Baurecht

Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgung einer Pferdebewegungshalle

Aktenzeichen  M 10 K 16.3110

Datum:
9.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 1
BGS-WAS § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 3 S. 5, Abs. 6

 

Leitsatz

Den beitragsrelevanten Vorteil eines Wasseranschlusses erhält auch derjenige, der kein Wasser in Trinkwasserqualität benötigt, denn ihm steht durch die öffentliche Wasserversorgung die Möglichkeit der Wassernutzung offen. Ob er diese Möglichkeit nutzt oder auf Brauchwasser zurückgreift, ist ebenso unerheblich wie die sich für jedes Gebäude stellende Frage, ob überhaupt Wasser verbraucht wird. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 4. März 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Beklagte hat den Beitrag auf Grundlage einer wirksamen Satzung (dazu unter 1.) rechtmäßig erhoben (dazu unter 2.).
1. Die BGS-WAS ist formell und materiell rechtmäßig und somit wirksam.
Gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Wasserversorgungseinrichtungen.
Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte mit der BGS-WAS wirksam Gebrauch gemacht. Der Kläger hat keine Unwirksamkeitsgründe vorgetragen und es sind auch sonst keine ersichtlich. Die vorherigen Fassungen der BGS-WAS des Beklagten von 2007 und 2009 waren bereits Gegenstand gerichtlicher Überprüfung und hielten dieser Stand (vgl. VG München, B.v. 24.2.2016 – M 10 S. 15.5509 – juris; U.v. 18.6.2015 – M 10 K 14.2321 – juris). Formelle oder materielle Fehler sind auch in der aktuellen Fassung nicht ersichtlich.
2. Der Beklagte hat die Satzung auch im Einzelfall rechtmäßig angewendet und für die hinzugekommene Geschossfläche der Reithalle Herstellungsbeiträge gem. § 5 Abs. 6 BGS-WAS nacherhoben.
a. Nach § 2 BGS-WAS wird der Beitrag für bebaute Grundstücke erhoben, wenn für sie ein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung besteht oder sie tatsächlich angeschlossen sind oder auf Grund einer Sondervereinbarung angeschlossen werden. Das Grundstück des Klägers ist unstreitig an die Wasserversorgungsanlage des Beklagten angeschlossen. Entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten kommt es nach dem Wortlaut der Satzung nur auf den Anschluss des Grundstücks, nicht des Gebäudes an.
b. Die erhöhte Beitragsschuld ist auch bereits entstanden. Nach § 3 Abs. 2 BGS-WAS entsteht die Beitragsschuld bei der Veränderung der Fläche oder der Bebauung des Grundstücks mit dem Abschluss dieser Maßnahme. Die streitgegenständliche Pferdebewegungshalle ist vollständig errichtet.
c. Gegen die konkrete Berechnung der Flächen und des Beitrags bestehen ebenfalls keine Bedenken. Der Beitrag wird gemäß § 5 Abs. 1 BGS-WAS des Beklagten nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet. Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Geschossen zu ermitteln, § 5 Abs. 3 Satz 1 BGS-WAS. Es wurden 5 EUR pro Quadratmeter (§ 6 Abs. 2 lit. b BGS-WAS) bei einer Fläche von 437,80 m² (19,9 mal 22 m) berechnet.
d. Die Beitragsschuld ist nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 5 BGS-WAS ausgeschlossen. Danach werden Gebäude, die nach Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Wasserversorgung auslösen, nicht zum Geschossflächenbeitrag herangezogen. Es ist in der Rechtsprechung geklärt und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass eine Pferdebewegungshalle grundsätzlich wegen der hohen Staubentwicklung Wasser benötigt, um den Hallenboden zu beregnen (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.10.2001 – 23 B 01.1588 – juris Rn. 24 m.w.N.). Der Kläger stellt den Wasserbedarf für seine Halle nicht in Abrede; es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass der Kläger einen speziellen Hallenboden verwendet, der auch ohne Beregnung keinen Staub verursacht.
Der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 3 Satz 5 BGS-WAS ist damit nicht erfüllt. Denn entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten kommt es nicht auf einen Bedarf nach Anschluss an die Trinkwasserversorgung an, sondern allein darauf, ob überhaupt ein Wasserbedarf besteht (vgl. VG München, U.v. 14. Juli 2016 – M 10 K 16.80 – juris, Rn. 27; U.v. 20.8.2009 – M 10 K 08.5131 – juris, Rn. 37). Das folgt zum einen aus dem Wortlaut der Satzung, welcher allein von einem „Bedarf nach Anschluss an die Wasserversorgung“ spricht. Auch der Sinn und Zweck der Ausnahmevorschrift entspricht dieser Interpretation. Denn der Beitrag gleicht den Vorteil aus, den der Beitragsschuldner durch die Möglichkeit des Wasseranschlusses erhält. § 5 Abs. 3 BGS-WAS nimmt davon Gebäude und Gebäudeteile aus, die diesen Vorteil wegen der Art ihrer Nutzung tatsächlich nicht in Anspruch nehmen oder aus rechtlichen Gründen nicht in Anspruch nehmen dürfen. Den Vorteil eines Wasseranschlusses erhält aber auch derjenige, der kein Wasser in Trinkwasserqualität benötigt, denn ihm steht durch die öffentliche Wasserversorgung die Möglichkeit der Wassernutzung offen. Ob er diese Möglichkeit nutzt oder auf Brauchwasser zurückgreift, ist ebenso unerheblich wie die sich für jedes Gebäude stellende Frage, ob überhaupt Wasser verbraucht wird. Denn nicht einmal der vollständige Verzicht auf Wassernutzung schließt die Beitragsschuld aus. Die Satzung sieht einen Ausschluss nur dann vor, wenn der Vorteil der Anschließbarkeit an die Wasserversorgung sinnvoll nicht realisiert werden kann. Dies ist im Fall einer Pferdebewegungshalle nicht der Fall.
Die Klage ist daher unbegründet.
3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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