Erbrecht

Keine notwendige Streitgenossenschaft zwischen einem Testamentsvollstrecker und Mitgliedern einer Erbengemeinschaft

Aktenzeichen  23 O 578/15

Datum:
14.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 111664
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 2213 Abs. 1 S. 2
ZPO § 62, § 240

 

Leitsatz

1. Soweit dem Testamentsvollstrecker nicht die Verwaltung des gesamten Nachlasses zusteht, ist eine Klage gegen ihn auf Zustimmung zur Übertragung eines der Erbengemeinschaft zustehenden Guthabens auf einem Treuhandkonto abzuweisen, da eine Geltendmachung des Anspruchs gemäß § 2213 Abs. 1 S. 2 BGB nur gegen die Erben zulässig ist. (red. LS Andrea Laube)
2. Soweit der Testamentsvollstrecker nicht Mitglied der Erbengemeinschaft ist, ist er auch kein notwendiger Streitgenosse. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen einen Erben hat dann dem Testamentsvollstrecker gegenüber auch keine Unterbrechungswirkung nach § 240 ZPO. (red. LS Andrea Laube)

Tenor

1. Die Klage wird gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen
2. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2), im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird festgesetzt auf 78.135,47 Euro.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Dabei hat der Kläger auch eine Klage gegen den Beklagten zu 2) erhoben. Die Miterbengemeinschaft ist dabei kein selbstständiges Rechtsobjekt und besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und ist auch sonst nicht rechtsfähig (vgl. BGH, Urteil vom 11.09.2002, XII ZR 187/00). Dabei kommt der Erbengemeinschaft auch keine Teilrechtsfähigkeit zu (vgl. BGH, a. a. O.; MüKo BGB – Gergen, § 2032 Rdnr. 12 m. b. N.). Damit kann nicht die Miterbengemeinschaft selbst verklagt werden, sondern nur deren jeweilige Mitglieder. Die Auslegung der Klage des Klägers vom 12.01.2013 ergibt dabei, dass er verklagt hat Herrn P., Herrn RA H. Frau K. und Herrn D. Soweit der Kläger darüber hinaus sich selbst als Beklagter aufgeführt hat, wäre eine solche Klage unzulässig, da sie gegen sich selbst geführt wird; eine Auslegung des Gerichts ging dahingehend, dass eine Klage gegen sich selbst nicht gewünscht war. Dabei hat der Kläger auch nicht nur die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft verklagt, sondern vielmehr wie sich auch aus der Nummerierung ergibt, Herrn H. als Testamentsvollstrecker selbst – diesen hat er explizit aufgeführt und zwar „als Testamentsvollstrecker für (…)“.
Dem Beklagten zu 2) steht als Testamentsvollstrecker jedoch nicht die Verwaltung des gesamten Nachlasses zu, so dass gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 2 BGB die Geltendmachung nur gegen die Erben zulässig war. Insoweit bestand kein materiell-rechtlicher Anspruch gegen den Beklagten zu 2), so dass die Klage insoweit abzuweisen war. Soweit der Klägervertreter in einem späteren Schriftsätzen, so im Schriftsatz vom 03.05.2016 wiederholt, dass er die Erbengemeinschaft verklagen wollte, hat er sich insoweit den Hinweisen des Gerichtes verschlossen, dass seine Klage gegen die Erbengemeinschaft nicht möglich ist; darüber hinaus hat er sich auch im Widerspruch zu seiner eigenen Klageerhebung gesetzt, indem er Herrn Rechtsanwalt H. explizit als Testamentsvollstrecker aufgeführt hat.
Eine Unterbrechung gemäß § 240 ZPO ist gegenüber dem Beklagten zu 2) nicht eingetreten. Zwar wird bei einer notwendige Streitgenossenschaft das gesamte Verfahren gegen alle notwendigen Streitgenossen gemäß § 240 ZPO unterbrochen (Zöller-Greger, ZPO, 31. Auflage, § 240 Rdnr. 7), jedoch war der Beklagte zu 2) nie Mitglied der Erbengemeinschaft und damit auch nicht notwendiger Streitgenosse, so dass insoweit keine Unterbrechungswirkung eingetreten ist. Das Gericht hatte vorliegend auch die Möglichkeit, die Entscheidung über die Frage der Unterbrechung im Rahmen des Endurteils mit zu entscheiden, da es die Voraussetzungen für eine Unterbrechung verneint hat und das Verfahren als entscheidungsreif bzgl. des Beklagten zu 2) ansieht, worauf auch schon das Oberlandesgericht München in seinem Beschluss vom 25.05.2016, 17 W 857/16, hingewiesen hat unter Verweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 09.03.2006, IX ZR 161/05.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Eine Teilkostenentscheidung war dabei ausnahmsweise möglich trotz des Grundsatzes der einheitlichen Kostenentscheidung, da sie vom Ausgang des Streites über den Rest unabhängig ist und der Streitgenosse damit endgültig aus dem Rechtsstreit ausscheidet (Zöller-Herget, a. a. O., § 100 Rdnr. 2 e. m. w. N.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
Der Streitwert war festzusetzen gemäß § 48 GKG i. V. m. § 3 ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben