Erbrecht

Antrag auf Eigentumsumschreibung eines Pfandgläubigers eines Anwartschaftsrechtes

Aktenzeichen  15 W 2066/20

Datum:
6.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2020, 1438
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 848 Abs. 2 S. 2
GBO § 13 Abs. 1 S. 2, § 29 Abs. 1 S. 1
FamFG § 38 Abs. 3 S. 3

 

Leitsatz

Selbst wenn man dem Pfandgläubiger eines Anwartschaftsrechts ein eigenes – vom Schuldner unabhängiges – Antragsrecht zur Herbeiführung der Eigentumsumschreibung zugesteht, muss er gemäß § 19 GBO jedenfalls die Eintragungsbewilligung des überlassenden Eigentümers in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachweisen. Hierzu kann der Pfandgläubiger sich nicht darauf berufen, dass dem Grundbuchamt bereits eine beglaubigte Abschrift der notariellen Urkunde, welche die Eintragungsbewilligung enthält, vom Urkundsnotar zur Eintragung der Auflassungsvormerkung vorgelegt wurde. (Rn. 16 – 20)

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Weiden i. d. Opf. vom 26.05.2020, Az. MF-…-10, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Im Grundbuch des Amtsgerichts Weiden i. d. Opf. von Manteler Forst ist die Beteiligte zu 1 als Eigentümerin des im Band X auf Blatt … geführten Flurstücks vermerkt.
Zur Erfüllung eines gerichtlichen Vergleichs ließ die Beteiligte zu 1 das Flurstück mit notarieller Urkunde vom 30.12.2019 an den Beteiligten zu 2 auf; zudem bewilligte und beantragte sie die Eintragung der Auflassung. Um den Anspruch auf Übertragung des Eigentums zu sichern, bewilligte die Beteiligte zu 1 darüber hinaus eine Vormerkung zugunsten des Beteiligten zu 2, der die Eintragung dieser Vormerkung in das Grundbuch beantragte.
Gemäß einem Vollzugsantrag des Urkundsnotars trug das Amtsgericht – Grundbuchamt – Weiden i. d. Opf. die Auflassungsvormerkung am 27.01.2020 in das Grundbuch ein.
Mit Schreiben vom 17.03.2020 beantragte das Finanzamt Weiden i. d. Opf., den Beteiligten zu 2 als Eigentümer in das Grundbuch einzutragen und im Wege der Grundbuchberichtigung nach der Eigentumsumschreibung die Sicherungshypothek für den Freistaat Bayern im Grundbuch zu vermerken. Zur Begründung berief sich das Finanzamt darauf, dass es mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 04.03.2020 das Anwartschaftsrecht des Beteiligten zu 2 im Hinblick auf Steuerschulden gepfändet habe.
Am 24.03.2020 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass die Eintragung des Beteiligten zu 2 als Eigentümer nur erfolgen könne, wenn vom Finanzamt als Antragsteller die Auflassung und die Bewilligung zur Eintragung in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werde. Da nur die Rechte des Beteiligten zu 2 aus der eingetragenen Auflassungsvormerkung gepfändet worden seien, könne das Finanzamt nicht die notwendige Erklärung für die bisherige Eigentümerin abgeben, und zwar auch nicht durch die Vorlage der notariellen Urkunde. Ohne die Eintragung des Beteiligten zu 2 als Eigentümer, sei auch die Eintragung einer Sicherungshypothek nicht möglich.
Innerhalb der vom Grundbuchamt gesetzten und verlängerten Frist legte das Finanzamt weder eine Ausfertigung noch eine beglaubigte Abschrift der notariellen Urkunde vom 30.12.2019 vor. Gestützt darauf wies das Grundbuchamt die Anträge des Finanzamts mit Beschluss vom 26.05.2020 zurück.
Dagegen wandte sich das Finanzamt mit Schreiben vom 18.06.2020. Zur Begründung seiner Beschwerde beruft sich das Finanzamt unter anderem darauf, dass als Pfandgläubiger mit der Einziehung des gepfändeten Anwartschaftsrechts das Recht erlangt worden sei, die Eintragung des Vollstreckungsschuldners als Eigentümer beim Grundbuchamt zu beantragen.
Am 01.07.2020 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.
II.
1. Soweit der Beschwerdeführer (im Folgenden mit Finanzamt bezeichnet) sich dagegen wendet, dass sein Antrag auf Eintragung des Beteiligten zu 2 als Eigentümer vom Grundbuchamt abgelehnt wurde, ist die Beschwerde, wenn nicht unzulässig, so doch zumindest unbegründet.
a. Im grundbuchrechtlichen Antragsverfahren folgt die Beschwerdeberechtigung nicht allein daraus, dass das Grundbuchamt die Vornahme der beantragten Eintragung ablehnt. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Beschwerdeführer antragsberechtigt ist (BayObLG, Beschluss vom 13.08.1993 – 2Z BR 80/93 -, juris, Rn. 8; ebenso: Demharter, GBO, 31. Aufl., § 71 Rn. 63). Dies setzt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO voraus, dass die Rechtsstellung des Antragstellers durch die beantragte Eintragung eine unmittelbare Verbesserung oder Verschlechterung erfährt (BGH, Beschluss vom 03.02.2005 – V ZB 44/04 -, juris Rn. 8); lediglich mittelbar Beteiligte sind dagegen nicht antragsberechtigt (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 13 Rn. 44). Gewinnender Teil ist dabei derjenige, dessen unmittelbare Begünstigung die Eintragung bezweckt (OLG München, Beschluss vom 27.05.2014 – 34 Wx 149/14 -, juris Rn. 13; ebenso: Demharter, GBO, 31. Aufl., § 13 Rn. 47).
b. Die begehrte Eintragung des Beteiligten zu 2 als Eigentümer führt zu keiner unmittelbaren Veränderung der dinglichen Rechtsstellung des Finanzamts.
aa. Aufgrund der Pfändung eines Anwartschaftsrechts allein kann weder das Anwartschaftsrecht noch das Eigentum auf den Pfandgläubiger übergehen. Mit der Pfändung erlangt der Gläubiger nur ein Pfandrecht an dem Anwartschaftsrecht (Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., G.75). Die Überweisung eines Rechts zur Einziehung bewirkt ebenfalls keinen Vermögensübergang. Sie ermächtigt den Gläubiger lediglich, das Recht des Schuldners im eigenen Namen geltend zu machen. Die überwiesene Anwartschaft verbleibt daher wie eine überwiesene Forderung im Vermögen des Auflassungsempfängers, so dass er und nicht der Gläubiger Eigentümer wird (BGH, Urteil vom 24.05.1954 – IV ZR 184/53 -, juris Rn. 10).
bb. Zwar bewirkt die Pfändung eines Anwartschaftsrechts nach erklärter Auflassung, dass mit der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch in entsprechender Anwendung des § 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO kraft Gesetzes eine Sicherungshypothek entsteht (BGH, Beschluss vom 18.12.1967 – V ZB 6/67 -, juris Rn. 21; BayObLG, Beschluss vom 13.08.1993 – 2Z BR 80/93 -, juris Rn. 10). Dabei handelt es sich aber lediglich um eine mittelbare Folge der Eigentumseintragung. Ein solcher bloßer wirtschaftlicher Vorteil begründet kein Antragsrecht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.10.2006 – 3 Wx 165/06 -, juris Rn. 24; OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.08.1996 – 20 W 252/96 -, juris Rn. 3).
c. Die Pfändung des Anwartschaftsrechts hat keine Pfändung des schuldrechtlichen Anspruchs auf Eigentumsverschaffung bewirkt (OLG München, Beschluss vom 07.04.2010 – 34 Wx 35/10 -, juris Rn. 11; OLG Hamm, Beschluss vom 13.09.2007 – 15 W 298/07 -, juris Rn. 16; OLG Rostock, Beschluss vom 21.08.2015 – 3 W 173/13 -, juris Rn. 3; Demharter, GBO, 31. Aufl., Anhang zu § 26 Rn. 56). Insofern kann dahinstehen, ob aus der Pfändung des Eigentumsverschaffungsanspruchs, der auch bei erklärter Auflassung bis zur Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch fortbesteht (BayObLG, Beschluss vom 28.11.1996 – 2Z BR 81/96 -, juris Rn. 9), eine Antragsberechtigung des Finanzamtes resultieren würde.
d. Nach einer weit verbreiteten Meinung in der (älteren) Rechtsprechung und der (auch neueren) Literatur kann der Pfandgläubiger des Anwartschaftsrechts den Eigentumserwerb des Auflassungsempfängers zwar selbständig herbeiführen, indem er im eigenen Namen und aus eigenem Recht den Umschreibungsantrag gemäß § 13 GBO stellt (KG, Beschluss vom 13.05.1924 – 1 X 693/25 -, abgedruckt in: JFG 4, 339, 343; BayObLG, Beschluss vom 06.04.1932 – Reg III 45/32 -, abgedruckt in: JFG 9, 233, 235; OLG München, Beschluss vom 06.09.1952 – 7 W 1238/52 -, abgedruckt in: MittBayNot 1953, 10; LG Essen, Beschluss vom 23.04.1955 – 11 T 277/55, 1401 -, abgedruckt in: NJW 1955, 1401; Hoche, NJW 1955, 931, 932; Vollkommer, Rpfleger 1969, 409, 411; Hintzen, RPfleger 1989, 439, 441; Herrler in: Palandt, BGB, 79. Aufl., § 925 Rn. 26; Ruhwinkel in: Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 925 Rn. 43; Smid in: Münchener Kommentar, ZPO, 5. Aufl., § 857 Rn. 46; Böttcher in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 13 Rn. 53; Zimmer in: Lemke, Immobilienrecht, 2. Aufl., § 13 GBO Rn. 17; Volmer in: Keller/Munzig, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 13 Rn. 61; offengelassen von: BGH, Urteil vom 16.10.2008 – III ZR 15/08 -, juris Rn. 20; Urteil vom 18.12.1967 – V ZB 6/67 -, juris Rn. 23). Für eine zumindest differenzierte Betrachtung könnte dabei sprechen, dass bei der unbeschränkten Anerkennung eines eigenen Antragsrechts des Gläubigers die Interessen des unbeteiligten Verkäufers unangemessen benachteiligt sein können. So wird zur Sicherung der Zug-um-Zug-Leistung beim Grundstückskaufvertrag der Notar von den Kaufvertragsparteien häufig angewiesen, den Umschreibungsantrag erst zu stellen, wenn die Gegenleistung (das heißt die Kaufpreiszahlung) auf dem Notaranderkonto eingegangen oder sonst nachgewiesen oder sichergestellt ist (OLG Celle, Urteil vom 12.12.2007 – 3 U 104/07 -, juris Rn. 49).
Ob und unter welchen Voraussetzungen ein eigenes – vom Schuldner unabhängiges – Antragsrecht des Gläubigers anzuerkennen ist, kann im vorliegenden Fall allerdings dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn man dies unterstellt, hätte das Finanzamt gemäß § 19 GBO jedenfalls die Eintragungsbewilligung der überlassenden Eigentümerin in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachweisen müssen (OLG Celle, Urteil vom 12.12.2007 – 3 U 104/07 -, juris Rn. 49).
Bedarf der Gläubiger zum Zweck der Zwangsvollstreckung einer Urkunde, die dem Schuldner auf Antrag von einem Notar zu erteilen ist, kann er gemäß § 792 ZPO deren Erteilung anstelle des Schuldners verlangen. Auch die Auffassung, die den Pfandgläubiger eines Anwartschaftsrechts als berechtigt ansieht, an Stelle des Schuldners dessen Eintragung als Eigentümer zu beantragen, gesteht ein solches Recht dem Pfandgläubiger ausdrücklich zu. Dementsprechend ist der Pfandgläubiger verpflichtet, die Urkunde dem Grundbuchamt vorzulegen (OLG Celle, Urteil vom 12.12.2007 – 3 U 104/07 -, juris Rn. 49 f.; Hintzen, Rpfleger 1989, 439, 441; Münzberg in: Rpfleger 1985, 306, 307). Dem ist das Finanzamt nicht nachgekommen.
Das Finanzamt kann sich auch nicht darauf berufen, dass dem Grundbuchamt bereits eine beglaubigte Abschrift der Urkunde vom 30.12.2019, welche die Eintragungsbewilligung enthält, vom Urkundsnotar zur Eintragung der Auflassungsvormerkung vorgelegt wurde.
Eine Eintragungsbewilligung wird nicht schon mit der Ausstellung der in der vorgeschriebenen Form errichteten Urkunde in dem Sinn wirksam, dass sie verfahrensrechtliche Grundlage einer Eintragung durch das Grundbuchamt sein kann. Hinzutreten muss vielmehr ein weiteres Moment, nämlich der entsprechende Wille des Erklärenden, die Bewilligung in das Verfahren einzubringen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 146). Erforderlich ist, dass die Urkunde mit dem Willen des Erklärenden dem Grundbuchamt oder zur Vorlage bei diesem demjenigen, zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll, in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift zugeht (BayObLG, Beschluss vom 29.07.1993 – 2Z BR 62/93 -, juris Rn. 12; KG, Beschluss vom 04.11.2014 – 1 W 247/14 -, juris Rn. 17; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.03.2012 – 8 W 75/12 -, juris Rn. 13; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 20.12.2007 – 5 Wx 30/07 -, juris Rn. 23; OLG München, Beschluss vom 05.12.2017 – 34 Wx 402/17 -, juris Rn. 24). Dies ergibt sich aus der Natur der Eintragungsbewilligung als Verfahrenshandlung und dem mit ihr verfolgten Verfahrenszweck, eine Grundbucheintragung herbeizuführen und deren verfahrensrechtliche Grundlage zu sein (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 19 Rn. 21).
Daraus folgt: Stellt ein Notar – wie im vorliegenden Fall – aus einer gemäß § 15 Abs. 2 GBO beim Grundbuchamt eingereichten Urkunde, die mehrere Eintragungsbewilligungen enthält, nur zu einzelnen Bewilligungen Anträge, so sind die übrigen Bewilligungen nicht in das Grundbuchverfahren eingeführt (OLG Braunschweig, Beschluss vom 12.02.2013 – 2 W 18/13 -, juris Rn. 24; vgl. auch: BGH, Beschluss vom 26.05.1982 – V ZB 17/80 -, juris Rn. 11, wonach eine Löschungsbewilligung, die nach Antragsrücknahme bei den Grundakten verbleibt, nicht Grundlage für den späteren Eintragungsantrag eines anderen Antragstellers dienen kann). Diese können nicht ohne Mitwirkung des Bewilligenden zur Grundlage späterer Eintragungsanträge gemacht werden. Ein späterer Antragsteller muss sich nicht allein auf eine dem Grundbuchamt bereits vorliegende Bewilligung berufen können, sondern dies auch dürfen (Munzig in: MittBayNot 2014, 162).
2. Zwar mag es sein, dass die Eintragung der Sicherungshypothek, die nach Pfändung einer Auflassungsanwartschaft mit dem Übergang des Eigentums auf den Schuldner in entsprechender Anwendung von § 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsteht, schon beantragt werden kann, wenn der Antrag des Schuldners auf Eintragung des Eigentums noch nicht gestellt ist (so: LG Düsseldorf, Beschluss vom 29.01.1985 – 25 T 536/84 -, abgedruckt in: Rpfleger 1985, 305; Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., G.84). Dies steht einer Zurückweisung eines entsprechenden Antrags aber jedenfalls dann nicht entgegen, wenn – wie im vorliegenden Fall – bereits erfolglos eine Frist (und sei es auch nur im Rahmen eines Hinweises und nicht durch eine förmliche Zwischenverfügung) gesetzt worden ist. Denn eine Unrichtigkeit des Grundbuchs als Voraussetzung für den Erfolg eines Berichtigungsantrags ist dann nicht mehr zu erwarten (zur Behandlung des Antrags auf Eintragung einer Sicherungshypothek vgl. auch: Münzberg, Rpfleger 306, 307).
III.
Für die Kosten des Beschwerdeverfahrens gilt § 2 Abs. 1 Satz 1 GNotKG. Die eingetragene Eigentümerin und der Schuldner waren am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt, so dass sich eine Entscheidung über deren Kosten auf der Grundlage von § 81 FamFG erübrigt.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben