Baurecht

Rechtswidriger Ausschluss im Rahmen öffentlicher Ausschreibung von Reinigungsleistungen

Aktenzeichen  Verg 11/20

Datum:
29.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4761
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GWB § 124 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Gemäß § 124 Abs. 1 GWB kommt ein Ausschluss eines Bieters nur unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Betracht. Daraus folgt die Pflicht des Auftraggebers, dem Unternehmen vor seinem Ausschluss rechtliches Gehör zu verschaffen, damit es unter anderem die Möglichkeit erhält, die Vorwürfe zu widerlegen oder mögliche Selbstreinigungsmaßnahmen darzulegen. Zudem ist die vorherige Anhörung auch im Hinblick auf die erforderliche Prognoseentscheidung von erheblicher Bedeutung. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Vor einem Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ist eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen und zu dokumentieren, ob von dem fraglichen Bieter unter Berücksichtigung der festgestellten früheren Schlechtleistung im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten ist, dass er den nunmehr zu vergebenden Auftrag nicht gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführen werde. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Ausschluss eines Bieters nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB liegt im Ermessen des Auftraggebers. Die Ermessensentscheidung ist von den Nachprüfungsinstanzen allerdings nur daraufhin zu überprüfen, ob das Ermessen überhaupt ausgeübt wurde (Ermessensausfall), ob eine Maßnahme getroffen wurde, die sich nicht mehr in dem durch die Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen hält (Ermessensüberschreitung) und ob eine Ermessensfehlgebrauch vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber relevante Aspekte nicht berücksichtigt, sich auf sachfremde Erwägungen stützt oder Aspekten ein Gewicht beimisst, das ihnen nicht zukommt. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RMF-SG21-3194-5-21 2020-09-14 Bes VKNORDBAYERN Vergabekammer Ansbach

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 14.09.2020, Az. RMF-SG21-3194-5-21, aufgehoben.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Verfahren in das Stadium vor der Entscheidung über den Ausschluss der Antragstellerin zurückzuversetzen und das Verfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats fortzuführen.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 173 GWB und der Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.
3. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor der Vergabekammer durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

Gründe

I.
Die Stadt B. (Zentrale Beschaffungs- und Vergabestelle) schrieb mit europaweiter Bekanntmachung vom 02.04.2020 Reinigungsleistungen für das H.-Gymnasium B. im offenen Verfahren aus. Streitgegenständlich ist vorliegend das Los 2 (Glasreinigung).
Hinsichtlich des Loses 1 (Unterhalts- und Grundreinigung sowie Pflegefilmsanierung H.-Gymnasium), für das die Antragstellerin ebenfalls ein Angebot abgegeben hatte, teilte die Vergabestelle mit Schreiben vom 20.05.2020 mit, dass das Offene Verfahren wegen Fehler in den Vergabeunterlagen aufgehoben und ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt werde. Auch der Antragstellerin wurden die Vergabeunterlagen übersandt, diese gab erneut ein Angebot ab, rügte das Vorgehen jedoch als rechtswidrig und wandte sich auch diesbezüglich mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 14.09.2020, Az. RMF-SG21-3194-5-25, in dem eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin festgestellt wurde, legte der Antragsgegner sofortige Beschwerde ein, die er auf Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2021 zurückgenommen hat.
Der bisherige Reinigungsvertrag für das H.-Gymnasium mit der Antragstellerin war vom Antragsgegner mit ordentlicher Kündigung zum 30.06.2020 beendet worden. Die Antragstellerin war ferner vom Antragsgegner mit der Unterhalts-, Grund- und Glasreinigung für das D.-Gymnasium B. beauftragt. Mit Schreiben vom 02.03.2020 (Anlage MBK 1 = Bl. 180 d.A. der Vergabekammer) erklärte der Antragsgegner die außerordentliche Kündigung dieses Reinigungsvertrags zum 30.06.2020 und sprach mit weiterem Schreiben vom selben Tag eine Sperre für die Erteilung künftiger Aufträge bis zum 31.03.2022 aus.
Für das streitgegenständliche Los 2 gaben die Antragstellerin und die Beigeladene fristgerecht Angebote ab, wobei das Angebot der Antragstellerin das preislich niedrigste war.
Mit Schreiben vom 20.05.2020 (Anlage ASt 2 = Bl. 30 d.A. der Vergabekammer) informierte die Vergabestelle die Antragstellerin, dass die Erteilung des Zuschlags an die Beigeladene beabsichtigt sei. Die Antragstellerin sei aufgrund der Sperre von der Wertung ausgeschlossen. Mit Schreiben vom 26.05.2020 rügte die Antragstellerin den Ausschluss. Die Vergabestelle half mit Schreiben vom 28.05.2020 (ASt. 4 = B. 34 d.A. der Vergabekammer) der Rüge insoweit ab, als die Sperre zurückgenommen wurde. Des Weiteren erklärte die Vergabestelle, die Antragstellerin werde aber nach § 124 Abs. 1 Ziff. 7 GWB ausgeschlossen, da bei der Ausführung der Reinigungsleistungen für das H.-Gymnasium erhebliche Mängel aufgetreten seien. Die Fortführung des gestörten Vertragsverhältnisses sei der Stadt B. nicht zumutbar. Im Vergabevermerk vom 28.05.2020 (Bl. 251f d.A. der Vergabekammer) führt der Antragsgegner zur Begründung des Ausschlusses im Wesentlichen aus, im Vorfeld der Kündigung des Reinigungsvertrags H.-Gymnasium seien des Öfteren Mängel der Reinigungsleistung aufgetreten. Vor allem seien erhebliche unzählige dokumentierte Mängel bei der Reinigung im D.-Gymnasium festgestellt worden. Ein milderes Mittel, um ein sauberes Schulhaus zu garantieren, sei nicht in Sicht. Der Ausschluss sei geeignet, um für die Auftragserteilung eine andere, voraussichtlich besser geeignete Firma über die Auswertungsmatrix finden zu können.
Mit Schreiben vom 03.06.2020 (Anlage ASt 5 = 36 d.A. der Vergabekammer) rügte die Antragstellerin den Ausschluss. Dieser Rüge half die Vergabestelle nicht ab (Anlage ASt 6 = Bl. 37 d.A. der Vergabekammer).
Mit Schriftsatz vom 05.06.2020, eingegangen bei der Vergabekammer am selben Tag, stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag.
Während des Nachprüfungsverfahrens sprach der Antragsgegner mit Schreiben vom 14.08.2020 und vom 08.09.2020 erneut jeweils eine außerordentliche Kündigung des Reinigungsvertrags für das D.-Gymnasium u.a. wegen eines Nachunternehmereinsatzes der Antragstellerin aus. Im ergänzten Vergabevermerk vom 29.07.2020 (Anlage MBK 10 = Bl. 416 d.A. der Vergabekammer) ist ausgeführt, das Vertrauensverhältnis sei wegen des erst im Nachprüfungsverfahren bekannt gewordenen Nachunternehmerseinsatzes zerrüttet und es herrsche „ein großes Misstrauen und ein ungutes Gefühl“ der Antragstellerin gegenüber. Der Antragsgegner sei dringend darauf angewiesen, jederzeit zu wissen, wer sich in den Schulen aufhalte. Zudem sei völlig unklar, ob der Nachunternehmer für die Reinigungsleistung geeignet sei. Die Antragstellerin habe das Vertrauen missbraucht und die Stadt B. bewusst uninformiert bezüglich der Grundreinigungskräfte belassen. Eine vorzeitige Kündigung des Vertrags erfolge auch aus diesem Grund.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Antragsgegner verweigere ihr zu Unrecht die Teilnahme am Wettbewerb. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss seien nicht erfüllt. Sie habe bezüglich der Reinigung des D.-Gymnasiums sämtliche vom Antragsgegner gerügte Mängel umgehend beseitigt. Der Antragsgegner habe die Nachbesserungsleistungen auch jeweils abgenommen, wie sich aus den vorgelegten Arbeitsscheinen ergebe. Die außerordentliche Kündigung sei ohnehin unwirksam, da es an einer Abmahnung, einem Ausspruch innerhalb angemessener Frist und einer Vertretungsmacht des Unterzeichners des Kündigungsschreibens fehle. Der Einsatz eines Nachunternehmers im D.-Gymnasium sei dem dortigen Hausmeister bekannt gewesen. Die ordentliche Kündigung hinsichtlich des Reinigungsvertrags H.-Gymnasium erfülle die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Ziff. 7 GWB nicht. Zudem habe der Antragsgegner sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Er habe weder der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt nachzuweisen, dass sie die ausgeschriebenen Reinigungsleistungen ordnungsgemäß erbringen könne, noch habe er berücksichtigt, dass die Antragstellerin ihre internen Prozesse verändert habe und keine Nachunternehmer für den fraglichen Auftrag einsetzen möchte.
Die Antragstellerin hat im Nachprüfungsverfahren beantragt,
1. gemäß § 168 Abs. 1 GWB geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.
2. hilfsweise andere geeignete Maßnahmen anzuordnen, um die Rechtsmäßigkeit des Vergabeverfahrens herzustellen.
3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
Der Antragsgegner hat beantragt,
1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
2. festzustellen, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für den Antragsgegner notwendig war.
Der Antragsgegner meint, er habe die Antragstellerin zu Recht von der Vergabe ausgeschlossen. Der Ausschluss sei wegen der im Rahmen der Reinigung des D.-Gymnasiums aufgetretenen, wiederholten, gravierende und dokumentierte Schlechtleistungen gerechtfertigt. Auf die Rügen sei in vielen Fällen keine Reaktion oder keine ordnungsgemäße Nachbesserung erfolgt. Eine Abnahme auf den Arbeitsscheinen sei nur mit dem Kürzel „u.V.“, also unter Vorbehalt, erfolgt. Der Einsatz eines Nachunternehmers am D.-Gymnasium, der dem Antragsgegner erst mit dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 09.07.2020 bekannt geworden sei, rechtfertige ebenfalls den Ausschluss. Auch im H.-Gymnasium seien die Leistungen mangelhaft gewesen. Der Antragsgegner habe sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Insbesondere sei die Prognose einer Ermessensentscheidung immanent, wenn der Auftraggeber über die Eignung eines Bieters entscheide. Auch die sonstigen Einwände der Antragstellerin seien unbegründet, abgesehen davon müsse die zivilrechtliche Wirksamkeit einer Kündigung nicht im Rahmen des § 124 Abs. 1 Ziff. 7 GWB geprüft werden.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Der Tatbestand des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB sei erfüllt. Die Antragstellerin habe mit dem Schreiben vom 02.03.2020 den Reinigungsvertrag betreffend das D.-Gymnasium zum 30.06.2020, mithin vorzeitig, beendet. Diese Beendigung habe die Antragstellerin klaglos hingenommen. Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 02.03.2020 sei die Grundreinigung der Turnhalle 2019 mangelhaft ausgeführt worden. Auch die Glasreinigung sei gemäß dem Kündigungsschreiben nicht vertragsgemäß erfolgt. Die Kündigung vom 02.03.2020 sei nicht mangels Vertretungsmacht unwirksam. Außerdem wäre nach Ansicht der Vergabekammer auch wegen des nicht mitgeteilten Nachunternehmereinsatzes eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen. Die Vergabestelle habe das Ermessen sachgerecht ausgeübt und die Eignungsprognose beurteilungsfehlerfrei abgegeben. Insbesondere die Erwägungen bezüglich des nicht angezeigten Nachunternehmereinsatzes seien geeignet, nachvollziehbar und ermessensfehlerfrei im Hinblick auf § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB. Der Antragsgegner habe im ergänzten Vergabevermerk ausführlich begründet, dass derzeit eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht möglich sei. Insoweit habe die Vergabestelle auch die nötige Eignungsprognose angestellt. Eine Selbstreinigung könne nicht in Betracht gezogen werden. Bezüglich der Geschäftsführung der Antragstellerin seien keine Maßnahmen ergriffen worden, ein Fehlverhalten wie die unterlassene Anzeige des Nachunternehmereinsatzes künftig zu vermeiden.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Ziff. 7 GWB lägen nicht vor. Die Vergabekammer habe sich zu Unrecht nicht mit den vorgelegten Arbeitsscheinen und dem Vortrag der Antragstellerin zur zeitnahen Nachbesserung von Mängeln befasst. Eine klaglose Hinnahme der Kündigung vom 02.03.2020 sei kein Akzeptieren der Kündigung und genüge entgegen der Ansicht der Vergabekammer nicht. Der Nachunternehmereinsatz sei dem Antragsgegner bekannt gewesen; ggf. hätte die Vergabekammer Beweis erheben müssen. Die Vergabekammer hätte zudem die zivilrechtliche Wirksamkeit der Kündigung prüfen müssen. Der Antragsgegner habe sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, die Antragstellerin nicht angehört und die Selbstreinigungsmaßnahmen nicht ordnungsgemäß gewürdigt. Die Antragstellerin habe alles unternommen, damit die vom Antragsgegner bemängelten (vermeintlichen) Fehler nicht wieder vorkämen, insbesondere organisatorische Abläufe umstrukturiert. Ein Austausch der Geschäftsführung, die diese Maßnahmen freiwillig angestoßen habe, sei nicht angezeigt. Im Übrigen fehle es an einer dokumentierten Prognoseentscheidung. Der Antragsgegner setze fälschlich Ermessensentscheidung und Eignungsprognose gleich.
Die Antragstellerin beantragt daher,
1. die Entscheidung der Vergabekammer aufzuheben.
2. die Vergabekammer Nordbayern zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
3. hilfsweise in der Sache selbst zu entscheiden und geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.
