Baurecht

Gesetzliches Leitbild des Vergabewettbewerbs

Aktenzeichen  Z3-3-3194-1-42-10/19

Datum:
18.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 5025
Gerichtsart:
Vergabekammer
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VOB/A § 13 EU Abs. 1 Nr. 5, § 16 EU Nr. 2
GWB § 97 Abs. 2,§ 98, § 99 Nr. 1, § 107 f., § 109,§ 127 Abs. 1, § 155, § 156 Abs. 1, § 158 Abs. 2, § 160 Abs. 3 Nr. 3, § 168 Abs. 1 S. 2, § 182 Abs. 4
BayNpV § 1, § 2
VgV § 48 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Wertungssystem bei dem das beste Angebot volle Punktzahl und das schlechteste keine Punkte erhält, führt im dem Fall, dass nur zwei Angebote abgegeben werden zu Ergebnissen, die mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2014 – Verg 26/13).
2. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH vom 25.10.2018 – Rs. C-413/17 (Roche Lietuva) bestehen erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Ausschreibung unter Nennung von „Planungsfabrikaten“ (sog. unechte Produktvorgabe).
3. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH vom 25.10.2018 – Rs. C-413/17 (Roche Lietuva) bestehen erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Ausschreibung unter Nennung von „Planungsfabrikaten“ (sog. unechte Produktvorgabe).

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Das Verfahren wird in den Stand vor Bekanntmachung der Vergabe zurückversetzt und ist bei fortbestehender Beschaffungsabsicht der Antragsgegnerin unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.
3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von …,00 Euro festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen. Die Antragsgegnerin ist von der Zahlung der Gebühr befreit.
4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

Gründe

I.
Die Antragsgegnerin hat die Vergabe der Lüftungsarbeiten – Raumlufttechnische Anlagen im Zuge der Generalinstandsetzung und Erweiterung des O…- Gymnasiums und des M.-gymnasiums im Wege eines Offenen Verfahrens als Bauauftrag im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht. Varianten oder Alternativangebote waren nach Ziffer II.2.10 der Bekanntmachung nicht zulässig.
Nach Ziffer II.2.5 der Bekanntmachung wurde als Zuschlagskriterium der Preis mit einer Gewichtung von 70 und die Energieeffizienz mit einer Gewichtung von 30 genannt.
Zur Umrechnung des Preises in Wertungspunkte führte das Formblatt 227.H aus, dass das Angebot mit der niedrigsten Wertungssumme 10 Punkte erhalte und Angebote mit dem zweifachen der niedrigsten Wertungssumme und darüber mit 0 Punkte bewertet würden. Die Punktebewertung für die dazwischenliegenden Angebotspreise erfolge über eine Interpolation mit drei Stellen dem Komma.
Zur Bewertung des Zuschlagskriteriums Energieeffizienz war im Formblatt 227.H angegeben, dass das Angebot mit dem höchsten Energieeffizienzniveau bzw. der höchsten Energieeffizienzklasse bei den Positionen 1.1.001, 1.1.004 – 1.1.007, 1.1.009 – 1.1.010, 1.1.012, 1.1.015 – 1.1.016, 1.1.020, 1.1.021 und 1.1.023 10 Punkte im Zuschlagskriterium Energieeffizienz erhält. Das Angebot mit dem niedrigsten Energieeffizienzniveau bzw. der niedrigsten Energieeffizienzklasse dagegen erhält 0 Punkte. Der Bewertung des Zuschlagskriteriums „Energieeffizienz“ wird der Wert SFPint. zu Grunde gelegt. Weiter heißt es unter dem Hinweis Nr. 4 auf dem Formblatt: „Grundlage der Punktebewertung für das Zuschlagskriterium Energieeffizienz: Zwischenwerte werden lineare interpoliert mit drei Stellen nach dem Komma.“
Unter Ziffer III.1.3 der Bekanntmachung wurde hinsichtlich der Eignungsanforderungen in Bezug auf die Technische und berufliche Leistungsfähigkeit unter a) eine Erklärung gefordert, dass das Unternehmen in den letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahren Leistungen ausgeführt hat, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sei.
Unter Ziffer b) wurde unter anderem gefordert: „…Mit dem Angebot sind die Nachweise zu erbringen entweder durch die vom öffentlichen Auftraggeber direkt abrufbaren Eintragung in die allgemein zugängliche Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. (Präqualifikationsverzeichnis) oder vorläufig entweder durch eine den Ausschreibungsunterlagen beiliegende „Eigenerklärung zur Eignung“ (Formblatt 124) oder eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE).
Auf Verlangen sind zur Bestätigung der Eigenerklärung innerhalb der von der Vergabestelle vorgegebenen Frist vorzulegen:
a) Referenzen über die Ausführung von Leistungen in den letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, wobei für die wichtigsten Bauleistungen Bescheinigungen über die ordnungsgemäße Ausführung und das Ergebnis beizufügen sind. …“
Nach Nr. 8.1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe führen präqualifizierte Unternehmen den Nachweis der Eignung für die zu vergebende Leistung durch den Eintrag in die Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. und ggf. ergänzt durch geforderte auftragsspezifische Einzelnachweise. Bei Einsatz von anderen Unternehmen war auf gesondertes Verlangen nachzuweisen, dass diese präqualifiziert sind oder die Voraussetzungen für die Präqualifikation erfüllen, gegebenenfalls ergänzt durch geforderte auftragsspezifische Einzelnachweise.
Im Leistungsverzeichnis unter Pos. 1.1 Luftgeräte war ausgeführt:
„Die nachfolgend abgefragten technischen Parameter haben aus den vorzulegenden Unterlagen hervorzugehen, z.B. aus technischen Datenblättern, Gerätezeichnungen mit Abmessungen, Lieferteilungen und Modulgewichten.
Die angegebene Antriebsleistungswerte und Schallwerte sind Maximalwerte und dürfen nicht überschritten werden.“
Zwei Bieter reichten fristgerecht Angebote ein, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene.
Die Antragstellerin hat das preislich niedrigere Angebot abgegeben.
Bei der Beigeladenen wurden mit Schreiben vom 23.07.2019 die im Angebot fehlenden Angaben zu den Positionen 1.1.1 – 1.1.23 sowie die Aufgliederung der Einheitspreise im Formblatt 223 und die Benennung der Unterauftragnehmer mit Vorlage des Formblattes 236 gefordert und von der Beigeladenen rechtzeitig eingereicht.
Mit jeweiligen Schreiben vom 06.08.2019 wurden die beiden Bieter zu einem technischen Klärungsgespräch geladen.
Am 13.08.2019 fand ein technisches Aufklärungsgespräch der Antragsgegnerin mit der Antragstellerin statt, in dem nicht nur technische Details, sondern auch die generelle Eignung des Unternehmens anhand der eingereichten Referenzen besprochen wurde. Wie aus dem Gesprächsprotokoll unter Punkt 8.4 hervorgeht, seien nach Auffassung der Antragsgegnerin als Referenz auf der Plattform für Präqualifikation nur lufttechnische Anlagen aus den Jahren 2014/2015 mit geringer Komplexität genannt worden. Die Referenzen seien nicht vergleichbar mit der vorliegenden komplexen Aufgabenstellung.
Mit zwei Schreiben vom 14.08.2019 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Androhung des Ausschlusses gemäß § 15 EU Abs. 2 VOB/A zur Aufklärung des Einheitspreises der Position 1.7.517 im Leistungsverzeichnis auf. Zusätzlich sollte die Antragstellerin zur Aufklärung des Angebotsinhaltes die Datenblätter mit den technischen Spezifikationen der Hersteller der angebotenen Luftgeräte aus den Positionen des Leistungsverzeichnisses 1.1.1 – 1.1.23 bis spätestens 02.09.2019 vollständig einreichen.
Ebenfalls mit Schreiben vom 14.08.2019 wurde auch die Beigeladene zur Aufklärung des Angebotsinhalts spätestens bis 02.09.2019 aufgefordert, die Datenblätter mit den technischen Spezifikationen der Hersteller der angebotenen Luftgeräte zu den Positionen des Leistungsverzeichnisses 1.1.1 mit 1.1.23 vorzulegen.
Antragstellerin und Beigeladene legten zu einem nicht mehr aufklärbaren Zeitpunkt beide identische Datenblätter des Herstellers zu den Positionen 1.1.0001, 1.1.0002, 1.1.0003, 1.1.0004, 1.1.0005,1.1.0006, 1.1.010, 1.1.012, 1.1.016, 1.1.020 und 1.1.021 vor. Die Inhalte der Datenblätter wichen in mehreren Positionen von in der Leistungsbeschreibung niedergelegten technischen Anforderungen ab.
