicht hergestellt worden. Der Auftrag einer Asphaltdeckschicht unterblieb. Die Fahrbahn des am Grundstück Fl.Nr. B/51 abzweigenden Stichwegs Fl.Nr. B/22 war bis zum Beginn der Straßenherstellungsarbeiten im Jahr 2018 mit einer Asphaltfeinschicht überzogen. Allerdings fehlten in diesem Bereich Randsteine und eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung. Die Straßenbeleuchtung war jedenfalls bereits Ende der 1980er Jahre mit Ausnahme einer Leuchte im Bereich „7a“ vollständig vorhanden.
Mit Erschließungsbeitragsbescheid (Nr. Y/…) der Antragsgegnerin vom 6. November 2020 wurde der Antragsteller für die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke Fl.Nrn. D, D/2 und D/5 (18 m²) auf der Grundlage der im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin geltenden Satzung über die Erhebung der Straßenerschließungsbeiträge in der Stadt … vom 25. April 2012 (Straßenerschließungsbeitragssatzung – SEBS) zunächst zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von insgesamt 36.800,00 EUR herangezogen.
Nachdem der Antragsteller hiergegen u.a. mit dem Vorbringen, er sei nicht mehr Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. D/5 am 26. November 2020 Widerspruch erheben ließ, erging durch die Antragsgegnerin ein (Änderungs-)Bescheid vom 7. Dezember 2020 mit dem der Antragsteller für das Grundstück Fl.Nr. D/2 unter Gewährung eines Teilerlasses von 6.464,00 EUR zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 15.082,00 EUR und für das Grundstück Fl.Nr. D unter Gewährung eines Teilerlasses von 9.256,00 EUR zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 21.598,00 EUR, mithin insgesamt 36.618,00 EUR (6.559 m² x 7,9890 EUR/m² Beitragssatz abzüglich eines Beitragserlasses von 30 v.H. gemäß § 8a SEBS), herangezogen wurde. Die Grundstücke des Antragstellers waren dabei mit einer Teilfläche von 7.500 m² (Fl.Nr. D/2) bzw. 2.611 m² (Fl.Nr. D) dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich im Sinn von § 35 BauGB zugeordnet und insoweit mangels Bebaubarkeit nicht als beitragspflichtig behandelt worden.
Mit Erschließungsbeitragsbescheiden der Antragsgegnerin vom 19. März 2021 (Nr. X/… und Nr. Z/…) wurden die Grundstücke Fl.Nr. D/2 und D zu einem (weiteren) Erschließungsbeitrag in Höhe von 1.652,00 EUR (Bescheid-Nr. X/…) und das Grundstück Fl.Nr. D/6 zu einem (erstmaligen) Erschließungsbeitrag in Höhe von 128,00 EUR (Bescheid-Nr. Z/…) herangezogen. Bei der Nacherhebung für die Grundstücke Fl.Nr. D/2 und D wurde als Grund von der Antragsgegnerin angegeben, dass aufgrund einer Überprüfung festgestellt worden sei, dass bei einem anderen beitragspflichtigen Grundstück die für die Ermittlung der Beitragsschuld maßgebliche Geschossfläche zu hoch angesetzt worden war. Aufgrund der notwendigen Korrektur seien in der Folge die übrigen beitragspflichtigen Grundstücke des Abrechnungsgebiets mit einem höheren Erschließungsbeitrag zu belasten gewesen. Hinsichtlich des Beitragsbescheids Nr. Z/… wurde dargelegt, dass der Antragsteller als Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. D/6 in das Grundbuch eingetragen worden sei und deshalb als Schuldner des Erschließungsbeitrags herangezogen werden müsse. Es handle sich um ein Grundstück im Innenbereich für das beitragspflichtig sei, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids grundbuchmäßiger Eigentümer ist. Zu diesem Zeitpunkt sei ausweislich des Grundbucheintrags der Antragsteller als Grundstückseigentümer eingetragen gewesen.
Gegen die Bescheide vom 19. März 2021 ließ der Antragsteller am 8. April 2021 jeweils Widerspruch erheben. Ein gleichzeitig bei der Antragsgegnerin gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche wurde durch Bescheid vom 21. April 2021 abgelehnt.
