Europarecht

Auslegung von Patentansprüchen

Aktenzeichen  21 O 1689/19

Datum:
22.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2020, 53040
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
PatG § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1, § 139 Abs. 1 u. 2, § 140a Abs. 1 u. 3, § 140b
ZPO § 148

 

Leitsatz

Die Auslegung eines Patentanspruchs dient dazu, die technische Lehre zu erfassen, die aus fachmännischer Sicht mit dem Wortlaut des Anspruchs zum Ausdruck gebracht wird. Sie hat unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen und vor dem Hintergrund der gestellten Aufgabe zu erfolgen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, zu
unterlassen
a) Vorrichtungen zur Durchführung einer elektrischen Isolationsprüfung an Photovoltaikmodulen in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, umfassend
– stromführende Komponenten, die auf einem plattenförmigen Substrat angeordnet und im Bereich des Modulrandes elektrisch isoliert sind;
– eine mechanische Kontaktierungsvorrichtung, durch die eine Testspannung zwischen dem Modulrand einerseits und den entfernt von dem Modul nach außen führenden elektrischen Anschlüssen des Photovoltaikmoduls andererseits angelegt wird,
-wobei die mechanische Kontaktierungsvorrichtung einen mit wenigstens einem leistenförmigen Kontaktelement versehenen Kontaktrahmen zum Kontaktieren des Modulrandes aufweist.
(DE 10 2008 019 703 B4 – Anspruch 5 – unmittelbare Verletzung)
und/oder
b) Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Vorrichtungen anzubieten und/oder zu liefern, die geeignet sind zur Anwendung eines Verfahrens zum Durchführen einer elektrischen Isolationsprüfung an Photovoltaikmodulen
– bei denen stromführende Komponenten auf einem plattenförmigen Substrat angeordnet und im Bereich des Modulrandes elektrisch isoliert sind;
– mittels einer mechanischen Kontaktierungsvorrichtung eine Testspannung zwischen dem Modulrand einerseits und den entfernt von dem Modulrand nach außen führenden elektrischen Anschlüssen des Photovoltaikmoduls andererseits angelegt wird, und
– die mechanische Kontaktierungsvorrichtung einen mit wenigstens einem leistenförmigen Kontaktelement versehenen Kontaktrahmen zum Kontaktieren des Modulrands aufweist.
(DE 10 2008 019 703 B4 – Anspruch 1 – mittelbare Verletzung)
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. a) und/oder b) bezeichneten Handlungen seit dem 05.09.2013 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer so¬ wie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürtige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3.der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. a) bezeichneten Handlungen seit dem 22.11.2009 und/oder die zu Ziffer I. 1. b) bezeichneten Handlungen seit dem 05.10.2013 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten (nur Antrag I. 1. a),
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 05.10.2013 zu machen sind;
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfragen mitzuteilen, ob ein
f) stimmter nicht gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;
4. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie Begleitprodukte angeboten und/oder verkauft hat und/oder Begleit-dienstleistungen angeboten und/oder erbracht hat, nämlich
– übergeordnete und/oder untergeordnete Kommunikationsanbindungen, einschließlich Software und Schaltschrank;
– Kalibration-Sonder-Eichvorrichtungen;
– Transport- und Sortiervorrichtungen;
– Einlaufpufferförderstrecken mit Mechatronik;
– Ausschuss- und Bearbeitungsstationen;
– Auslaufpufferförderstrecken mit Mechatronik;
– Verbrauchsmaterial, einschließlich Anschlusskontaktstifte, Kontaktmaterial, Zahnriemen und Hochspannungsrelais;
– Beratungsdienstleistungen, einschließlich Fernwartung;
– Einrichtungs- und Aufstellungsdienstleistungen, einschließlich Reisekosten,
– Installationsdienstleistungen;
– Maschinenabnahmen;
– Kalibrationsdienstleistungen;
– Zertifizierungsdienstleistungen;
– Maschinenüberwachung;
– Reparatur- und Wartungsdienstleistungen;
sowie diejenigen Begleitprodukte und/oder -dienstleistungen, die den genannten Produkten und Dienstleistungen gleichwertig sind, jedoch unter einer anderen Bezeichnung von der Beklagten angeboten wurden oder werden,
soweit die Begleitprodukte und/oder -dienstleistungen
– Teil eines gemeinsamen Verkaufsvorgangs mit den Vorrichtungen, auf die sich die Rechnungslegungspflicht gemäß Ziff. I. 3 bezieht, waren,
und/oder
– zur gemeinsamen Verwendung mit den Vorrichtungen, auf die sich die Rechnungslegungspflicht gemäß Ziffer I. 3. bezieht, dienen,
und zwar unter Angabe
-) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen, der einzelnen Dienstleistungen, aufgeschlüsselt nach Art, Zeit und Vergütung der einzelnen Leistungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer der Lieferungen und Dienstleistungen,
-) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots¬ mengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
-) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
-) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben zu d) nur für die Zeit seit dem 05.10.2013 zu machen sind;
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfragen mitzuteilen, ob ein
– stimmter nicht gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;
5. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1. a) bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
6.die vorstehend zu Ziffer I. 1. a) bezeichneten Erzeugnisse gegen über den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den durch das Urteil der Kammer gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache zurückzurufen, ggf. bereits gezahlte Kaufpreise bzw. sonstige Äquivalente zu erstatten sowie notwendige Ver- packungs- und Transportkosten und mit der Rückgabe verbundenen Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen und endgültig zu entfernen, indem die Beklagte die Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst;
II. Es wird festgestellt,
1. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die in Ziffer I. 1. a) bezeichneten, in der Zeit vom 22.11.2009 bis 04.10.2013 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die zu Ziffer I. 1 a) und/oder b) be-zeichneten, seit dem 05.10.2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist in Ziffer I. 1. lit. a) und lit. b) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 150.000,– EUR, in Ziffer I. 2., 3. und 4. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 50.000,– EUR, in Ziffer I. 5. und 6. gegen Sicher-heitsleistung in Höhe von jeweils 75.000,– EUR sowie in Ziffer III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.  

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, da die angegriffene Ausführungsform Anspruch 5 des Klagepatents unmittelbar und Anspruch 1 des Klagepatents mittelbar verletzt (A.) sowie eine Aussetzung des Verfahrens in Bezug auf das anhängige Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht nicht angezeigt ist (B.).
A.
Die Beklagte verletzt durch das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform „MBJ HiPOt-TeSter“ Anspruch 5 des Klagepatents unmittelbar und wortsinngemäß im Sinne von § 9 Nr. 1 PatG (I.). Ferner liegt eine mittelbare Patentgefährdung von Anspruch 1 des Klagepatents vor (II.), so dass die Beklagte gemäß §§ 139 Abs. 1, 9 Nr. 1 bzw. 10 Abs. 1 PatG zur Unterlassung zu verurteilen ist. Die Folgeansprüche sind gleichfalls begründet (III.).
I.
1. Die Erfindung des Klagepatents betrifft ein Verfahren (Klagepatentanspruch 1) und eine Vorrichtung (Klagepatentanspruch 5) zum Durchführen einer elektrischen Isolationsprüfung an Photovoltaikmodulen, bei denen stromführende Komponenten auf einem plattenförmigen Substrat angeordnet und zumindest, aber nicht notwendigerweise ausschließlich, im Bereich des Modulrandes elektrisch isoliert sind [0001].
Die elektrische Isolation der auf den Photovoltaikmodulen aufgebrachten Dünnschichten zur Außenkante hin ist für ihre Einsatzfähigkeit und Betriebssicherheit von besonderer Bedeutung [0002]. Um die Einsatzfähigkeit und Betriebssicherheit von Photovoltaikmodulen zu überprüfen, werden an ihnen elektronische Isolationstests durchgeführt [0003]. Dabei wird durch Anlegen einer Hochspannung geprüft, ob das Photovoltaikmodul zum Rand hin isoliert ist [0004]. Im Stand der Technik geht gemäß der Patentschrift der elektrische Isolationstest dergestalt vonstatten, dass das zu prüfende Photovoltaikmodul in ein Wasserbad gegeben wird („benetzte Kontaktierung“). Da es sich hierbei um ein aufwendiges Verfahren handelt, werden nicht alle Photovoltaikmodule einer Fertigung diesem Test unterzogen, sondern nur einzelne in Form einer Stichprobe. Ferner hat die „benetzte Kontaktierung“ nach den Angaben der Klagepatentschrift den Nachteil, dass es dabei gegebenenfalls zu Beschädigungen des Photovoltaikmoduls kommt [0005].
Ferner verweist die Klagepatentschrift als Stand der Technik auf die US-Offenlegungsschrift US 2001/0040453 A1, wonach eine Testspannung zwischen dem mit der Solarzelle verbundenen spannungsführenden Teil und einem leitenden Abschnitt des Außengehäuses angelegt wird. Als Leiterabschnitt des Außengehäuses dient dabei ein Trägerelement der Solarzelle [0006].
2. Gemäß dem Klagepatent stellt sich das Patent die zu lösende Aufgabe, die Isolationsprüfung für Photovoltaikmodule zu vereinfachen [0007].
3. Zur Lösung der gestellten Aufgabe schlägt das Klagepatent ein Verfahren gemäß Anspruch 1 und eine Vorrichtung gemäß Anspruch 5 vor. Der hier zunächst relevante Anspruch 5 lässt sich – entsprechend dem klägerischen Vorschlag (vgl. Anlage K 4 / 1. Seite) – wie folgt gliedern:
1. Vorrichtung (13) zur Durchführung einer elektrischen Isolationsprü fung an Photovoltaikmodulen (1),
2. bei denen stromführende Komponenten (6)
2.1. auf einem plattenförmigen Substrat (5) angeordnet und
2.2. im Bereich des Modulrandes (4, 35) elektrisch isoliert sind;
3. mit einer mechanischen Kontaktierungsvorrichtung (17, 18, 30, 31, 38) durch die
4. eine Testspannung
4.1. zwischen dem Modulrand (4, 35) einerseits und
4.2. den entfernt von dem Modul (1) nach außen führenden elektrischen Anschlüssen (3) des Photovoltaikmoduls (1) andererseits angelegt wird, wobei
5. die mechanische Kontaktierungsvorrichtung (17, 18, 38) einen mit wenigstens einem leistenförmigen Kontaktelement (25, 33, 34) versehenen Kontaktrahmen (17, 30, 31, 38) zum Kontaktieren des Modulrandes (4, 35) aufweist.
Die beanspruchte Vorrichtung hat nach der Patentschrift den Vorteil, dass eine lückenlose Qualitätskontrolle jedes einzelnen Photovoltaikmoduls erfolgen kann, da die Isolationsprüfung vereinfacht und weniger aufwendig im Gegensatz zur Prüfung im Wasserbad ist. Daher kann die Prüfung auf alle Photovoltaikmodule einer Herstellung ausgeweitet und muss nicht mehr auf Stichproben einzelner begrenzt werden [0011], [0012].
4. a) Die Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin in Bezug auf eine Verwirklichung der Merkmale 1 bis 4 nicht explizit entgegengetreten, sondern hat diese „dahinstehen lassen“ (Schriftsatz vom 24.05.2019, Seite 8 / Bl. 51 d.A.).
