Baurecht

Kein Überbau für nachträgliche Wärmedämmung

Aktenzeichen  1 ZRR 4/19

Datum:
1.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2020, 161
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 903, § 912
EGBGB Art. 124 S. 1
EnEV § 9
BayAGBGB Art. 46a Abs. 1

 

Leitsatz

1. Nach der für das Gebiet des Freistaats Bayern geltenden landesgesetzlichen Regelung ist der Eigentümer des Nachbargrundstücks nicht verpflichtet, das Übergreifen einer auf einer Grenzmauer nachträglich aufgebrachten Wärmedämmung auf sein Grundstück zu dulden, wenn eine gleichwertige Dämmung mit vertretbarem Aufwand ohne Inanspruchnahme seines Grundstücks vorgenommen werden kann. (Rn. 55)
2. In die für den konkreten Sachverhalt auf der Grundlage des Parteivorbringens vorzunehmende Prüfung, ob Alternativen zur Außendämmung einen vergleichbaren Dämmeffekt erzielen und mit vertretbarem Aufwand realisierbar sind, sind Maßnahmen der Innendämmung einzubeziehen. (Rn. 61)
3. Mit dem Begriff des Aufwands sind nicht ausschließlich die Kosten der Baumaßnahme bezeichnet. (Rn. 65)

Verfahrensgang

42 S 1669/17 2018-11-14 Endurteil LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 14. November 2018 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Gründe

Die aufgrund ihrer Zulassung statthafte und auch sonst zulässige Revision des Klägers, über die gemäß § 8 EGGVG, § 7 Abs. 1 EGZPO i. V. m. Art. 11 Abs. 1 AGGVG (i. d. F. vom 12. Juli 2018) das Bayerische Oberste Landesgericht entscheidet, ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat in seiner als Protokollurteil ergangenen Entscheidung ausgeführt:
Aufgrund der ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen sei mit dem Kläger davon auszugehen, dass dieser zur Einhaltung der Vorgaben der Energieeinsparverordnung verpflichtet sei, wenn er die gesamte Außenwand des Anwesens neu verputzen lassen möchte, Anlage 3 Nr. 1a zu §§ 8, 9 EnEV. Eine entsprechende Intention des Klägers sei klar erkennbar. Der Streit darüber, ob die – im Prozess nicht näher erläuterte – beabsichtigte Gesamtsanierung des Gebäudes baurechtlich in vollem Umfang genehmigt bzw. genehmigungsfrei oder genehmigungsfähig sei, müsse nicht geklärt werden, auch nicht unter dem Aspekt des Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGBGB. Der geltend gemachte Duldungsanspruch scheitere jedenfalls an Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB. Gemäß den Vorgaben der EnEV sei ein Wärmedurchgangskoeffizient von 0,24 W/(m² x K) einzuhalten, was nach den sachverständigen Ausführungen mit einer Außendämmung von 140 mm Stärke bei Baukosten von 4.000 € (netto) realisierbar sei. Der einzuhaltende Koeffizient sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, nämlich aufgrund der klaren, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen, dessen Feststellungen sich die Kammer anschließe, auch mit einer Innendämmung von 8 bis 10 cm Stärke und Kosten von ebenfalls 4.000 € (netto) erreichbar. Der Sachverständige habe angegeben, dass für die Innendämmung ein günstigerer Dämmstoff zum Einsatz kommen könne. Er habe bestätigt, dass eine Außendämmung einer Innendämmung zwar grundsätzlich vorzuziehen sei, weil sich einige Probleme der Innendämmung dann nicht stellten. Bei der Innendämmung seien wegen der Böden und Decken des Gebäudes besondere Maßnahmen zu ergreifen. Hierfür stünden aber z. B. Dämmkeile zur Verfügung. Bei einer Ausführung nach den Regeln der Kunst sei eine gleiche Effizienz von Innen- und Außendämmung nicht zu bezweifeln. Nach den sachverständigen Feststellungen würden die Stahlträger in der Decke der Kellerräume parallel zur Außenwand verlaufen und nicht auf der Außenwand des Gebäudes aufliegen, mithin nicht als Wärmebrücken nach außen wirken. Deshalb habe der Kläger seine Behauptung nicht bewiesen, es fehle an einer ebenso effektiven und mit zumutbarem Aufwand durchführbaren Alternativmaßnahme. Sofern die primäre Beweislast für die anspruchsausschließende Tatsache allerdings bei der Beklagten liege, sei der Kläger nach den Regeln der sekundären Darlegungs- und Beweislast zu behandeln und seiner Vortragslast nicht gerecht geworden. Er habe weder dezidiert vorgetragen noch konkreten Vortrag unter Beweis gestellt darüber, weshalb im konkreten Fall eine anderweitige Dämmung entgegen den Ausführungen des Sachverständigen nicht in Betracht komme. Unzulänglich sei das Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz, die Stahlträger verliefen möglicherweise in einer anderen Etage abweichend von der Beschreibung im Gutachten. Sein Antrag, zur Bodenbeschaffenheit in der Wohnung ein Sachverständigengutachten einzuholen, sei auf eine unzulässige Ausforschung und nicht auf den Beweis einer konkreten Tatsachenbehauptung gerichtet. Somit sei erwiesen bzw. nicht widerlegt, dass dem Kläger mit der vom Sachverständigen erläuterten Innendämmung eine ebenso effektive und mit vertretbarem Aufwand zu verwirklichende Maßnahme zur Verfügung stehe. Die Kosten der Alternativmaßnahme seien etwa gleich hoch. Ein Mietausfall für die zu erwartende Dauer von zehn Tagen sei vertretbar, zumal der Kläger nach eigenem Vorbringen eine Gesamtsanierung des Gebäudes plane, weshalb der Mieter ohnehin werde ausziehen müssen. Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB sei nicht so auszulegen, dass eine Innendämmung als Alternative im Sinne der Norm in jedem Fall von vornherein ausscheide. Solches ergebe sich nicht aus der Gesetzesbegründung.