4. hilfsweise andere geeignete Maßnahmen anzuordnen, um die Rechtsmäßigkeit des Vergabeverfahrens sicherzustellen.
5. äußerst hilfsweise, dem Antragsgegner aufzugeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Vergabeverfahren „Reinigungsleistung H.-Gymnasium (Los 2)“ in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen.
6. festzustellen, dass die Antragstellerin durch den Antragsgegner in ihren Rechten verletzt ist.
7. die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner verteidigt den Beschluss der Vergabekammer und wiederholt und vertieft seinen bisherigen Vortrag. Eine unbeanstandete Abnahme von Nachbesserungen habe nicht stattgefunden. Auch der vertragswidrige Nachunternehmereinsatz erfülle die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB. Im Übrigen genüge es, wenn die Kündigung aufgrund der Vorkommnisse plausibel und nicht willkürlich erscheine. Auch sei zu berücksichtigen, dass § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB für den öffentlichen Auftraggeber praktikabel sein müsse.
Eine ausreichende Anhörung der Antragstellerin vor deren Ausschluss habe stattgefunden. Hierfür genüge der E-Mail-Verkehr zwischen Antragstellerin und Antragsgegner in Bezug auf die Mängel, in denen zudem die Kündigung des Reinigungsvertrags angedroht worden sei. Eine gesonderte Prognosedokumentation sei nicht nötig, sondern als Teil der Ermessensentscheidung einzubeziehen. Die vom Antragsgegner dokumentierte Ermessensentscheidung genüge zudem in jedem Fall. Eine Ermessensentscheidung über die Eignung liege vor.
Der Senat hat mit Beschluss vom 12.10.2020 antragsgemäß die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde angeordnet. Hieran wurde im Zuge der Ladungsverfügung vom 02.12.2020 festgehalten (Bl. 71 d.A.).
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2021 Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, und hat in der Sache Erfolg.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
1.1. Der Antragsgegner ist öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 3 GWB, da Mitglieder des Zweckverbands die Stadt und der Landkreis B. sind.
1.2. Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags wird nicht dadurch berührt, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag die Stadt B. als Antragsgegner benannt hat.
1.2.1. Richtiger Antragsgegner ist der Zweckverband Gymnasien Stadt und Landkreis B. Dies hat der Antragsgegner auf Hinweis des Senats selbst klargestellt. Zudem ist aus dem „Entwurf des abzuschließenden Gebäudereinigungsvertrags“ (Bl. 157 der Akte Vergabestelle, Band I zu Los 2) ersichtlich, dass dieser zwischen dem Auftragnehmer und dem „Zweckverband, vertreten durch den Verbandsvorsitzenden“ geschlossen werden solle. Maßgeblich für die Bestimmung des richtigen Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren sind die zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen (ausführlich OLG München, Beschluss vom 31.05.2012, Verg 4/12, juris Tz. 13).
1.2.2. Indessen dürfen die Anforderungen an einen Nachprüfungsantrag angesichts des hohen Zeitdrucks nicht überspannt werden. Ungewissheiten hinsichtlich des Auftraggebers sind von Amts wegen aufzuklären und gehen nicht zu Lasten des Bieters. Es ist deshalb anerkannt, dass sich der Bieter im Nachprüfungsantrag darauf beschränken kann, die Vergabestelle als Antragsgegner zu nennen. Selbst bei anwaltlich vertretenen Bietern steht dies der Zulässigkeit des Verfahrens nicht entgegen, wenn sich aus der Antragsschrift bzw. den Anlagen zweifelsfrei ergibt, welcher konkrete Beschaffungsvorgang zur Überprüfung gestellt wird. Die Vergabekammer oder der Senat berichtigen sodann von Amts wegen das Rubrum (OLG München, Beschluss vom 31.05.2012, Verg 4/12, juris Tz. 15).
Vorliegend ergibt sich aus dem Nachprüfungsantrag samt Anlagen zweifelsfrei, welche konkrete Ausschreibung angegriffen werden soll. Das Rubrum wurde bereits von der Vergabekammer zutreffend berichtigt. Dass die unzutreffende Nennung der Stadt B. als Antragsgegner nicht zu Lasten der Antragstellerin gehen darf, ergibt sich zudem aus den falschen Angaben der Vergabestelle selbst. In der Auftragsbekanntmachung ist als „öffentlicher Auftraggeber“ genannt „Stadt B. / Zentrale Beschaffungs- und Vergabestelle“. In dem Informationsschreiben gemäß § 134 GWB vom 20.05.2020 (Anlage Ast 2 = Bl. 30 d.A. der Vergabekammer) wird ausschließlich die Stadt B. genannt. Im Ausschlussschreiben vom 28.05.2020 (Anlage ASt 4 = Bl. 34 d.A. der Vergabekammer) wird mit dem Briefkopf der Stadt B. ausgeführt: Der „Stadt B.“ könne „nicht zugemutet werden, den Zuschlag für die Glasreinigung an die Firma K. zu erteilen“.
Für einen Bieter war es daher von erheblicher Schwierigkeit, den richtigen Antragsgegner zu benennen.
1.3. Die Antragstellerin ist antragsbefugt, § 160 Abs. 2 GWB. Sie hat selbst ein Angebot abgegeben, das unstreitig das „mindestnehmende“ war, und wurde nach § 124 Abs. 1  Nr.7 GWB ausgeschlossen.
1.4. Der Nachprüfungsantrag ist nicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 4 GWB unzulässig.
Die Antragstellerin hat den ihr mit Schreiben vom 28.05.2020 (ASt 4) mitgeteilten Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB mit Schreiben vom 03.06.2020 gerügt. Gegen die Mitteilung der Vergabestelle, dieser Rüge nicht abhelfen zu wollen, hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 05.06.2020, eingegangen am selben Tag, den Nachprüfungsantrag eingereicht.
2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet.
Die Ausschlussentscheidung ist so, wie sie getroffen wurde, rechtlich nicht haltbar.
Der Senat verkennt nicht, dass es Vorfälle gab, aufgrund derer man einen Ausschluss der Antragstellerin in Betracht ziehen könnte. So kam es unstreitig im Rahmen des Reinigungsvertrages für das D.-Gymnasium wiederholt zu Beanstandungen der erbrachten Reinigungsleistungen. Ebenso unstreitig ist, dass dies zu Rechnungskürzungen und einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt hat, mögen die Beteiligten auch über einzelne rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Kündigung streiten. Was den – ohne schriftliche Zustimmung grundsätzlich unzulässigen – Nachunternehmereinsatz angeht, ist die Tatsache als solche ebenfalls unstreitig. Es ist allerdings rechtlich problematisch, ob und wie dieser Aspekt bei einer Ausschlussentscheidung nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB berücksichtigt werden könnte, nachdem der Antragsgegner den Vertrag bereits vorher (und gänzlich unabhängig von dem Nachunternehmereinsatz) gekündigt und die Zusammenarbeit beendet hat. In Bezug auf den beendeten Reinigungsvertrag für das H.-Gymnasium beruft sich der Antragsgegner zwar auf „erhebliche Mängel“, schildert hierzu aber keine näheren Einzelheiten. Ob die vom Antragsgegner herangezogenen Aspekte die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB erfüllen würden, kann mangels hinreichend ermittelter Tatsachengrundlage nicht abschließend vom Senat beurteilt werden. Es bedarf insoweit auch keiner vertieften Prüfung und Entscheidung.
Denn die Ausschlussentscheidung des Antragsgegners entspricht mangels vorheriger Anhörung der Antragstellerin, mangels einer Prognoseentscheidung und mangels einer ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens nicht den Anforderungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB. Der Antragsgegner hat daher bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Verfahren in das Stadium vor der Entscheidung über den Ausschluss der Antragstellerin zurückzuversetzen und das weitere Verfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut durchzuführen.
2.1. Vor einer Ausschlussentscheidung nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB bedarf es in aller Regel einer vorherigen Anhörung des betroffenen Bieters. Eine solche ist hier nicht erfolgt.
2.1.1. Gemäß § 124 Abs. 1 GWB kommt ein Ausschluss eines Bieters nur unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Betracht. Daraus folgt die Pflicht des Auftraggebers, dem Unternehmen vor seinem Ausschluss rechtliches Gehör zu verschaffen, damit es unter anderem die Möglichkeit erhält, die Vorwürfe zu widerlegen oder mögliche Selbstreinigungsmaßnahmen nach § 125 GWB darzulegen (EuGH, Urteil vom 03.10.2019, C-267/18, juris Tz. 37; Friton in: BeckOK Vergaberecht, 18. Ed., GWB § 124 Rz. 95; Stolz in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., GWB § 124 Rz. 2; Kaufmann in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl., GWB § 124 Rz. 107 i.V.m. § 123 Rz. 78). Zudem ist die vorherige Anhörung auch im Hinblick auf die erforderliche Prognoseentscheidung (s. unten Ziff. 2.2) von erheblicher Bedeutung.