Für das zwischen den Parteien allein streitige Merkmal 5 gilt folgendes:
b) Zur Beurteilung, ob die angegriffene Ausführungsform ein Anspruchsmerkmal verwirklicht und damit die anspruchsgemäße technische Lehre verletzt, ist der objektive Sinngehalt des Anspruchs im Wege einer funktionalen Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung des Patentanspruchs dient nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dazu, die technische Lehre zu erfassen, die aus fachmännischer Sicht – d.h. unter Berücksichtigung des Vorverständnisses, das sich aus dem Fachwissen und -können des von der Erfindung angesprochenen Fachmanns ergibt – mit dem Wortlaut des Anspruchs zum Ausdruck gebracht wird. Sie hat unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen zu erfolgen, die dazu dienen, die durch den Patentanspruch geschützte technische Lehre zu erläutern und typischerweise anhand eines oder mehrerer Ausführungsbeispiele zu verdeutlichen (BGH GRUR 2010, 602 Rn. 20 – Gelenkanordnung). Dabei hat die Auslegung dieser Merkmale auch vor dem Hintergrund der gestellten Aufgabe zu erfolgen (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 14 – Pemetrexed).
c) Gemäß Merkmal 5 weist die mechanische Kontaktierungsvorrichtung (17, 18, 30, 31, 38) einen Kontaktrahmen zum Kontaktieren des Modulrandes auf, der über wenigstens ein leistenförmiges Kontaktelement verfügt.
aa) Die genaue, patentgemäße Ausgestaltung des Kontaktrahmens mit leistenförmigen Kontaktelement ist zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin meint, dass der Kontaktrahmen das Photovoltaikmodul zwar umschließen müsse, das Umschließen aber nicht lückenlos zu erfolgen habe. Das erfindungsgemäße leistenförmige Kontaktelement verlange kein lückenloses Kontaktieren.
Die Beklagte ist hingegen der Ansicht, der erfindungsgemäße Kontaktrahmen müsse das Photovoltaikmodul lückenlos umschließen und lückenlos kontaktieren.
bb) Der Wortlaut von Patentanspruch 5 selbst erhellt nicht, wie der Kontaktrahmen und das leistenförmige Kontaktelement anspruchsgemäß ausgestaltet sein sollen.
Eine Definition dieser Begriffe findet sich in der Klagepatentschrift ebenfalls nicht.
Die Klagepatentschrift führt jedoch in Bezug auf Merkmal 5 von Anspruch 5 in [0020] aus:
„Erfindungsgemäß weist die Kontaktierungsvorrichtung einen Kontaktrahmen zum Kontaktieren des Modulrahmens auf, der über wenigstens ein leistenförmiges Element verfügt. Die Kontaktierung des Modulrandes erfolgt dabei durch Kontaktieren der Stirnseite des fertigen Moduls, der Stirnseite des Substrates und/oder der Oberseite des Substrates im Randbereich des Moduls. Der Kontaktrahmen ist dabei zum Umschließen des Moduls ausgebildet. Er umschließt das Modul dabei vorzugsweise lückenlos. Dies kann entweder dadurch erreicht werden, dass ein durchgehendes, einstückiges Kontaktelement zum Einsatz kommt, welches das Modul lückenlos umschließt. Alternativ dazu kommt ein Kontaktrahmen mit mehreren Kontaktelementen zum Einsatz, die sich in den Endbereichen überlappen, so dass auch in diesem Fall ein lückenloses Umschließen des Moduls sichergestellt werden kann.“
(Hervorhebung durch das Gericht)
In [0023] schildert die Klagepatentschrift weiter, dass es sich als besonders vorteilhaft erwiesen habe, wenn das Kontaktelement aus einem elastischen, elektrisch leitfähigen Material bestehe. Denn aufgrund der Elastizität gebe das Kontaktelement der erfindungsgemäß mechanischen Kontaktierungsvorrichtung beim Kontakt mit dem zu prüfenden Photovoltaikmodul etwas nach, wodurch dessen Beschädigung verhindert werden könne. Zudem habe das den Vorteil, dass „gleichzeitig jedoch eine hinreichend elektrische Kontaktierung gewährleistet“ sei. Die nötige Elastizität kann nach den Angaben in [0023] ferner dadurch erreicht werden, dass herkömmliche metallene Kontaktbleche zum Einsatz kommen, die gefedert bzw. federnd gelagert sind.
Im Rahmen der funktionalen, an der Aufgabenstellung orientierten Auslegung des Anspruchs- bzw. Merkmalswortlauts ergibt sich weiter folgendes: Wesentlich für die Erfindung nach Anspruch 5, die sich eine vereinfachte Isolationsprüfung der Photovoltaikmodule zur Aufgabe macht, ist eine ordnungsgemäße Kontaktierung des Moduls zur einwandfreien Isolationsprüfung. Dies belegt auch [0048], wenn dort betont wird:
„(…) Es kommt lediglich darauf an, dass eine ordnungsgemäße Kontaktierung des Moduls 1 sichergestellt ist.“
Für eine ordnungsgemäße Kontaktierung im Sinne der patentgemäßen Erfindung ist eine lückenlose Kontaktierung des Photovoltaikmoduls durch das unmittelbar an das Modul angreifende Kontaktelement nicht erforderlich. Dies bezeugt auch der bereits erwähnte Abschnitt [0023], wenn er auf elastische bzw. gefederte Kontaktelemente verweist.
Dass für die Isolationsprüfung technisch-physikalisch eine lückenlose Kontaktierung zwingend notwendig wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Dagegen spricht insbesondere, dass ansonsten die mit Lücken versehene angegriffene Ausführungsform der Beklagten (vgl. hierzu unten 5.) gar nicht funktionieren könnte.
Wenn in [0024] ausgeführt wird, dem elektrischen Kontaktierungsvorgang des zu prüfenden Photovoltaikmoduls komme eine besondere Bedeutung zu und dies in [0025] bis [0027] näher ausgeführt wird, steht dies dem Vorgesagten nicht entgegen. Denn in diesen Absätzen der Klagepatentschrift wird die Art und Weise der Zusammenführung von Kontaktrahmen und Photovoltaikmodul erörtert (Kontaktierungsvorgang), nicht jedoch die Ausgestaltung des Kontaktelements, das den Kontakt herstellt.
Demnach ist das nach seinem Wortlaut insoweit auslegungsfähige Merkmal 5 nach der Beschreibung so zu verstehen, dass (1.) der Kontaktrahmen anspruchsgemäß nicht lückenlos sein muss, dies jedoch vorzugswürdig ist und (2.) eine hinreichende elektrische Kontaktierung des Moduls durch das Kontaktelement ausreichend ist. Ein lückenloses Kontaktieren des Moduls durch das Kontaktierungselement wird somit vom Klagepatent nicht gefordert.
Soweit die Beklagte „verdeutlicht“, das Merkmal des „leistenförmigen Kontaktelements“ sei in der Offenlegungsschrift (Anlage B 1) noch nicht enthalten gewesen, sondern erst im Laufe des Erteilungsverfahrens in Anspruch 5 aufgenommen worden, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn die Auslegungsmittel des Patentanspruchs sind in § 14 PatG abschließend aufgeführt (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage, 2017, A. Rn. 77). Die Offenlegungsschrift ist in § 14 PatG nicht erwähnt.
5. Auf der Grundlage der vorstehenden Auslegung wird auch das Merkmal 5 von Anspruch 5 des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
a) Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform sowie insbesondere des Kontaktelements zeigen unter anderem die Darstellungen im Schriftsatz der Beklagten vom 24.05.2019, dort Seite 6 (Bl. 49 d.A.):
 
Es handelt sich – auch nach den Angaben der Beklagten (Schriftsatz vom 24.05.2019, Seite 5 / Bl. 48 d.A.) – um eine Vorrichtung zur elektrischen Isolationsprüfung von Photovoltaikmodulen.
