Erbrecht

Ein Fischereirecht als privates dingliches Nutzungsrecht stellt eine vermögenswerte Rechtsposition dar

Aktenzeichen  13 A 14.2728

Datum:
4.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FlurbG FlurbG §§ 12, 68

 

Leitsatz

1. Ein Fischereirecht als privates dingliches Nutzungsrecht stellt eine vermögenswerte Rechtsposition dar, die als Eigentum anzusehen ist. Dieses Recht geht auf die in der örtlichen Lage ausgewiesenen neuen Grundstücke über und ist im Fortführungsnachweis als Bestandteil des Flurbereinigungsplans deklaratorisch zu beschreiben. (amtlicher Leitsatz)
2. Solange nicht der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 FlurbG erbracht ist, ist für das Flurbereinigungsverfahren der Eintrag im Grundbuch maßgeblich. Weitergehende Ermittlungen zu streitigen Eigentumsverhältnissen oder dem Umfang des Fischereirechts sind nicht Aufgabe der Flurbereinigungsbehörde. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 35,– Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klage ist zulässig.
Der Sohn des Klägers hat mit dessen Vollmacht wirksam Klage erhoben, § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VwGO. Als Inhaber eines Fischereirechts ist der Kläger Nebenbeteiligter am Flurbereinigungsverfahren (§ 10 Nr. 2 d FlurbG) und klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Das selbstständige Fischereirecht im Sinn von Art. 8 des Bayerischen Fischereigesetzes (BayFiG) ist ein Aneignungsrecht (§§ 958, 960 BGB), das als privates dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache ausgebildet ist (BayVGH, U.v. 7.2.1974 – 119 XII 71 – RdL 1974, 126; U.v. 4.6.2014 – 2 B 12.1587 – NVwZ-RR 2014, 772; Braun/Keiz, Fischereirecht in Bayern, Stand Juni 2015, Art. 3 Rn. 2, Art. 8 Rn. 5 m. w. N.). Es stellt eine vermögenswerte Rechtsposition dar, die als Eigentum im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen ist (BVerwG, U.v. 17.5.1995 – 11 C 15.94 – BVerwGE 98, 230 = RdL 1995, 207; BayVGH, B.v. 24.7.2003 – 13 AS 03.1702 – RzF 3 zu § 10 Nr. 1; U.v. 3.3.1994 – 13 A 92.2234 – RdL 1994, 294).
Die Klage ist aber nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung des Fortführungsnachweises als Bestandteil des Flurbereinigungsplans in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2015, weil dieser rechtmäßig ist (§ 144, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 5 VwGO).
Die nach § 18 Abs. 2 FlurbG, Art. 2 Abs. 1 AGFlurbG für die Erstellung des Flurbereinigungsplans zuständige TG (siehe hierzu Linke in Linke/Mayr, AGFlurbG, Art. 2 Rn. 3) hat das Fischereirecht des Klägers gemäß Nr. 1.7 des Textteils zum Flurbereinigungsplan im Veränderungsnachweis Nr. 222 entsprechend den Anforderungen des § 68 Abs. 1 FlurbG behandelt. Danach tritt hinsichtlich der Rechte an den alten Grundstücken und der diese Grundstücke betreffenden Rechtsverhältnisse, die nicht gemäß § 49 FlurbG aufgehoben werden, die Landabfindung an die Stelle der alten Grundstücke. Die örtlich gebundenen öffentlichen Lasten, die auf den alten Grundstücken ruhen, gehen auf die in deren örtlicher Lage ausgewiesenen neuen Grundstücke über.
Zwar nennt § 68 Abs. 1 Satz 2 FlurbG nur die örtlich gebundenen öffentlichen Lasten, die auf den alten Grundstücken ruhen, jedoch findet diese Regelung im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch bei privatrechtlichen Lasten Anwendung (BVerwG, U.v. 17.5.1995 – 11 C 15.94 – BVerwGE 98, 230 = RdL 1995, 207). Die TG hat das Fischereirecht auch zu Recht als örtlich gebundene Last angesehen und die Regelung des § 68 Abs. 1 Satz 2 FlurbG herangezogen, da die Fischerei örtlich an das Gewässer gebunden ist. Eine dingliche Surrogation hinsichtlich des Fischereirechts und ein Abstellen auf die Landabfindung im Sinn von § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist in diesen Fällen nicht möglich, weil Fischereirechte auf „Landgrundstücken“ nicht bestehen können. Vielmehr gehen sie gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 FlurbG auf die in der örtlichen Lage der von ihnen betroffenen Einlagegrundstücke ausgewiesenen neuen Grundstücke über und sind im Flurbereinigungsplan deklaratorisch, also ohne Veränderung ihres Inhalts und Umfangs, zu beschreiben (BVerwG, U.v. 17.5.1995 a. a. O.; Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 68 Rn. 20).
Damit ist vorliegend § 68 Abs. 1 Satz 2 FlurbG einschlägig mit der Folge, dass das bestehende Fischereirecht auf das in dessen örtlicher Lage ausgewiesene neue Grundstück – hier unverändert Flurstück 2/2 – übergeht. Der Flurbereinigungsplan hat dies berücksichtigt; die Beschreibung im Fortführungsnachweis gibt Inhalt und Umfang des Fischereirechts richtig wieder. Zwischen den Beteiligten ist hierbei nur streitig, wo die Grenze des Fischereirechts flussaufwärts anzusetzen ist. Der Kläger geht davon aus, dass sein Vater im Jahre 1959 ein Fischereirecht beginnend ab dem Einlageflurstück 2247 erworben habe. Demgegenüber habe die Beklagte nach seiner Auffassung als Beginn zu Unrecht die Grenze zwischen den Abfindungsflurstücken 2334 und 2334/1 angenommen, wodurch sich eine Verschiebung um ca. 900 m flussabwärts zu seinen Lasten ergebe.
Soweit eine Grenzverschiebung zugleich eine (Teil-)Aufhebung eines Fischereirechts darstellen sollte, bedürfte es einer gesonderten Rechtsgrundlage (BVerwG, U.v. 17.5.1995 – 11 C 15.94 – BVerwGE 98, 230 = RdL 1995, 207). Diese ergäbe sich noch nicht aus § 68 FlurbG, weil hier nur geregelt ist, dass die Lasten so, wie sie auf den alten Grundstücken ruhen, auf die in deren örtlicher Lage ausgewiesenen neuen Grundstücke übergehen, sondern aus § 49 FlurbG. Danach können Dienstbarkeiten, Reallasten und Erwerbsrechte an einem Grundstück sowie persönliche Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung eines Grundstücks berechtigen oder die Benutzung eines Grundstücks beschränken, aufgehoben werden, wenn es der Zweck der Flurbereinigung erfordert. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil eine (Teil-)Aufhebung weder erfolgt noch von der TG beabsichtigt war. Sie hat lediglich eine neuverteilungsbedingte (berichtigende) Beschreibung des Rechts in dem Umfang, wie es im Grundbuch eingetragen war, vorgenommen. Dabei wurde der Fortschreibung des Fischereirechts der Grundbuchstand zugrunde gelegt. Das entspricht den Vorgaben des § 12 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, der der TG kein Ermessen einräumt, sondern verpflichtend festlegt, dass die Eintragungen im Grundbuch für die Ermittlung der Beteiligten, des Eigentums sowie anderer Rechte an Grundstücken und des jeweiligen Umfangs maßgebend sind (siehe hierzu auch Wingerter in Wingerter/Mayr a. a. O. § 12 Rn. 1). Der derzeit gültige Beschrieb für das Fischereirecht, eingetragen am 31. Juli 1981, lautet im insoweit maßgeblichen Teil: „Fischerei- und Streurecht in der V… Teil von Flst. 2/2 von der Grenze zwischen den Flst. 49 und 48 bis zur Radstube …“ Die „Alte Beschreibung des Fischereirechts“ im Fortführungsnachweis übernimmt diesen Eintrag wortgleich. Die „Neue Beschreibung des Fischereirechts“ in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2014 ist folgendermaßen gefasst: „Fischerei- und Streurecht in der V… Teil von Flst. 2/2 von der Grenze Flst. 2334 und 2334/1 bis zur Radstube …“ Damit sind die Beschreibungen inhaltlich identisch; ersetzt wurden lediglich die Flurstücksnummern 48 und 49 der Einlageflurstücke durch diejenigen der Abfindungsflurstücke (2334 und 2334/1). Das fällt in den Aufgabenbereich der TG mit ihrem Neugestaltungsauftrag gemäß § 37 Abs. 1 FlurbG (BayVGH, U.v. 7.2.1974 – 119 XII 71 – RdL 1974, 126; siehe hierzu auch Merkblatt Nr. 31 des Bayerischen Landesvermessungsamts, Stand 1979, Beschreibung und Abmarkung der Fischereirechte, Nr. 11). Darüber hinaus hat die TG hinsichtlich der Grenze flussaufwärts keine Veränderungen vorgenommen.
Die Übereinstimmung des Neubeschriebs mit dem Grundbucheintrag bestreitet der Kläger letztendlich auch nicht. Soweit er sich jedoch darauf beruft, dass ein falscher Grundbucheintrag zugrunde gelegt worden sei, vermag er mit seinen Einwendungen nicht durchzudringen. Wie bereits dargelegt, ist nach § 12 Abs. 1 Satz 1 FlurbG für das Flurbereinigungsverfahren die Eintragung im Grundbuch maßgebend. Entsprechend der Vermutung in § 891 BGB muss die TG den im Grundbuch eingetragenen Beteiligten als den wahren Berechtigten behandeln (Wingerter in Wingerter/Mayr a. a. O. § 12 Rn. 1; siehe hierzu auch Merkblatt Nr. 31 a. a. O. Nr. 3). Wie schon der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 FlurbG erkennen lässt, ist die Flurbereinigungsbehörde lediglich verpflichtet, von Amts wegen anhand der Eintragungen im Grundbuch festzustellen, wer Eigentümer der von der Flurbereinigung betroffenen Grundstücke bzw. von Berechtigungen hieran ist (BVerwG, B.v. 19.11.1970 – IV B 51.69 – RdL 1971, 72 = RzF 3 zu § 12). Dieser Verpflichtung ist die TG nachgekommen. Sie konnte und musste vom Grundbuchstand gemäß der Eintragung vom 31. Juli 1981 ausgehen und hat anhand dieser Eintragung den Umfang des Fischereirechts zutreffend ermittelt. Darüber hinaus ist es nicht Aufgabe der Flurbereinigungsbehörde, über streitige Eigentumsverhältnisse zu entscheiden. Zwar kann ausnahmsweise gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 FlurbG etwas anderes gelten, wenn derjenige, der sich auf ein Recht beruft, dieses durch eine öffentliche Urkunde glaubhaft macht oder eine entsprechende Bescheinigung der Gemeinde vorlegt. Ein solcher Ausnahmefall ist hier aber weder ersichtlich, noch hat der Kläger einen dahingehenden Nachweis vorgelegt. Er trägt lediglich vor, dass sich das Fischereirecht weiter flussaufwärts erstrecken würde, weil das beim Erwerb des Fischereirechts im Jahr 1959 der Fall gewesen sei. Aus zahlreichen Ungereimtheiten, die sich seitdem ereignet hätten, schließt er, dass der Grundbuchstand falsch sei. Das genügt aber nicht den Anforderungen der Ausnahmereglung in § 12 Abs. 1 Satz 2 FlurbG. Dass die Grenze des Fischereirechts weiter flussaufwärts liegen würde, lässt sich im Übrigen auch dem vorgelegten Kaufvertrag nicht eindeutig entnehmen. Zudem ist es nicht Aufgabe der Flurbereinigungsbehörde, über streitige Eigentumsverhältnisse zu entscheiden; denn auch wenn das Eigentum streitig ist, sind die Eintragungen im Grundbuch jedenfalls so lange maßgebend, als nicht der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 FlurbG durch die Beteiligten erbracht ist (BVerwG, B.v. 19.11.1970 a. a. O.). Hinsichtlich der Größe eines Grundstücks ist nach § 30 FlurbG in der Regel ebenfalls die Eintragung im Grundbuch maßgebend. Für ein selbstständiges Fischereirecht, das – wie hier – auf einem eigenen Grundbuchblatt beschrieben ist, kann in Anbetracht von Art. 8 BayFiG nichts anderes gelten (BayVGH, U.v. 7.2.1974 – 119 XII 71 – RdL 1974, 126). Wenn es folglich allein darauf ankommt, wie der Eintrag für das Fischereirecht im Grundbuch lautet, ergeben sich dessen Grenzen unmittelbar aus dem Grundbuch. Weitere Ermittlungen zum Umfang des Fischereirechts und zur flussaufwärts gelegenen Grenze, wie vom Kläger gewünscht, sind nach dieser gesetzlichen Konzeption weder erforderlich noch geboten.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 147 Abs. 1 FlurbG abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


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