2.1.2. Gründe, aus denen vorliegend ausnahmsweise die vorherige Anhörung der Antragstellerin entbehrlich gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
Eine Anhörung vor Ausschluss der Antragstellerin mit Schreiben vom 28.05.2020 (Anlage Ast 4 = Bl. 34 d.A.) ist nicht erfolgt. Unbehelflich ist insoweit der Verweis des Antragsgegners auf den E-Mail-Verkehr, mit dem der Antragsgegner die mangelhaften Reinigungsleistungen im D.-Gymnasium gerügt hatte (vgl. E-Mails vom 28.05.2019, vom 14.06.2019, vom 19.06.2019, vom 30.08.2019, vom 21.11.2019 und vom 02.01.2020 = Anlagen MBK 2 bis MBK 7). Diese E-Mails dienten dazu, die Antragstellerin zu einer Nachbesserung bzw. erstmaligen Vornahme der geschuldeten Reinigungsleistungen im D.-Gymnasium anzuhalten und ihr ggf. auch vor Augen zu führen, dass die Schlechtleistung Folgen für das fragliche Vertragsverhältnis, also den Reinigungsvertrag betreffend das D.-Gymnasium haben könnte.
Vorliegend geht es jedoch um den erst mit Bekanntmachung vom 02.04.2020 ausgeschriebenen Auftrag für die Glasreinigung am H.-Gymnasium. Dass der Antragsgegner beabsichtigt, die Antragstellerin von diesem bei Abfassung der E-Mails noch nicht einmal eingeleiteten Vergabeverfahren auszuschließen, lässt sich dem vorbezeichneten E-Mail-Verkehr nicht entnehmen. Zudem wurde der ursprüngliche Reinigungsvertrag betreffend das H.-Gymnasium unstreitig erst mit Schreiben vom 02.03.2020 zum 30.06.2020 (ordentlich) gekündigt. Zum Zeitpunkt des in Bezug genommenen E-Mail-Verkehrs war daher noch nicht einmal die Kündigung dieses Reinigungsvertrags ausgesprochen.
Dass es eine anderweitige Anhörung der Antragstellerin zum beabsichtigten Ausschluss vor der Entscheidung hierüber gegeben hätte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Die Stellungnahme der Antragstellerin im vorliegenden Nachprüfungsverfahren zu ihrem bereits erfolgten Ausschluss ersetzt eine Anhörung mit nachfolgender ergebnisoffener Prognose- und Ermessensentscheidung durch den Antragsgegner nicht.
2.2. Der Antragsgegner hat vor einem Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ferner einer Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen und zu dokumentieren, ob von dem fraglichen Bieter unter Berücksichtigung der festgestellten früheren Schlechtleistung im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten ist, dass er den nunmehr zu vergebenden Auftrag nicht gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführen werde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.05.2018, 11 Verg 5/18, juris Tz. 57; OLG Celle, Beschluss vom 09.01.2017, 13 Verg 9/16, juris Tz. 52; Pauka in Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl, GWB § 124 Rz. 4; Kaufmann in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl., GWB § 124 Rz. 82; Stolz in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 124 GWB Rz. 2; abweichend Tz. 40 – nur erforderlich, wenn sich der Unternehmer auf Selbstreinigung beruft; a.A. Opitz in Beck`scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., GWB § 124 Rz. 95 – eine Prognoseentscheidung sei nicht nötig).
Aus der Dokumentation muss mithin ersichtlich sein, dass sich der Antragsgegner überhaupt mit der Frage befasst hat, ob eine künftige Schlechtleistung zu erwarten ist. Dabei erscheint es durchaus denkbar, dies bereits aus einer festgestellten erheblichen Schlechtleistung in der Vergangenheit abzuleiten, bedürfte dann aber auch einer entsprechenden Dokumentation. Im vorliegenden Fall wäre zudem mit in Betracht zu ziehen, dass mit Los 2 nur die Glasreinigung ausgeschrieben ist, die Glasreinigung einerseits und die Grund- und Unterhaltsreinigung andererseits aber unstreitig von unterschiedlichem Personal durchgeführt werden (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2020, Bl. 556 d.A. der Vergabekammer). Die im Nachprüfungsverfahren vom Antragsgegner vorgetragenen Mängel betrafen zwar auch die Glasreinigung, zu einem wesentlichen Teil aber die Unterhalts- und Grundreinigung. Zudem bedürfte es vor der Prognoseentscheidung der Anhörung der Antragstellerin und einer Einbeziehung des Ergebnisses der Anhörung in die Prognoseentscheidung. Auch dies wäre in der Dokumentation niederzulegen.
Dass der Antragsgegner hier vor dem Ausschluss der Antragstellerin eine derartige Prognoseentscheidung getroffen hätte, ist anhand der Dokumentation nicht ersichtlich.
Im Ausschlussschreiben vom 28.05.2020 (Anlage Ast 4 = Bl. 34 d.A.) findet sich hierzu nichts. In dem Vergabevermerk vom 28.05.2020 nimmt der Antragsgegner zwar Bezug auf die „zunehmende Schlechtleistung“ im H.-Gymnasium und die Kündigung im D.-Gymnasium aufgrund von „erheblicher langer Schlechtleistung und dem hiermit verbundenen Vertrauensverlust“. Ausführungen dazu, dass und weshalb der Antragsgegner davon ausgeht, die Antragstellerin werde auch den neuen Reinigungsauftrag nicht ordnungsgemäß durchführen, also erneut mangelhaft reinigen, enthält der Vermerk nicht.
Auch der ergänzte Vergabevermerk vom 29.07.2020 beschränkt sich auf die Ausführungen, dass die Antragstellerin unzulässig einen Nachunternehmer eingesetzt habe, was einen Vertrags- und Vertrauensbruch darstelle. Des Weiteren wird umfangreich erläutert, aus welchen Gründen der Antragsgegner wissen müsse, wer in den Schulgebäuden als Nachunternehmer eingesetzt werde. Das Vertrauensverhältnis sei vollständig zerrüttet und es bestehe großes Misstrauen der Antragstellerin gegenüber. Ausführungen dazu, dass und weshalb man davon ausgehe, die Antragstellerin werde unzulässig auch in dem ausgeschriebenen Auftragsverhältnis betreffend das H.-Gymnasium Nachunternehmer einsetzen, finden sich in dem Vermerk nicht. Der bloße Verweis auf „großes Misstrauen“ oder ein „ungutes Gefühl“ genügt insoweit nicht.
So hat die Antragstellerin im Verfahren vorgetragen, die schlechten Reinigungsleistungen seien auf den eingesetzten Nachunternehmer zurückzuführen. Den Nachunternehmer habe sie nur eingesetzt, da die für die Sommerferien 2019 angesetzte Grundreinigung auf Wunsch des Antragsgegners auf die Pfingstferien vorgezogen werden sollte, wovon die Antragstellerin erst Mitte Mai 2019 erfahren habe. Zu diesem Zeitpunkt seien die eigenen Mitarbeiter aber schon in anderen Schulprojekten verplant gewesen. Außerdem sei der Hausmeister des Gymnasiums über den Nachunternehmereinsatz informiert gewesen.
Für den ausgeschriebenen Auftrag sei der Einsatz eines Nachunternehmers ohnehin nicht geplant. Zudem habe die Antragstellerin nunmehr organisatorische Vorkehrungen getroffen, dass es bei dem künftigen Auftrag auch nicht mehr zum Einsatz eines Nachunternehmers kommen könne.
Diese Erklärungen der Antragstellerin bedürften im Rahmen einer vorzunehmenden Prognoseentscheidung ebenfalls der (dokumentierten) Würdigung durch den Auftraggeber.
2.3. Darüber hinaus ist die dokumentierte Ermessensausübung des Antragsgegners ermessensfehlerhaft, da sie wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt, andere Gesichtspunkte falsch in die Erwägung einbezieht und zudem widersprüchlich ist.
2.3.1. Der Ausschluss eines Bieters nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB liegt im Ermessen des Auftraggebers. Die Ermessensentscheidung ist von den Nachprüfungsinstanzen allerdings nur daraufhin zu überprüfen, ob das Ermessen überhaupt ausgeübt wurde (Ermessensausfall), ob eine Maßnahme getroffen wurde, die sich nicht mehr in dem durch die Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen hält (Ermessensüberschreitung) und ob eine Ermessensfehlgebrauch vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber relevante Aspekte nicht berücksichtigt, sich auf sachfremde Erwägungen stützt oder Aspekten ein Gewicht beimisst, das ihnen nicht zukommt (Kaufmann in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl, GWB § 124 Rz. 102).
2.3.2. Die im ursprünglichen und im ergänzten Vergabevermerk dokumentierte Ermessensausübung berücksichtigt wesentliche Aspekte nicht.
Zum einen hat die Antragstellerin unstreitig im D.-Gymnasium über vier Jahre, im H.-Gymnasium über 12 Jahre beanstandungsfrei Reinigungsleistungen für den Antragsgegner erbracht. Die vom Antragsgegner im vorliegenden Verfahren näher ausgeführten Mängel der Reinigungsleistung betrafen erst den Zeitraum ab Mai 2019. Zu diesem Aspekt finden sich weder im ursprünglichen noch im ergänzten Vergabevermerk Ausführungen.
Zum anderen betrafen die im Nachprüfungsverfahren vom Antragsgegner vorgetragenen Mängel zwar auch die Glasreinigung, zu einem wesentlichen Teil aber die Unterhalts- und Grundreinigung. Unstreitig werden die Glasreinigung einerseits und die Grund- und Unterhaltsreinigung andererseits von unterschiedlichem Personal durchgeführt (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2020, Bl. 556 d.A. der Vergabekammer). Eine mangelhafte Grund- und Unterhaltsreinigung lässt daher nicht per se darauf schließen, auch die Glasreinigung werde voraussichtlich mangelhaft erbracht. Auch hierzu verhält sich der (ergänzte) Vergabevermerk nicht.
2.3.3. Keine zulässige Ermessungserwägung ist die im Vergabevermerk vom 28.05.2020 aufgeführte Argumentation, der Ausschluss der Antragstellerin sei geeignet, um für die Auftragserteilung eine andere, voraussichtlich besser geeignete Firma über die Auswertungsmatrix finden zu können. Dass bei einem Ausschluss eines Bieters ein anderer Bieter zum Zuge kommen kann, ist denknotwendige Folge. Der Wunsch nach einem anderen Auftragnehmer ist aber per se noch kein Grund für den Ausschluss eines Bieters.
Zudem wird im Ausschlussschreiben vom 28.05.2020 (Anlage Ast 4, Bl. 34 d.A. der Vergabekammer) ausgeführt, es könne „der Stadt B.“ nicht zugemutet werden, den Zuschlag für die Glasreinigung an die Firma K. zu erteilen. Auftraggeber ist aber nicht die Stadt B., sondern der Zweckverband für die Gymnasien Stadt und Landkreis B. Auf die Zumutbarkeit für die Stadt B. kommt es nicht an.
2.3.4. Zudem ist die Ermessensausübung in einigen Punkten widersprüchlich.
So stützt der Antragsgegner im Schreiben vom 28.05.2020 (Anlage Ast 4, Bl. 34 d.A der Vergabekammer) den Ausschluss der Antragstellerin ausschließlich auf die mangelhafte Reinigung des H.-Gymnasiums. Im Vergabevermerk wird im Widerspruch dazu nicht nur, aber „vor allem“ auf die erheblichen dokumentierten Mängel bei der Reinigung des D.-Gymnasiums und die Kündigung dieses Reinigungsvertrags abgestellt. Zudem ist weder aus dem Vergabevermerk noch dem gesamten Vortrag im Nachprüfungsverfahren überhaupt ersichtlich, welche konkreten Mängel es bezüglich der Reinigung des H.-Gymnasiums gab.
Darüber hinaus wird im Vergabevermerk (und auch im Nachprüfungsverfahren) in keiner Weise erklärt, weshalb der Antragsgegner die Antragstellerin zwar bezüglich des Los 2 (Glasreinigung) ausgeschlossen hat, bezüglich des Loses 1 (Grund- und Unterhaltsreinigung) einen Ausschluss aber nicht ausgesprochen hat. Vielmehr hat der Antragsgegner die Antragstellerin bezüglich dieses Loses sogar im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem hier erklärten Ausschluss zur Angebotsabgabe aufgefordert (s. Parallelverfahren OLG München, Verg 10/20). Wie ausgeführt betrafen die vom Antragsgegner angeführten Schlechtreinigungen nicht nur die Glas-, sondern vor allem auch die Grund- und Unterhaltsreinigung. Wenn aber der Antragsgegner die vorliegend behauptete mangelhafte Reinigung nicht als Grund für einen Ausschluss bezüglich Los 1 (Grund- und Unterhaltsreinigung) gesehen hat, erscheint nicht nachvollziehbar, wieso dieselbe mangelhafte Reinigung einen Ausschluss der Antragstellerin für das zudem wirtschaftlich viel unbedeutendere Los 2 (Glasreinigung) rechtfertigen sollte.
2.3.5. Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass die Ausführungen des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren eine ergebnisoffen getroffene, erneute Ermessensentscheidung nach der nötigen Anhörung der Antragstellerin nicht zu ersetzen vermögen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer ergibt sich aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB hat der Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Antragstellerin zu tragen. Die Beiziehung eines Rechtsanwalts war erforderlich, da es sich um schwierige vergaberechtliche Fragen – insbesondere zur Auslegung des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB – geht und die Antragstellerin unwidersprochen dargetan hat, dass sie weder über eine Rechtsabteilung noch sonst über das hierfür erforderliche Wissen verfüge.
Bezüglich der Kosten des Beschwerdeverfahrens entspricht es gemäß § 175 Abs. 2, § 78 Satz 1 GWB der Billigkeit, die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Die Beigeladene hat sich weder im Verfahren vor der Vergabekammer noch im Beschwerdeverfahren beteiligt und trägt daher ihre etwa entstandenen Kosten selbst.


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