Baurecht

Straßenrechtliche Planfeststellung, Erneuerung einer Brücke und Änderung einer Anschlussstelle, Planrechtfertigung, fachplanerisches Abwägungsgebot, Lärm- und Schadstoffbelastung

Aktenzeichen  8 A 19.40005

Datum:
6.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30986
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FStrG § 17 Abs. 1
BImSchG § 41

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
A. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt als Eigentümerin eines Grundstückes, das für das Vorhaben teils vorübergehend, teils dauerhaft in Anspruch genommen wird und auf das sich daher gemäß § 19 FStrG die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses erstreckt.
B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem Rechtsfehler, der zu seiner Aufhebung oder – als rechtliches Minus – zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich die Rechtslage bei dessen Erlass, hier also im Dezember 2018 (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 26.9.2013 – 4 VR 1.13 – NuR 2013, 800, 803 = juris Rn. 30; U.v. 12.11.2020 – 4 A 13.18 – juris Rn. 16, jeweils m. w. N.).
Die Klägerin hat als Eigentümerin eines durch die straßenrechtliche Planfeststellung mit enteignender Wirkung betroffenen Grundstückes einen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme ihres Grundstücks kausal ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 = juris Rn. 24; U.v. 22.11.2016 – 9 A 25.15 – NVwZ 2017, 627 = juris Rn. 10; B.v. 25.4.2018 – 9 A 15.16 – juris Rn. 4).
II. Formelle Mängel des Planfeststellungsbeschlusses, die ihrem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen könnten, hat die Klägerin nicht geltend gemacht; solche sind auch nicht ersichtlich.
III. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, die zum Erfolg der Klage führen. Die Klägerin kann mit ihren Einwendungen nicht durchdringen.
1. Eine planerische Rechtfertigung für das Vorhaben liegt vor.
Die Planrechtfertigung ist ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist. Das Erfordernis dient dem Zweck, Vorhaben, die nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachplanungsrechts in Einklang stehen, bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Die Planrechtfertigung erfordert die Prüfung, ob das Vorhaben mit den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes übereinstimmt (fachplanerische Zielkonformität) und ob das Vorhaben für sich in Anspruch nehmen kann, in der konkreten Situation erforderlich zu sein (BVerwG, U.v. 9.11.2006 – 4 A 2001.06 – BVerwGE 127, 95 = juris Rn. 34). Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern schon dann, wenn dieses vernünftigerweise geboten ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2007 – 4 C 12.05 – BVerwGE 128, 358 = juris Rn. 45; B.v. 4.9.2018 – 9 B 24.17 – juris Rn. 3). Die Planrechtfertigung stellt deshalb eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (BVerwG, U.v. 11.7.2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364 = juris Rn. 32; B.v. 23.10.2014 – 9 B 29.14 – NVwZ 2015, 79 = juris Rn. 4).
a) Nach diesem Maßstab ist dem Straßenbauvorhaben eine Planrechtfertigung nicht abzusprechen. Es dient den fachplanerischen Zielen des § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG, Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern. Das Vorhaben ist zwar nicht im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 S. 2 Fernstraßenausbaugesetz, FStrAbG) enthalten. Es handelt sich jedoch um eine einzelne Verbesserungsmaßnahme i.S.d. § 3 FStrAbG. Die Planfeststellungsbehörde hat überzeugend dargelegt, dass der Straßenzug der B 26 erhebliche Defizite in der Form aufweist, dass massive Mängel an der Bausubstanz der R …brücke und eine mangelnde Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes „AS B …-West“, d.h. der Verknüpfung der B 26 mit der BA 36, festzustellen sind. Die Erneuerung der R …brücke im Zuge der B 26 sowie die Änderung der Kreuzung zwischen der B 26 und der BA 36 zielen auf eine sicherere und leistungsfähigere Abwicklung des Verkehrs auf der B 26 und der BA 36 (vgl. PFB Buchst. C Nr. 3.2.1, S. 36) und damit auf eine Verbesserung des gegenwärtigen Straßenzustands ab. Gemessen an den Zielsetzungen des Bundesfernstraßengesetzes sind dies vernünftige Gründe für das geplante Vorhaben.
b) Die fachplanerischen Ausführungen, die für das Vorhaben sprechen, hat die Klägerin nicht substantiiert angegriffen. Insbesondere kann entgegen der Auffassung der Klägerin die Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer Planung mehrere Planungsziele verfolgen. Die Erforderlichkeit der Brückenerneuerung ist im Planfeststellungsbeschluss detailliert und nachvollziehbar dargestellt worden. Auslöser der Planfeststellung war nicht lediglich – wie von der Klägerin vorgetragen – die Notwendigkeit eines Aufprallschutzes im Bereich der derzeitigen Brückenpfeiler, sondern hauptsächlich die gravierenden Mängel in der Bausubstanz der bestehenden R …brücke, nachdem ermittelt worden war, dass die Dauerfestigkeit der Brücke wegen des erhöhten Risikos von Spannrisskorrosion stark beeinträchtigt ist (vgl. PFB Buchst. B Nr. 3, S. 29). Eine nochmalige Sanierung wie in den Jahren 2001 und 2002 wurde wegen nicht lösbarer technischer Probleme und der daneben bestehenden Schiffsanfahrgefahr verworfen (vgl. PFB Buchst. B Nr. 3, S. 30). Vor dem Hintergrund der massiven Probleme in Bezug auf die Dauerfestigkeit der R …brücke ist für die Planrechtfertigung insofern nicht relevant, ob sich seit dem Bestehen der derzeitigen Brückenanlage jemals eine Havarie im Bereich der Brücke ereignet hat oder ob sich das Schifffahrtsaufkommen zukünftig relevant vermehren wird.
Neben der erforderlichen Neuerrichtung der R …brücke ist weiteres Planungsziel, das Anschlussverkehrsnetz neu zu ordnen und die Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes „B …-West“ zu verbessern. Die in diesem Zusammenhang von der Planfeststellungsbehörde angeführten gravierenden Probleme der Verkehrsführung und Verkehrssicherheit zweifelt die Klägerin an, ohne sich jedoch konkret mit dem Planfeststellungsbeschluss auseinanderzusetzen. Dort wird beschrieben, dass die Leistungsfähigkeitsdefizite am Knotenpunkt in den Spitzenstunden auftreten, weil sich Verkehrsströme aus den naheliegenden Ortsstraßen mit dem Verkehr auf der BA 36 überlagern (vgl. PFB Buchst. C Nr. 3.2.1, S. 38). Hinzukommen die ungünstigen Verhältnisse für die Einbieger ohne Einfädelungsstreifen (vgl. PFB Buchst. B Nr. 3, S. 30). Nachteilig auf die Verkehrsverhältnisse und die Verkehrssicherheit wirkt sich ferner die uneinheitliche Ausgestaltung der Teilknotenpunkte aus, die zudem noch verhältnismäßig weit auseinanderliegen (vgl. Planunterlage 1, S. 9 f.). Die Planfeststellungsbehörde hat festgestellt, dass nach den Ergebnissen der Verkehrsqualitätsnachweise der Knotenpunkt B …-West in der vorhandenen Form für die zu erwartenden Verkehrsbelastungen nicht ausreichend leistungsfähig ist (vgl. PFB Buchst. C Nr. 3.2.1, S. 38). Dies hat die Klägerin nicht substantiiert angegriffen, sondern nur pauschal gerügt, dass sich der Vorhabenträger auf allgemeine Aussagen und Vermutungen zurückziehe.
Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der fehlenden Übersichtlichkeit des bestehenden Knotenpunktes eine Unfallhäufigkeit von nur einem Unfall pro 8.715.059 Fahrzeugen in 11 Jahren errechnet, reicht dies nicht aus, um die Planrechtfertigung ernsthaft zu erschüttern. Die Planfeststellungsbehörde hat die Teilknotenpunkte im Planfeststellungsbeschluss nur als unfallauffällig und nicht als Unfallschwerpunkt beschrieben (vgl. PFB Buchst. B Nr. 3 S. 30, Buchst. C 3.4.1.3, S. 51). Ebenso wenig wurde bei der Planrechtfertigung auf die Unfallzahlen abgestellt, sondern im Erläuterungsbericht ausdrücklich festgehalten, dass der vorliegende Streckenabschnitt keine Unfallhäufungsstrecke ist (vgl. Planunterlage 1, S. 17 f).
2. Das planfestgestellte Vorhaben verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 14.18 – BVerwGE 166, 171 = juris Rn. 45; B.v. 27.7.2020 – 4 VR 7.19 u.a. – juris Rn. 66). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Planungsbehörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 4 A 5.17 – BVerwGE 161, 263 = juris Rn. 73; grundlegend U.v. 14.2.1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56 = juris Rn. 37).
Nach diesen Maßstäben sind offensichtliche und kausale Abwägungsmängel, auf die sich die Klagepartei berufen könnte, nicht festzustellen. Die Planfeststellungsbehörde hat die von der Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belange in ihrer Bedeutung erkannt, in die Prüfung vollständig eingestellt und gegenüber den übrigen Belangen auch nicht in beachtlicher Weise objektiv fehlgewichtet. Dies gilt insbesondere für die Alternativenprüfung (a), für den von der Klägerin gerügten Eingriff in ihr Eigentum (b) sowie die befürchteten Lärm- und Schadstoffimmissionen (c). Die Planfeststellungsbehörde hat jeweils beanstandungsfrei ein Überwiegen des öffentlichen Interesses gegenüber den privaten Interessen der Klägerin angenommen.
a) Im Rahmen des der Entscheidungsfindung dienenden Abwägungsvorganges hat die Planfeststellungsbehörde alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen geprüft und die von der Klägerin bevorzugte Variante eines Ersatzbaus an der bestehenden Stelle (Nullvariante/Variante 1) im Wege der Abwägung ohne Rechtsfehler verworfen.
Bei der Abwägung müssen ernsthaft in Betracht kommende Planungsalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden. Die Auswahl unter verschiedenen Planungsvarianten ist ungeachtet der rechtlich zwingenden Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Bei der Auswahl zwischen verschiedenen Varianten ist die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (stRspr, BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 = juris Rn. 98; U.v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 – NVwZ 2016, 308 = juris Rn. 55; U.v. 14.3.2018 – 4 A 5.17 – BVerwGE 161, 263 = juris Rn. 82).
Gemessen hieran leidet die Variantenprüfung weder an Fehlern im Abwägungsvorgang noch im Abwägungsergebnis. Der Einwand der Klägerin, relevante Alternativen seien nicht hinreichend geprüft und die falsche Trassenwahl bevorzugt worden, geht fehl. Die Planfeststellungsbehörde hat sich sowohl mit den vom Vorhabenträger erwogenen vier Varianten (Nullvariante bis Variante 3) und deren jeweiligen Untervarianten als auch mit den von der Klägerin aufgezeigten Planungsalternativen ausführlich auseinandergesetzt (vgl. PFB Buchst. C 3.2.5, S. 39 ff, S. 44 f.; Planunterlage 1, S. 24 ff.).
aa) Die Planfeststellungsbehörde ist nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass mit der gewählten Variante 2-D die zentralen Planungsziele erreicht werden können. Sie hat erkannt, dass die Plantrasse gegenüber den Varianten 0 und 1 deutlich mehr Fläche benötigt. Der Vergleich der unterschiedlichen Varianten hat ergeben, dass nur eine Verschiebung der Straßen- und Brückenachse nach oberstrom zusammen mit einer Änderung bzw. Anpassung des nachgeordneten Straßennetzes bzw. des Knotenpunktes auf der Westseite B … den gewichtigen Belangen der Schifffahrt und des Straßenbaus ausreichend Rechnung trägt (vgl. PFB Buchst. C 3.2.5.3, S. 45). So wird bei der gewählten Variante 2-D im Vergleich zu den anderen Varianten (0, 1, 3) der Schiffsverkehr sicherer, weil sich keine Brückenteile mehr im Gefährdungsraum des Main-Donau-Kanals befinden. Die Stützweite und Brückenfläche reduziert sich im Vergleich zum Bestand um rund 1/3. Die Planvariante ist ferner mit den günstigsten Herstellungskosten für die Brücke und den geringsten künftigen Unterhaltungslasten für das Bauwerk verbunden. Außerdem hat die Planfeststellungsbehörde als vorteilhaft erkannt, dass die Plantrasse die geringsten Verkehrsbeeinträchtigungen während der langen Bauzeit mit sich bringt. Unter den Untervarianten hebt sich die planfestgestellte Trasse ab, weil sie ausreichend leistungsfähig für die Aufnahme der erwarteten Verkehrsströme ist und die südliche Böschung weniger tangiert. Auch bedarf sie keines Eingriffs in hochwassergefährdete Bereiche. Diese Erwägungen sind insgesamt nachvollziehbar und unterliegen keiner rechtlichen Beanstandung. Da bei der von der Planfeststellungsbehörde bevorzugten Planvariante während der Bauzeit keine Behelfsbrücke notwendig ist, mussten die Kosten für eine solche Brücke entgegen der Auffassung der Klägerin nicht näher beziffert werden.
bb) Die Planfeststellungsbehörde hat sich zudem mit der von der Klägerin im Einwendungsschreiben skizzierten Verschiebung von Kreisverkehr und R …brücke in nördliche Richtung befasst (vgl. PFB Buchst. C 3.2.5.2, 3.4.9.8, S. 44, 84). Im Planfeststellungsbeschluss ist dazu ausgeführt, dass dieser Vorschlag insbesondere eine verkehrliche Nutzung der bestehenden R …brücke während der Bauzeit nicht zulasse, so dass eine dritte Behelfsbrücke neben Bestand und Ersatzneubau erforderlich wäre. Zudem verlängere sich wegen der schiefwinkligen Kreuzung die erforderliche Stützweite der neuen R …brücke, so dass auch Gründe der Wirtschaftlichkeit gegen den Vorschlag sprechen. Näher musste sich die Planfeststellungsbehörde mit der von der Klägerin vorgeschlagenen Variante nicht befassen. Die Planungsbehörde ist nicht verpflichtet, die Alternativenprüfung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 25.1.1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 = juris Rn. 29; U.v. 11.7.2019 – 9 A 14.18 – DVBl 2020, 567 = juris Rn. 78).
b) Die Klägerin weist zwar richtigerweise darauf hin, dass ein Eingriff in ihr Eigentum durch Realisierung einer der von ihr vorgeschlagenen Alternativen ganz vermieden bzw. wesentlich vermindert werden kann. Diese Einschätzung teilt die Planfeststellungsbehörde und hat den langfristig geringeren Flächenverbrauch als gewichtigen Vorteil der Varianten 0 und 1 anerkannt. Dem gegenübergestellt hat sie jedoch die zentralen Probleme dieser Varianten, d.h. die Schiffsanprallgefahr der Brücke (Varianten 0 und 1) und die mangelnde Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes (Varianten 0-A bis 0-D, 1), die dazu führen, dass die relevanten Planungsziele gerade nicht erreicht werden können (vgl. PFB Buchst. C 3.2.5.3, S. 45). Soweit der Beklagte die beschriebenen Vorteile der gewählten Planvariante den damit einhergehenden Eingriffen in die Rechte der Klägerin überordnet, begegnet dies keinen durchgreifenden Bedenken. Die planerische Gestaltungsfreiheit der Fachplanungsbehörde beschränkt die gerichtliche Überprüfung einer getroffenen Entscheidung auf die Einhaltung der Bindungen einer rechtsstaatlichen Planung, ohne dass das Gericht die Planfeststellungsbehörde auf bestimmte Planungsergebnisse festlegen könnte (vgl. OVG SH, U.v. 1.12.2020 – 4 KS 1/19 – juris Rn. 56 m.w.N.). Im Übrigen hat die Planfeststellungsbehörde darauf geachtet, dass der Flächenverbrauch insgesamt so gering wie nötig gehalten wird. So fiel die Wahl auf einen 3-armigen Kreisverkehr mit Bypass, da ein 4-armiger Kreisverkehr zu unverhältnismäßig großen Einschnitten bzw. Eingriffen im Bereich der südlich angrenzenden Hangböschung führen würde (vgl. Planunterlage 1, S. 40, 44).
c) Auch unter dem Gesichtspunkt der mit der dreiarmigen Kreisverkehrsanlage verbundenen Lärm- und Schadstoffimmissionen liegt kein Abwägungsmangel vor.
aa) Die Planfeststellungsbehörde hat die Lärmbelastung der Bevölkerung im Allgemeinen und diejenige der Klägerin im Besonderen mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Mängel, die auf das Planungskonzept durchschlagen könnten, sind unter diesem Gesichtspunkt nicht ersichtlich. Der Beklagte hat sich bei der Abwägung an dem Schutzmodell des Bundes-Immissionsschutzgesetzes orientiert. Dabei ist er zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anwendungsbereich der §§ 41 ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV nicht eröffnet ist.
§ 41 Abs. 1 BImSchG enthält Anforderungen zur Begrenzung der Verkehrsgeräusche, die durch die Nutzung einer öffentlichen Straße entstehen, die neu gebaut oder wesentlich geändert wird. Da es sich bei dem planfestgestellten Vorhaben um die Umgestaltung der Kreuzungsbeziehung bereits vorhandener Straßen handelt und nicht um die Neuerrichtung eines Verkehrsweges, musste die Planfeststellungsbehörde allein auf das Merkmal der wesentlichen Änderung abzustellen. Eine solche liegt nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV vor, wenn eine Straße um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird (Nr. 1) oder durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindestens 3 Dezibel (A) oder auf mindestens 70 Dezibel (A) am Tage oder mindestens 60 Dezibel (A) in der Nacht erhöht wird. Das Erreichen dieser relevanten Immissionswerte wird im Planfeststellungsbeschluss unter Berufung auf die schalltechnische Untersuchung vom 25. Juni 2013 zu Recht verneint (vgl. PFB Buchst. C 3.4.2.1.1, S. 54). Nach dem Ergebnis der Untersuchung liegen die Beurteilungspegel nach den geplanten Baumaßnahmen sowohl in der Fläche, als auch an den jeweiligen Immissionsorten unter 3 Dezibel (A). Eine Erhöhung auf mindestens 70 Dezibel (A) am Tag oder 60 Dezibel (A) in der Nacht wird ebenfalls ausgeschlossen (vgl. Planunterlage 17.1, S. 10).
Soweit die Klägerin ohne nähere Begründung die Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung deswegen anzweifelt, weil die zugrundeliegenden Verkehrsprognosen auf Erhebungen aus den Jahren 2011 und 2012 beruhen, kann sie mit ihrem Einwand nicht durchdringen. Zum einen ist nicht ersichtlich, warum die Daten zu alt sein sollen für eine Prognosebelastung 2025. Zum anderen ist auch der gewählte Prognosezeitraum 2025 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Mangels normativer Vorgaben kommt diesbezüglich eine starre Festlegung nicht in Betracht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 21.3.1996 – 4 A 10.95 – NVwZ 1996, 1006 = juris Rn. 18; U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 167). In der Praxis der straßenrechtlichen Planfeststellung wird regelmäßig mit Prognosezeiträumen von 10 bis 15 Jahren gerechnet (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.2007 – 9 C 2.06 – BVerwGE 128, 177 = juris Rn. 21).
Unabhängig davon hat die Planfeststellungsbehörde die klägerische Betroffenheit rechtsfehlerfrei erkannt und ermittelt. Sie war sich dabei des Umstands bewusst, dass auch Lärmimmissionen unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte der 16. BImSchV, welche die Zumutbarkeitsgrenze des § 41 Abs. 1 BImSchG konkretisieren, abwägungsrelevant sind (vgl. PFB Buchst. C 3.4.2, S. 54). Im Fall der Klägerin wurde zudem geprüft, ob eine freiwillige Lärmsanierung in Betracht kommt, eine solche jedoch wegen des Nichterreichens der maßgeblichen Grenzwerte abgelehnt (vgl. PFB Buchst. C 3.4.9.8, S. 83).
bb) Die Planfeststellungsbehörde hat auch eine mögliche Erhöhung der Schadstoffbelastung berücksichtigt und in die Abwägung eingestellt. Bei ihrer Prüfung, ob Maßnahmen zum Schutz vor einer unzumutbaren Zunahme von Luftschadstoffen geboten sind, konnte die Planfeststellungsbehörde die luftschadstofftechnischen Untersuchungen vom 31. Mai 2015 (vgl. Planunterlage 17.2) zugrunde legen. Im Rahmen dieser Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Konzentrationen an Luftverunreinigungen aller untersuchter Schadstoffe im Jahresmittelwert deutlich unter den Immissionsgrenzwerten der 39. BImSchV liegen. Das klägerische Wohnanwesen wurde bei den Berechnungen berücksichtigt. Dabei wurde festgestellt, dass eine Erhöhung der Schadstoffbelastungen zwar zu erwarten ist, die Werte allerdings nicht annähernd die relevanten Schadstoffgrenzwerte übersteigen (vgl. PFB Buchst. C 3.4.2.3, S. 56 f., 3.4.9.8, S. 83).
d) Soweit die Klägerin pauschal anzweifelt, dass die Leistungsfähigkeit der geplanten neuen Verkehrsanlage gerade nicht in dem Maße gewährleistet sei, wie dies der Vorhabenträger suggerieren möchte, fehlt es an einer näheren Substantiierung dieses Vortrages. Die Klägerin hat insbesondere die dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Leistungsfähigkeitsberechnungen des Kreisverkehrsplatzes, nach denen mindestens die Qualitätsstufe D in der Morgen- und Abendspitze erreicht wird (vgl. PFB Buchst. C 3.4.1.2, S. 50 f.), nicht konkret angegriffen.
C. Die Klägerin trägt als unterliegender Teil nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 ZPO.
D. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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