Erbrecht

Keine Beschwer durch Änderung der Gemarkung im Grundbuch

Aktenzeichen  34 Wx 430/16

Datum:
27.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NJOZ – 2018, 451
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GBO § 2 Abs. 1, Abs. 2, § 71 Abs. 1
GBV § 5, § 27, § 29

 

Leitsatz

1. Gegen die mit der Umschreibung des Grundbuchs im Ganzen verbundene Änderung der Aufschrift des Grundbuchblatts ist die Beschwerde nicht statthaft. (amtlicher Leitsatz)
2. Wird im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts die Gemarkung geändert und an die Bezeichnung im Liegenschaftskataster angepasst, beeinträchtigt dies den Grundeigentümer nicht in einem rechtlich geschützten Interesse. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen die vom Amtsgericht München – Grundbuchamt – am 25. Oktober 2016 vorgenommene Umschreibung des Wohnungsgrundbuchs von H. Bl. 2733 nach G. Bl. 60451 sowie gegen die Änderung der Gemarkungsbezeichnung im Bestandsverzeichnis wird verworfen.
II.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Beteiligte ist nach Zuschlagsbeschluss vom 26.9.2007 seit 21.1.2008 als Eigentümerin eines in der Landeshauptstadt M. gelegenen Wohnungseigentums im Grundbuch eingetragen.
Zu nicht näher bekanntem Zeitpunkt wurde in Spalte 3a des Bestandsverzeichnisses die Gemarkungsbezeichnung H. gerötet und G. als Gemarkung eingestempelt. Am 25.10.2016 schloss das Grundbuchamt das Grundbuchblatt x der Gemarkung H., auf dem die Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum gebucht waren. An dessen Stelle ist das Eigentum nun auf Blatt y gebucht, auf dessen Aufschrift nun ebenfalls die Gemarkung G. verzeichnet ist.
Auf die Bekanntgabe hat die Beteiligte (per Telefax) am 3.11.2016 zunächst „Widerspruch“ gegen die Umschreibung und am 10.11.2016 Beschwerde eingelegt, weil sie durch die „von Tag über Nacht“ eingetragene „Namensänderung“ einen Wertverlust erleide. Sie habe das Wohnungseigentum erworben, weil es sich in der Gemarkung H. befinde; dort sei die Lage hochwertiger als in der Gemarkung G.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Flurstücke seien katastertechnisch nicht nach Gemarkungen vermessen, sondern als Sektionen bezeichnet. Die hier relevante Sektion 8 gehöre zur Gemarkung G.. Bei allen Miteigentumsanteilen der zugehörigen Flurstücke sei wohl ohne Umgemarkung die alte Gemarkungsbezeichnung gerötet und die neue Gemarkungsbezeichnung ins Grundbuch eingestempelt worden, ohne dass dies mit einer Grundbucheintragung verbunden worden sei. Die Umschreibung sei analog § 27 GBV erfolgt.
II. Das Rechtsmittel bleibt erfolglos.
1. In ihren Schreiben wendet sich die Beteiligte einerseits gegen die Umschreibung des Grundbuchs, andererseits gegen die Änderung der Gemarkung. Die Änderung der Gemarkung im Bestandsverzeichnis und die Umschreibung sind allerdings sukzessive erfolgt. Der Senat legt deswegen das Rechtsmittel dahin aus, dass sich die Beteiligte letztlich gegen beides wendet, zumal ihr die Änderung der Gemarkungsbezeichnung erst gemeinsam mit der Umschreibung des Bestands bekannt gegeben wurde.
2. Soweit das Rechtsmittel der Beteiligten gegen die Umschreibung des schon im Bestandsverzeichnis umgestempelten Grundbuchs gerichtet ist, ist die Beschwerde nicht statthaft (§ 71 GBO). Nur den inneren Geschäftsbetrieb betreffende Entschließungen und rein buchtechnische Maßnahmen sind nicht anfechtbar (Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 20; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 82). Folgerichtig verneint die ganz herrschende Meinung die Anfechtbarkeit einer Umschreibung im Ganzen; denn der Einzelne hat kein Recht darauf, dass über sein Grundstück gerade ein bestimmtes Blatt geführt wird (KEHE/Eickmann GBO 7. Aufl. § 30 GBV Rn. 14; Meikel/Böttcher GBO 10. Aufl. § 28 GBV Rn. 13; Güthe/Triebel GBO 6. Aufl. §§ 30, 31 GBV Anm. 6). Nur gegen einzelne, bei der Umschreibung vorgenommene und als fehlerhaft angesehene Übertragungen bzw. Zusammenfassungen oder gegen eine Nichtübertragung ist die Beschwerde – gegebenenfalls auch nur als beschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 2 GBO – statthaft (KEHE/Eickmann § 30 GBV Rn. 14).
a) Im Rahmen der Umschreibung hat eine inhaltliche Änderung des Grundbuchs nicht stattgefunden. Die Bezeichnung der Gemarkung war schon im Bestandsverzeichnis des bisherigen Grundbuchblatts umgestempelt gewesen, wie sich aus dem alten Handblatt in den Grundakten ergibt. Eine unzutreffende Übertragung der Gemarkung bei der Umschreibung liegt nicht vor.
b) Die Änderung der Gemarkungsbezeichnung auf der Aufschrift des Blatts ändert daran nichts. Nach § 5 GBV ist der Grundbuchbezirk (§ 1 GBV) in der Aufschrift des Grundbuchblatts anzugeben. Dessen Benennung dient der Kennzeichnung des einzelnen Grundbuchblatts (Meikel/Böttcher § 5 GBV Rn. 1). Die Bezeichnung der Gemarkung ist somit ihrer Funktion nach ähnlich einem Aktenzeichen und dient der Bestimmung des Grundstücks nach § 28 GBO (Demharter § 28 Rn. 12). Sie stellt damit ein bloßes Internum dar und greift als solche nicht in Rechte der Grundstücks- oder Wohnungseigentümer ein (vgl. Meikel/Böttcher § 28 GBV Rn. 13; KEHE/Eickmann § 30 GBV Rn. 14).
c) Auch der Umstand, dass die Umschreibung (nicht nur aus Anlass eines unübersichtlichen Blatts; vgl. Meikel/Böttcher § 39 GBV Rn. 2) dem Eigentümer bekannt zu geben ist (§ 39 Abs. 3 GBV), führt zu keiner anderen Bewertung. Denn es liegt auf der Hand, dass gerade auch der Eigentümer ein Interesse an Information über Nummer und Aufschrift des neuen Blatts (vgl. § 30 Abs. 1 Buchst. a und b GBV) hat, um den aktuellen Buchungsort seines Grundstücks jederzeit zutreffend bezeichnen zu können (§ 28 GBO).
3. Soweit sich die Beteiligte gegen die schon früher erfolgte Änderung der Gemarkungsbezeichnung wendet, ist die Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft.
Gegen unrichtige tatsächliche Angaben, wie etwa die im Bestandsverzeichnis angegebene Größe oder Wirtschaftsart, kann die Richtigstellung mit der unbeschränkten Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO betrieben werden (Hügel/Kramer § 71 Rn. 125). Macht die Beteiligte eine unzutreffende Gemarkungsbezeichnung im Bestandsverzeichnis geltend, betrifft auch dies eine tatsächliche Angabe, für die Entsprechendes gilt.
4. Die Beschwerde ist jedoch unzulässig, weil die Beteiligte durch die Änderung der Gemarkungsbezeichnung nicht beschwert ist.
a) Beschwerdeberechtigt ist, wer durch die Entscheidung des Grundbuchamts mittelbar oder unmittelbar beeinträchtigt ist (BGHZ 80, 126; OLG Hamm FGPrax 1995, 181; OLG Köln Rpfleger 2002, 195; BayObLGZ 1994, 115/117). Beeinträchtigt sein muss ein rechtliches Interesse, gleichgültig, ob dieses aus dem öffentlichen oder dem Privatrecht herrührt (Hügel/Kramer § 71 Rn. 179). Eine Beeinträchtigung nur wirtschaftlicher oder sonstiger Interessen genügt dagegen nicht (BGHZ 80, 126/127; OLG Hamm NJW-RR 1997, 593).
b) Nach § 2 Abs. 1 GBO sind die Grundbücher für Bezirke einzurichten. In Bayern sind dies Katasterbezirke (sogenannte Gemarkungen), die nicht zwingend mit den Gemeindebezirken – d. h. dem Gebiet der politischen Gemeinde – übereinstimmen. Der Bezirk eines Katasters umfasst eine örtlich zusammenhängende Gruppe von Grundstücken (zu allem Bengel/Simmerding Grundbuch, Grundstück, Grenze 5. Aufl. § 2 GBO Rn. 2, 4 ff.; Demharter § 2 Rn. 2 – 4).
§ 2 Abs. 2 GBO schreibt vor, dass die Grundstücke – analog das als solches behandelte Wohnungseigentum (siehe auch § 1 WGV) – im Grundbuch nach den eingerichteten amtlichen Verzeichnissen benannt werden. Das bedeutet, dass das Grundstück (Wohnungseigentum) im Bestandsverzeichnis seines Blattes nach dem amtlichen Verzeichnis zu benennen ist. Das führt zur Verknüpfung beider Register (Waldner in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 2 Rn. 3) und dient der exakten Zuordnung von Grundbuch und Grundstück (Demharter § 2 Rn. 6). Eine weitergehende als diese (freilich wesentliche) Ordnungsfunktion hat die Benennung nicht. Namentlich wird mit ihr keine dem Grundbuchsystem eigene Funktion – Rechtsbegründungs- und -änderungsfunktion, Vermutungs- und Gutglaubensfunktion (vgl. Bauer in Bauer/von Oefele AT I Rn. 33) – berührt.
Durch die Änderung der Gemarkungsbezeichnung in Unterspalte 3a (Gemarkung und Flurstück) des Bestandsverzeichnisses (§ 6 Abs. 3a Nr. 1 GBV) ist nur die Zuordnung zum Kataster richtiggestellt und die Beteiligte daher nicht in einem rechtlich geschützten Interesse beeinträchtigt.
c) Dass die Beteiligte mittelbare Auswirkungen der Umschreibung für den Wert ihres Eigentums befürchtet, beeinträchtigt sie – falls sich nicht die tatsächliche Lage des Grundstücks, sondern die Bezeichnung seiner Lage im Grundbuch auf den Verkehrswert auswirken würde – allenfalls in wirtschaftlichen Interessen.
d) Die Rüge der Beteiligten, vor der Änderung der Gemarkungsbezeichnung nicht gehört worden zu sein, führt ebenfalls nicht zur Zulässigkeit des Rechtsmittels. Die Geltendmachung von Verfahrensfehlern allein kann eine Beschwer nur ausnahmsweise begründen (vgl. Budde in Bauer/von Oefele § 71 Rn. 63 m. w. N.). Für die Verletzung rechtlichen Gehörs folgt dies aus § 81 Abs. 3 GBO mit § 44 FamFG. Ein entscheidungserheblicher Fehler im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG läge nämlich nur vor, wenn zudem Umstände geltend gemacht würden, aus denen sich ergibt, dass die Entscheidung in Folge der Anhörung möglicherweise anders ausgefallen wäre (Holzer FamFG § 44 Rn. 6). Tatsachen, aus denen sich ergeben würde, dass die Voraussetzungen der Berichtigung nicht vorlagen, trägt die Beteiligte jedoch nicht vor.
III. 1. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht.
2. Den Geschäftswert bemisst der Senat gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG mangels anderer aussagekräftiger Anhaltspunkte mit dem Auffangwert nach § 36 Abs. 3 GNotKG.
3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben