Erbrecht

Berufung, Erblasser, Erblasserin, Testament, Auslegung, Anspruch, Erbeinsetzung, Genehmigung, Nachlass, Zahlungsanspruch, Vollmacht, Widerspruch, Wirksamkeit, Auflage, Die Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg, Fortbildung des Rechts

Aktenzeichen  33 U 1473/21

Datum:
26.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 50763
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

3 O 3962/19 2021-02-23 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.2.2021, Az.: 3 O 3962/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
3. Innerhalb dieser Frist können sich die Parteien auch zum Streitwert äußern, den der Senat beabsichtigt, auf bis zu 2.500.000 € festzusetzen.

Gründe

I.
Die Beklagten sind die Alleinerbinnen nach der am 25.08.2017 verstorbenen Erblasserin ….
Der Kläger nimmt die Beklagten aufgrund eines am 24.03.2015 errichteten Testaments der Erblasserin in Anspruch, in dem die Erblasserin u.a. folgendes verfügte:
„5. Mein Haus in der … erhält mein Patenkind, … mit der Auflage Frau … solange sie will, darin wohnen zu lassen.“

zwölf.
Mein vorhandenes Bargeld wird in 19 Teile aufgeteilt. Es erhalten:
1. Teil …“
Das in Ziffer 5 genannte Grundstück wurde am 12.07.2017 aufgrund notariellen Schenkungsvertrages und Auflassung des Notariats … in München an die Enkelin der Erblasserin aufgelassen. Dabei handelte die Erblasserin nicht selbst, vielmehr wurde sie von der Beklagten zu 1 vertreten. Diese handelte aufgrund einer notariellen Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012. Für den maßgeblichen Inhalt der Vorsorgevollmacht wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, S. 3, Bezug genommen.
Die Enkelin der Erblasserin, …, die bei der notariellen Beurkundung ebenfalls von der Beklagten zu 1 vertreten wurde, ist zwischenzeitlich als Eigentümerin für den streitgegenständlichen Grundbesitz in der … München eingetragen (Anlage K 8).
Der Kläger ist der Ansicht, er sei im Hinblick auf das durch die Erblasserin angeordnete Vermächtnis anspruchsberechtigt. Die Beklagten vereitelten rechtswidrig die Vermächtniserfüllung. Die der Übereignung zugrunde liegende Schenkung sei angesichts des nahenden Todes der Erblasserin erfolgt. Diese sei am 12.07.2017 außer Stande gewesen, ihren rechtsgeschäftlichen Willen zu äußern. Die Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012 sei missbraucht, insbesondere seien die Bedingungen für die Vorsorgevollmacht nicht eingetreten. Im Übrigen sei die Erblasserin nicht in der Lage gewesen, den Inhalt des Dokuments vom 12.07.2017, mit dem sie die Anweisung zur Schenkung der Immobilie gegeben hatte, kognitiv zu erfassen. Da auch die Übereignung infolgedessen nichtig sei, könne sie die Beklagten auf Vermächtniserfüllung in Anspruch nehmen.
Darüber hinaus ist der Kläger der Ansicht, dass auch ein deutlich höherer Zahlungsanspruch bestehe.
Unter dem Begriff „Bargeld“ habe die Erblasserin im Übrigen ihr gesamtes Geldvermögen verstanden, insbesondere auch private Bankkonten, Scheine und Münzen und auch das Buchgeld, nicht jedoch nur das im Zeitpunkt ihres Ablebens vorhandene physische Bargeld.
Das Erstgericht hat die Klage fast vollständig nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Es sah die Immobilienübertragung aufgrund Vertrages vom 12.07.2017 als wirksam an, so dass kein Vermächtnisanspruch für den Kläger bestünde.
Im Hinblick auf das vermächtnisweise zugewendete Bargeld war es der Ansicht, dass die Testamentsauslegung ergäbe, dass es sich tatsächlich bei dem zugewendeten Bargeld nur um das im Zeitpunkt des Ablebens der Erblasserin vorhandene physische Barvermögen handelte.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der mit der Berufung seine ursprünglichen Anträge weiterverfolgt.
