Erbrecht

Einstweilige Anordnung zur Einziehung eines Erbscheins

Aktenzeichen  3 VI 3524/19

Datum:
21.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 36108
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 49 Abs. 1
BGB § 2361 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Alleinerbin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, den Erbschein vom 01.10.2019 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Einziehung des Erbscheins zur Akte des Amtsgerichts Augsburg, Nachlassgericht, zu geben.
2. Der Alleinerbin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben sich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Einziehung des Erbscheins einstweilen jeglicher alleinigen Verfügung über die Nachlassgegenstände zu enthalten.

Gründe

Mit Schreiben vom 27.10.2019 erhob der Beteiligte Einwände gegen das gemeinschaftliche Testament vom 19.01.2019. Insoweit trug der Beteiligte vor, dass der Erblasser unter einer jahrelangen Demenz gelitten habe und daher die Gültigkeit des Testaments fraglich sei. Weiter erscheine ihm die Unterschrift des Erblassers wie die einer bestimmten Person, die im Namen des Erblassers unterschrieb. Mithin zweifelt der Beteiligte … an, dass das gegenständliche Testament vom Erblasser eigenhändig unterschrieben worden ist.
Nach § 2361 Abs. 1 S. 1 BGB hat das Nachlassgericht von Amts wegen den erteilten Erbschein einzuziehen, wenn sich dessen Unrichtigkeit ergibt (vgl. BeckOK FamFG/Schlögel, 32. Ed. 1.10.2019, FamFG, § 353 Rn. 1). Gemäß § 49 Abs. 1 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Erbschein unrichtig ist und einzuziehen sein wird. Zwar hat der Beteiligte … keine Belege für die vorgetragene Demenz vorgelegt, aus welcher sich eine Testierunfähigkeit ergeben könnte, jedoch bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das gegenständliche gemeinschaftliche Testament nicht von dem Erblasser eigenhändig unterschrieben worden ist. Insoweit ergibt sich zunächst ein krakeliges Schriftbild mit einigen Unterbrechungen im Schreibfluss. Zwar könnte dies auch auf körperliche Einschränkungen im Zusammenhang mit dem hohen Alter des Erblassers zurückzuführen sein, jedoch sind bei genauer Betrachtung der Unterschriften des Erblassers auf der Rückseite des gegenständlichen Testaments Bleistiftspuren vorhanden, welche darauf hindeuten, dass die Unterschrift mit einem Bleistift vorgezeichnet wurde und sodann mit einem Kugelschreiben nachgefahren wurde. Hieraus ergeben sich erhebliche Zweifel daran, dass die Unterschrift unter dem gegenständlichen Testament von dem Erblasser eigenhändig verfasst worden ist. Es besteht daher die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der gegenständliche Erbschein unrichtig ist und gemäß § 2361 BGB einzuziehen sein wird. 
Vor diesem Hintergrund ist ein umgehendes Vorgehen zur Sicherung erforderlich, nachdem der Alleinerbin gemäß Erbschein vom 01.10.2019 noch Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen ist und deshalb die Hauptsache nicht sogleich entschieden werden kann. Da aber die Gefahr besteht, dass die Rechtsstellung des Beteiligten … welcher als Sohn des Klägers zu den gesetzlichen Erben zählt, durch Verfügungen der Alleinerbin gemäß Erbschein vom 01.10.2019 beeinträchtigt wird, zumal bereits eine Eintragung in das Grundbuch vorgenommen wurde, war der Alleinerbin aufzugeben den Erbschein vom 01.10.2019 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine auf Einziehung des Erbscheins zur Akte des Amtsgerichts Augsburg, Nachlassgericht, zu geben und sich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Einziehung des Erbscheins jeglicher alleinigen Verfügung über die Nachlassgegenstände zu enthalten.


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