Die von der Beklagten vorgetragenen Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Art. 46a AGBGB mit dem Grundgesetz hat das Berufungsgericht nicht geteilt.
Das Berufungsgericht hat die Revision zum Bayerischen Obersten Landesgericht zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der im Zentrum der Entscheidung stehenden Auslegung von Art. 46a AGBGB, zudem – mit Blick auf die von der Beklagten bestrittene Verfassungsmäßigkeit der Landesnorm – unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes und schließlich deshalb, weil die Frage der Beweislastverteilung klärungsbedürftig sei.
II.
Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
1. Das in das Verhandlungsprotokoll aufgenommene und von allen mitwirkenden Richtern unterzeichnete Berufungsurteil erfüllt die Anforderungen, die an die Darstellungen in einem sog. Protokollurteil nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu richten sind (vgl. BGH, Urt. v. 26. März 2019, VI ZR 171/18, NJW 2019, 1885 Rn. 5; Urt. v. 1. März 2010, II ZR 213/08, NJW-RR 2010, 911 Rn. 8; Urt. v. 11. Juli 2007, XII ZR 164/03, NJW-RR 2007, 1567 Rn. 10; Urt. v. 6. Februar 2004, V ZR 249/03, BGHZ 158, 37 [juris Rn. 10]). Aus ihm ist in dem nach § 540 Abs. 1 ZPO erforderlichen Umfang zu ersehen, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen.
In der Sache verneint das Landgericht ohne Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Duldung eines Grenzüberbaus durch Wärmedämmung.
2. Der Eigentümer einer Sache kann mit dieser grundsätzlich nach Belieben verfahren und Dritte von jeder Einwirkung auf sein Eigentum ausschließen (§ 903 Satz 1 BGB). Die Rechte aus dem Eigentum haben nur insoweit zurückzutreten, als das Gesetz oder Rechte Dritter der Ausübung der Eigentümerrechte entgegenstehen.
Nach Art. 46a AGBGB hat der Eigentümer (sowie der Nutzungsberechtigte) eines Grundstücks das Übergreifen einer auf einer vorhandenen Grenzmauer nachträglich aufgebrachten Wärmedämmung auf das Grundstück zu dulden, sofern die unter Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AGBGB genannten Voraussetzungen gegeben sind. Eine Duldungspflicht besteht daher nur, soweit und solange (unter anderem) eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht festgestellt, dass danach kein Duldungsanspruch zugunsten des Klägers besteht.
Der Senat muss nicht darüber entscheiden, ob sich aus dem Vorbehalt für landesrechtliche Regelungen in Art. 124 Satz 1 EGBGB die Gesetzgebungskompetenz für eine Landesnorm zur Regelung von Rechten und Pflichten in Bezug auf den bereits von § 912 BGB erfassten Überbau herleiten lässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2007, 1 BvR 650/03, NJW-RR 2008, 26/27 ff.: offen gelassen zu § 7b NRG BW; BGH, Urt. v. 2. Juni 2017, V ZR 196/16, NZM 2017, 855 Rn. 8: offen gelassen zu § 16a NachbG BE; Albrecht in Staudinger, BGB, Neubearb. 2018, EGBGB Art. 124 Rn. 8 und 26; Brückner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 912 Rn. 67; verneinend: Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 3. Aufl. 2015, 2. Teil Rn. 62b; Bruns, VBlBW 2014, 4/5 m. w. N.). Zwar hat das Berufungsgericht seine Zulassungsentscheidung auch mit Blick auf diese ungeklärte Grundsatzfrage begründet. Dies verpflichtet das Revisionsgericht jedoch nicht, die – bereits für das Berufungsurteil – nicht entscheidungserhebliche Rechtsfrage zu beantworten. Nur an die Zulassung der Revision ist das Revisionsgericht gebunden, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Dies eröffnet die im Rahmen der Revisionsanträge und Revisionsrügen vorzunehmende Richtigkeitskontrolle. Einer Stellungnahme zur Zulassungsfrage kann sich das Revisionsgericht hingegen enthalten, wenn es auf sie für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831; Heßler in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 543 Rn. 27; Krüger in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 543 Rn. 50).
Ob Art. 46a AGBGB verfassungsgemäß ist, kann danach offenbleiben, weil jedenfalls die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erfüllt sind.
3. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Landgericht habe das Gesetz falsch ausgelegt und deshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Ausschlusstatbestands verkannt, indem es die in Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB verwendete Formulierung „mit vertretbarem Aufwand“ zu eng aufgefasst und deshalb bei seiner tatrichterlichen Abwägung lediglich eine kostenmäßige Vergleichsbetrachtung angestellt habe.
a) Im Ausgangspunkt noch zutreffend macht die Revision geltend, das Gesetz verlange nicht lediglich einen Kostenvergleich.
aa) Mit dem Terminus des „Aufwands“ hat sich der Gesetzgeber eines Begriffs bedient, der nach allgemeinem Sprachgebrauch einen – nicht zwingend monetären – Einsatz zur Realisierung eines Vorhabens oder Ziels bezeichnet (z. B.: finanzieller Aufwand, Personalaufwand, Zeitaufwand, Arbeitsaufwand, Kraftaufwand, Betreuungsaufwand, Pflegeaufwand, Verwaltungsaufwand; vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 8. Aufl. 2015, Stichworte „Aufwand“ sowie „aufwenden“).
bb) Dieses grundsätzlich weite Begriffsverständnis ist auch im Rahmen des Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB maßgeblich.
Eine einschränkende, spezifisch juristische Definition des Begriffs existiert nicht. Das Rechtswörterbuch von Creifelds (23. Ed. Stand 2019) enthält zu diesem Stichwort keinen Eintrag. Unter dem Stichwort „Aufwendung“ findet sich dort ebenfalls keine Definition des Begriffs, sondern lediglich ein Verweis auf die Definition solcher Rechtsbegriffe (nämlich „Auftrag“, „Befreiung des Schuldners“ sowie „Schadensersatz“), in deren Kontext „Aufwendungen“ eine Rolle spielen (können).
Wenngleich dem Kostengesichtspunkt im Rahmen der Beurteilung, ob der für eine Alternativmaßnahme erforderliche Aufwand als vertretbar anzusehen ist, regelmäßig eine zentrale Bedeutung zukommen dürfte, zeigt ein Vergleich des Gesetzeswortlauts in Art. 46a AGBGB einerseits und in Art. 46b AGBGB andererseits, dass nicht ausschließlich Kosten als „Aufwand“ i. S. des Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB berücksichtigungsfähig sind. Mit Art. 46b AGBGB wurde das bis dahin für das Gebiet des Freistaats Bayern aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis hergeleitete Hammerschlags- und Leiterrecht erstmals vom Landesgesetzgeber kodifiziert. Gemäß Art. 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB besteht im Regelungsbereich der Norm eine Duldungspflicht des Nachbarn nur, wenn und soweit das Vorhaben „nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten“ durchgeführt werden kann. Die von Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB abweichende Wortwahl gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass mit dem in dieser Norm zum Bezugspunkt für die Verhältnismäßigkeitsprüfung erhobenen Begriff des Aufwands auch aus Sicht des Gesetzgebers ein über den reinen Kostengesichtspunkt hinausreichender Bedeutungsgehalt verbunden sein soll. Dies liegt schon deshalb nahe, weil beide Normen zeitgleich mit dem Änderungsgesetz vom 20. Dezember 2011 (GVBl. S. 714) in das AGBGB genommen wurden und keine weiteren Bestimmungen Gegenstand des – somit überschaubaren – Gesetzesvorhabens waren. Zwar ist in den Gesetzgebungsmaterialien (LT-Drs. 16/9583) die unterschiedliche Formulierung nicht explizit begründet und eine Definition oder Umschreibung des verwendeten Begriffs „Aufwand“ nicht vorgenommen. Allerdings findet ein weites Verständnis des Aufwandsbegriffs eine Bestätigung jedenfalls in der dortigen Erwägung, wonach „auch rechtliche Beziehungen wie bestehende Mietverhältnisse an den betroffenen Räumlichkeiten … sich auf den erforderlichen Aufwand auswirken“ können (LT-Drs. 16/9583 S. 5 li. Sp.).
Auch nach Sinn und Zweck der landesrechtlichen Vorschrift ist – wie etwa für die bundesrechtliche Bestimmung in § 275 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 23. Oktober 2009, V ZR 141/08, NJW-RR 2010, 315: Aufwand zur Beseitigung der Beeinträchtigung eines fremden Grundstücks; LG Kiel, Urt. v. 4. April 2008, 8 O 50/07, NJOZ 2009, 83: Suchaufwand für das Auffinden von Patientenunterlagen; Ernst in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 87; Riehm in Beck-OGK BGB, Stand: 1. Juli 2019, § 275 Rn. 186 bis 190) ein auf den Kostengesichtspunkt verengtes Wortverständnis nicht angezeigt.
Danach ist die Frage, welcher Aufwand für die Umsetzung der Alternativmaßnahme zu erbringen ist, nicht allein unter Kostengesichtspunkten zu beantworten.
cc) Ob allerdings neben den Kosten für die Realisierung der alternativen Dämmmaßnahme weiterer, in die Vertretbarkeitsprüfung einzustellender Aufwand anfällt, ist eine Tatsachenfrage des jeweiligen Einzelfalls.
Die Beurteilung der „Vertretbarkeit (des Aufwands)“ erfordert eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, in die die Umstände des jeweiligen Einzelfalls einzustellen sind, wie sie sich dem erkennenden Gericht auf der Grundlage des unstreitigen sowie des nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden geltenden Vorbringens bzw. nach dem Ergebnis einer durchgeführten Beweisaufnahme darstellen.
(1) Allgemein gilt, dass in eine aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebotene Güterabwägung die nach vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falls anzuerkennenden Interessen wirtschaftlicher, rechtlicher und ideeller Art einzustellen sind. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, allgemeine Grundsätze darüber aufzustellen, welche Interessen im Kontext mit Wärmeschutzüberbauten berücksichtigungsfähig sein können und nach welchen Maßstäben die Vertretbarkeit des Aufwands zu beurteilen ist.
Auch auf die mit der Revisionsbegründung geäußerte Rechtsmeinung, dass alle den Einzelfall prägenden Gesamtumstände zu berücksichtigen seien, muss nicht mit grundsätzlichen Erwägungen eingegangen werden, denn ohne Bedeutung bleiben jedenfalls solche (angeblichen) tatsächlichen Umstände, die aus Gründen des Zivilprozessrechts, nämlich der prozessualen Vortrags- und Beweislast, nicht berücksichtigungsfähig sind.
(2) Dabei kommt es für die Entscheidung nicht auf die vom Landgericht aufgeworfene und offen gelassene Frage an, ob die einen Duldungsanspruch geltend machende und dessen tatsächliche Voraussetzungen grundsätzlich beweispflichtige (BGH, Urt. v. 2. Dezember 1988, V ZR 26/88, BGHZ 106, 142/145 [juris Rn. 14]; Herrler in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 1004 Rn. 52) Partei den Beweis (auch) dafür zu führen habe, dass keine Tatsachen vorliegen, die gemäß Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB eine Duldungspflicht entfallen lassen, oder ob der den Duldungsanspruch bestreitende Nachbar den Beweis für das Vorliegen solcher Tatsachen zu führen hat. Der vorliegende Fall bietet dem Senat keinen Anlass, Ausführungen zur Beweislast zu machen, da sie für die Entscheidung nicht relevant ist. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht nämlich ausgeführt, dass der Kläger entweder den ihm obliegenden (Haupt-) Beweis nicht geführt oder seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt hat, indem er selbst angesichts der vom Sachverständigen aufgezeigten und näher beschriebenen alternativen Möglichkeit einer Innendämmung eher allgemeine Einwendungen erhoben, aber keine konkreten Tatsachen zu den nur ihm bekannten Gegebenheiten der Immobilie vorgetragen hat.
Dabei hat das Landgericht die Grundsätze der sekundären Darlegungslast zutreffend zugrunde gelegt und deren Grenzen eingehalten. Diese greift, wenn eine an sich darlegungs- und beweispflichtige Partei außerhalb eines Geschehensablaufs steht und ihr eine nähere Behauptung zu den maßgeblichen Tatsachen daher nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Gegner die notwendigen Kenntnisse hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind. Dann muss der Gegner mit substantiiertem Tatsachenvortrag dem tatsächlichen Vorbringen der primär darlegungs- und beweispflichtigen Partei entgegentreten (BGH, Urt. v. 24. Januar 2019, IX ZR 110/17, NJW 2019, 1940 Rn. 46; Urt. v. 14. Juni 2005, VI ZR 179/04, NJW 2005, 2614/2615 a. E. [juris Rn. 18]; Urt. v. 3. Mai 2002, V ZR 115/01, NJW-RR 2002, 1280 [juris Rn. 8]; Urt. v. 24. November 1998, VI ZR 388/97, NJW 1999, 714 f. [juris Rn. 16]; Urt. v. 11. Juni 1990, II ZR 159/89, NJW 1990, 3151 f. [juris Rn. 10]; Laumen, MDR 2019, 193 ff.). Die Beklagte kann ihrer – insoweit unterstellten – primären Darlegungslast zu den Tatsachen, die für die Beurteilung der Aufwände für die verschiedenen Dämmmaßnahmen von Bedeutung sind, nicht nachkommen, weil sie zum klägerischen Gebäude keinen Zugang hat und über Mietverhältnisse oder sonst möglicherweise bedeutsame Umstände keine eigenen Kenntnisse hat. Dagegen ist es dem Kläger zumutbar, hierzu im Einzelnen vorzutragen. Damit oblag es ihm, die pauschale Behauptung der Beklagten zum Vorliegen der Voraussetzungen des Ausschlusstatbestands gemäß Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB substantiiert zu bestreiten.
b) Die weitgehend im tatrichterlichen Bereich liegende Würdigung, eine gleichwertige Dämmung könne ohne Inanspruchnahme des Grundstücks der Beklagten mit „vertretbarem Aufwand“ verwirklicht werden, unterliegt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur hinsichtlich der Frage, ob das Berufungsgericht den im Gesetz verwendeten Begriff des vertretbaren Aufwands verkannt oder bei der Gewichtung erheblichen Prozessstoff außer Betracht gelassen oder rechtlich unzutreffend gewürdigt hat, §§ 559, 545, 546, 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO.
Das ist nicht der Fall.
aa) Indem das Landgericht, sachverständig beraten, die für beide Alternativen der Dämmung anfallenden Kosten einander gegenübergestellt hat, hat es zutreffend den wesentlichen, in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzustellenden Gesichtspunkt gewürdigt.
bb) Kein Hinweis auf ein fehlerhaft verengtes Gesetzesverständnis ergibt sich daraus, dass das Landgericht die Wohnungsgröße von lediglich 32 m² Grundfläche nicht (explizit) thematisiert und abgewogen hat.
Das Gericht ist nicht – auch nicht als Ausfluss des Gebots rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) – verpflichtet, jedes Vorbringen der Parteien in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Allerdings müssen die wesentlichen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Gründen verarbeitet werden. Geht ein Gericht auf den wesentlichen Kern des Vorbringens einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. März 2019, 1 BvR 2721/16, juris Rn. 17; BGH, Beschluss vom 12. März 2019, VI ZR 435/18, NJW 2019, 1754 Rn. 7; jeweils m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen kann nicht davon ausgegangen werden, das Berufungsgericht habe den Vortrag zur Wohnungsgröße aufgrund einer rechtsfehlerhaft verengten Norminterpretation als von vorneherein für die Beurteilung bedeutungslos außer Acht gelassen, denn der Kläger hat, indem er sein tatsächliches Vorbringen auf Angaben zur Wohnungsgröße beschränkt hat, keine gewichtigen Auswirkungen des mit einer Innendämmung verbundenen Raumverlusts auf die Nutzbarkeit als Wohnung aufgezeigt. Solche liegen bei der angegebenen Quadratmeterzahl auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Wohnung zu Zwecken der Vermietung genutzt wird, zudem nicht auf der Hand. Zur Amtsermittlung aber ist das Gericht im Zivilprozess weder verpflichtet noch befugt.
Das erstmals mit der Revision geltend gemachte und ohnehin unsubstantiierte Vorbringen, die vorhandene Möblierung sei infolge der Verkleinerung – so wörtlich – „möglicherweise nicht mehr passend“, kann in der Revisionsinstanz keine Berücksichtigung finden, zumal es von der Revisionsbeklagten bestritten wurde. Deshalb muss nicht mehr auf die weiteren, kumulativ notwendigen Voraussetzungen eingegangen werden, unter denen ausnahmsweise neuer Tatsachenvortrag in der Revisionsinstanz berücksichtigungsfähig ist (vgl. BGH, Urt. v. 7. Mai 2013, X ZR 69/11, GRUR 2013, 713 Rn. 47 – Fräsverfahren m. w. N.; Heßler in Zöller, ZPO, § 559 Rn. 7).
cc) Die Revision vermisst eine Auseinandersetzung mit der klägerseitigen Behauptung, für eine Innendämmung seien der in der Wohnung vorhandene Dielenbelag aufzunehmen, der darunter befindliche Boden mit einer Wärmeisolierung zu versehen und danach die neuen Dielen zu verlegen. Dabei verkennt sie, dass nach den vom Berufungsgericht als überzeugend gewerteten Ausführungen des Sachverständigen die Dämmung der Kellergeschossdecke von unten erfolgt und der Bodenbelag des Fußbodens in der Wohnung nur in den Randbereichen wegen der dort anzubringenden Dämmkeile aufzunehmen ist. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht darüber hinaus den Antrag des Klägers, zur weitergehenden Klärung des Bodenaufbaus in Ergänzung der vom Sachverständigen hierzu getroffenen Feststellungen ein Gutachten einzuholen, mit der Begründung abgelehnt, der Antrag sei auf eine Ausforschung und nicht auf den Beweis einer Tatsachenbehauptung gerichtet.
Der Umstand, dass sich das Landgericht mit dem in der Revisionsbegründung als angeblich erforderlich dargestellten Aufwand nicht auseinandergesetzt hat, hat seinen Grund daher nicht in einer Verkennung des Gesetzes, sondern in einer entgegenstehenden, verfahrensfehlerfrei getroffenen Tatsachenfeststellung. Danach kann die Behauptung eines diesbezüglichen Aufwands aus prozessualen Gründen nicht in die Abwägung eingestellt werden.
dd) Soweit die Revision meint, ferner sei zu berücksichtigen, dass „in der Decke“ Stahlträger in Nord-Süd-Richtung verlaufen würden, wobei der äußere Stahlträger nur ca. 0,6 bis 0,7 m von der Außenwand entfernt liege, weshalb bei einer Innendämmung, bei der die Decke kalt bleibe, langfristig Schäden in der Deckenstatik zu erwarten seien, entfernt sie sich von den rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Urteilsfeststellungen. Eine rechtsfehlerhafte Gesetzesauslegung oder -anwendung des Berufungsgerichts zeigt sie hingegen nicht auf. Sie liegt auch nicht vor.
Das Landgericht hat das Vorbringen des Klägers zum Verlauf der Stahlträger und der deswegen nach seiner Behauptung aus Gründen der Bauphysik zu erwartenden Nachteile weder übergangen noch sonst verkannt. Zwar hatte der Kläger in erster Linie der sachverständigen Feststellung zum Verlauf der Stahlträger in Nord-Süd-Richtung widersprochen und behauptet, die Stahlträger würden in Ost-West-Richtung verlaufen; ihr Aufliegen auf der Außenwand würde Wärmebrücken verursachen. Die tatsächliche Lage der Stahlträger und deren Verlauf in Nord-Süd-Richtung hatte der Sachverständige jedoch ausweislich der Urteilsgründe bei seiner Prüfung, ob und mit welchen Maßnahmen eine den Vorgaben der EnEV entsprechende Innendämmung zu verwirklichen sei, berücksichtigt. Die Behauptung des Klägers über zu erwartende Nachteile hat der Sachverständige dabei gerade nicht bestätigt.
Dass die Behauptung des Klägers zu den von ihm angenommenen Nachteilen einer Innendämmung, auch soweit sie mit den in den Decken eingezogenen Stahlträgern in Verbindung gebracht wurden, auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme letztlich bei der Beurteilung der Zumutbarkeit unberücksichtigt geblieben ist, beruht mithin nicht auf einem rechtsfehlerhaft verengten Normverständnis. Die nach dem Sachverständigen aus technischer Sicht ohne weiteres möglichen Maßnahmen zur Vermeidung von Nachteilen sind als solche bei der landgerichtlichen Entscheidungsfindung, die sich die technische Beurteilung des Sachverständigen rechtsfehlerfrei zu eigen gemacht hat, berücksichtigt.
Das Vorbringen in der Revision, der Kläger habe auf die Problematik langfristiger Schäden in der Deckenstatik wegen der geringen Entfernung des äußeren Stahlträgers zur Außenwand unter entsprechendem Beweisangebot im Schriftsatz vom 11. Januar 2018 hingewiesen, stellt auch keine den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) ZPO genügende Verfahrensrüge dar, das Berufungsgericht habe diese Behauptung unter Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs oder gegen § 286 Abs. 1 ZPO übergangen. Lediglich Fundstelle und Inhalt des Vortrags sind angegeben; nicht dargestellt ist aber, dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen außer Acht gelassen habe (und die Entscheidung darauf beruhen könne).
Zudem ergibt sich aus den Gründen des Berufungsurteils, dass das Tatsachengericht die Einwände des Klägers berücksichtigt hat. Dort ist dargestellt, dass bei der auf Antrag des Klägers gemäß §§ 397, 402 ZPO durchgeführten Anhörung des Sachverständigen zum schriftlichen Ergänzungsgutachten der Verlauf der Stahlträger erneut Gegenstand der Befragung und der Ausführungen des Sachverständigen war. Auch waren der Kläger selbst und sein Prozessbevollmächtigter im Termin zur Anhörung des Sachverständigen anwesend und konnten ihre Fragen und Vorhaltungen anbringen.
In dem Umstand, dass das Berufungsurteil den Beweisantrag nicht ausdrücklich behandelt, liegt zudem kein Begründungsmangel i. S. v. § 547 Nr. 6 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1973, X ZB 18/72, juris Leitsatz 1 mit Rn. 6 f.).
ee) Die Frage, ob ein Schadensrisiko als Aufwand i. S. v. Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB berücksichtigungsfähig ist (vgl. zu § 275 Abs. 2 BGB: Ernst in Münchener Kommentar zum BGB, § 275 Rn. 90; Riehm in Beck-OGK BGB, § 275 Rn. 189) ist bei dieser Sachlage für die Entscheidung ohne Bedeutung. Auf der Basis der rechtsfehlerfrei getroffenen Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass dem Gebäude bei einer dem Stand der Technik entsprechend durchgeführten Innendämmmaßnahme ein bei einer Außendämmung vermeidbarer Schaden drohe.
ff) Als erfolglos erweist sich auch die Rüge, das Berufungsgericht habe die Schwierigkeit der Ausführung einer Innendämmung, die sich aus der Notwendigkeit der Vermeidung von Wärmebrücken ergebe, nicht abgewogen.
Diesbezüglich hat das Landgericht die Ausführungen des Sachverständigen wiedergegeben und seiner Entscheidungsfindung als zutreffend zugrunde gelegt, wonach es zwar richtig sei, dass bei einer Innendämmung besondere Maßnahmen zu ergreifen seien, diese jedoch z. B. mittels Dämmkeilen umgesetzt werden könnten. Weiter hat es den Sachverständigen dahingehend zitiert, dass bei einer Ausführung nach den Regeln der Kunst eine gleiche Effektivität wie mittels Außendämmung nicht zu bezweifeln sei. Danach hat das Landgericht, dem Sachverständigen folgend, die Notwendigkeit von Dämmmaßnahmen in den Übergangsbereichen von Böden und aufstehenden Wänden gesehen, aber mit dem Sachverständigen als mit üblichen Maßnahmen beherrschbare Aufgabe gewertet. Die hierfür anfallenden Kosten einer fachgerechten Ausführung haben Berücksichtigung gefunden. Schwierigkeiten, die daneben als unvertretbarer handwerklicher Aufwand in die Abwägung einzustellen sein könnten, hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß auf Tatsachenebene verneint.
gg) Die zusätzliche Kostenbelastung des Klägers aufgrund der Tatsache, dass sein Mieter die Wohnung während der Dauer der Arbeiten verlassen muss, der Kläger für den Sanierungszeitraum demnach mit einer Mietminderung auf „Null“ zu rechnen und Mehrausgaben für eine ersatzweise anzubietende Unterkunft zu gewärtigen haben wird, hat ausweislich der Urteilsgründe Berücksichtigung gefunden. Denn das Landgericht hat sich ausdrücklich die sachverständige Schätzung des Zeitaufwands von zehn Tagen zu eigen gemacht und hieran im Rahmen der Abwägung eine eigene Würdigung angeschlossen mit den Worten: „was als vertretbar anzusehen ist“. Dies gelte umso mehr, „wenn der Kläger, wie er im Berufungshaupttermin angedeutet hat, sogar eine Gesamtsanierung des Gebäudes plant, weil dann der Mieter ohnehin wohl ausziehen müsste“. Dass darüber hinaus spürbarer (Mehr-) Aufwand im Mietverhältnis zu erwarten sei, etwa im Zusammenhang mit der nach § 555a Abs. 2 BGB bzw. § 555c BGB vorzunehmenden Ankündigung der Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahme gegenüber dem Mieter oder zur Durchsetzung einer mieterseitigen Duldungspflicht (§ 555a Abs. 1, § 555d BGB) oder aus sonstigen Gründen, ist schon nicht vorgetragen.
hh) Indem das Landgericht bei dieser Sachlage zur Beantwortung der Frage, ob eine – gleich wirksame – Wärmedämmung mit vertretbarem Aufwand auf andere Weise als durch eine Außendämmung vorgenommen werden könne, einen kostenmäßigen Vergleich der Alternativen vorgenommen hat, hat es mithin für seine Beurteilung den im vorliegenden Einzelfall maßgeblichen Aufwand für Außen- bzw. Innendämmung gegenübergestellt, ohne sonstige, für die Beurteilung der Vertretbarkeit erhebliche Gesichtspunkte außer Acht zu lassen. Dies lässt ein fehlerhaftes Gesetzesverständnis nicht erkennen.
4. Gegen die Wertung des Berufungsgerichts, die Möglichkeit einer Innendämmung als Alternative zur Außendämmung sei grundsätzlich berücksichtigungsfähig und vorliegend geeignet, den Ausschluss des Duldungsanspruchs zu begründen, wendet die Revision ohne Erfolg ein, die vorgenommene Betrachtung laufe der Intention des Gesetzgebers zuwider und verkehre den aus der Gesetzesbegründung ersichtlichen Regel-Grundsatz in sein Gegenteil.
a) Maßnahmen der Innendämmung sind bei der nach Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB geforderten Prüfung der Verfügbarkeit von Alternativen zur Außendämmung zu berücksichtigen. Der Gesetzeswortlaut gibt keinen Anhaltspunkt für eine Auslegung dahingehend, dass Maßnahmen der Innendämmung von vorneherein nicht berücksichtigungsfähig seien. Weil es nach dem weit gefassten Wortlaut der Norm für das Bestehen einer Duldungspflicht lediglich darauf ankommt, ob eine vergleichbare Wärmedämmung „auf andere Weise als durch eine Außendämmung“ mit vertretbarem Aufwand vorgenommen werden kann, ist für eine gesetzliche Beschränkung der in die Vergleichsbetrachtung einzustellenden Alternativmaßnahmen nichts ersichtlich.
Die gesetzliche Regelung des Überbaurechts für Wärmedämmmaßnahmen im Freistaat Bayern unterscheidet sich insofern von der Regelung im Berliner Nachbarrechtsgesetz (NachbG Bln). Aus der Verweisung in § 16a Abs. 4 NachbG Bln auf § 17 Abs. 3 NachbG Bln, nicht hingegen auf § 17 Abs. 1 NachbG Bln, wird gefolgert, dass der Nachbar des überbauwilligen Eigentümers zur Duldung des Wärmeüberbaus unabhängig davon verpflichtet ist, ob die Maßnahme „anders nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten“ – so die Bestimmung in § 17 Abs. 1 Nr. 1 NachbG Bln für das Hammerschlags- und Leiterrecht – vorgenommen werden kann; das Überbaurecht ist vielmehr lediglich so zügig und schonend wie möglich auszuüben und darf nicht zur Unzeit geltend gemacht werden, § 16a Abs. 4, § 17 Abs. 3 NachbG Bln (AG Pankow/Weißensee, Urt. v. 24. Januar 2018, 7 C 245/17, MDR 2019, 932 f.). Die Fassung der für den Freistaat Bayern in Art. 46a Abs. 1 AGBGB erlassenen Regelung ist damit nicht vergleichbar.
Für eine einschränkende Normauslegung bieten auch die Gesetzgebungsmaterialien keine Basis. Dort heißt es (LT-Drs. 16/9583 S. 4/5): „Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hat … die Dämmung auf dem eigenen Grundstück Vorrang, soweit mit ihr die angestrebten Dämmwerte erzielt werden können und der Aufwand nicht außer Verhältnis steht. Im Allgemeinen wird allerdings davon auszugehen sein, dass eine Innendämmung aus bauphysikalischen Gründen (Wärmebrückeneffekte, Taupunktproblematik etc.) keine mit der Außendämmung vergleichbare Dämmwirkung nach sich zieht oder nur bei unverhältnismäßigem Aufwand eine vergleichbare Dämmwirkung hat. Es wird daher im Regelfall das Aufbringen einer Außendämmung geboten sein.“
Diese Aussagen erlauben es nicht, Maßnahmen der Innendämmung als von vorneherein nicht berücksichtigungsfähige Ausführungsalternative zu betrachten (anders wohl: Grziwotz/Saller, Bayerisches Nachbarrecht, 2. Teil Rn. 62g). Die Formulierung („Im Allgemeinen wird allerdings davon auszugehen sein, dass …“ sowie „Es wird daher im Regelfall das Aufbringen einer Außendämmung geboten sein.“) zeigt, dass hier die Einschätzung des Gesetzgebers über das aus seiner Sicht erwartbare Ergebnis der im Einzelfall vorzunehmenden Prüfung wiedergegeben ist. Gleichzeitig werden die Gründe für diese Erwartung mitgeteilt. Eine (sachverständige) Feststellung des Inhalts, dass eine Innendämmung stets bauphysikalische Probleme mit sich bringe, aufgrund derer allenfalls mit unverhältnismäßigem Aufwand eine vergleichbare Dämmwirkung erreicht werden könne, ergibt sich daraus nicht. Die geäußerte Annahme darüber, ob regelmäßig oder nur ausnahmsweise andere, mit vertretbarem Aufwand zu verwirklichende Maßnahmen zur Verfügung stehen werden, bietet keine Grundlage für ein einschränkendes Gesetzesverständnis.
Nichts anderes gilt dann, wenn aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles die Beurteilung, ob der für die Innendämmung erforderliche Aufwand als vertretbar anzusehen ist, im Wesentlichen oder ausschließlich auf einen Kostenvergleich hinausläuft. Eine andere Intention des Gesetzgebers ist mit den Gesetzesmaterialien nicht begründbar, selbst dann nicht, wenn die Annahme der Revision zutreffen sollte, die Innendämmung würde sich kostenmäßig generell nicht erheblich von einer Außendämmung unterscheiden. Der Gesetzgeber war sich ausweislich der Gesetzesbegründung dessen bewusst, dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Dämmung auf dem eigenen Grundstück grundsätzlich Vorrang vor der Inanspruchnahme benachbarten Eigentums hat.
Ob sich die Annahme des Gesetzgebers, die Außendämmung werde die Regel bleiben, bestätigen wird oder nicht, ist für die Gesetzesauslegung nicht erheblich. Selbst wenn sich der Gesetzgeber bei seiner Einschätzung geirrt haben und der Schluss auf das angenommene Regel-Ausnahme-Verhältnis daher unzutreffend sein sollte, würde dies nicht die Möglichkeit einer einschränkenden Gesetzesauslegung in dem Sinne eröffnen, dass die Innendämmung als alternative Bauweise stets dann außer Betracht zu bleiben habe, wenn in die Abwägung neben dem Kostenaufwand kein oder kein relevanter sonstiger Aufwand einzustellen ist.
b) Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist es nicht geboten, in solchen Fällen generell der Außendämmung den Vorzug zu geben und die Innendämmung als „unvertretbar“ zu werten, mithin die Voraussetzungen des mit Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGBGB normierten Ausschlusstatbestands als erfüllt anzusehen. Eine Deutung der Norm in diesem Sinne ist nicht zur Erfüllung der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gemäß Art. 20a GG erforderlich, denn Voraussetzung für den Ausschluss des Überbauanspruchs ist nach dem einfachgesetzlichen Gebot ausdrücklich ein vergleichbarer Dämmeffekt der alternativen Bauweise. Der Ausschluss kommt mithin nur zur Anwendung, wenn der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen mit der Alternativmaßnahme vergleichbar gut erreicht wird wie mit der Außendämmung. Das Staatsschutzziel des Umweltschutzes – hier unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz beheizter Gebäude – ist somit nicht beeinträchtigt, wenn in dieser Situation für die Frage der Vertretbarkeit des zu betreibenden Aufwands im konkreten Fall keine anderen als Kostengesichtspunkte abzuwägen sind.
Für die Gesetzesauslegung und -anwendung bleibt somit unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten (vgl. BVerfG, Urt. v. 31. Mai 2016, 1 BvR 1585/13, BVerfGE 142, 74 Rn. 82; Beschluss vom 18. Juli 2015, 1 BvQ 25/15, NJW 2015, 2485 Rn. 6; Beschluss vom 14. September 2010, 1 BvR 1504/10, GRUR-RR 2011, 217/218 Rn. 13; Herdegen in Maunz/Dürig, GG, 87. EL Stand: März 2019, Art. 1 Abs. 3 Rn. 64 f.; Schubert in Münchener Kommentar zum BGB, § 242 Rn. 53) die gegenüber beiden Grundstücksnachbarn bestehende staatliche Schutzpflicht aus Art. 14 Abs. 1 GG relevant, ohne dass mit Blick auf Art. 20a GG aus der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG, Art. 158 Satz 1 BV) ein Vorrang der Interessen des überbauwilligen Nachbarn abgeleitet werden könnte. Dabei erfordert der vorliegende Fall keinen Ausspruch darüber, ob die Landesnorm materiell verfassungsgemäß ist, insbesondere ob der Gesetzgeber im Rahmen des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums die grundrechtlich geschützten Interessen des vom Überbau betroffenen Nachbarn mit den formulierten Einschränkungen der Duldungspflicht ausreichend berücksichtigt hat (vgl. BVerfG, NJW-RR 2008, 26/27 f. bejaht für § 7b NRG BW). Die staatliche Schutzpflicht aus Art. 1 Abs. 3, Art. 14 Abs. 1 GG verbietet jedenfalls ein Normverständnis dahingehend, den Interessen des überbauwilligen Grundstückseigentümers an einer Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks von vorneherein den Vorzug vor dem Eigentumsinteresse des Nachbarn zu geben, wenn neben dem Kostenfaktor letztlich keine anderen relevanten Gesichtspunkte in die Abwägung eingestellt werden können und unter Würdigung der für die Alternativmaßnahme aufzuwendenden Kosten der Aufwand als vertretbar anzusehen ist.
c) Auch der Grundsatz des effet utile im Hinblick auf die Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (ABl. L 153 v. 18. Juni 2010, S. 13), der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (Energieeffizienzrichtlinie – EnEff-RL, ABl. L 315 vom 14. November 2012, S. 1) und der im Rahmen der in Art. 4 Abs. 3 EUV statuierten Loyalitätspflicht zu berücksichtigenden Richtlinie 2018/844/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz (ABl. L 156 vom 19. Juni 2018, S. 75) sowie der Richtlinie 2018/2002/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz (ABl. L 328 vom 21. Dezember 2018, S. 210) ist in dieser Situation nicht berührt.
d) Bei der Frage, ob im konkreten Fall mit einer Innendämmung eine mit der Außendämmung vergleichbare Wirkung erreicht werden kann und welcher Aufwand hierfür anfällt, handelt es sich um eine – auch unter Berücksichtigung der Bauphysik – zu entscheidende Tatsachenfrage, deren Beantwortung von den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls abhängt (vgl. auch Bruns, VBlBW 2014, 4/7 hinsichtlich der vergleichbaren Bestimmung in § 7c Abs. 1 Satz 2 NachbarRG BW). Diese Frage hat das Tatsachengericht für den vorliegenden Einzelfall auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens mit der Feststellung beantwortet, dass ein vergleichbarer Wärmeschutz durch Maßnahmen der Innendämmung erreicht werden kann, bauphysikalische Gesichtspunkte einer Ausführung als Innendämmung nicht entgegenstehen und die in diesem Zusammenhang zu beachtenden Faktoren mit üblichen Werkstoffen sowie bekannter handwerklicher Technik bei vergleichbarem Kostenaufwand bewältigt werden können.
Die sich daran anschließende Rechtsfrage, ob es dem Kläger zumutbar ist, die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks zu bewerkstelligen, hat es ohne Rechtsfehler bejaht. Dass sich die Wertung letztlich auf einen Kostenvergleich fokussiert, ist – wie ausgeführt – den tatsächlichen Umständen des Falls geschuldet und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
5. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, dass für den geltend gemachten Duldungsanspruch auch sonst keine Rechtsgrundlage gegeben ist.
Aus dem auch im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis geltenden allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine selbständige Verpflichtung nur im Ausnahmefall hergeleitet werden (BGH, Urt. v. 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392). Das Interesse des Gebäudeeigentümers und der Allgemeinheit an einer Wärmedämmung begründen auch unter Berücksichtigung des in Art. 20a GG verfassungsrechtlich normierten Staatsauftrags zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen für die künftigen Generationen einen solchen Ausnahmefall nicht (BGH, NZM 2017, 855 Rn. 16).
III.
Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat der Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.


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