II.
Der Senat beabsichtigt nach derzeitiger Rechtsauffassung, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung im Ergebnis offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts ist im Ergebnis richtig. Das Ersturteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Die Ausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung vom 19.3.2021 (Blatt 222 ff d.A.) und dem weiteren, innerhalb offener Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 12.4.2021 (Blatt 247 ff) vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie das Ersturteil nicht erschüttern. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im Ergebnis zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts Bezug und macht sich diese zu eigen.
Der Senat teilt die Ansicht des Erstgerichts, wonach dem Kläger kein Anspruch auf Übereignung des im Testament vom 24.03.2015 zugewendeten Grundstücks zusteht. Ebenso wenig hat der Kläger einen über den vom Landgericht ausgeurteilten Zahlungsanspruch hinausgehenden Anspruch auf Zahlung.
Zum Anspruch auf Übereignung der Immobilie
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übereignung der Immobilie in der F.straße 19 in M.
1. Seiner vorläufigen Rechtsansicht legt der Senat folgende allgemeine Rechtsgrundsätze zugrunde:
-Der Vermächtsnisnehmer ist nicht dinglich am Nachlass beteiligt, sondern nur Nachlassgläubiger. Für den Anspruch gelten die Regeln des allgemeinen Schuldrechts, sofern nicht erbrechtliche Vorschriften vorgehen (Müller-Christmann in: BeckOK/BGB, § 2174 Überblick).
-Aus der schuldrechtlichen Natur des Vermächtnisses folgt, dass zum Übergang des vermachten Gegenstands auf den Bedachten ein Erfüllungsgeschäft erforderlich ist; dessen Inhalt richtet sich nach der Art des vermachten Gegenstandes (Müller-Christmann in: BeckOK/BGB a.a.O.).
-Gemäß § 2169 Abs. 4 BGB gehört aus wirtschaftlichen Gründen ein Gegenstand auch dann nicht mehr zur Erbschaft, wenn der Erblasser zu dessen Veräußerung verpflichtet ist (Schellenberger in: BeckOGK/BGB Stand 1.8.2021 § 2169 Rn. 7, Burandt/Rojahn/Burandt Erbrecht 3. Auflage § 2169 BGB Rn. 8; Müller-Christmann in: BeckOK/BGB § 2169 Rn. 5).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze teilt der Senat die Ansicht des Erstgerichts, wonach sich die Erblasserin wirksam zur Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks verpflichtet hatte, so dass dieses zur Zeit des Erbfalls nicht mehr zum Nachlass gehörte, so dass das insoweit angeordnete Vermächtnis unwirksam war (§ 2169 Abs. 4 BGB).
a) Auch nach Auffassung des Senats ist die notarielle Schenkung vom 12.07.2017, aufgrund derer das streitgegenständliche Grundstück auf die Enkelin der Erblasserin übereignet wurde, wirksam.
Nachdem die Erblasserin bei Abgabe des Schenkungsversprechens im Sinne des § 516 Abs. 1 BGB nicht selbst gehandelt hat, sondern aufgrund der Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012 von der Beklagten zu 1 vertreten wurde, kommt es für die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes darauf an, dass insoweit die Voraussetzungen der Stellvertretung vorliegen sowie die Form des § 518 BGB eingehalten worden ist.
aa) Angesichts der notariellen Beurkundung durch das Notariat Ellert in München wurde die Formvorschrift gemäß § 518 Abs. 1 BGB zweifelsfrei eingehalten.
bb) Darüber hinaus wurde die Erblasserin bei Abgabe des Schenkungsversprechens auch wirksam von der Beklagten zu 1 vertreten. Die Beklagte hat im Rahmen des Schenkungsversprechens zweifelsfrei eine eigene Willenserklärung im fremden Namen abgegeben. Sie handelte dabei mit Vertretungsmacht.
Die Vertretungsmacht resultiert nach Ansicht des Senats bereits aus der notariellen Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012 (siehe sogleich (1)). Jedenfalls wären etwaige Beschränkungen der Vertretungsmacht durch die Weisung der Erblasserin vom 12.7.2017 (/Anlage B 1) beseitigt worden (siehe unter (2)).
(1) Soweit der Kläger der Ansicht ist, die Beklagte hätte durch die Vornahme des streitgegenständlichen Grundstücksgeschäfts die am 17.12.2012 erteilte notarielle Vorsorgevollmacht missbraucht, teilt der Senat diese Ansicht nicht.
(i) Voranzustellen ist insoweit, dass der Vortrag der Klagepartei, bei Abschluss des Geschäfts vom 12.7.2017 seien die Voraussetzungen der Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012 noch „nicht in Kraft getreten“ und die daraus gezogene Schlussfolgerung, die Vollmacht sei von der Beklagten mithin sittenwidrig missbraucht worden (Klageschrift vom 21.3.2019, S. 13, Rz. 35), im Widerspruch zum sonstigen Vortrag der Klagepartei, insbesondere im Berufungsverfahren, steht. So rügt sie in der Berufungsbegründung, die Erblasserin sei bei Abgabe der Erklärung vom 12.7.2017 kognitiv nicht in der Lage gewesen, den Inhalt der Erklärung zu erfassen und habe diese auch nicht lesen können (Berufungsbegründung S. 7, Tz. 9 ff). Zuletzt rügt sie (wiederholt), die Beklagten hätten sich dazu zu erklären, wie es der Erblasserin möglich gewesen sein soll, das Schriftstück vom 12.7.2017 „zu erstellen, sinnerfassend wahrzunehmen und zu unterzeichnen.“ (Schriftsatz vom 22.7.2021, Bl. 280 ff d. A.). Wenn der Vortrag der Klagepartei, die Erblasserin wäre zu den genannten Verrichtungen nicht mehr in der Lage gewesen, zuträfe, wären aber die Voraussetzungen der Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012 zweifelsfrei „in Kraft getreten“, denn dann wäre die Erblasserin außer Stande gewesen „wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen … [ihre] vermögensrechtlichen Angelegenheiten selbst zu regeln …“.
(ii) In diesem Falle wäre das streitgegenständliche Geschäft zweifelsfrei wirksam, weil die Beklagte zu 1 das Schenkungsversprechen aufgrund der wirksamen Vollmacht vom 17.12.2012 erklären konnte.
(2) Sollte die Erblasserin am 12.7.2017 aber – entgegen dem Vortrag der Klagepartei – in der Lage gewesen sein, die Erklärung vom gleichen Tag wirksam abzugeben, hätte sie damit eine etwa bestehende Beschränkung der bereits erteilten Vollmacht aufgehoben.
Losgelöst von diesem Widerspruch im Vortrag der Klagepartei teilt der Senat insoweit die Ansicht des Landgerichts, dass die Erblasserin die Erklärung nicht nur selbst geschrieben hat, sondern auch ihren Inhalt erfassen konnte.
(i) Zutreffend hat das Landgericht aus der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme den Schluss gezogen, dass die Erblasserin das fragliche Schreiben eigenhändig unterschrieben hat.
Soweit die Berufung rügt, das Landgericht habe seine Entscheidung nicht auf das Schriftsachverständigengutachten der Sachverständigen F. stützen dürfen, dringt sie damit nicht durch. Das Erstgericht hat seine Entscheidung gerade nicht lediglich auf dieses Gutachten gestützt, vielmehr hat es die Zeugenaussage des Zeugen J. berücksichtigt und zusammenfassend daraus den Schluss gezogen, dass die Erblasserin das Schriftstück selbst unterschrieben hat. Deshalb spielt der von der Sachverständigen ermittelte Wahrscheinlichkeitsgrad der Urheberschaft nicht die maßgebliche Rolle.
Fehler in der von § 286 Abs. 1 ZPO geforderten Beweiswürdigung, insbesondere Widersprüche, Lücken, ein Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze oder sonstige Widersprüchlichkeiten sowie die Verkennung des Beweismaßes vermag der Senat nicht zu erkennen. Erneute Feststellungen durch das Berufungsgericht kommen deswegen nicht in Betracht.
(ii) Auch die Ausführungen der Berufung zur Fähigkeit der Erblasserin, das fragliche Schriftstück „kognitiv zu erfassen“, verhelfen der Berufung nicht zum Erfolg. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Erblasserin bei Abgabe der Erklärung geschäftsunfähig gewesen sein könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Der diesbezügliche erstinstanzliche Sachvortrag (Schriftsatz vom 11.6.2019, Bl. 46 ff d.A., Bd. I) erschöpft sich letztlich in Spekulationen. Selbst wenn die Beklagten „jeden Tag mit dem Tod der Erblasserin [rechneten]“, belegt dies keine Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin. Wieso aus dem Umstand, dass mit dem jederzeitigen Versterben der Erblasserin gerechnet werden musste, geschlossen werden soll, dass sie Dokumente kognitiv nicht erfassen konnte, erschließt sich dem Senat nicht. Für die klägerische Behauptung, es sei in derartigen Situationen nicht unwahrscheinlich, Blankounterschriften zu begeben (Schriftsatz vom 11.6.2019, Rz. 23), gibt es keinen anderen Beleg als die Behauptung selbst.
Ob die Erblasserin zur fraglichen Zeit schmerzlindernde Mittel einnahm, ist rechtlich unerheblich. Konkrete Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Auch insoweit ist die Beweiswürdigung durch das Erstgericht nicht zu beanstanden.
Damit ist die Erklärung der Erblasserin vom 12.7.2017 wirksam. Dahinstehen kann, ob man sie als Weisung an die Beklagte zu 1, eigenständige Vollmacht oder Einschränkung der Beschränkungen aus der Vollmacht vom 17.12.2012 behandelt. In jedem dieser Fälle wäre die Erklärung formfrei wirksam.
(iii) Grundsätzlich bedarf die Vollmacht nicht der für das Rechtsgeschäft vorgesehenen Form, § 167 Abs. 2 BGB. Etwas anderes gilt, wenn sich der Vollmachtgeber beim Grundstückgeschäft schon unwiderruflich bindet (BGH NJW 1998, 1857 (1859); Schubert in: MüKoBGB 9. Auflage § 167 Rn. 25).
Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte rechtlicher Art vor. Die Erklärung vom 12.7.2017 (Anlage B 1) enthält ihrem Wortlaut nach keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine unwiderrufliche Verpflichtung der Erblasserin handeln soll. Wenn man dieses Schreiben also als Vollmacht ansieht, wäre es formwirksam, weil es keine unwiderrufliche Verpflichtung der Erblasserin beinhaltet.
(iv) Selbst wenn man aber davon ausginge, dass es sich um eine formunwirksame Vollmacht gehandelt haben würde, wäre in rechtlicher Hinsicht lediglich die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts die Folge, denn dann hätte der Vertreter bei Vornahme des Geschäfts ohne Vollmacht gehandelt (§ 177 BGB). Ein etwa schwebend unwirksames Geschäft wäre aber zwischenzeitlich genehmigt worden.
Mit dem Tod der Erblasserin sind die Beklagten als Erbinnen im Wege der Universalsukzession in alle vermögensrechtlichen Positionen der Erblasserin eingerückt. Mithin hätte es ihnen – die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts unterstellt – oblegen, dieses zu genehmigen oder die Genehmigung zu verweigern. Eine Genehmigung hätten sie aber konkludent spätestens mit dem Klageabweisungsantrag im hiesigen Verfahren erteilt, so dass auch bei einer Formunwirksamkeit der Vollmachtserteilung das Rechtsgeschäft mit ex-nunc-Wirkung wirksam geworden wäre.
Abschließend ist auf folgendes hinzuweisen: Allein der Umstand, dass die Beklagte zu 1 aufgrund der Vollmacht ein Schenkungsversprechen abgegeben hat, begründet nicht den Vorwurf kollusiven Verhaltens, war doch ein derartiges Handeln von der ihr erteilten Vollmacht umfasst.
Aus den vorgenannten Gründen, von denen jeder für sich dem Erfolg der Berufung entgegensteht, kann im Ergebnis offen bleiben, ob der widersprüchliche Vortrag der Klagepartei zur Unschlüssigkeit der Klage insoweit führt.
Zum geltend gemachten Zahlungsanspruch:
Die Entscheidung des Erstgerichts erweist sich auch insoweit als zutreffend, als es über den Zahlungsanspruch entschieden hat.
Die Auslegung des Testaments der Erblasserin vom 24.03.2015 (Anlage 3 der Klagepartei), durch das dem Kläger ein Vermächtnis im Hinblick auf das zum Todeszeitpunkt vorhandene Bargeld verschafft wurde, wird vom Senat geteilt. Dabei kann dahinstehen, ob angesichts des Umstandes, dass es sich um ein notarielles Testament handelt, der Begriff „Bargeld“ überhaupt auslegungsbedürftig ist. Soweit das BayObLG (DNotZ 2003, 870) es als „keineswegs fernliegend ansah“, dass mit dem Begriff „Barschaft“ nicht nur das physisch vorhandene Geld in der Geldbörse gemeint war, sondern auch leicht verfügbare Bankguthaben, lässt sich dies auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, da im konkreten Fall schon keine ausdrückliche Erbeinsetzung vorlag. Jedenfalls erweist sich die Auslegung des Testaments durch das Erstgericht als zutreffend.
3. Insoweit legt der Senat seiner vorläufigen Rechtsansicht folgende Grundsätze zugrunde:
-Bei der Testamentsauslegung gemäß § 133 BGB kommt es auf den wirklichen Willen des Erblassers an, ohne am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (BGH ZEV 1997, 376; FamRZ 2012, 26; Leipold in: MüKo/BGB, 8. Auflage § 2084 Rn. 1; Czubayko in: Burandt/Rojahn Erbrecht, 3. Auflage § 2084 Rn. 9; Krätzschel in: Firsching/Graf Nachlassrecht, 11. Auflage § 9 Rn. 11; Fleindl in: NK-Erbrecht 5. Auflage § 2084 Rn. 3).
-Auch vom Erblasser falsch verwendete Wortbedeutungen sind der Auslegung zugänglich, so wenn der Erblasser mit dem Begriff „erben“ die Zuwendung eines Vermächtnisses verbindet bzw. umgekehrt mit dem Begriff „vermachen“ eine Erbeinsetzung verbindet (Staudinger/Otte, BGB Vorbemerkung zu § 2064 Rn. 58).
-Grundsätzlich ist bei nicht eindeutigen und daher auslegungsbedürftigem Testamentswortlaut gemäß §§ 133, 2084 BGB nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Vielmehr ist der Wortsinn der vom Erblasser benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen, was er mit seinen Worten sagen wollte und ob er mit ihnen genau das unmissverständlich wiedergab, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGHZ 86, 45; NJW 1993, 256).
4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist auch der Senat der Ansicht, dass die Erblasserin mit dem Begriff „Bargeld“ lediglich das zum Todeszeitpunkt vorhandene physische Bargeld, nicht jedoch das zum Todeszeitpunkt vorhandene Buchgeld gemeint hat. Maßgeblich ist insoweit der tatsächliche Wille der Erblasserin, wie er in der Verfügung zum Ausdruck kommt. Soweit die Berufung eine „sachgerechte“ Auslegung des Testaments der Erblasserin (Berufungsbegründung S. 20) anstrebt, verkennt sie, dass für die Auslegung einer Verfügung von Todes wegen auch dann der Erblasserwillen maßgeblich ist, wenn er Außenstehenden unvernünftig oder wirtschaftlich sinnlos erscheint.
a) Für die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des Testaments spricht bereits der Wortlaut der Verfügung. Die Erblasserin verfügte über ein erhebliches Vermögen, der Kläger selbst geht von einem Buchgeldvermögen in Höhe von 100 Mio € aus. Vor diesem Hintergrund hätte es sich der Erblasserin geradezu aufdrängen müssen, dass zwischen ihrem Bar- und ihrem Buchgeld ein großer, erheblicher Unterschied bestand. Gleichwohl hat sie den Begriff „Bargeld“ und nicht etwa nur „Geld“ verwendet. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass tatsächlich, entsprechend dem Wortsinn, auch nur das physisch vorhandene Geld (Münzen und Scheine) gemeint gewesen ist.
b) Für die Auslegung des Begriffes spricht aber auch der systematische Aufbau des Testaments. Die Erblasserin, die – nach dem Vortrag beider Parteien – über ein erhebliches Vermögen verfügt hat, das insbesondere Grundbesitz und auch erhebliches Buchgeld umfasste, hat an erster Stelle ihres Testaments die Erbeinsetzung vorgenommen und die beiden Beklagten als Erbinnen eingesetzt. Die hier streitige Zuwendung erfolgte hingegen unter Gliederungsziffer 12 des Testaments vom 24.03.2015, was den Schluss nahelegt, dass es sich aus Sicht der Erblasserin um eine untergeordnete Zuwendung gehandelt hat. Häufig nimmt der Erblasser die für ihn wesentlichen Verfügungen am Anfang eines Testaments vor (BayObLG BeckRS 2009, 89195; OLG München FamRZ 2017, 144) so insbesondere die Einsetzung des Erbens, soweit sie ausdrücklich erfolgt oder aber die Zuwendung der wesentlichen Vermögensgegenstände. Diesem Aufbau folgt auch das hier streitgegenständliche Testament, indem an der Spitze die Erbeinsetzung der beiden Beklagten erfolgte, aber auch, indem die ursprünglich angeordneten Grundstücksvermächtnisse – und damit ebenfalls Zuwendungen von erheblichem Wert – unter Ziffer 5 des Testaments angeordnet worden sind. Aus diesem Aufbau ist zu folgern, dass die Erblasserin ihr Vermögen sukzessive nach Wertigkeit zugewendet hat, so dass das am Ende des Testaments vermächtnisweise zugewendete Bargeld aus ihrer Sicht tatsächlich nur den geringeren Teil ihres Vermögens ausmachte. Dies spricht dafür, dass sie mit dem Begriff „Bargeld“ tatsächlich nur das vorhandene physische Bargeld gemeint hat. Soweit in der Rechtsprechung (auch) anerkannt ist (BayObLG a.a.O.), dass in Verfügungen von Todes wegen, in denen Einzelgegenstände zugewendet werden, die Erbeinsetzung erst am Ende (Zuwendung dessen, „was nicht aufgeführt ist“) erfolgt, liegt ein solcher Fall hier schon deshalb nicht vor, weil die Erbeinsetzung der Beklagten am Anfang ausdrücklich erfolgte, so dass kein Zweifel darüber besteht, wer durch eine Zuwendung von Einzelgegenständen letztlich als Rechtsnachfolger in wirtschaftlicher Hinsicht berufen sein soll.
c) Schließlich dringt die Berufung auch mit dem Einwand, bei dieser Auslegung bliebe eine gesamte Asset-Klasse unberücksichtigt (Berufungsbegründung vom 19.03.2021, Seite 19 Rz. 54, Bl. 267 d.A.) nicht durch. Ausgehend vom Prinzip der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB) hat die Erblasserin durch Berufung ihrer Erbinnen ihre Rechtsnachfolger in wirtschaftlicher Hinsicht benannt, ohne dass in diesem Zusammenhang erforderlich gewesen wäre, dass sie diesen einzelne Vermögensklassen ausdrücklich zuweist; im Gegenteil: Durch die Erbeinsetzung hat die Erblasserin ihren Rechtsnachfolgern ihr gesamtes Vermögen zugewendet und diese lediglich mit einzelnen Vermächtnissen beschwert.
d) Soweit sich die Berufung schließlich darauf stützt, es entspräche allgemeinen Erfahrungssätzen, „dass ein Erblasser, der Grundbesitz im zweistelligen Millionenbereich durch verschiedene Vermächtnisse bzw. Erbanordnungen verteilt, es nicht gleichzeitig für regelungsbedürftig hält, 19 weitere Geldvermächtnisse zuzuwenden, die sich lediglich in der Größenordnung von 15,- € bis 50,- € oder 100,- € bewegen“, ist dem Senat ein derartiger Erfahrungssatz nicht bekannt. Eine denkbare Erklärung wäre insoweit schon, dass die Erblasserin auch insoweit Vorsorge treffen wollte und bei Errichtung der Verfügung noch nicht wusste, wie viel Bargeld sie zum Todeszeitpunkt verwahren wird. Allein aus dem Umstand, wie viel physisches Bargeld zum Todeszeitpunkt tatsächlich vorhanden war, kann jedenfalls nicht der zwingende Schluss gezogen werden, dass angesichts der niedrigen Beträge der Wille der Erblasserin ein anderer gewesen sein müsse.
e) Soweit der Kläger ab Seite 22 seiner Berufungsbegründungen umfangreiche grafische Darstellungen zur Beteiligung unterschiedlicher Personen am Nachlass der Erblasserin vorträgt, spielen diese für die Testamentsauslegung durch den Senat keine Rolle. Maßgeblich ist insoweit, dass sich dem Testament der Erblasserin vom 24.03.2015 die vom Kläger behauptete Gleichbehandlungsabsicht seitens der Erblasserin tatsächlich weder ausdrücklich noch im Wege der Auslegung entnehmen lässt. Es mag sein, dass durch unterschiedliche Berechnungen ein derartiger Eindruck hervorgerufen werden kann, tatsächlich angedeutet ist die Absicht der Gleichbehandlung im Testament hingegen nicht. Hätte die Erblasserin eine derartige Absicht gehabt, wäre zu erwarten gewesen, dass sie diese in der Verfügung, die mit notarieller Beratung zustande gekommen ist, entsprechend zum Ausdruck bringt.
Aus den vorgenannten Gründen ist der Senat der Ansicht, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat.
III.
1. Aufgrund obiger Ausführungen regt der Senat aus Kostengründen – eine Rücknahme der Berufung würde zu einer Kostenersparnis in Höhe von zwei Gerichtsgebühren führen, Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses – an, die Berufung zurückzunehmen.
2. Den Streitwert für das Berufungsverfahren beabsichtigt der Senat auf der Grundlage der Berufgungsanträge und der diesbezüglichen Wertangaben des Klägers (Bl. 151/153), wie das Erstgericht, auf bis zu 2.500.000,00 € festzusetzen.
3. Zu diesen Hinweisen können die Parteien binnen der oben gesetzten Frist Stellung nehmen. Der Senat soll nach der gesetzlichen Regelung die Berufung unverzüglich durch Beschluss zurückweisen, wenn sich Änderungen nicht ergeben. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit einer einmaligen Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss nur in absoluten Ausnahmefällen und bei Glaubhaftmachung triftiger Gründe – wozu im Allgemeinen nicht eine nur allgemein geltend gemachte Arbeitsüberlastung zählt – gerechnet wer den kann (OLG Rostock OLGR 2004, 127 ff.).


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