Europarecht

Auskunft über ein Einkommen wegen Trennungsunterhalt

Aktenzeichen  1 F 231/19

Datum:
30.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46179
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 232 Abs. 3
VO (EG) Nr. 4/2009 Art. 3
BGB § 1361 Nr. 4, § 1605

 

Leitsatz

Deutsche Gerichte sind international zuständig, wenn der Antragsgegner oder der Antragsteller den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Für den gewöhnlichen Aufenthalt genügt es, mehr als sechs Monate an einem Ort zu leben. (Rn. 10 – 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragsgegnerin Auskunft über sein Einkommen zu erteilen, wobei die Auskunft umfasst:
a) sämtliche Bruttoeinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Zeitraum von Januar 2018 bis Dezember 2018 und die in diesem Zeitraum vorgenommenen gesetzlichen Abzüge,
b) sämtliche Bruttoeinnahmen aus selbständiger/freiberuflicher Tätigkeit in den Kalenderjahren 2016, 2017 und 2018 und die in diesem Jahr nach Steuerrecht vorgenommenen Abzüge,
c) Einkünfte aus Kapitalvermögen bezogen auf die Jahre 2016, 2017 und 2018,
d) eventuelle Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den Kalenderjahren 2016, 2017 und 2018
e) sonstige sämtliche Einkünfte im Zeitraum von Januar 2018 bis Dezember 2018.
2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die gemäß Z. 1 zu erteilende Auskunft zu belegen, insbesondere durch:
a) soweit Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit vorliegen durch Vorlage der Gehaltsbescheinigungen der Monate Januar 2018 bis Dezember 2018,
b) bezüglich Einkünften aus selbständiger/freiberuflicher Tätigkeit durch Vorlage der Jahresabschlüsse einschließlich Gewinn- und Verlustrechnungen, Einnahmen/Überschussrechnungen für die Kalenderjahre 2016, 2017 und 2018 sowie der betriebswirtschaftlichen Auswertungen für diesen Zeitraum,
c) Vorlage der Einkommensteuererklärungen der Kalenderjahre 2016, 2017 und 2018 nebst den gesetzlich vorgeschriebenen Anlagen,
d) Vorlage der Einkommensteuerbescheide für 2016, 2017 und 2018, Vorlage der Bankbescheinigungen zur Anlage des Vermögens und der Erträge in den Kalenderjahren 2016, 2017 und 2018.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
4. Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.

Gründe

Die Beteiligten streiten sich über Trennungsunterhalt.
Die Beteiligten haben am 25.05.2018 vor dem Standesbeamten des Standesamtes Sonderborg in Dänemark geheiratet.
Der Antragsgegner ist deutscher Staatsangehöriger, die Antragstellerin tunesische Staatsangehörige.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der Stufenklage vom 05.03.2019 zunächst Auskunft über das Einkommen des Antragsgegners.
Der Antragsgegner bestreitet schon wirksam verheiratet zu sein, er fordert den Nachweis, dass die Antragstellerin bei Eheschließung ledig bzw. rechtskräftig geschieden war.
Sodann bestreitet der Antragsgegner, dass die Antragstellerin ihren Wohnsitz in Deutschland hat.
Die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zur Auskunft für den Zeitraum 2016 bis 2018 zu verurteilen, und die entsprechenden Belege vorzulegen.
Der Antragsgegner beantragt zunächst einen Zwischenenscheid über die Zulässigkeit der Klage und im Übrigen Klageabweisung.
Zur Vervollständigung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze auch im Verfahren auf Verfahrenskostenhilfe, deren Anlagen und die Protokolle Bezug genommen.
I.
Die Klage war zulässig.
Das Amtsgericht Kempten – Familiengericht – ist international, örtlich, sachlich und funktionell zuständig.
1. Nach der Beweisaufnahme im Termin vom 23.07.2019 steht für das Gericht ausreichend sicher fest, dass die Antragstellerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Sie lebt seit mindestens Weihnachten 2018. d.h. mehr als sechs Monate bei ihrer Tante in Saarbrücken.
2. Deutsche Gerichte sind nach Art. 3 EG-UntVO international zuständig, wenn der Antragsgegner oder der Antragsteller den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Art. 3 lit. a, b EG-UntVO). Das ist der Fall.
3. Das Amtsgericht Kempten ist örtlich zuständig, § 232 III FamFG, § 12 ZPO.
4. Unterhaltssachen sind Familienstreitsachen. Funktionell zuständig sind die Familiengerichte.
II.
Die Klage ist begründet:
1. Anwendbares Recht:
Es findet deutsches Unterhaltsrecht Anwendung. Art. 3 HUP. Für Unterhaltspflichten ist das Recht des Staates maßgebend, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2. Der Auskunftsanspruch ergibt sich aus §§ 1361 IV, 1605 BGB.
Daran, dass die Beteiligten wirksam verheiratet sind hat das Gericht keine Zweifel. Die Heiratsurkunde liegt vor. Die in Dänemark geschlossenen Ehe bedarf in Deutschland keiner Anerkennung.
Zweifel an der Wirksamkeit der Ehe bestehen nicht.
Es ist im ersten Schritt nicht Sache der Antragstellerin nachzuweisen, dass sie zum Zeitpunkt der Eheschließung ledig bzw. rechtskräftig geschieden war, sondern zunächst Sache des Antragsgegners ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit der Eheschließung darzulegen. Das blanke Anzweifeln reicht dafür nicht. Zudem kommt, dass eine Doppelehe lediglich aufhebbar aber nicht nichtig ist, §§ 1306, 1314 BGB.
3. Art und Umfang der Auskunftspflicht ergibt sich formell und materiell richtig aus der Stufenklage und ist dem Tenor zu entnehmen.
Kosten und Nebenentscheidungen:
Eine Kostenentscheidung ist in diesem Beschluss nicht veranlasst. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

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