Baurecht

Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses

Aktenzeichen  20 U 7008/20 Bau

Datum:
14.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2021, 1125
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
§ 133, § 157, § 632 Abs. 1

 

Leitsatz

Es erscheint fernliegend, dass sich ein Kaufinteressent, der grundsätzlich ein Fertighaus zum Festpreis beauftragen will, schon vor Bekanntwerden der entstehenden Kosten dazu verpflichten will, das Objekt in jedem Fall errichten zu lassen mit der Folge, jedenfalls das finanzielle Risiko der Nichtrealisierung zu tragen und die vereinbarte Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen bezahlen zu müssen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

74 O 179/20 2020-11-19 Endurteil LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 19. November 2020, Az. 74 O 179/20, abgeändert und – teilweise zur Klarstellung – neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 4.401,81 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 8. März 2019 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 88%, die Beklagte 12%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 37.497,13 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche aus einem Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses.
Die Beklagte füllte am 19. April 2015 im Beisein des Zeugen F., einem Außendienstmitarbeiter der Klägerin, das von der Klägerin bereitgestellte Formular „Hausvertrag“ (K 1) aus und übergab es dem Zeugen F., der es der Klägerin zur Unterschrift weiterleitete. Der Vertrag hatte die Errichtung eines Hauses Typ FZ-110-110 B inklusive Fundamentplatte zum Preis von € 335.125,00 zum Gegenstand. In § 8 des Vertrages wird die Entschädigung der Klägerin im Fall der Kündigung durch die Beklagte geregelt. In § 12 Ziffer 1 ist bestimmt, dass die Klägerin den Antrag der Beklagten auf Abschluss des Hausvertrags innerhalb eines Monats nach Unterzeichnung durch den Bauherrn, d.h. die Beklagte, annehmen kann; § 12 Ziffer 2 enthält eine Schriftformklausel für Vertragsänderungen und -ergänzungen und den Verzicht auf das Schriftformerfordernis. Gemäß der einleitenden Bestimmungen des Vertrags (K 1) sollte der Werkvertrag über den Bau des gewünschten Fertighauses Typ FZ-110-110 B durch Zugang der schriftlichen Bestätigung des Unternehmens zustande kommen.
Die Klägerin unterzeichnete das Formular (K 1) erst am 3. Dezember 2015 und übersandte unter demselben Datum eine Vertragsbestätigung über das zu errichtende Haus Typ FZ-110-110 B an die Beklagte (B 1).
Ebenso wie das Formular „Hausvertrag“ (K 1) unterzeichnete die Beklagte am 19. April 2015 die Bestätigung über den Erhalt der Bau- und Leistungsbeschreibung (K 2), die Grundrisszeichnungen (K 3, K 4, K 5), die Information über eine Sonderaktion „OKAL-Heizkaminofen“ (K 6) und die „Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts zum Hausvertrag – Grundstück“ (K 7), in der vereinbart wurde, dass der Hausvertrag unter dem Vorbehalt geschlossen wird, dass der Bauherr bis 31. Juli 2015 ein Grundstück erwerben kann, das mit dem zu liefernden und erstellenden Haus bebaut werden kann. Die Klägerin unterzeichnete auch dieses Schriftstück erst am 3. Dezember 2015.
Am 26. November/3. Dezember 2015 unterzeichneten zunächst die Beklagte, dann die Klägerin die „Anlage zum Hausvertrag – gewerbliche Nutzung“ (K 13), die lautet: „Die Firma DFH H. GmbH errichtet grundsätzlich nur Häuser zu Wohnzwecken und nicht zur gewerblichen oder teilgewerblichen Nutzung. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Firma DFH H. GmbH in diesem Einzelfall durch einen Architekten prüfen lässt, welche zusätzlichen Anforderungen, die nicht im Leistungsumfang der Firma DFH H. GmbH gemäß der zu Grunde liegenden Bau- und Leistungsbeschreibung enthalten sind, wegen der konkreten gewerblichen Nutzung zu erfüllen sind. Die Firma DFH H. GmbH teilt dem Bauherrn nach Überprüfung durch den Architekten mit, ob sie technisch in der Lage ist, das Haus mit den Anforderungen für gewerbliche oder teilgewerbliche Nutzung zu realisieren. Der Bauherr ist mit diesem Vorgehen ausdrücklich einverstanden. Der Bauherr wird darauf hingewiesen, dass die Erfüllung der zusätzlichen Anforderungen wegen der gewerblichen Nutzung Mehrkosten nach sich zieht. Diese Kosten sind im Werklohn gemäß Hausvertrag nicht enthalten und von den Bauherren zu tragen. Die Mehrkosten werden im Falle der Realisierung gegenüber dem Bauherren umgehend beziffert werden.“
Mit notarieller Urkunde vom 21. Dezember 2015 (B 2) erwarb die Beklagte ein Baugrundstück, wobei sie sich verpflichtete, darauf ein gewerblich genutztes Gebäude zu errichten.
Am 24. Februar/28. Februar/22. März 2016 unterzeichneten die Parteien eine „Anlage zum Hausvertrag“ (K 8), in der die Beklagte als Zusatzleistung das „Fertigen der Lagepläne zum Baugesuch“ zum Preis von € 230,00 beauftragte.
Unter dem 11. März 2016 wurde ein „Vorentwurf“ (K 10) des zu erbauenden Hauses erstellt. Mit Aufstellung „Stand 6.06.2016“ (K 13) bezifferte die Klägerin die „Änderungskosten“ wegen der gewerblichen Nutzung des Hauses mit € 82.704,04. Die Beklagte kündigte den Vertrag mit Anwaltsschreiben vom 14. Juni 2018 (K 12) und machte daneben geltend, dass bisher kein Vertrag zustande gekommen sei bzw. dass Beratungsfehler der Klägerin vorlägen.
Für Baugrunduntersuchungen und Planungsleistungen für das Grundstück der Beklagten hat die Klägerin auf die Rechnung des Instituts für Umwelt und Boden vom 24. Mai 2016 (K 12) € 595,00 bezahlt (K 12), an das Bauplanungsbüro B. auf die Rechnung vom 9. August 2016 (K 11) € 3.811,64.
Die Klägerin hat mit Klageschrift vom 27. Februar 2019, der Beklagten zugestellt am 7. März 2019, zunächst die Zahlung der vorgenannten Kosten für Baugrunduntersuchung und Planungsleistungen in Gesamthöhe von € 4.401,81 nebst Zinsen als Werklohn für erbrachte Leistungen begehrt. Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2019 (Bl. 62 ff.) hat sie die Klage erweitert und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von € 37.497,13 nebst Zinsen beantragt. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass zwischen den Parteien ein Werkvertrag über die Errichtung eines Hauses Typ FZ 110-110B zum Preis von € 335.125,00 zustande gekommen sei, weshalb die Klägerin gemäß § 8 des Hausvertrags 10% des vereinbarten Werklohns beanspruchen könne bzw. gemäß § 649 BGB a.F. zusätzlich zum Werklohn für erbrachte Leistungen die Zahlung der vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen, d.h. von € 33.092,32. Zum behaupteten Vertragsschluss hat die Klägerin vorgebracht, dass der Hausvertrag (K 1) mit der Vereinbarung vom 26. November 2015 (K 13) erneut eingereicht worden sei, weshalb die gleichzeitige Annahme beider Dokumente am 3. Dezember 2015 fristgerecht gewesen sei. Zudem sei der Vertrag gelebt worden. Auch daraus, dass die Beklagte mit Anlage K 8 zusätzliche Leistungen beauftragt und erbrachte Werkleistungen in Form der Planungsleistungen und des Bodengutachtens entgegengenommen habe, ergebe sich ein Vertragsschluss. Jedenfalls sei es bei dieser Sachlage rechtsmissbräuchlich, sich auf ein Nichtzustandekommen des Vertrags zu berufen.
Die Beklagte hat vorgebracht, dass die Parteien keinen Werkvertrag geschlossen hätten, denn die Klägerin habe das Vertragsangebot vom 19. April 2015 erst am 3. Dezember 2015 unterzeichnet, d.h. weder innerhalb der in § 12 des Formulars (K 1) festgelegten Monatsfrist ab Unterzeichnung durch den Bauherrn, noch innerhalb angemessener Frist, § 147 Abs. 2 BGB. Zudem hätten sich die Parteien nicht über alle essentialia negotii geeinigt. Aus der „Anlage zum Hausvertrag“ (K 13) vom 26. November/3. Dezember 2015 ergebe sich vielmehr, dass die Parteien hierüber weiter verhandeln wollten. Anders als zunächst von der Klägerin mitgeteilt, hätten die Mehrkosten für eine gewerbliche Nutzung nicht € 31.500,00 sondern fast € 100.000,00 betragen, weshalb es der Beklagten nicht möglich gewesen sei, das Bauvorhaben zu realisieren. Die Beklagte habe das Grundstück wieder verkaufen müssen. Die – im Einzelnen aufgeschlüsselten – durch die Fehlberatung entstandenen Kosten in Höhe von € 7.874,91 habe die Klägerin im Wege des Schadensersatzes zu ersetzen; insoweit hat die Beklagte vorsorglich die Aufrechnung erklärt.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 19. November 2020 hat das Landgericht die Beklagte nach Vernehmung der Zeugen M. Mo., V.F., A. B. und D. Mi. antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Gericht davon überzeugt sei, dass zwischen den Parteien ein Werkvertrag zustande gekommen sei, denn beide Parteien seien von einem Vertragsschluss ausgegangen. Die „Anlage zum Hausvertrag“ (K 13) wäre nicht erforderlich gewesen, wenn nicht zuvor ein Vertrag bestanden hätte. Zudem spreche die Anlage K 8 für eine vertragliche Vereinbarung und auch die Tatsache, dass die Beklagte die Rechnungen für die Planungen anfangs bezahlt habe. Der Zeuge Mo., der Ehemann der Beklagten, habe angegeben, dass der Zeuge F. gesagt habe, sie müssten den Vertrag unterschreiben; hieraus ergebe sich ein Vertragsschluss. Der Zeuge F. habe angegeben, dass die Beklagte bereits am 19. April 2015 gesagt habe, dass sie eine Praxis eröffnen wolle. Er habe deshalb im Haus Büroräume eingeplant, da er keine andere Möglichkeit gehabt habe. Die Klägerin habe dann die „Anlage gewerbliche Nutzung“ verlangt, um eine genauere Prüfung der Anforderungen vornehmen zu können. Auch die Beklagte habe angegeben, dass sie keinen gewerblichen Vertrag geschlossen hätten, da Hr. F. keinen solchen gehabt habe. Sie hätten nur den anderen Vertrag abgeschlossen. Das Gericht sei auch überzeugt davon, dass die vorgelegte Kalkulation ordnungsgemäß sei und einen Anspruch in Höhe von € 49.281,56 ergebe, weshalb der geltend gemachte Betrag gemäß § 649 Satz 2 BGB a.F. jedenfalls zuzusprechen sei. Aufgrund der Beweisaufnahme sei das Gericht zudem davon überzeugt, dass zwischen den Parteien keine Vereinbarung getroffen wurde, dass die Mehrkosten nur € 31.500,00 betragen würden, weshalb die Aufrechnung keinen Erfolg habe.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Die Beklagte vertritt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterhin die Auffassung, dass zwischen ihr und der Klägerin kein Werkvertrag zustande gekommen sei. Das Landgericht habe schon nicht dargelegt, worin die konkrete Annahme des Vertragsangebots mit welchem Bausoll eigentlich gelegen haben solle. Die Unterzeichnung des Vertragsangebots durch die Klägerin sei viel zu spät erfolgt. Aus dem Text der Vereinbarung vom 26. November/3. Dezember 2015 (K 13) ergebe sich klar, dass kein Vertragsschluss vorliege. Gleiches gelte für die Aussage des Zeugen F., der angegeben habe, dass er nicht gewusst habe, ob die Klägerin überhaupt Räume zur gewerblichen Nutzung erstellen könne. Die essentialia negotii hätten nicht festgestanden. Ob die Parteien rechtsirrig von einem Vertragsschluss ausgegangen seien, sei irrelevant. Mangels Vertragsschlusses seien auch Planungskosten nicht geschuldet; diese stellten Akquisitionskosten der Klägerin dar, die die Beklagte, die ihrerseits mit den vergeblich aufgewendeten Kosten für den Erwerb des Grundstücks belastet sei, nicht zu tragen habe.
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie bringt vor, dass die Vereinbarung vom 26. November/3. Dezember 2015 (K 13) durch die Formulierung „diese Kosten sind im Werklohn gemäß Hausvertrag nicht enthalten und von den Bauherren zu tragen“ Bezug auf den Hausvertrag nehme, wodurch das dortige Angebot erneuert worden sei und von der Klägerin habe angenommen werden können. Die Beklagte habe mit der Unterschrift unter diese Vereinbarung ein Angebot formuliert, dass die Klägerin ihr das Fertighaus Typ FZ 110 -110 B wenn möglich mit der angedachten teilgewerblichen Nutzung errichten möge. Dieses habe die Klägerin angenommen und mit ihrer Unterschrift unter diese Vereinbarung zum Ausdruck gebracht, dass sie das Fertighaus auch mit teilgewerblicher Nutzung realisieren könne. Die Zusammenschau beider Urkunden belege den Vertragsschluss. Der von der Beklagten unterschriebene Hausvertrag (K 1) sei mit Wissen und Wollen der Beklagten zusammen mit dem nunmehr als Anlage BB 1 vorgelegten „Grundstücksnachweis“ am 2. November 2015 bei der Klägerin eingereicht worden, weshalb die Klägerin das Angebot am 3. Dezember 2015 fristgerecht habe annehmen können. Am 3. Dezember 2015 seien die Anforderungen an das Haus klar gewesen und die Klägerin habe gewusst, dass sie dieses Haus realisieren könne. Sie habe dies vor ihrer Unterschrift intern mit dem Architekten geprüft. Die Kostenaufstellung des Architekten sei auf der Basis der Sonderwünsche der Beklagten nach Vertragsschluss erfolgt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2021 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat im tenorierten Umfang Erfolg. Das Urteil des Landgerichts war dahingehend abzuändern, dass die Beklagte zur Zahlung von € 4.401,81 nebst Zinsen verurteilt und die Klage hinsichtlich der darüber hinaus geforderten € 33.095,32 abgewiesen wird. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
1. Anders als das Landgericht angenommen hat, haben die Parteien keinen bindenden Vertrag über Errichtung eines Hauses geschlossen.
a) Nach den von der Klägerin gestellten, vorformulierten Allgemeinen Vertragsbedingungen (K 1, dort § 12) hat die Beklagte mit ihrer Unterschrift vom 19. April 2015 auf dem „Hausvertrag“-Formular ein Angebot auf Abschluss des „Hausvertrags“ unterbreitet, das die Klägerin „innerhalb eines Monats nach Unterzeichnung“ durch die Beklagte annehmen konnte. Eine solche Annahme innerhalb der Monatsfrist durch die Klägerin hat unstreitig nicht stattgefunden. Aus diesem Grund ist auch die vom Landgericht herangezogene Aussage des Zeugen Mo. nicht zum Nachweis eines Vertragsschlusses geeignet.
Die vom Landgericht angeführten, als K 2, K 3, K 4, K 5, K 6 und K 7 bezeichneten weiteren Unterlagen hat die Beklagte ebenfalls am 19. April 2015 unterzeichnet, weshalb hieraus nichts für einen Vertragsschluss hergeleitet werden kann.
b) Durch die Unterzeichnung der „Anlage zum Hausvertrag – Gewerbliche Nutzung“ (K 13) am 26. November/3. Dezember 2015, die von der Klägerin am selben Tag wie der eigentliche Hausvertrag (K 1) unterzeichnet wurde, ist ebenfalls kein Werkvertrag zwischen den Parteien über die Errichtung des unstreitig nach Kenntnis beider Vertragsparteien von der Beklagten gewünschten teilgewerblich genutzten Hauses zustande gekommen.
Denn unabhängig davon, ob die Klägerin das Vertragsangebot (K 1) zu diesem Zeitpunkt noch oder wieder hätte annehmen können, hat die Klägerin in dieser „Anlage“ (K 13) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie „grundsätzlich nur Häuser zu Wohnzwecken und nicht zur gewerblichen oder teilgewerblichen Nutzung“ errichtet und „in diesem Einzelfall“ nach Prüfung durch einen Architekten mitteilen werde, ob sie „technisch in der Lage ist, das Haus … zu realisieren“. Bereits aus dem Wortlaut dieser Vereinbarung ergibt sich deshalb eindeutig, dass mit der Unterzeichnung des Dokuments noch keine Verpflichtung der Klägerin zur Herstellung eines teilgewerblich zu nutzenden Gebäudes begründet werden sollte, also kein Werkvertrag hierüber geschlossen wurde.
Soweit die Klägerin aus der Vereinbarung entgegen ihrem Wortlaut herleiten möchte, dass die Klägerin damals sicher von einer Realisierbarkeit des Vorhabens ausgegangen sei und sich mit ihrer Unterschrift bereits zur Herstellung des Gebäudes verpflichtet habe, kann sie damit schon deshalb nicht durchdringen, weil bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vereinbarung (K 13) kein entsprechendes Angebot der Beklagten vorlag. Diese ging vielmehr davon aus, dass vor einem bindenden Vertragsschluss noch Prüfungen erfolgen müssten.
Im Übrigen ergibt sich aus der Zusammenschau von Hausvertrag (K 1) und Anlage (K 13) auch keine Einigung über Art und Umfang des geschuldeten Erfolges. Nach dem Inhalt der Beweisaufnahme war beiden Parteien seit Beginn der Vertragsverhandlungen bekannt, dass die Beklagte entgegen § 1 Ziffer 1 des Hausvertrags (K 1) gerade kein Fertighaus Typ FZ 110-110B beauftragen wollte, sondern ein teilgewerblich oder gewerblich nutzbares Gebäudes, dessen Ausgestaltung der weiteren Abstimmung und Prüfung bedurfte. Dass es sich bei den noch näher zu bestimmenden gewerblichen Anforderungen – wie die Klägerin geltend macht – lediglich um Sonderwünsche handelte, trifft gerade nicht zu. Das Erfordernis der gewerblichen oder teilgewerblichen Nutzbarkeit betraf vielmehr die Errichtung des Gebäudes überhaupt und stellte nicht lediglich einen Ausstattungswunsch dar, der an die finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn angepasst werden konnte. Bis zum „Vorentwurf“ (K 10) und der Aufstellung „Stand 6.06.2016“ (K 13) waren mithin Leistungsgegenstand und Preis nicht bekannt, weshalb auch deshalb ein Vertragsschluss im vorliegenden Fall ausscheidet.
c) Dass (und mit welchem Inhalt) nach dem 3. Dezember 2015 ein Werkvertrag geschlossen worden wäre, hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Klägerin schon nicht behauptet. Aus der „Anlage zum Hausvertrag“ (K 8) vom 24. Februar/28. Februar/22. März 2016 allein jedenfalls ergibt sich ein solcher Vertragsschluss nicht.
Im Übrigen liegt auch fern, dass sich die Beklagte, die ausweislich der Anlage K 1 grundsätzlich ein Fertighaus zum Festpreis beauftragen wollte, schon vor Bekanntwerden der entstehenden Kosten dazu verpflichtet hätte, das Gewerbeobjekt in jedem Fall errichten zu lassen mit der Folge, jedenfalls das finanzielle Risiko der Nichtrealisierung tragen und der Klägerin die vereinbarte Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen bezahlen zu müssen.
2. Die Beklagte hat allerdings die unstreitig angefallenen Planungs- und Untersuchungskosten in Gesamthöhe von € 4.401,81 zu tragen. Denn aus den unstreitigen Gesamtumständen, insbesondere angesichts dessen, dass die Beklagte von Beginn an ein teilgewerbliches Gebäude errichten lassen wollte und die Klägerin diese Leistung „grundsätzlich“ nicht anbietet sowie des bis Anfang Juni 2016 an den Tag gelegten beidseitigen Bemühens, das Vorhaben doch zu realisieren und aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Anlage K 8 und der Anlage K 13 (Anlage zum Hausvertrag) ergibt sich, dass beide Parteien vereinbart hatten, zur Realisierung des von der Beklagten gewünschten Gewerbegebäudes zusammenzuwirken und dass die Beklagte, die ein Tätigwerden der Klägerin abseits des Üblichen begehrte, die bereits in der Planungsphase anfallenden Kosten bzw. die Mehrkosten tragen sollte. Die Beklagte hat die Klägerin damit betraut, das gewünschte Vorhaben von ihrem Architekten planen und die Realisierbarkeit auf dem erworbenen Grundstück prüfen zu lassen. Hierfür ist eine Vergütung geschuldet, § 632 Abs. 1 BGB. Die Höhe der begehrten Vergütung hat die Beklagte nicht beanstandet.
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Der Streitwert wurde nach dem Wert des angegriffenen Zahlungsbetrags bestimmt, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.


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