Am 29. April 2021 ließ der Antragsteller mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 28. April 2021 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel stellen,
die aufschiebende Wirkung der Widersprüche vom 8. April 2021 gegen die Erschließungsbeitragsbescheide der Antragsgegnerin Nr. X/… und Nr. Z/… vom 19. März 2021 anzuordnen.
Zur Begründung ist dargelegt, dass gegen die Erschließungsbeitragsbescheide vom 19. März 2021 jeweils Widerspruch erhoben worden sei und die Antragsgegnerin im Bescheid vom 21. April 2021 die beantragte Aussetzung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO abgelehnt habe. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei begründet, da eine Abwägung der Interessen das Überwiegen des Aussetzungsinteresses des Antragstellers ergebe. Das Grundstück Fl.Nr. D/6 könne nicht in das Abrechnungsgebiet einbezogen werden. Es liege am äußersten östlichen Rand des Abrechnungsgebiets und weise sowohl eine eigene Flurnummer auf, als auch einen anderen Eigentümer als das unmittelbar benachbarte Grundstück Fl.Nr. D/4. Das Grundstück sei in jedem Fall dem Außenbereich zuzurechnen, da es keine Verbindung zu einem bebauten Grundstück aufweise und auch nicht in Beziehung zu einem solchen Grundstück genutzt werden könne. Die Straße, die abgerechnet worden sei, diene nicht der Bebaubarkeit dieses Grundstücks. Die Gründe für die Nacherhebung seien von der Antragsgegnerin nicht ausreichend dargelegt worden. Im Übrigen hätten bei einer Nacherhebung der ursprüngliche Bescheid unter den Voraussetzungen des § 130 AO aufgehoben und eine Vertrauensschutzabwägung erfolgen müssen, was jedoch nicht geschehen sei.
Die Antragsgegnerin wandte sich mit Schreiben vom 11. Mai 2021 gegen das Rechtsschutzbegehren mit dem sinngemäßen Antrag,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche abzulehnen.
In entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO solle die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestünden oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge habe. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht am 15. Juni 2020 sei das jetzige Grundstück Fl.Nr. D/6 noch grundbuchmäßig Teil des Grundstücks Fl.Nr. D/4 (2 G) gewesen. Erst am 29. Oktober 2020 sei nach der Teilung das Grundstück Fl.Nr. D/6 grundbuchrechtlich dem Antragsteller übertragen worden. Gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB sei derjenige beitragspflichtig, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks sei. Mit Bescheid vom 6. November 2020 sei der Beitrag für die Fläche des nachmaligen Grundstücks Fl.Nr. D/6 gegenüber der vorigen Eigentümerin des Grundstücks D/4 festgesetzt worden. Da hiergegen mit der Begründung, dass die ursprüngliche Eigentümerin das Eigentum an dieser Fläche mittlerweile nicht mehr besitze, Widerspruch erhoben wurde, sei dem Widerspruch nach Grundbucheinsicht aufgrund des Ergehens des Bescheids an die falsche Adressatin abzuhelfen gewesen. Dies ändere jedoch nichts an der grundsätzlichen Beitragspflicht des Grundstücks. Maßgebend für den Grundstücksbegriff sei grundsätzlich der bürgerlichrechtliche Grundstücksbegriff im Sinne des Grundbuchrechts. Die Grundstücke Fl.Nr. D/4 und Fl.Nr. D/6 seien bis 28. Oktober 2020 vereinigt gewesen. Zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 15. Juni 2020 sei die Fläche als ein Buchgrundstück unter einer laufenden Nummer im Grundbuch geführt gewesen. Nur ausnahmsweise werde ein Buchgrundstück derart veranlagt, dass eine Teilfläche im Rahmen der Erhebung des Erschließungsbeitrags nicht berücksichtigt werde. Dies könne bei übergroßen Grundstücken der Fall sein, die vom Innenin den Außenbereich übergingen. So sei die Situation bei den damals noch vereinigten Grundstücken Fl.Nr. D/4 und D/6 allerdings nicht gewesen. Die Nutzung der veranlagten Fläche des späteren Grundstücks Fl.Nr. D/6 sei als eine typische wohnakzessorische Nutzung anzusehen gewesen, so dass die gesamte Fläche des Grundstücks Fl.Nr. D/4 (…) zum Erschließungsbeitrag heranzuziehen gewesen sei.
Maßgeblich seien die Situation zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht. Abzustellen sei deshalb auf die in diesem Zeitpunkt vorliegenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, so dass deren spätere Änderung keinen Einfluss mehr auf die Rechtmäßigkeit eines ergangenen Erschließungsbeitragsbescheids haben könne. Die Nacherhebung sei notwendig geworden, da in der ursprünglichen Abrechnung ein einfacher Tippfehler enthalten gewesen sei. Beim Grundstück Fl.Nr. A/7 (2 Ta) sei anstelle der tatsächlich vorhandenen 427 m² Grundstücksfläche versehentlich mit 901 m² Grundstücksfläche gerechnet worden. Des Weiteren sei bei der Berechnung des Erschließungsbeitrags ein Fehler bei der heranzuziehenden zulässigen Geschossfläche enthalten gewesen. Gemäß § 4 Abs. 5 der Satzung ergebe sich die zulässige Geschossfläche, sofern – wie im Bereich 2 – kein Bebauungsplan vorhanden sei, aus der durchschnittlichen Geschossflächenzahl, die nach § 34 BauGB i.V.m. § 17 und 20 BauNVO aus der in der Umgebung vorhandenen Bebauung zu ermitteln sei. Für das Gebiet 2 errechne sich eine durchschnittliche Geschossflächenzahl von 0,1955. Eine Reglung, wonach bei der Berechnung des Beitrags im Einzelfall eine ggf. größere tatsächlich vorhandene Geschossfläche zu berücksichtigen sei, sei in § 4 Abs. 5 SEBS nicht enthalten. In der ursprünglichen Abrechnung seien aber diejenigen Grundstücke, welche die durchschnittliche Geschossfläche überschritten hätten, mit dem höheren tatsächlichen Geschossflächenwert in die Abrechnung einbezogen worden. Diese Vorgehensweise sei jedoch durch die Bestimmungen der Erschließungsbeitragssatzung nicht gedeckt gewesen. Durch die Anpassung der Beitragserhebung an die in der näheren Umgebung aufgrund der tatsächlich vorhandenen Bebauung ermittelte durchschnittliche Geschossflächenzahl bei allen Grundstücken im Abrechnungsgebiet habe sich die gesamte beitragsfähige Verteilungsfläche erhöht, was zu einer Erhöhung des Beitrags je m² Grundstücks- und zulässiger Geschossfläche geführt und eine Nacherhebung notwendig gemacht habe. Die für die Grundstücke Fl.Nr. D und D/2 ursprünglich erlassenen Erschließungsbeitragsbescheide seien nicht rechtswidrig, da nur der volle Beitrag jeweils noch nicht erhoben worden sei.
Innerhalb der Festsetzungsverjährung sei grundsätzlich eine Nacherhebung von Beiträgen nicht nur zulässig, sondern auch unabdingbar. Bei einem Erschließungsbeitragsbescheid handle es sich regelmäßig um einen ausschließlich belastenden Verwaltungsakt, nicht um einen auch begünstigenden Verwaltungsakt, der die Erklärung enthalte, eine weitere Beitragsforderung werde nicht geltend gemacht. Aus diesem Grund sei § 130 Abs. 2 AO, der sich auf begünstigende Verwaltungsakte beziehe, nicht anwendbar. Die Gemeinde habe ein Wahlrecht, ob sie den ursprünglichen Bescheid zurücknehme und den Beitrag komplett neu festsetze oder lediglich den zu wenig verlangten Beitrag nacherhebe.
Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 2. Juni 2021 wurde hierzu ausgeführt, dass das Grundstück Fl.Nr. D/6 nicht in das Abrechnungsgebiet habe einbezogen werden dürfen. Dass die Grundstücke Fl.Nr. D/4 und D/6 bis 28. Oktober 2020 vereinigt gewesen seien, spiele keine Rolle, da gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB beitragspflichtig sei, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks sei. Die Fragen, was das beitragspflichtige Grundstück und wer Eigentümer dieses Grundstücks sei, könnten nicht auseinanderfallen. Wenn das Grundstück Fl.Nr. D/6 als eigenständiges Grundstück behandelt werde, müsse auch bei der Beantwortung dieser Frage insgesamt auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids abgestellt werden. In diesem Zeitpunkt hätten die Fl.Nrn. D/4 und D/6 unterschiedliche Eigentümer gehabt, so dass die beiden Flurstücke nicht als Einheit angesehen werden könnten. Vielmehr müsse eine gesonderte Betrachtung stattfinden, aus der erkennbar werde, dass sich das Grundstück Fl.Nr. D/6 soweit östlich jeglicher Bebauung entfernt befinde, dass es nicht mehr dem Innenbereich zugerechnet werden könne. Als dort im Außenbereich liegend diene die Straße „2“ nicht mehr dazu, dem Grundstück Fl.Nr. D/6 eine Bebaubarkeit zu vermitteln, zumal es für sich betrachtet ohnehin nicht selbständig bebaubar sei. Mangels Vorteils könne das Grundstück daher nicht erschließungsbeitragspflichtig sein. Soweit bei der korrigierten Abrechnung der Erschließungsbeiträge für die Verteilung der Kosten als Maßstab auf die vorhandene Geschossfläche in der Umgebung abgestellt werde, gehe dies fehl, da § 4 Abs. 5 der Erschließungsbeitragssatzung Anwendung zu finden habe. Nach dieser Bestimmung sei bei den Grundstücken, für die das Maß der baulichen Nutzung nicht in einem Bebauungsplan festgesetzt sei, auf die zulässige Geschossfläche abzustellen, die sich aus der durchschnittlichen Geschossflächenzahl ergebe, die auf der Grundlage der in der Umgebung tatsächlich vorhandenen Bebauung ermittelt werde. Hier sei zu bemängeln, dass diese Regelung dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht entspreche. Es werde auf die „Umgebung“ abgestellt, ohne näher darzulegen und zu konkretisieren, woraus sich diese ergeben solle. Mangels Bestimmtheit sei die Regelung daher unwirksam und könne nicht angewandt werden.
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 15. Juni 2021 wurde abschließend dargelegt, dass die Beitragsforderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach von der Frage abhänge, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sachlage maßgeblich sei. Maßgeblich sei hier der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht. Diese entstehe gemäß § 133 Abs. 2 BauGB grundsätzlich mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Die ein Grundstück betreffende Beitragspflicht werde demnach nicht erst durch die Bekanntgabe des Beitragsbescheids geschaffen. Dem Beitragsbescheid komme in diesem Zusammenhang nur die Bedeutung zu, dass durch ihn die Beitragspflicht konkretisiert und die Person des Abgabenschuldners bestimmt werde. Eine Änderung der Sachlage nach dem Entstehen der Beitragspflicht sei grundsätzlich unbeachtlich. Zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht am 15. Juni 2020 seien die betroffenen Grundstücke entsprechend dem bürgerlichrechtlichen Grundstücksbegriff unter einer laufenden Nummer im Grundbuch geführt und daher wie ein Grundstück zu behandeln gewesen. Dieser Zeitpunkt sei sowohl für den zunächst erlassenen Bescheid als auch für die Nacherhebungen maßgeblich. Erfolgte Rechtsänderungen im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Nacherhebungsbescheids seien irrelevant. Die Berechnung der durchschnittlich vorhandenen Geschossfläche gemäß § 4 Abs. 5 der Satzung sei nicht erst bei Erlass der Nacherhebungsbescheide erfolgt, sondern sei bereits Grundlage der ursprünglichen Erschließungsbeitragsabrechnung für die Anlage „2“ gewesen. Bei der im März 2021 erfolgten Neuberechnung der Erschließungsbeiträge sei aber nunmehr jedes beitragspflichtige Grundstück mit der durchschnittlichen Geschossfläche berücksichtigt worden. Zur Berechnung und zur Beantwortung der Frage, welche Grundstücke für die Umgebungsbetrachtung hergezogen worden seien, werde auf Blatt 68 der vorgelegten Behördenakte verwiesen. Hierfür seien die tatsächlich vorhandenen Geschossflächen aller Grundstücke des klar abgegrenzten Gebiets „2“ (4, 7, 2) ermittelt worden. Die Verteilungsregelung in § 4 Abs. 5 der Erschließungsbeitragssatzung sei nicht zu unbestimmt und könne die Rechtsmäßigkeit der Beitragserhebung nicht beeinflussen. Der Begriff der „näheren Umgebung“ sei hinreichend konkret und könne ohne weiteres ermittelt werden. Er sei seit langen Jahren in Verwendung und könne im Zusammenhang mit dem in § 34 BauGB enthaltenen gesetzlichen Rahmen ohne weiteres ausgefüllt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichtsund Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder der Anfechtungsklage anordnen, wenn sie gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO kraft Gesetzes oder durch behördliche Anordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO ausgeschlossen ist. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kommt im vorliegenden Fall den vom Antragsteller am 8. April 2021 gegen die Erschließungsbeitragsbescheide vom 19. März 2021 erhobenen Widersprüchen kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, weil mit den angefochtenen Bescheiden Erschließungsbeiträge, also öffentliche Abgaben im Sinn von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO gefordert werden (Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 80 Rn. 59; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 24 Rn. 64).
In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (nur) dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. z.B. OVG RhPf, B.v. 5.9.2019 – 6 B 11122/19 – juris Rn. 3 ff.; OVG NW, B.v. 15.8.2019 – 15 B 884/19 – ZKF 2019, 262; VG Augsburg, B.v. 4.8.2014 – Au 2 S 14.894 – juris Rn. 39 ff.). Das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsakte kann nur dann angenommen werden, wenn die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Bescheide derart überwiegen, dass ein Obsiegen der Antragstellerseite in der Hauptsache wahrscheinlicher ist, als ihr Unterliegen (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2007 – 19 CS 07.400 – juris Rn. 30; OVG NW, B.v. 24.10.2019 – 15 B 1090/19 – juris Rn. 6). Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Erschließungsbeitragsbescheide bestehen hier jedoch nicht.
Im vorliegenden Fall liegen nach der gebotenen summarischen Prüfung der Rechtslage die rechtlichen Voraussetzungen für die durch Bescheid Nr. X/… vom 19. März 2021 erfolgte Nacherhebung von Erschließungsbeiträgen für die Grundstücke Fl.Nr. D und Fl.Nr. D/2 in der festgesetzten Höhe von 1.652,00 EUR vor. Zudem bestehen auch an der Rechtmäßigkeit des Erschließungsbeitragsbescheids Nr. Z/… vom 19. März 2021, mit dem der Antragsteller für das seit 29. Oktober 2020 grundbuchrechtlich in seinem Eigentum stehende Grundstück Fl.Nr. D/6 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 128,00 EUR veranlagt wurde, keine ernstlichen Zweifel.
Rechtsgrundlage für die Erhebung der geforderten Erschließungsbeiträge ist die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung der Straßenerschließungsbeiträge in der Stadt … vom 25. April 2012 i.d.F. der Änderungssatzung vom 24. Juli 2019 (Straßenerschließungsbeitragssatzung – SEBS) i.V.m. Art. 5a Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Februar 2021 (GVBl. S. 40), sowie (mit Ausnahme von § 128 Abs. 2 und § 135 Abs. 6 BauGB) §§ 127 Abs. 2, 128 bis 135 und § 242 Abs. 2 bis 8 BauGB jeweils in der am 8. September 2015 geltenden Fassung entsprechend (Art. 5a Abs. 2 KAG). Bei den nachveranlagten Grundstücken Fl.Nr. D und Fl.Nr. D/2 und bei dem neu veranlagten Grundstück Fl.Nr. D/6 handelt es sich um beitragspflichtige, an einer abrechenbaren Erschließungsanlage im Sinn von Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG unmittelbar anliegende und gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 BauGB beitragspflichtige Grundstücke.
Die Erschließungsanlage „2“ stellt eine beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinn von Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG i.V.m. § 2 Nr. 1 Buchst. a SEBS dar. Sie ist insgesamt, d.h. neben der eigentlichen Straße „2“ (Fl.Nr. C/5 Gem. 6 und Fl.Nr. E/4 Teilstück Gem. 5) auch in Bezug auf den Abzweig 7 (Fl.Nr. B/8) und die Zufahrt Fl.Nr. B/22, straßenrechtlich als Ortsstraße im Sinn von Art. 46 Nr. 2 BayStrWG gewidmet. Die satzungsrechtlich geregelten Voraussetzungen für die endgültige Herstellung der Anlage bzw. der Teileinrichtungen sind gegeben. Sie wurde durch die im Jahr 2018 bautechnisch abgeschlossenen Straßenbaumaßnahmen (§ 6 Abs. 1 und Abs. 2 SEBS) und den durchgeführten Grunderwerb (§ 6 Abs. 5 SEBS) erstmalig endgültig hergestellt. Die sachliche Beitragspflicht (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB) ist mit Eingang der letzten herstellungsaufwandsbezogenen Rechnung bei der Antragsgegnerin am 15. Juni 2020 und der damit möglichen Bestimmbarkeit der Höhe des umzulegenden Aufwands entstanden (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 4.6.2014 – 6 CS 14.716 – juris Rn. 10; U.v. 1.6.2011 – 6 BV 10.2467 – BayVBl 2012, 206; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 15 Rn. 9).
Die räumliche Erstreckung der abgerechneten Erschließungsanlage im Sinn von Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Wie weit eine einzelne Anbaustraße reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, in wie weit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 10.6.2009 – 9 C 20.15 – NVwZ 2009, 1369; BayVGH, U.v. 30.11.2016 – 6 B 15.1835 – juris Rn. 23; U.v. 19.10.2017 – 6 B 17.189 – juris Rn. 15; B.v. 2.3.2017 – 6 ZB 16.1888 – juris Rn. 9). Maßgebend ist das Erscheinungsbild, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht, also nach Durchführung der Herstellungsmaßnahme, einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (BayVGH, B.v. 6.3.2013 – 6 CS 13.641 – juris Rn. 9; B.v. 24.7.2013 – 6 BV 11.1818 – juris Rn. 13; U.v. 19.10.2017 – 6 B 17.189 – juris Rn. 15). An die Augenfälligkeit der für eine Trennung sprechenden Umstände sind tendenziell strenge Anforderungen zu stellen, um eine dem Erschließungsbeitragsrecht fremde Zersplitterung zu vermeiden; die Anforderungen nehmen allerdings umso mehr ab, je länger die Straße ist (Schmitz, a.a.O., § 6 Rn. 15 m.w.N.).
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben und den tatsächlichen Verhältnissen beginnt die auf den Straßengrundstücken Fl.Nr. C/5 Gemarkung 6 und Fl.Nr. E/4 Gemarkung 5 (Teilstück) hergestellte Anlage „2“ an der Westgrenze des Grundstücks Fl.Nr. D/4und endet im Bereich der Ostgrenze des Grundstücks Fl.Nr. B/31. Zudem weist sie zwei unselbständige Zufahrtsstichstraßen (Fl.Nr. B/22 und Fl.Nr. B/8 „7“) auf. Dass der 94 m lange Westteil der Anbaustraße, an dem (auch) die Grundstücke des Antragstellers anliegen, bereits 1986 im Zuge des Ausbaus der 8-Straße technisch mit hergestellt worden war, steht dem nicht entgegen, da dieser Teilbereich keine eigenständige Erschließungsanlage darstellt und die Antragsgegnerin keine Abschnittsbildung im Sinn von § 130 Abs. 2 BauGB vorgenommen hat.
Die Korrektur der von der Antragsgegnerin erläuterten Fehler bei der Veranlagung der beitragspflichtigen Grundstücke zum Erschließungsbeitrag innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist durch den Erlass von Nacherhebungsbescheiden zulasten der Grundstückseigentümer, von denen nach dem Ergebnis der Neuberechnung bislang zu geringe Erschließungsbeiträge erhoben wurden, ist rechtlich statthaft, da dieser haushaltsrechtlich gemäß Art. 22 Abs. 2, 61 Abs. 2 Satz 1, 62 Abs. 1, 75 Abs. 3 Satz 1 GO i.V.m. § 127 Abs. 1 BauGB ohnehin gebotenen Vorgehensweise (BVerwG, U.v. 26.1.1996 – 8 C 14.94 – NVwZ-RR 1996, 465) Vertrauensschutzaspekte nicht entgegenstehen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.8.1999 – 6 ZS 99.1594 – juris Rn. 5; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand Februar 2021, Rn. 501 u. 1127 m.w.N.). Auch ein Erschließungsbeitragsbescheid, mit dem der bestehende Beitragsanspruch nicht vollständig ausgeschöpft wird, stellt einen (ausschließlich) belastenden Verwaltungsakt dar, für den Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 130 Abs. 2 AO keine Geltung beansprucht und der auch nicht zurückgenommen werden muss, um die vollständige Beitragserhebung zu ermöglichen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 26.11.2008 – 6 CS 08.1957 – juris Rn. 13 ff.).
Soweit die Nacherhebung ihren Grund in der fehlerhaften Anwendung von § 4 Abs. 5 SEBS hat und die Neuberechnung der Beitragsforderungen auf der durchgehenden Anwendung des Beitragsmaßstabs der aus der Umgebungsbebauung abgeleiteten zulässigen Geschoßfläche beruht, ist dies aufgrund der Beitragserhebungspflicht (s. oben) rechtlich nicht zu beanstanden. Gegen die Rechtswirksamkeit der in § 4 Abs. 5 SEBS enthaltenen Bestimmung, dass sich „bei Grundstücken, für die das Maß der baulichen Nutzung nicht in einem Bebauungsplan festgesetzt ist, die zulässige Geschoßfläche aus der durchschnittlichen Geschoßflächenzahl ergibt, die nach § 34 BauGB i.V.m. § 17 und 20 BauNVO aus der in der Umgebung vorhandenen Bebauung ermittelt wird“, bestehen auch im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben von Art. 5a Abs. 9 KAG, § 131 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BauGB keine durchgreifenden Bedenken. Die Satzungsregelung genügt den im Bereich des Abgabenrechts an Verteilungsregelungen zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen, da der auf der Grundlage der durchschnittlichen Geschoßflächenzahl, die nach § 34 BauGB i.V.m. § 17 und § 20 BauNVO aus der in der Umgebung vorhandenen Bebauung ermittelt wird, gebildete Maßstab der zulässigen Geschoßfläche einen insbesondere den Anforderungen des Äquivalenzprinzips gerecht werdenden Satzungsvollzug ohne weiteres ermöglichenden und rechtlich zulässigen Parameter darstellt (BVerwG, U.v. 10.6.1981 – 8 C 20.81 – BVerwGE 62, 308; BayVGH, B.v. 6.4.2010 – 6 ZB 09.1583 – juris Rn. 10; B.v. 20.8.2004 – 6 ZB 00.2260 – juris 21; VG Bayreuth, U.v. 27.3.2015 – B 4 K 13.400 – juris Rn. 26; Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 906; Driehaus/Raden, a.a.O., § 18 Rn. 46).
Für die Zulässigkeit der in § 4 Abs. 5 SEBS getroffenen Verteilungsregelung ist maßgeblich, dass unter Bezugnahme auf § 34 BauGB und § 17, § 20 BauNVO auf das Maß der baulichen Nutzung abgestellt wird, das in der (näheren) Umgebung oder im Abrechnungsgebiet durchschnittlich vorhanden ist, wobei der Begriff der „Umgebung“ auch in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zur Anwendung kommt, durch die hierzu ergangene Rechtsprechung hinreichend konkretisiert und dadurch ausreichend bestimmbar ist (s. hierzu BVerwG, U.v. 16.8.1983 – 8 C 120.83 – juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 23.4.2015 – 6 BV 14.1621 – juris Rn. 27). Darüber hinaus ist weder aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich, noch vorgetragen, dass die tatsächliche bauliche Nutzung in der für maßgeblich erklärten (näheren) Umgebung so weit von dem zulässigen Maß der baulichen Nutzung entfernt liegt, dass hier das Vorliegen einer den gesetzlichen Vorgaben in § 131 Abs. 2 BauGB widersprechenden, nicht mehr am Vorteilsprinzip orientierten Kostenverteilungsregelung angenommen werden müsste (BayVGH, U.v. 23.4.2015 – 6 BV 14.1621 – juris Rn. 28). Dass im vorliegenden Fall das gesamte Gebiet des relativ kleinen Bebauungszusammenhangs bzw. Ortsteils „2“ als maßgebliche Umgebungsbebauung betrachtet und die dort tatsächlich vorhandene Bebauung für die Ermittlung der durchschnittlichen Geschoßflächenzahl herangezogen wurde, ist nicht nur rechtlich unbedenklich, sondern erscheint aufgrund der sonst möglicherweise auftretenden räumlichen Abgrenzungsprobleme naheliegend, wenn nicht sogar rechtlich geboten (BVerwG, U.v. 10.6.1981 – 8 C 20.81 – BVerwGE 62, 308).
Das mit Bescheid vom 19. März 2021 erfolgte Heranziehen des Antragstellers zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 128,00 EUR für das zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids in seinem Eigentum stehende Grundstück Fl.Nr. D/6 ist voraussichtlich rechtmäßig, da er richtiger Schuldner der Beitragsforderung ist und es sich bei dem veranlagten Grundstück zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht um eine beitragspflichtige Fläche gehandelt hat. Nach Art. 5a Abs. 9 KAG, § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist derjenige beitragspflichtig, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist (vgl. z.B. OVG LSA, B.v. 5.11.2009 – 4 M 94/09 – NVwZ-RR 2010, 163; Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 1200 m.w.N.). Der Antragsteller wurde am 29. Oktober 2020 als Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. D/6, das durch Teilung und Abmarkung aus dem Grundstück Fl.Nr. D/4 (…) herausgelöst wurde und grundbuchrechtlich gesondert ausgewiesen ist, in das Grundbuch eingetragen. Damit war er bei der Bekanntgabe des am 20. März 2021 an ihn zugestellten Erschließungsbeitragsbescheids vom 19. März 2021 durch die Antragsgegnerin Beitragspflichtiger im Sinn von § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Eine Doppelveranlagung der Fläche liegt nicht vor, da der gegenüber der Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. D/4 – in der irrigen Annahme, sie sei auch (weiterhin) Eigentümerin der zwischenzeitlich als grundbuchrechtlich separates Grundstück mit der Flurnummer D/6 eingetragenen Teilfläche – erlassene Erschließungsbeitragsbescheid vom 6. November 2020 durch (Änderungs-)Bescheid vom 7. Dezember 2020 entsprechend korrigiert und damit deren Widerspruch abgeholfen wurde. Da für die Frage, ob es sich bei der nach dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht als katastermäßig eigenständiges Grundstück Fl.Nr. D/6 abgemarkten Teilfläche des ursprünglichen Grundstücks Fl.Nr. D/4 (…) um eine beitragspflichtige Fläche gehandelt hat, auf den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht abzustellen ist, kommt es hier auf die tatsächlichen Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt, d.h. am 15. Juni 2020, an.
Die lediglich 18 m² große Fläche gehörte damals zu dem mit einem Wohnhaus bebauten ursprünglichen Grundstück D/4 (Anwesen 2 G) und war zu dessen als Hausgarten genutztem Umgriff zu zählen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2021 – 6 CS 20.3153 – juris; so im Übrigen auch bereits VG Augsburg, B.v. 2.3.2021 – Au 2 S 20.2690 – UA Rn. 36). Damit handelte es sich um eine erschließungsbeitragspflichtige Fläche. Die später erfolgte Abtrennung und katastermäßige Herauslösung aus dem Grundstück Fl.Nr. D/4 sowie die Übertragung des Eigentums auf den Antragsteller mit der Folge, dass das Grundstück seine Zuordnung zu einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück und damit seine daran anknüpfende Eigenschaft als Teil des Umgriffs des Hausgartens bzw. der Wohnnutzung verloren hat, vermag an der zum Stichtag 15. Juni 2020 vorliegenden beitragsrechtlichen Einordnung nichts mehr zu ändern (BVerwG, U.v. 5.9.1975 -IV CB 75.73 – NJW 1976,818; Driehaus/Raden, a.a.O., § 19 Rn. 22 ff.; Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 1302 u. 1305). Daher wurde der Antragsteller als seit 29. Oktober 2020 im Grundbuch eingetragener Eigentümer durch den Bescheid vom 19. März 2021 zu Recht zum Erschließungsbeitrag für das Grundstück Fl.Nr. D/6 herangezogen.
Da sonstige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Erschließungsbeitragsbescheids begründende Umstände oder Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen geboten Härte im Fall der Vollziehung weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, konnte der Antrag keinen Erfolg haben. Soweit der Antragsteller eine (wirtschaftliche) Unzumutbarkeit der Beitragserhebung einwendet, berührt dies das Festsetzungsverfahren nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 u. 3 GKG. In Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes bei der Erhebung von Kommunalabgaben ist ein Viertel des sich nach § 52 Abs. 3 GKG – hier auf 1.780,00 EUR – bemessenden Streitwerts der Hauptsache festzusetzen, mithin 445,00 EUR (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2019 – 6 CS 19.987 – BeckRS 2019, 15175 Rn. 17; B.v. 5.3.2015 – 6 CS 15.369 – juris Rn. 13 m.w.N.; sowie Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 31.5./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen; veröffentlicht in: Bayerische Verwaltungsblätter, Beilage 1/2014;).


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