Baurecht

Zulässigkeit des häuslichen Wäschewaschens mit Brunnenwasser nach der Trinkwasserverordnung

Aktenzeichen  8 C 44/09

Datum:
24.1.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 2 Abs 2 TrinkwV 2001
§ 3 Nr 1 Buchst a TrinkwV 2001
§ 3 Nr 2 TrinkwV 2001
§ 4ff TrinkwV 2001
§ 4 TrinkwV 2001
§ 13 Abs 1 S 1 TrinkwV 2001
§ 13 Abs 1 S 2 TrinkwV 2001
§ 13 Abs 1 S 5 TrinkwV 2001
§ 13 Abs 3 TrinkwV 2001
EGRL 83/98
Spruchkörper:
8. Senat

Leitsatz

Die Trinkwasserverordnung verbietet nicht, zum Wäschewaschen im eigenen Haushalt das Wasser einer dort zusätzlich zum Trinkwasseranschluss verwendeten Eigenversorgungsanlage zu benutzen, auch wenn für deren Wasser keine Trinkwasserqualität nachgewiesen ist (wie Urteil vom 31. März 2010 – BVerwG 8 C 16.08).

Verfahrensgang

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 2. September 2009, Az: 4 B 08.1586, Beschlussvorgehend VG Würzburg, 27. Februar 2008, Az: W 2 K 07.910, Urteil

Tatbestand

1
Der Kläger ist Eigentümer eines an die öffentliche Wasserversorgung des Beklagten angeschlossenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Er begehrt eine Teilbefreiung vom Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage für den Betrieb seiner Waschmaschine.
2
Nach § 5 Abs. 2 und 3 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten – Wasserabgabesatzung – (WAS) vom 19. Dezember 2005 erstreckt sich die Pflicht zur Benutzung der Wasserversorgungsanlage auf den gesamten Wasserbedarf mit Ausnahme des Bedarfs für die Gartenbewässerung und die Toilettenspülung. Der Benutzungszwang kann nach § 7 WAS auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt werden, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist und nicht andere Rechtsvorschriften oder Gründe der Volksgesundheit entgegenstehen. Letzteres ist nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WAS insbesondere der Fall, wenn für den jeweiligen Verbrauchszweck oder Teilbedarf Trinkwasser oder Wasser mit der Beschaffenheit von Trinkwasser erforderlich ist und die Versorgung mit solchem Wasser nur durch die Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung gewährleistet wird.
3
Mit Schreiben vom 16. November 2005 beantragte der Kläger die Teilbefreiung vom Benutzungszwang, um das auf seinem Grundstück gesammelte Regenwasser für die Gartenbewässerung, die Toilettenspülung und zum Wäschewaschen nutzen zu können. Für das Regenwasser sei ein eigenes Leitungsnetz installiert; direkte Verbindungen zum öffentlichen Netz seien ausgeschlossen.
4
Mit Bescheid vom 25. Januar 2006 lehnte der Beklagte den Antrag hinsichtlich des Wäschewaschens ab und erklärte, die Regenwassernutzung zur Gartenbewässerung und Toilettenspülung sei unter – vom Kläger nicht angegriffenen – Auflagen zulässig. Wasser zum Wäschewaschen müsse nach § 3 Nr. 1 der Trinkwasserverordnung vom 21. Mai 2001 (BGBl I S. 959 – TrinkwV) Trinkwasserqualität haben. Diese Anforderung erfülle das Wasser aus der Eigengewinnungsanlage nicht.
5
Nach erfolglosem Widerspruch hat der Kläger am 19. Juli 2007 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg erhoben. Dieses hat den Beklagten mit Urteil vom 27. Februar 2008 verpflichtet, dem Kläger die begehrte Teilbefreiung für die Nutzung der Waschmaschine zu gewähren, und die entgegenstehenden Regelungen im Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2006 sowie den Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2007 aufgehoben. Der Anspruch auf die Teilbefreiung ergebe sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS. Für den Beklagten sei die Beschränkung der Benutzungspflicht wirtschaftlich zumutbar. Ihr stünden weder andere Rechtsvorschriften wie die Trinkwasserverordnung noch Gründe der Volksgesundheit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 WAS entgegen.
6
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm zugelassene Berufung des Beklagten gemäß § 130a VwGO mit dem angegriffenen Beschluss vom 2. September 2009 zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe den Anspruch nach § 7 Abs. 1 WAS zu Recht bejaht. Anhaltspunkte für eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Teilbefreiung seien weder geltend gemacht noch sonst erkennbar. Die Teilbefreiung widerspreche auch nicht anderen Rechtsvorschriften. Die Qualitätsanforderungen der Trinkwasserverordnung gälten nach § 2 Abs. 2 TrinkwV nicht für Eigenversorgungsanlagen, die zusätzlich zur öffentlichen Wasserversorgung im Haushalt benutzt würden. § 3 TrinkwV beschränke sich auf eine Definition des Wassers für den menschlichen Gebrauch und normiere kein Ge- oder Verbot gegenüber den Verbrauchern. Gründe der Volksgesundheit stünden der Teilbefreiung ebenfalls nicht entgegen. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei für das Wäschewaschen kein Wasser in Trinkwasserqualität erforderlich, da eine Gesundheitsgefährdung durch den Betrieb der Waschmaschine mit Regenwasser nicht feststellbar sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits in seinem Urteil vom 22. September 1998 – 23 B 97.2120 – nach Auswertung der dazu vorliegenden Informationsquellen ausführlich dargelegt, dass die Nutzung von Regen- als Waschwasser kein generelles Gesundheitsrisiko begründe. Diese Ausführungen mache der erkennende Senat sich zu eigen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die zu einer anderen Einschätzung führen würden, hätten sich zwischenzeitlich nicht ergeben. Anhaltspunkte dafür, dass etwa aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten im Fall des Klägers eine andere Beurteilung erforderlich wäre, seien weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
7
Mit der im angegriffenen Beschluss zugelassenen, rechtzeitig eingelegten und ordnungsgemäß begründeten Revision macht der Beklagte geltend, die Trinkwasserverordnung schließe als andere, entgegenstehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS eine Teilbefreiung vom Benutzungszwang zum Betrieb der Waschmaschine mit Regenwasser aus. Die – erstmals mit der Revisionsbegründung vorgelegte – Informationsschrift des Umweltbundesamtes mit dem Titel “Versickerung und Nutzung von Regenwasser. Vorteile, Risiken, Anforderungen” aus dem Jahr 2005 widerlege die Annahme des Berufungsgerichts, nach den bisherigen Erkenntnissen begründe die Nutzung von Regen- als Waschwasser keine Gesundheitsgefahr. Zudem hätten gesundheitsamtliche Untersuchungen ergeben, dass teilweise schwere Mängel hinsichtlich der ordnungsgemäßen Installation der Brauchwassernutzungsanlagen bestünden.
8
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. Februar 2008 sowie des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. September 2009 die Klage abzuweisen.
9
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
10
Er verteidigt den angegriffenen Beschluss und verweist auf Veröffentlichungen zur hygienischen Unbedenklichkeit der Nutzung von Regen- als Waschwasser.
11
Mit Schriftsätzen vom 27. September und 13. Oktober 2010 haben der Kläger und der Beklagte auf mündliche Verhandlung verzichtet. Der Vertreter des Bundesinteresses hat seine ursprüngliche Beteiligung aufgegeben.


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