Die Antragstellerin rügte mit anwaltlichem Schreiben vom 21.08.2019, dass aus der Einladung zum technischen Aufklärungsgespräch in keiner Weise hervorgegangen sei, dass neben technischen Aspekten auch kaufmännische Aspekte aufgeklärt werden sollten. Wäre dies bekannt gewesen, hätte man einen weiteren Mitarbeiter entsandt, der zu den gewünschten Punkten hätte Stellung nehmen können. Hinsichtlich der Eignung rügte die Antragstellerin, dass in den Präqualifikationsunterlagen aufgeführte Referenzprojekte nach Art und Umfang der zu beschaffenden Leistung vergleichbar seien. Weiter bemängelte die Antragstellerin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Produktneutralität in den Positionen, in denen der Gleichwertigkeitszusatz bei den Angaben im Leistungsverzeichnis fehle, sowie einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Antragsgegnerin ohne sachlichen Grund die Antragstellerin zur Aufklärung der Preisangebote der Titelsummen 1.1 (Luftgeräte) und 1.2 (Luftleitungen) aufgefordert habe, nicht dagegen den zweitplatzierten Bieter. Zudem brachte sie vor, dass die Datenblätter gemäß Nachforderung vom 14.08.2019 nur für Geräte eingereicht werden bräuchten, bei denen die angebotenen Geräte nicht den als Planungsgrundlage vorgegebenen Artikeln entsprechen, nämlich für die Positionen 1.1.011, 1.1.013, 1.1.014, 1.1.017, 1.1.018, 1.1.019 und 1.1.022. Ferner wurde gerügt, dass die LV-Position 1.7.517 eine rechtswidrige Bedarfsposition sei und intransparente Vorgaben enthalte, da hier nicht klar sei, wie der geforderte Nachlass zu kalkulieren sei, sowie dass diese Position eine Bezugsverpflichtung eines gewissen Produkts enthalte, bei dem ein gleichwertiges Produkt nicht angeboten werden dürfe. Letztlich sei das Wertungskriterium Energieeffizienz intransparent und auf Grund der mangelnden Zulassung von „gleichwertigen Produkten“ in einigen LV-Positionen zum Teil obsolet, da die Bieter ein bestimmtes Produkt anbieten müssten.
Das von der Antragsgegnerin beauftragte Planungsbüro gab am 14.09.2019 eine Vergabeempfehlung ab, in welcher aufgezeigt wurde, dass das Angebot der Antragstellerin in mehreren Punkten Abweichungen von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses enthält. Bemängelt wurde unter anderem eine Abweichung in folgenden Positionen:
– 1.1.1 Mediumdruckverlust der Lufterhitzter gefordert: max. 15 kPa; von ASt angeboten: 20 kPa
– 1.1.2 Druckverlust Luft gefordert: max. 75 Pa; von ASt angeboten: 88 Pa
– 1.1.3 Kälteleistung gefordert: mind. 22kW bei 7/55°C; von ASt angeboten: 21kW bei 7/55°C
– 1.1.3 Verflüssigerleistung gefordert: mind. 29 kW; von ASt angeboten: 27,7 kW
– 1.1.4 Gesamtenergieeffizienz Zugluftventilator gefordert: mind. 66%; von ASt angeboten: 58%
– 1.1.4 Gesamtenergieeffizienz Abluftventialator gefordert: mind. 68%; von ASt angeboten: 58%
– 1.1.6 Energieeffizienzklasse gefordert: mind. A+; von ASt angeboten: A
– 1.1.6 Spezifische Ventilatorleistung gefordert: max. 915 W/(m3/s); von ASt angeboten: 1021 W/(m3/s)
– 1.1.10 Mediumdruckverlust Lufterhitzer gefordert: max. 15 kPa; von ASt angeboten: 17 kPa
– 1.1.10 Gesamtenergieeffizienz Zugluftventilator gefordert: mind. 66%; von ASt angeboten: 65%
– 1.1.10 Gesamtenergieeffizienz Abluftventilator gefordert: mind. 66,5%; von ASt angeboten: 65%
– 1.1.10 Energieeffizienz Wärmerückgewinnung gefordert: mind. 67,5%; von ASt angeboten: 66%
– 1.1.20 Spezifische Ventilatorleistung gefordert: max. 343 W/(m3/s); von ASt angeboten: 708 W/(m3/s)
– 1.1.21 Spezifische Ventilatorleistung gefordert: max. 259 W/(m3/s); von ASt angeboten: 374 W/(m3/s)
– 1.1.21 Druckverlust (Luft) Plattenwärmetauscher gefordert: max. 40 Pa; von ASt angeboten: 57 Pa Die Antragsgegnerin wies mit Schreiben 11.10.2019, eingegangen am 14.10.2019, die Rügen zurück und teilte darüber hinaus mit, dass das Angebot der Antragstellerin gemäß § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A aufgrund Änderungen an den Vergabeunterlagen auszuschließen sei. Bei verschiedenen Positionen des Leistungsverzeichnisses weiche das Angebot der Antragstellerin von den Vorgaben ab (Pos. 1.1.1 – Pos. 1.1.4, Pos. 1.1.6, Pos. 1.1.10, 1.1.20). Dies wurde ausführlich begründet. Im Übrigen habe die Antragstellerin auch nicht ihre Eignung in technischer Hinsicht nachweisen können. Die Referenzleistungen seien nicht mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar, insbesondere wiesen die zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe im PQ-Verzeichnis hinterlegen Referenzen, kein solches Maß an Ähnlichkeit mit der ausgeschriebenen Leistung auf, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit für die ausgeschriebene Leistung ermögliche.
Mit Informationsschreiben nach § 134 GWB vom 14.10.2019 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag am 25.10.2019 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.
Mit Schreiben vom 21.10.2019 rügte die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebots. Sie führte aus, dass sie in allen streitigen Positionen ausschließlich im Leistungsverzeichnis als Planungsgrundlage verwendeten Geräte des Herstellers „H…“ nebst der im Leistungsverzeichnis hinterlegten gerätespezifischen Typenbezeichnung angeboten habe. Trotzdem habe die Antragsgegnerin in der technischen Aufklärung Datenblätter für Positionen 1.1.1 mit 1.1.23 unter Fristsetzung verlangt. Dieser Aufforderung sei die Antragstellerin nachgekommen und habe insgesamt 84 Datenblätter bei der Herstellerfirma angefordert und diese der Antragsgegnerin übersandt. Die technischen Angaben in den Datenblättern seien identisch mit den Angaben, welche die Hersteller bzw. deren Vertriebsvertretung handschriftlich im Original des Leistungsverzeichnisses ergänzt habe.
Bezüglich der Nichtberücksichtigung des Angebots wegen fehlender Eignung teilte die Antragstellerin mit, dass aufgrund der Bekanntmachung nicht erkennbar gewesen sei, um welche Art, Umfang und Güte (Gebäudeklasse und Gebäudeart) es sich bei der ausgeschriebenen Leistung handle. Es liege ein Verstoß gegen das Gebot der ermessensfehlerfreien Ausübung der Eignungsprüfung vor. Allein die Angaben in der Bekanntmachung seien maßgeblich für die Anforderungen an die Vergleichbarkeit von geforderten Referenzleistungen. Spezielle Anforderungen seien nicht erkennbar gewesen.
Mit Schreiben vom 22.10.2019 wurden alle Bieter darüber informiert, dass der Termin des frühesten Zuschlagsdatums auf den 08.11.2019 verschoben wird.
Mit Schreiben vom 23.10.2019 rügte die Antragstellerin, dass im PQ-Verzeichnis ausreichend Referenzen für die relevanten Leistungsbereiche hinterlegt worden seien und die Antragsgegnerin nur fehlerhaft vier Referenzen berücksichtigt habe. Zudem wurde die Intransparenz des Leistungsverzeichnisses wegen der Bezugnahme auf nicht mehr geltende DIN 13779 gerügt, die durch die DIN EN 16798 ersetzt worden sei.
Mit Schreiben vom 25.10.2019 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag und beantragte,
1.Ein Nachprüfungsverfahren gemäß § 160 Abs. 1 GWB wird gegen die Vergabe des Auftrags „Installation von Lüftungs- und Klimaanlagen – EUweite Bekanntmachung 2019/S. 086-204933“ eingeleitet.
2.Der Antragsgegnerin wird es untersagt, das o.g. Vergabeverfahren auf Grundlage der bisherigen Ausschreibung durch Zuschlagserteilung an die R. GmbH in H. abzuschließen.
3.Der Antragsgegnerin wird bei fortbestehender Vergabeabsicht aufgegeben, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren gemäß Vergabeverordnung nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen.
4.Das Verfahren wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht auf den Zeitpunkt vor der Prüfung und Wertung der Angebote zurückversetzt, und die Eignungsprüfung sowie die Angebotswertung werden unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer wiederholt,
hilfsweise: das Verfahren wird auf den Zeitpunkt vor Auftragsbekanntmachung zurückversetzt, äußert hilfsweise: die Vergabekammer wirkt unabhängig von den Anträgen zu 4. auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens ein (vgl. § 168 Abs. 1 S. 2 GWB).
5. Die Vergabeakten der Antragsgegnerin werden beigezogen.
6. Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakten der Antragsgegnerin gewährt.
7. Der Nachprüfungsantrag wird der Antragsgegnerin unverzüglich – notfalls per Telefax – zugestellt.
8. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin wird gemäß § 182 Abs. 4 GWB für notwendig erklärt.
9. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin zu tragen.
In Bezug auf die Begründetheit des Nachprüfungsantrags teilte die Antragstellerin mit, dass der Ausschluss ihres Angebots nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A wegen Abweichungen vom Leistungsverzeichnis nicht rechtens sei. Bei den Positionen 1.1.1 – 1.1.4, 1.1.6, 1.1.10 und 1.1.21 seien zwar die von der Antragsgegnerin aufgeführten Unterschiede der dort genannten technischen Parameter vorhanden, diese Unterschiede stellten jedoch keine unzulässige Abweichung dar. Abweichend von den Angaben im Original Leistungsverzeichnis wurden der Antragstellerin auf Nachfrage und Vorlage des Leistungsverzeichnisses vom Hersteller „H…“ teilweise andere Werte mitgeteilt. Exakt diese vom Hersteller ausdrücklich ergänzte Angabe habe die Antragstellerin in ihr Angebot eingetragen und zum Bestandteil ihrer Kalkulation gemacht. Für die Antragstellerin sei nicht erkennbar gewesen, dass die Antragsgegnerin von den Bietern zwingend erwarte, dass ausschließlich Geräte mit den gleichen technischen Parametern anbieten müsse, wie die im beschreibenden Teil der Planungsgrundlage des Herstellers „H…“. Zudem seien die von der Antragsgegnerin aufgeführten Abweichungen technisch marginal und beinhalteten in funktionaler Hinsicht gerade keine Änderung des Leistungsverzeichnisses. Geringfügige Abweichungen in den Einzelkomponenten resultierten entweder aus Änderungen der Komponenten der Zulieferer sowie Änderungen durch neue Normen z.B. ErP (1253/2014 Stufe ErP Ready 2018. Die Abweichungen hätten keinen Einfluss auf die Qualität. Unter wettbewerblichen Gesichtspunkten sei der Bieter bestrebt, bei seinem Angebot mit Blick auf den wertungsrelevanten Aspekt, Energieeffizienz, nicht die Vorgabe im Leistungsverzeichnis zu übernehmen, sondern – sofern möglich – höhere Energieeffizienzklasse anzubieten, da sich dadurch die Zuschlagschancen gegenüber den Mitbietern erhöhten. Das Angebot der Antragstellerin sei damit im Hinblick auf das Wettbewerbsprinzip zu Unrecht im Hinblick auf Position 1.1.006 ausgeschlossen worden, weil es von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweiche. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Antragsgegnerin die Energieeffizienzklasse werte, aber bei einer Änderung der Energieeffizienzklasse nach oben oder nach unten zugleich hierin eine unzulässige Abänderung der Vergabeunterlagen sehe. Die Antragsgegnerin müsste alle Angebote wegen unzulässiger Abweichung von den Vorgaben im Leistungsverzeichnis ausschließen, die Geräte anbieten, welche die Vorgaben der beschreibenden Gerätespezifikationen übertrafen, namentlich die Geräte angeboten haben, welche eine bessere Energieeffizienzklasse, geringere Verluste oder bessere Leistungswerte aufwiesen.
Der Ausschluss wegen fehlender Nachweise der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit sei zudem ebenfalls rechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen unmissverständlich erklärt, dass der Bieter den Nachweis der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit erbracht habe, wenn er in das Präqualifikationsverzeichnis eingetragen sei.
Weiter wurde beanstandet, dass die Beigeladene nicht ebenfalls wegen unzulässiger Änderung der Vergabeunterlagen ausgeschlossen worden sei. Es sei davon auszugehen, dass die Beigeladene im Ergebnis ihrer Anfrage beim Hersteller ebenfalls dieselben Informationen wie die Antragstellerin erhalten habe und auch dessen Angebot die Änderungen des Leistungsverzeichnisses enthalten habe, welche zum Ausschluss der Antragstellerin geführt hätten.
Zudem habe die Antragsgegnerin einerseits im Leistungsverzeichnis bereits derart konkrete Anforderungen in technischer, bauseitiger, materialspezifischer, abmessungsspezifischer und energetischer Hinsicht aufgestellt, dass schon diese jeweiligen Anforderungen das Gebot der Produktneutralität ad absurdum führten, weil es sich um eine verdeckte Produktvorgabe handle. Deutlich werde dies beispielsweise bei den SFP-Klassen (specifc fan power). Die Antragsgegnerin habe keine wertungsrelevante SFP-Klasse vorgeschrieben, sondern verdeckte produktspezifisch konkrete Maximalwerte vorgeschrieben. Die Vorgaben seien zudem willkürlich und nicht durch den Zweck des Auftragsgegenstandes gerechtfertigt, und somit unzulässig.
Schließlich liege auch ein Verstoß gegen § 7 EU Abs. 1 Nr. 4 VOB/A vor, da die Position 1.7.517 des Leistungsverzeichnisses eine unzulässige Eventualposition enthalte. Außerdem würden die Vorgaben in der Position 1.7.517 eine faktische Bezugsverpflichtung von der G… KG sowie deren vorgehaltenes Produktsortiment enthalten. Diese Position beinhalte außerdem die Forderung der Angabe eines Nachlasses, bei welchem unklar sei, ob der Preis in Höhe von 1.200,00 € sich auf einen Brutto- oder Nettobetrag der Listenpreise der G… KG beziehe.
Mit Schreiben vom 25.10.2019 wurde die Antragsgegnerin von der Vergabekammer über den Nachprüfungsantrag informiert.
Mit E-Mail vom 04.11.2019 bestätigte die Beigeladene der Antragsgegnerin, dass ihre Produktangaben vom 31.07.2019 weiterhin Gültigkeit hätten und somit die Anforderungen des Leistungsverzeichnisses eingehalten würden.
Daraufhin stellte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 08.11.2019 folgende Anträge:
I. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin.
III.
Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.
Die Antragsgegnerin äußerte, dass weite Teile des Nachprüfungsantrags bereits unzulässig seien, insbesondere bei den behaupteten Widersprüchlichkeiten des LV mit den Produktdaten des Herstellers der Planungsgrundlage „H…“, die angebliche fehlende Produktneutralität, das Vorbringen hinsichtlich der Position 1.7.517 des Leistungsverzeichnisses sowie der Wertung der Energieeffizienz. All diese Punkte seien ohne weiteres aus den Vergabeunterlagen ersichtlich, so dass die Antragstellerin dies gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB rügen müssen, wenn sie dies als sachwidrig erachtet habe.
Hinsichtlich des Ausschlusses wegen Änderung der Vergabeunterlagen sei es zwar richtig, dass die Antragsgegnerin als Planungsgrundlage das Fabrikat „H…“ gewählt habe, dies aber nicht zwingend vorgeben habe, sondern überall Abweichungen davon habe zugelassen. Dies gelte auch für die beschriebenen Mindest- und Maximalwerte. Sie habe nur ein Mindest- bzw. Höchstmaß vorgegeben. Die Antragsgegnerin habe produktneutral ausgeschrieben.
Mit Schreiben vom 02.12.2019 teilte die Antragstellerin mit, dass sie die Bewertungssystematik hinsichtlich des Kriteriums Energieeffizienz als untauglich erachte, weil bei zwei Bietern, wie vorliegend, der Bieter mit der schlechteren Energieeffizienz, selbst wenn die Abweichung nur gering sei, 0 Punkte erhalte und damit faktisch keine Chancen auf Erteilung des Zuschlags habe, selbst dann, wenn der gewichtigere Angebotspreis besser sei. Die Anwendung der Matrix habe zur Folge, dass das wertungsrelevante Qualitätskriterium Energieeffizienz in Wirklichkeit als Eignungskriterium zu qualifizieren sei mit der Maßgabe, dass bei zwei Bietern das weniger energieeffiziente Angebot faktisch ungeeignet sei. Dies habe die Antragstellerin erst seit der Kenntnis, dass es nur zwei wertungsrelevante Angebote gebe und ihr Angebot eine schlechtere Energieeffizienz in Bezug auf den SFP Wert ausweise im Rahmen der hilfsweise vorgenommenen Wertung erkannt.
Mit Schreiben vom 12.12.2019 nahm die Antragsgegnerin Stellung zu dem Schreiben der Antragstellerin und führte aus, dass der Sachvortrag der Antragstellerin zur intransparenten und willkürlichen Preiswertung nicht nachvollzogen werden könne. Die Vorgehensweise zur Preiswertung sei vergaberechtlich zulässig. Es sei offensichtlich, dass die Preiswertung linear erfolgt sei, dies ergebe sich aus den Festlegungen der Antragsgegnerin. In Bezug auf den Vorwurf, dass Bieter mit der schlechteren Energieeffizienz keine Zuschlagschance hätten, teilte die Antragsgegnerin mit, dass im Voraus nicht abzusehen sei, wie viele Angebote eingereicht werden. Auch sei die Vorgehensweise hinsichtlich der Wertung der Antragstellerin bekannt gewesen und sie habe dies nicht gerügt. In dem Verfahren hätte es zahlreiche Varianten geben können, in welchen beispielsweise ein preislich schlechteres Angebot mit besseren Energieeffizienzwerten nicht den Zuschlag erhalten hätte.
Hinsichtlich des Leistungsverzeichnisses teilte die Antragsgegnerin mit, dass bereits im Leistungsverzeichnis klargestellt wurde, dass als Planungsgrundlage das Produkt der Firma „H…“ gedient habe und vergleichbare Produkte zugelassen seien. Der Fachplaner habe an solchen Stellen Maximal- und Minimalwerte vorgegeben, die einer Anpassungsmöglichkeit der marktüblichen Produkte unterliegen oder bereits bei den Standardprodukten im Portfolio enthalten seien. Die Beigeladene habe entgegen der Ansicht der Antragstellerin ein Angebot vorgelegt, welches alle Anforderungen in Bezug auf die Minimal- bzw. Maximalwerte erfülle. Es liege kein unvollständiges Angebot der Beigeladenen vor.
Der ehrenamtliche Beisitzer hat mit Schreiben vom 20.12.2019 die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle einer Verfahrenseinstellung auf den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin übertragen.
Mit Schreiben vom 20.12.2019 bzw. 14.01.2019 wurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung am 04.02.2020 in die Räume der Regierung von Oberbayern geladen.
Mit Beschluss vom 09.01.2020 wurde der Umfang der Akteneinsicht für die Antragstellerin festgelegt und der Antragstellerin entsprechend Akteneinsicht gewährt.
Mit Schreiben vom 12.01.2020 nahm die Antragstellerin zur gewährten Akteneinsicht Stellung und teilte mit, dass lediglich vier Referenzen der Antragstellerin bei der Eignungsprüfung berücksichtigt worden seien. Deshalb sei die Eignungsprüfung fehlerhaft erfolgt. Zudem nahm die Antragstellerin noch Stellung zu dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 12.12.2019 und teilte mit, dass die Wertungsmatrix intransparent bleibe. Die Wertungsmatrix führe vorliegend zu willkürlichen und vergaberechtswidrigen Ergebnissen. Der Auftraggeber habe durch die Festlegung der Gewichtung zum Ausdruck gebracht, dass er dem Kriterium Preis eine höhere Wertigkeit bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes beimesse als dem Kriterium Energieeffizienz. Dies werde aber gerade vorliegend nicht erreicht, da ein Angebot anders als bei dem Preiskriterium mit der niedrigeren Energieeffizienz ausweislich der Vorgabe der Antragsgegnerin in jedem Fall 0 Punkte erhalte. Ein Bieter, welcher preislich nur unwesentlich günstiger sei als sein Mitbewerber, und folglich nur eine unwesentlich höhere Bepunktung beim Kriterium Preis erhalte, könne beim Qualitätskriterium Energieeffizienz 0 von 300 Punkten erhalten, wenn sich das Angebot in diesem Punkt auch nur marginal unterscheide. Die Untauglichkeit der Berechnungsmethode zeige sich vorliegend insbesondere, wenn nur zwei Bieter am Verfahren teilnehmen und sich deren Angebot nicht wesentlich unterscheide. Die fehlenden 300 Punkte bei dem Kriterium Energieeffizienz benachteiligen dann einen Bieter. Analog der Vorgabe beim Preiskriterium hätte die Antragsgegnerin auch beim Qualitätskriterium Energieeffizienz einen immer zu beachtenden und wertungsrelevanten Toleranzbereich vorgeben müssen, innerhalb dessen die Angeboten in jedem Fall eine Punktzahl erhalten.
Auch sei die Behauptung in dem Schriftsatz vom 12.12.2019, wonach „die Beigeladene ein Angebot gelegt habe, welches alle Anforderungen erfülle“, für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar, da sich die Antragsgegnerin nachträglich die Produktangaben der Beigeladenen habe zweimal bestätigen lassen. Wenn das Angebot der Beigeladenen vollständig gewesen wäre, entbehre das eine bestätigende Nachfrage.
Mit Schreiben vom 14.01.2020 teilte die Vergabekammer der Antragsgegnerin mit, dass aufgefallen sei, dass die von der Beigeladenen eingereichten Datenblätter exakt den als Anlage 4 von der Antragstellerin eingereichten Datenblättern entspreche. Die Antragsgegnerin erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme, aus welchem Grund die Antragstellerin auf Grund der Angaben in den eingereichten Datenblättern wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen wurde, die Beigeladene jedoch nicht, sondern vielmehr den Zuschlag erhalten solle.
Mit Beschluss vom 14.01.2020 wurde die Firma R… GmbH beigeladen.
Mit Schreiben vom 20.01.2020 teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Beigeladene im Rahmen des Vergabeverfahrens mit Angebotsabgabe bestätigt habe, dass sämtliche Leistungsanforderungen wie ausgeschrieben geliefert würden. Im Rahmen der Wertung und Prüfung der Angebote sei die Beigeladene noch einmal aufgefordert worden, die technischen Daten des angebotenen Lüftungsgerätes konkret zu bezeichnen, dem sei die Beigeladene am 01.08.2019 nachgekommen. Dementsprechend seien nur die Daten der Prüfung und Wertung unterzogen worden, welche sich aus den Eintragungen im Leistungsverzeichnis ergäben hätten. Eine weiterführende Prüfung von Datenblätter seien weder bei der Antragstellerin, noch bei der Beigeladenen vorgenommen worden.
Weiter äußerte die Antragsgegnerin, dass allerdings im Rahmen eines automatisierten Verfahrens bei ihr im Rahmen eines jeden Vergabeverfahrens, welches sich nicht auf eine reine Werkleistung oder Dienstleistung beziehe, die Datenblätter abgefragt würden. Diese Datenblätter würden aber nur dann einer Plausibilitätsprüfung unterzogen, wenn es sich um reine „Lieferprodukte“ ohne jegliche werkvertraglichen Elemente handle. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall. Dies betreffe auch die Energieeffizienz der Lüftungsanlagen. Es könne durchaus sein, dass das Angebot von den Standardwerten der Lüftungsanlage in dem Datenblatt des Herstellers abweiche. Dies ändere nichts an dem Umstand, dass diese Werte angeboten seien und ohne weiteres vom Auftragnehmer umgesetzt werden können. Nur die Eintragungen in dem Leistungsverzeichnis sei für die Prüfung und Wertung relevant gewesen.
Am 04.02.2020 fand in den Räumen der Regierung von Oberbayern die mündliche Verhandlung statt. Auf die Frage der Kammer, weshalb die Datenblätter gefordert worden seien, hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass die Datenblätter nicht 1 zu 1 mit den technischen Angaben übereinstimmen müssten, sondern mal sich ein Bild davon habe machen wollen, ob die Bieter bei der Umsetzung des Projekts geforderten Minimal- und Maximalwerte einhalten könnten. Dies habe der Fachplaner geprüft. Die Hauptamtliche Beisitzerin wies darauf hin, dass es für eine derartige Prüfung keinerlei Dokumentation gebe.
Die Antragstellerin hielt ihre Anträge vom 25.10.2019 aufrecht, die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Nachprüfungsantrags. Die Beigeladene stellte keine Anträge.
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i.V.m. §§ 1 und 2 BayNpV.
Gegenstand der Vergabe ist ein Bauauftrag i.S.d. § 103 Abs. 1, 3 GWB. Die Antragsgegnerin ist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 5.548.000 Euro erheblich.
Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.
Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerin hat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB, insbesondere auf Grund des Ausschlusses wegen Abänderung der Vergabeunterlagen, wegen des angeblich fehlenden Nachweises für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit sowie wegen der Bewertungsmethode des Wertungskriteriums Energieeffizienz geltend gemacht.
1.1. Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB entgegen, soweit sich die Antragstellerin gegen ihren Ausschluss wegen Abänderung der Vergabeunterlagen sowie gegen den fehlenden Nachweis für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit wendet. Die Antragstellerin hat von dem Ausschluss und von den genauen Erwägungen und der Entscheidung der Antragsgegnerin bezüglich fehlender Nachweise der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit erst im Nichtabhilfeschreiben vom 25.10.2019 erfahren und diese innerhalb der Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB gerügt.
1.2. Soweit sich die Antragstellerin sich gegen die Bewertungsmethode beim Wertungskriterium Energieeffizienz wendet, ist der Nachprüfungsantrag nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB ebenfalls zulässig, da sich der Vergabeverstoß nicht allein aus den Vergabeunterlagen ergibt, sondern erst im konkreten Fall in der Konstellation von nur zwei wertbaren Angeboten.
Eine Rügepräklusion gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB kommt in der Regel nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung auffallen muss. Bei der rechtlich komplexen und durch die Rechtsprechung noch nicht vollständig geklärten Überprüfung einer Bewertungsmatrix, hier insbesondere der Problematik der Ungeeignetheit eines Bewertungsschemas, bei dem das schlechteste Angebot in einem Zuschlagskriterium keine Punkte erhält, ist dies nicht der Fall. Zudem hat der Antragsteller unwiderlegt erst im Nachprüfungsverfahren erfahren, dass sich nur zwei Bieter mit Angeboten beteiligt haben (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2014 – Verg 26/13). Auch der BGH macht in der Entscheidung vom 04.04.2017 – X ZB 3/17 die Zulässigkeit einer bestimmten Preisumrechnungsmethode davon abhängig, ob sie bei ihrer Heranziehung Ergebnisse liefert, die sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweisen. Diese für die Umrechnung des Preises in Wertungspunkte geltenden Grundsätze sind auch auf die Umrechnung von nicht-preislichen Wertungskriterien in Wertungspunkte zu übertragen, da hier vergleichbare faktische und mathematische Probleme auftreten können. Dass im konkreten Fall die Bepunktung der Energieeffizienz auf Grund der gewählten Bewertungsmethode zu wettbewerbsverzerrende Ergebnissen führen kann, war für die Antragstellerin erst zu dem Zeitpunkt konkret zu erkennen, als die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren die hilfsweise Angebotswertung vorgelegt hat.
1.3. Soweit die Antragstellerin einen Verstoß gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung beanstandet, steht dem Vorbringen eine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB entgegen, da dieser Verstoß gegen Vergabevorschriften eindeutig aus den Vergabeunterlagen erkennbar war und von der Antragstellerin nicht bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist gerügt wurde.
Die Antragstellerin rügt erst in ihrem Schreiben vom 21.08.2019, dass die Antragsgegnerin gerade die Anlagen und Bestandteile eindeutig produktspezifisch vorgegeben habe, die für die Einsparung von Energie die wesentlichen Komponenten darstellen bzw. den wesentlichen Teil ausmachen.
Die Antragstellerin hätte als Fachfirma bereits aus den Vergabeunterlagen erkennen können und müssen, ob die als Planungsgrundlage offen vorgegebenen Fabrikate keine Abweichungen zulassen und deshalb in Wirklichkeit eine produktspezifische Ausschreibung vorliegt. Die Antragstellerin ist als Unternehmen, das an einem EUweiten Vergabeverfahren teilnimmt gehalten nicht nur die Vergabeunterlagen sorgfältig zu lesen, sondern auch den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis zu nehmen. Das Gebot zur produktneutralen Ausschreibung ist Ausdruck des Wettbewerbsgrundsatzes, des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbotes nach § 97 Absätze 1 Satz 1, 2 GWB (VK Bund, Beschluss vom 27.08.2012, VK 2-65/12). Zusätzlich ist es explizit in § 7EU Abs. 2 Satz 2 VOB/A verankert, dessen Wortlaut besagt, dass in der Leistungsbeschreibung nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die Erzeugnisse oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens kennzeichnet, oder auf gewerbliche Schutzrechte, Typen oder einen bestimmten Ursprung verwiesen werden darf, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dieser Verweis ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.
Die Antragstellerin hätte damit schon bei der Erstellung ihres Angebots prüfen können und müssen, ob die Vorgaben von Planungsfabrikaten und Mindest- und Maximalanforderungen dem Gebot der produktneutralen Ausschreibung widersprechen und dies gegebenenfalls bis zum Ende der Angebotsfrist rügen müssen. Diese Obliegenheit hat die Antragstellerin versäumt.
1.4. Die Antragstellerin ist weiterhin mit ihrem Vortrag nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert, soweit sie dagegen vorgeht, dass die Position 1.7.517 des Leistungsverzeichnisses eine rechtswidrige Bedarfsposition darstelle, hierzu eine intransparente Vorgabe zur Gewährung eines Rabattes gemacht werde und darin eine faktische Bezugsverpflichtung enthalten sei. Die beanstandeten Punkte ergeben sich alle eindeutig aus der Beschreibung der Position im Leistungsverzeichnis und hätten damit von der Antragstellerin vor Ablauf der Frist zur Abgabe ihres Angebots gerügt werden müssen. Der Antragstellerin hätten die Punkte, die sie nun bemängelt, als erfahrene Fachfirma bereits bei der sorgfältigen Kalkulation ihres Angebots auffallen können und müssen, da die Vorgaben für die Erstellung eines konkreten Angebots relevant sind. Die Antragstellerin hätte damit die jetzt bemängelten angeblichen Verstöße innerhalb der Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB bei der Antragsgegnerin rügen müssen.
2. Der Nachprüfungsantrag ist – soweit zulässig – auch begründet.
Durch den von der Antragsgegnerin unterlassenen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen ist die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Zwar wurde das Angebot der Antragstellerin auf Grund der Abweichungen von Mindest- und Maximalanforderungen des Leistungsverzeichnisses gem. § 16EU Nr. 2 i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A rechtmäßig vom Verfahren ausgeschlossen. Dennoch wurde die Antragstellerin rechtswidrig in ihren Auftragschancen beeinträchtigt. Da die Beigeladene als einzig verbleibende Bieterin wegen der Einreichung unzureichender Unterlagen in einer berechtigten Angebotsaufklärung gem. § 15 EU Abs. 2 VOB/A ebenfalls zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen ist, besteht die Beeinträchtigung der Auftragschance der Antragstellerin darin, dass sie sich bei einer Auftragsvergabe an die Beigeladene nicht in einem neuen Vergabeverfahren nochmals um den Auftrag bewerben kann.
Weitere Verstöße gegen das Vergaberecht liegen in der gleichheitswidrigen Bewertungsmethode (§ 97 Abs. 2 GWB i.V.m. § 16d EU Abs. 2 VOB/A) und der im vorliegenden Fall unzulässigen Forderung von Nachweisen in Form von Referenzen, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind (§ 12 EU Abs. 3 Nr. 2 VOB/A in Verbindung mit Ziffer 11 lit c) des Teils C im Anhang V der Richtlinie 2014/24/EU).
2.1 Das Angebot der Antragstellerin durfte nicht wegen fehlender Nachweise der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit ausgeschlossen werden. Als Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit für im auftragsgegenständlichen Leistungsbereich präqualifizierte Bieter wie die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin lediglich die Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis gefordert. Diesen Nachweis hat die Antragstellerin mit Übersendung ihrer Präqualifizierungsbestätigung mit ihrem Angebot erbracht. Die Antragsgegnerin war darüber hinaus nicht befugt, darüber hinaus weitere Nachweise für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit zu fordern, da sie eine solche Anforderung nicht bekanntgegeben hat.
Zwar ist im Gegensatz zum § 48 Abs. 1 VgV in der VOB/A die Bekanntmachungspflicht für Unterlagen zum Beleg der Eignung nicht direkt geregelt, sie ergibt sich aber aus § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB bzw. § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 VOB/A in Verbindung mit Ziffer 11 lit c) des Teils C im Anhang V der Richtlinie 2014/24/EU. Danach müssen unter anderem die Eignungskriterien und die Unterlagen in der Bekanntmachung angegeben werden. Die Regelung ist Ausfluss des allgemeinen Transparenzgrundsatzes. Ziel ist es, dass ein potentieller Bieter bereits aus der Bekanntmachung erkennen kann, ob er für diesen Auftrag geeignet ist und welche Erklärungen von ihm wann abzugeben sind.
In der Auftragsbekanntmachung waren Referenzen eindeutig nur für den Fall der Abgabe einer Eigenerklärung zur Eignung gefordert. Auch Ziffer 8.1. der Teilnahmebedingungen der Antragsgegnerin stellt ausdrücklich klar, dass für präqualifizierte Unternehmen der Nachweis der Eignung durch die Eintragung in das Präqualifizierungsverzeichnis geführt wird. Weitere auftragsspezifische Referenzen wurden weder in der Auftragsbekanntmachung noch an anderer Stelle in den Vergabeunterlagen verlangt. Die Ausführungen bezüglich vergleichbarer Referenzen finden sich lediglich im Formblatt 124 (Eigenerklärung zur Eignung für nicht präqualifizierte Unternehmen) und sind somit nicht auf präqualifizierte Unternehmen anwendbar.
2.2 Das Angebot der Antragstellerin wurde jedoch zu Recht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A wegen Abweichungen von zwingenden Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ausgeschlossen. Die vom Planungsbüro in der Vergabeempfehlung vom 14.09.2019 aufgeführten Abweichungen zum Leistungsverzeichnis lassen sich im oben genannten Umfang bei einem Vergleich der Vorgaben des Leistungsverzeichnisses mit dem Angebot der Antragstellerin nachvollziehen.
Die Antragstellerin hat sich vom Hersteller der als Planungsgrundlage genannten Produkte ein Angebot geben lassen, dieses jedoch bei der Übertragung in das Leistungsverzeichnis nicht auf eine Vereinbarkeit der angegebenen Parameter mit dem Leistungsverzeichnis kontrolliert. Da die Positionen im Leistungsverzeichnis nicht ausschließlich in einer Ausführung „von der Stange“ zu haben sind, können die als Planungsgrundlage genannten Produkte mit Geräten konfiguriert werden, die in einzelnen Parametern von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweichen. Diese Abweichungen von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses sind im Angebot der Firma „H…“ an die Antragstellerin (Anlage ASt 07) auch in der Regel deutlich durch Streichungen und handschriftliche Ergänzungen gekennzeichnet. Die Antragstellerin hätte bei sorgfältiger Durchsicht des Angebots leicht erkennen können und müssen, dass dieses Angebot so nicht den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses entspricht. Die Abweichungen in ihrem Angebot sind auch allein der Antragstellerin zuzurechnen, da diese sich das Angebot mit den deutlich erkennbaren Abweichungen der Herstellerfirma zu Eigen gemacht hat, statt das Angebot vom Hersteller nachbessern zu lassen, selbst passende Produkte zu recherchieren und anzubieten oder die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses als nicht erfüllbar zu rügen.
Für ein von der Antragstellerin behauptetes kollusives Zusammenwirken von Antragsgegner und Hersteller sind trotz der Einbindung von Vertriebspersonen des Herstellers in die Ausarbeitung des Leistungsverzeichnisses keine weiteren Anhaltspunkte vorgetragen oder aus den Unterlagen ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als dass der Hersteller in seinem Angebot an die Antragstellerin seine Änderungen am Leistungsverzeichnis nicht verschleiert, sondern in der Regel deutlich markiert hat.
2.3 Allerdings ist das Angebot der Beigeladenen ebenfalls zwingend auszuschließen, da diese die geforderten Angaben bei der Aufklärung des Angebotsinhaltes nicht innerhalb der gesetzten angemessenen Frist beigebracht hat, § 15 EU Abs. 2 VOB/A.
Das Angebot der Beigeladenen ist zwingend nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A auszuschließen, da sie auf das Aufklärungsverlangen der Antragsgegnerin vom 14.08.2019, in welchem die Antragsgegnerin die Datenblätter mit den technischen Spezifikationen für die angebotenen Luftgeräte aus den Positionen 1.1.1 mit 1.1.23 angefordert hat, Datenblätter eingereicht hat, aus denen sich ihre im Angebot gemachten Angaben nicht verifizieren lassen und deren aufgeführte technische Spezifikationen im Widerspruch mit zwingenden Vorgaben aus dem Leistungsverzeichnis stehen.
Nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A ist ein Angebot auszuschließen, wenn der Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben verweigert oder er die ihm gesetzte angemessene Frist unbeantwortet verstreichen lässt. Es stellt keinen Unterschied dar, ob ein Bieter sich einem berechtigten Aufklärungsersuchen des Auftraggebers durch Nichtreagieren vollständig verschließt oder dem Aufklärungsersuchen durch unzureichende Angaben nicht ausreichend nachkommt. Die gegenteilige Ansicht würde dazu führen, dass ein Bieter, obwohl der Inhalt eines Aufklärungsersuchens für ihn erkennbar ist, durch unzureichende Angaben auf ein Aufklärungsersuchen des Auftraggebers die Rechtsfolge des § 15 EU Abs. 2 VOB/A VOL/A umgehen könnte (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 04.10.2010 – Z3-3-3194-1-45-07/10).
Im vorliegenden Verfahren hat die Antragsgegnerin in den Vorbemerkungen zu den unter der Position 1.1 im Leistungsverzeichnis aufgeführten Luftgeräten ausdrücklich erklärt, dass sich alle technischen Parameter aus vorzulegenden Unterlagen ergeben müssen und als Beispiel für solche Unterlagen auch technische Datenblätter aufgeführt. Damit hat die Antragsgegnerin klargestellt, dass der Nachweis für die Einhaltung der technischen Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht allein mit Eintragungen im Leistungsverzeichnis oder mit einer sonstigen Bestätigung im Hinblick auf die technischen Parameter geführt werden konnte, sondern technische Datenblätter vorgelegt werden mussten. Dass dieser Passus von der Antragsgegnerin wohl unreflektiert aufgrund von „copy & paste“ in das Leistungsverzeichnis aufgenommen wurde, ändert nichts an seiner Verbindlichkeit. Daher hat die Antragsgegnerin nur konsequent von beiden Bietern die Vorlage derartiger technischer Datenblätter in der Angebotsaufklärung vom 14.08.2019 gefordert. Beide Bieter haben hierzu exakt dieselben technischen Datenblätter des Herstellers „H…“ übersandt, aus welchen sich in mehreren Punkten Abweichungen zu zwingenden Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ergeben. Beispielsweise wird in Position 1.1.1 der Mediumdruckverlust der Lufterhitzer im von der Beigeladenen eingereichten Datenblatt mit 20 kPA angegeben, wohingegen im Leistungsverzeichnis ein maximaler Verlust von 15 kPA gefordert und von der Beigeladenen auch so angegeben waren. Dies stellt eine Vorlage inhaltlich unzureichender Unterlagen auf ein berechtigtes Aufklärungsverlangen dar und führt gem. § 15 EU Abs. 2 VOB/A zwingend zum Ausschluss der betreffenden Angebote.
Da der Nachweis der Konformität mit dem Leistungsverzeichnis im vorliegenden Fall gerade nicht ausschließlich über Eintragungen im Leistungsverzeichnis oder mit einer sonstigen Bestätigung geführt werden konnte, ist der Vortrag der Antragsgegnerin unbehelflich, die Beigeladene habe versichert, dass sie ausschreibungskonform leisten werde und die abgefragten Datenblätter hätten für die Prüfung und Wertung der Angebote keine Rolle gespielt. Dies mag dazu führen, dass das Angebot der Beigeladenen nicht wie das Angebot der Antragstellerin wegen § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A wegen Abweichungen von zwingenden Vorgaben des Leistungsverzeichnisses auszuschließen war, ändert aber nichts am zwingenden Ausschlussgrund nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A.
Da einerseits in den Vergabeunterlagen gefordert war, dass die technischen Parameter aus dem Angebot nachgewiesen werden müssen und dieser Nachweis im Rahmen der Angebotsaufklärung von der Beigeladenen auch unter Androhung eines Ausschlusses ihres Angebots im Falle der Nichtbeibringung gefordert wurde, ist es für die Vergabekammer nicht nachzuvollziehen, dass vor der Entscheidung den Zuschlag an die Beigeladene erteilen zu wollen, ausweislich der Vergabedokumentation keinerlei Auseinandersetzung mit den eingereichten Dokumenten und den daraus resultierenden Problemen erfolgt ist. Auch auf Nachfrage der Vergabekammer konnte die Antragsgegnerin weder im schriftsätzlichen Vortrag noch in der mündlichen Verhandlung plausibel darlegen, warum sie die Abweichung der Angaben in den Datenblättern der Beigeladenen von den im Angebot angegebenen Werten scheinbar völlig unberücksichtigt gelassen hat.
Erst nach Einreichung des Nachprüfungsantrags hat die Antragsgegnerin von der Beigeladenen kurz eine Erklärung angefordert, dass sie die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses einhält. Diese Erklärung hat die Beigeladene am 04.11.2019 auch abgegeben. Jedoch wurde auch bei der Übersendung der Erklärung mit der Antragserwiderung vom 08.11.2019 kein Bezug zu den von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweichenden Datenblättern hergestellt, sondern als Anlass für die Abforderung der Erklärung ausschließlich das streitgegenständliche Nachprüfungsverfahren genannt.
Die von der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 20.01.2020 und in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Erklärung, dass auf Grund der geringen abweichenden Werte in den Datenblättern die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses in der Umsetzung noch erreicht werden können und die Beigeladene deswegen nicht auszuschließen sei, überzeugt nicht. Aus den Vergabeunterlagen kann nicht der Schluss gezogen werden, dass Abweichungen von den Mindest- und Maximalanforderungen des Leistungsverzeichnisses zulässig gewesen wären. Genauso wenig bestehen Anhaltspunkte, dass im Rahmen der Angebotsaufklärung in Bezug auf die technischen Parameter der Luftgeräte die Vorlage von Datenblättern mit „geringen abweichenden Werten“ ausreichend wäre. Die Antragsgegnerin hat insoweit auch keinen Ermessensspielraum.
Im Übrigen konnte sie in der mündlichen Verhandlung auf Rückfrage insbesondere nicht einmal erläutern, wie und von wem die Datenblätter überhaupt geprüft wurden und welche Überlegungen hinsichtlich der Abweichungen angestellt wurden. Diesbezüglich steht auch der Vortrag der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 20.01.2020, dass die Datenblätter gar nicht geprüft wurden, im Widerspruch zum Vortrag in der mündlichen Verhandlung, dass die Datenblätter zwar geprüft worden seien, aber die Abweichungen einer ausschreibungskonformen Leistungserbringung nicht zwingend im Weg stünden.
Die Antragsgegnerin muss sich daher an ihren Vorgaben aus dem Leistungsverzeichnis, dass die angegebenen technischen Parameter gegebenenfalls durch technische Datenblätter nachzuweisen sind sowie an der förmlichen Anforderung dieser Datenblätter zur Angebotsaufklärung festhalten lassen und kann die eingereichten Datenblätter nicht einfach außer Acht lassen und die Plausibilisierung der angegebenen technischen Parameter der Beigeladenen durch eigene Überlegungen ersetzen. Dies gilt umso mehr, als dass hinsichtlich dieser Überlegungen keine Dokumentation vorliegt und eine Stellungnahme der Antragsgegnerin überhaupt erst in einem späten Stadium des Nachprüfungsverfahrens auf Nachfrage der Kammer erfolgt ist.
Die Antragsgegnerin hat sich laut Vergabedokumentation an keiner Stelle mit dieser Diskrepanz zwischen den eingereichten Datenblättern der Beigeladenen und den im Angebot angegebenen technischen Parametern auseinandergesetzt. Dabei ist das Aufklärungsergebnis als Teil der Vergabedokumentation gem. § 20 EU VOB/A i.V.m. § 8 VgV zwingend in Textform festzuhalten. Die Dokumentation der Aufklärung von Angeboten dient sowohl hinsichtlich der Durchführung als auch des Ergebnisses und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen dem Transparenzgebot und ermöglicht der Nachprüfungsinstanz das Handeln der öffentlichen Auftraggeber nachzuvollziehen und zu kontrollieren. Diese ex-post Transparenz ist im vorliegenden Fall nicht gewahrt, so dass eine willkürliche Besserstellung der Beigeladenen nicht ausgeschlossen werden kann.
2.4 Da das Angebot der Antragstellerin jedenfalls zwingend nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A auszuschließen war, kann es dahingestellt bleiben, ob die umfassende Nachforderung der fehlenden technischen Spezifikationen bei der Beigeladenen vom 23.07.2019 zulässig war und ob hierfür die Regelungen der VOB/A 2016 oder der VOB/A 2019 anwendbar wären.
2.5 Ohne dass es hierauf wegen des zwingenden Ausschlusses beider eingegangenen Angebote entscheidungserheblich angekommen würde, weist die Vergabekammer Südbayern – auch für den Fall einer Neuausschreibung der Leistung – darauf hin, dass das für die Bewertung der Energieeffizienz vorgesehene Wertungssystem im vorliegenden Streitfall vergaberechtswidrig ist, da es gegen das Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter verstößt.
Nach der von der Antragsgegnerin im Formblatt 227.H bekannt gemachten Gewichtung der Zuschlagskriterien, erhält der Bieter mit dem höchsten Energieeffizienzniveau 10 Wertungspunkte, die auf Grund der Gewichtung mit 30% für die Gesamtwertung mit 30 multipliziert werden, während der Bieter mit dem niedrigsten Energieeffizienzniveau keine Wertungspunkte erhält. Alle anderen Bieter werden zwischen den beiden Extremen linear interpoliert.
Wie alle Wertungssysteme, die auf einer Interpolation zwischen dem besten und dem schlechtesten Angebot beruhen, führt das streitgegenständliche Bewertungssystem des Zuschlagskriteriums „Energieeffizienz“ im – hier vorliegenden – Fall, dass nur zwei Angebote abgegeben werden, zu Ergebnissen, die mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar sind (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2014 – Verg 26/13).
Bei dem von der Antragsgegnerin gewählten Punktesystem verfallen beim (jeweils) schlechtesten Angebot alle Punkte, die in den einzelnen Positionen hinsichtlich des Kriteriums Energieeffizienz erzielt worden sind. Wären die Angebote im vorliegenden Fall wertbar, könnte dies dazu führen, dass das Angebot der Antragstellerin im Bereich Energieeffizienz trotz beachtlicher Punktzahl, die nur zu einem sehr geringen Prozentsatz von der Wertung der Beigeladenen abweicht, in diesem Kriterium insgesamt null Punkte erzielen würde und die Beigeladene 300. Damit würde das Angebot der Antragstellerin trotz des günstigeren Preises und einer nicht signifikant schlechteren Energieeffizienz in der Gesamtwertung weit hinter das Angebot der Beigeladenen zurückfallen.
Lägen mehr als zwei Angebote mit einer erfahrungsgemäß anzunehmenden Qualitätsstreuung vor, könnten auch bei einem Wertungssystem wie dem der Antragsgegnerin ausreichende Wertungsspielräume bestehen, um noch zu angemessenen und rechtlich vertretbaren Ergebnissen zu kommen, insbesondere dann, wenn in dem zu erwartenden Zwischenbereich zwischen dem besten und dem schlechtesten Angebot Wertungspunkte zum Beispiel aufgrund vorher festgelegter und bekannt gegebener Interpolation oder einer Punkte-Skala vergeben werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2014 – Verg 26/13). Das „Null-Punkte-Problem“ würde sich dann lediglich auf das schlechteste Angebot auswirken, was indessen nach der Rechtsprechung des BGH zur Zulässigkeit von Preisumrechnungsmethoden noch nicht grundsätzlich für eine vergaberechtliche Unzulässigkeit spricht, jedenfalls dann nicht, wenn sich die Angebote tatsächlich signifikant unterscheiden. Die Wahl einer bestimmten Bewertungs- oder Umrechnungsmethode ist vergaberechtlich nur dann zu beanstanden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist. Die im Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17 vom BGH für Preisumrechnungsmethoden entwickelten Kriterien können auch auf Bewertungssysteme für nicht-preisliche Zuschlagssysteme angewandt werden, da bei der Umrechnung von nicht-preislichen Wertungskriterien in Wertungspunkte die gleichen faktischen und mathematischen Probleme auftreten können.
Gelangen jedoch – wie hier – nur zwei Angebote in die Wertung, hat das Wertungssystem der Antragstellerin für die Energieeffizienz gewissermaßen holzschnittartig zur Folge, dass der Bieter, der bei diesem Kriterium nicht das beste Angebot abgibt, automatisch keine Punkte für dieses Zuschlagskriterium erhält, unabhängig davon, wie gut oder schlecht sein Angebot im Vergleich zu dem des Mitbieters ausfällt. Dadurch werden die Kriterien Preis und Energieeffizienz in Bezug auf die Bieter verschieden und mithin gleichheitswidrig bewertet. Beim schlechteren Angebot wird die Energieeffizienz unterbewertet, nämlich gar nicht, beim besseren Angebot wird sie regelgerecht gewertet. Damit wird die bekannt gegebene Gewichtung von Preis und Energieeffizienz beim Angebot der Antragstellerin aufgegeben und ins Nachteilige verändert. Das Kriterium der Energieeffizienz erhält praktisch einen unverdienten, ausschlaggebenden Rang, wenn man davon ausgeht, dass ein Angebot, das – wie jenes der Antragstellerin – im Wertungssystem der Antragsgegnerin allein beim Preiskriterium Wertungspunkte erlangt, realistischer Weise nicht in die engere Wahl für einen Zuschlag gelangen kann.
Damit hat die Antragsgegnerin auch die Selbstbindung an die Gewichtung des Zuschlagskriteriums Energieeffizienz mit 30% bei der Wertung missachtet, weil sie diese auf die Wertung der Angebote nicht übertragen hat. Das Kriterium der Energieeffizienz wird in Bezug auf das Angebot der Antragstellerin mit dieser Bewertungsmethode tatsächlich nicht gewertet. Ein Wertungssystem, das dem schlechtesten Angebot null Punkte zuweist, ist damit riskant, da von Zufälligkeiten wie der Zahl der eingehenden Angebote abhängen kann, ob das Wertungssystem vergaberechtlich noch vertretbar ist oder im konkreten Einzelfall als vergaberechtswidrig anzusehen ist.
2.6 Die Vergabekammer Südbayern weist für den Fall der Neuausschreibung der streitgegenständlichen Leistung weiterhin darauf hin, dass erhebliche vergaberechtliche Bedenken gegen die von der Antragsgegnerin gewählte Methode der Ausschreibung unter Nennung von „Planungsfabrikaten“ bestehen.
Zunächst hat die Antragsgegnerin zu prüfen und sicherzustellen, dass überhaupt alternative Produkte zu den Planungsfabrikaten angeboten werden können und dies nicht durch die detaillierten Vorgaben in den einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses ausgeschlossen wird. Denn ansonsten läge tatsächlich eine produktspezifische Ausschreibung vor, die nur unter den Voraussetzungen des § 7 EU Abs. 2 Satz 1 VOB/A zulässig wäre. Die erforderliche Rechtfertigung durch den Auftragsgegenstand müsste hierzu begründet und die Begründung dokumentiert werden, zudem wäre das Produkt dann in den Vergabeunterlagen zu benennen.
Aber auch wenn alternative Produkte, die die maßgeblichen Vorgaben in den einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses einhalten, angeboten werden können, bestehen erhebliche Bedenken gegen die bislang gewählte Methode der Ausschreibung unter Nennung von „Planungsfabrikaten“. Eine Ausschreibung unter Nennung von „Planungsfabrikaten“ stellt ein Vorgehen dar, das in § 7 EU Abs. 2 VOB/A keine Grundlage hat. § 7 EU Abs. 2 Satz 1 VOB/A passt ersichtlich nicht, weil der Auftraggeber in diesen Fällen ja gerade nicht – durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt – ein bestimmtes Produkt vorschreiben will oder kann, sondern bewusst „gleichwertige“ Alternativen akzeptieren will. Auch § 7 EU Abs. 2 Satz 2 VOB/A passt zumindest auf die vorliegende Vergabe nicht, da die Antragsgegnerin sehr wohl in der Lage war, ihren Beschaffungsbedarf abstrakt in Form von detaillierten technischen Spezifikationen im Leistungsverzeichnis zu beschreiben. Die Zulässigkeit einer sog. „unechten Produktorientierung“, wie die Ausschreibung unter Nennung von „Planungsfabrikaten“ auch genannt wird, wurde im Wesentlichen aus zwei Entscheidungen des OLG Düsseldorf (Beschlüsse vom 01.10.2012, VII-Verg 34/ 12 und vom vom 09.01.2013 – Verg 33/12) hergeleitet. Mittlerweile hat allerdings der EuGH im Urteil vom 25.10.2018 – Rs. C-413/17 (Roche Lietuva) wichtige Hinweise zur Leistungsbestimmung und zur Formulierung technischer Spezifikationen gegeben. Der Gerichtshof weist explizit darauf hin, dass die technischen Spezifikationen allen Wirtschaftsteilnehmern den gleichen Zugang zum Vergabeverfahren gewähren müssen und die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern dürfen (Rn. 31, 39, 40). Die Bevorzugung der Produkte eines bestimmten Herstellers – und sei es bereits durch detaillierte Festlegung technischer Spezifikationen – benennt der Gerichtshof ausdrücklich als Gefahr für diese Ziele (Rn. 37). Weiterhin betont der Gerichtshof den Ausnahmecharakter des Art. 42 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU, den § 7 EU Abs. 2 VOB/A ins deutsche Recht umsetzt und weist darauf hin, dass die Bedingungen, unter denen der öffentliche Auftraggeber von der Möglichkeit, nicht produktneutral auszuschreiben, Gebrauch machen kann, angesichts des Ausnahmecharakters dieser Bestimmung eng auszulegen sind (Rn. 38 ff.). Vor diesem Hintergrund kann nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern für eine nur richterrechtlich geschaffene, erweiternde Fallgruppe von Ausnahmen vom Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung kein Raum sein. Es spricht daher viel dafür, dass die von der Antragsgegnerin gewählte Methode der Ausschreibung unter Nennung von „Planungsfabrikaten“ vergaberechtlich nicht zulässig ist, wenn nicht gleichzeitig die Anforderungen § 7 EU Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 VOB/A erfüllt sind.
3. Kosten des Verfahrens
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S.1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegend die Antragsgegnerin. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist darauf gerichtet, den Zuschlag zu verhindern und eine ordnungsgemäße Wertung sicherzustellen. Zwar wird damit die Hoffnung verbunden sein, bei rechtmäßiger Durchführung des Verfahrens selbst den Zuschlag zu erhalten. Ihr allein verfahrensgegenständliches Ziel, den status quo zu sichern und die Wertung – hilfsweise das Vergabeverfahren – zu wiederholen, hat die Antragstellerin erreicht. Unbeachtlich ist, dass sie zur Begründung noch weitere Rügen erhoben hat, die auf dasselbe Ergebnis zielten, mit denen sie aber nicht durchgedrungen ist. Maßgeblich ist allein, dass sie ihr Rechtschutzziel erreicht hat.
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Sie wird vorliegend auf …,00 Euro festgesetzt.
Die Antragsgegnerin ist als Kommune von der Zahlung der Gebühr nach § 182 Abs. 1 S.2 GWB i. V. m. §°8 Abs. 1 Nr.3 VwKostG (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.
Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.
Da sich die Beigeladene sich im Nachprüfungsverfahren rein passiv verhalten hat und nicht versucht hat, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen, ist sie nicht an den Kosten des Rechtsstreits zu beteiligen, insbesondere nicht an den Aufwendungen der Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin.
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB.
Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i.S.v. § 182 Abs. 4 S.4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da von der Antragstellerin als mittelständisches Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB nicht erwartet werden kann. Zur Durchsetzung ihrer Rechte ist die Antragstellerin damit aufgrund der komplexen Rechtsmaterie des vorliegenden Verfahrens auf anwaltliche Vertretung angewiesen.


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