Die Ausgestaltung des Kontaktelements der angegriffenen Ausführungsform ist ferner aus den Anlagen K 7 („Technical Specification“) sowie der Anlage K 8 (Email) ersichtlich. Letztere ist eine Email eines Mitarbeiters der Beklagten, in der die angegriffene Ausführungsform erläutert wird. Dort heißt es unter anderem:
„Wir nutzen geschlitzte Federstahlbleche, um die Glaskante umlaufend zu kontaktieren.“
Die angegriffene Ausführungsform verfügt demnach über eine mechanische Kontaktierungsvorrichtung, die mit einem Kontaktrahmen das zu prüfende Photovoltaikmodul umschließt. Der Kontakt zwischen Kontaktrahmen und Photovoltaikmodul erfolgt über ein Federstahlblech. Dieses Blech verfügt im Bereich, wo es das Photovoltaikmodul kontaktiert/berührt, über dünne vertikale Schlitze, die bis in das obere Drittel des Bleches verlaufen. Der obere Rand des Blechs ist hingegen durchgängig, das heißt ohne Schlitz(e).
b) Die dargestellte Ausgestaltung des Kontaktelements der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht das Merkmal 5 von Anspruch 5 wortsinngemäß und unmittelbar, da es als Teil eines das Modul umschließenden Kontaktrahmens einer mechanischen Kontaktierungsvorrichtung dieses kontaktiert. Die Kontaktierung erfolgt nicht lückenlos, aber – was seitens des Gerichts unterstellt wird – in hinreichender Art und Weise, so dass eine Isolationsprüfung stattfinden kann. Mehr wird von Merkmal 5 des Anspruchs 5 des Klagepatents nicht verlangt.
Letztlich stellt das Kontaktelement eine Variante der von der Patentschrift in [0023] am Ende angeführten Ausführungsform eines gefederten Kontaktbleches dar. Die Federung wird hier durch die Schlitze erreicht, so dass das Kontaktelement jedenfalls im unteren Bereich, an dem es das Modul berührt, über die von [0023] als besonders vorteilhaft geschilderte Elastizität verfügt.
6. Die Beklagte bietet die angegriffene Ausführungsform unter anderem auf ihrer Internetseite „www.mbjH|U||||.com“ (Anlage K 1) zum Verkauf in Deutschland an. Eine Zustimmung der Klägerin hierzu hat sie nicht. Daher verletzt die Beklagte Anspruch 5 des Klagepatents gemäß § 9 Nr. 1 PatG.
Da die durch die begangene Verletzungshandlung ausgelöste Wiederholungsgefahr nicht durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beseitigt wurde, besteht sie fort.
Die Beklagte ist daher wegen wortsinngemäßer, unmittelbarer Verletzung von Anspruch 5 des Klagepatents gemäß §§ 139 Abs. 1, 9 Nr. 1 PatG zur Unterlassung zu verurteilen.
II.
Infolge des Anbietens der angegriffenen Ausführungsform gemäß Anspruch 5 auf der Internetseite der Beklagten, erzeugt sie die Gefahr der Verletzung von Anspruch 1 des Klagepatents; § 10 Abs. 1 PatG.
1. Dieser lässt sich – entsprechend dem klägerischen Vorschlag (vgl. Anlage K 4 / 2. Seite) – wie folgt gliedern:
1. Verfahren zum Durchführen einer elektrischen Isolationsprüfung an Photovoltaikmodulen (1),
2. bei denen stromführende Komponenten (6)
2.1 auf einem plattenförmigen Substrat (5) angeordnet und
2.2 im Bereich des Modulrandes (4) elektrisch isoliert sind, wobei
3. mittels einer mechanischen Kontaktierungsvorrichtung (17, 18, 30, 31, 38),
4. eine Testspannung
4.1 zwischen dem Modulrand (4, 35) einerseits und
4.2 den entfernt von dem Modulrand (4, 35) nach außen führenden elektrischen Anschlüssen (3) des Photovoltaikmoduls (1) andererseits angelegt wird und
5. die mechanische Kontaktierungsvorrichtung (17, 18, 38) einen mit wenigstens einem leistenförmigen Kontaktelement (25, 33, 34) versehenen Kontaktrahmen (17, 30, 31, 38) zum Kontaktieren des Modulrandes (4, 35) aufweist.
2. Indem die Beklagte die Vorrichtung gemäß Anspruch 5 auf ihrer Internetseite anbietet, erzeugt sie die Gefahr, dass bei ihrer Verwendung das Verfahren nach Anspruch 1 verletzt wird. Denn Anspruch 1 ist ein Verfahren zum Durchführen einer elektrischen Isolationsprüfung mittels der von Anspruch 5 geschützten Vorrichtung. Die Vorrichtung im Sinne des Anspruchs 5 ist ein wesentliches Element der Erfindung nach Anspruch 1 des Klagepatents. Sie ist objektiv geeignet, für die unmittelbare Verletzung des Verfahrensanspruchs verwendet zu werden.
Da ausschließlicher Verwendungszweck der angegriffenen Ausführungsform die Durchführung einer Isolationsprüfung von Photovoltaikmodulen ist, ist die von § 10 Abs. 1 PatG geforderte Bestimmung und Geeignetheit des Mittels offensichtlich. Ferner rechtfertigt dies das vollständige Verbot (vgl. Kühnen, a.a.O., A. Rn. 385).
Da auch die übrigen Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch vorliegen und der Klageantrag richtigerweise auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist, besteht ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte gemäß §§ 139 Abs. 1, 10 Abs. 1 PatG in Bezug auf Anspruch 1 des Klagepatents.
III.
1. Der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ergibt sich § 140 b PatG in Verbindung mit § 242 BGB.
Nach dem Vortrag der Klägerin, dem die Beklagte nicht entgegengetreten ist, bietet die Beklagte die angegriffene Ausführungsform sowohl einzeln als auch in Kombination mit weiteren Begleitprodukten, insbesondere in Kombination mit einem Sonnensimulator und einem Elektrolumiszenz-Tester in einem System an (Anlage K 1). Ferner bietet sie auch begleitende Dienstleistungen wie Montage, Abnahme und Wartung der Prüfsysteme an (Anlage K 1).
Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verkauf von Begleitprodukten und der Erbringung von Dienstleistungen ist grundsätzlich möglich, so dass sich der Rechnungslegungsanspruch auch hierauf bezieht, soweit – wie von der Klägerin beantragt – dies in Zusammenhang mit dem Verkauf der Vorrichtung nach Anspruch 5 des Klagepatents oder zur gemeinsamen Verwendung mit ihr erfolgte (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 6, 136 – Magnetspule).
2. Die Ansprüche auf Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen haben ihre Rechtfertigung in § 140 a Abs. 1 und Abs. 3 PatG (Ziffer I. 4., 5. und 6. des Tenors). Eine Unverhältnismäßigkeit ist nicht vorgetragen.
Der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (Ziffer II. des Tenors) ergibt sich für die Zeit zwischen der Offenlegung der Anmeldung (22.10.2009) und Erteilung des Patents (05.09.2013) aus § 33 Abs. 1 PatG. Für die Zeit ab Veröffentlichung der Patenterteilung ergibt sich der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht aus § 139 Abs. 2 PatG. Ein schuldhaftes Verhalten, jedenfalls in Form der Fahrlässigkeit, liegt vor, da die Patentverletzung für das Organ der Beklagten bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennbar war.
B.
Eine Aussetzung des hiesigen Verletzungsstreits gemäß § 148 ZPO im Hinblick auf die anhängige Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen das Klagepatent vor dem Bundespatentgericht, Az. 6 Ni 42/18, scheidet aus, da ein fehlender Rechtsbestand des Klagepatents fernliegend ist.
I. Die Einleitung eines Einspruchsverfahrens oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellen als solches keinen Grund dar, das Verfahren auszusetzen. Anderenfalls würde man dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beimessen, die ihm nach dem Gesetz gerade fremd ist (BGH GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug). Bei der gebotenen Interessenabwägung hat grundsätzlich das Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung des ihm erteilten Patents Vorrang (siehe Cepl in: Cepl/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, 2018, § 148 Rn. 106 m.w.N.). Denn das Patent bietet nur eine beschränkte Schutzdauer. Für die Dauer der Aussetzung ist das Schutzrecht mit Blick auf den Unterlassungsantrag, der einen wesentlichen Teil des Schutzrechts darstellt, praktisch aufgehoben. Daher kommt eine Aussetzung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Vernichtung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (ders., a.a.O., Rn. 107 m.w.N.). Das ist nach dem Vortrag der Beklagten zum fehlenden Rechtsbestand nicht der Fall.
II. Die Beklagte meint, aus der Entgegenhaltung der Anlage B 5 bzw. B 9 folge die fehlende Neuheit der Ansprüche 1 und 5 des Klagepatents. Zumindest fehle ihnen die erfinderische Tätigkeit.
1. Die Entgegenhaltungen B 5 und B 9 unterscheiden sich in Bezug auf den vorliegenden Sachverhalt lediglich in ihrem Datum. Während die Entgegenhaltung B 5 von November 2002 datiert, trägt die Entgegenhaltung gemäß der Anlage B 9 das Datum von August 2009.
Das Erscheinungsdatum beider Entgegenhaltungen ist vorliegend unbeachtlich, da beide zur Überzeugung der Kammer die streitgegenständlichen Ansprüche 1 und 5 nicht neuheitsschädlich vorwegenehmen.
Die Entgegenhaltungen B 5 und B 9 beschäftigen sich mit dem HIPOt-THt bei Photovoltaikmodulen. Dabei beschreiben sie zunächst (Seite 25 in der Anlage B 5 und Seite 38 in der Anlage B 9) den Test eines gerahmten Photovoltaikmoduls. Darauf bezieht sich auch die Zeichnung „Figure 16“ bzw. „Figure 24“. Eine Vorrichtung, die über einen Kontaktrahmen mit einem leistenförmigen Kontaktelement das Photovoltaikmodul kontaktiert, wird darin nicht offenbart. Offenbart wird stattdessen die Kontaktierung des Rahmens des zu prüfenden Photovoltaikmoduls durch Kontakt mittels mehrerer, einzelner Tester/Sonden („probes“). Auf Seite 25 (Anlage B 5) bzw. Seite 38 (Anlage B 9) wird ausgeführt:
„(…) Once a module is aligned on the input conveyor, an air cylinder brings four vacuum cups down into contact with the back surface of the module. Two springloaded probes make contact with the positive and negative terminals on the back of the module. The module is lifted above the conveyor surface and four air-actuated probes contact the module’s four frame sections (…).” Ein leistenförmiger Kontaktrahmen im Sinne von Merkmal 5 von Anspruch 1 bzw. 5 des Klagepatents kann dem nicht entnommen werden.
Eine solche Offenbarung erfolgt ferner nicht durch den von der Beklagten ebenfalls in Bezug genommen Satz auf Seite 26 der Anlage B 5 bzw. auf Seite 39 der Anlage B 9, der lautet:
„If frameless modules are being tested, the frame probes can be replaced by a test frame that surrounds the module edges to allow hi-pot testing.”
Selbst unter Zuhilfenahme des mitzudenkenden Fachwissens eines von der Beklagten als Fachmann definierten Ingenieurs mit Hochschulausbildung und hinreichenden Kenntnissen auf dem Gebiet der Photovoltaik und der Automatisierungstechnik kann dieser Stelle keine Offenbarung des anspruchsgemäßen Kontaktrahmens mit leistenförmigen Kontaktelement entnommen werden. Denn es bleibt – abgesehen vom Erfordernis des Umgebens der Modulkanten – vollkommen unklar, wie der „contact frame“ ausgestaltet ist. Von einem Kontaktelement, das wie in Merkmal 5 von Anspruch 1 und 5 des Klagepatents ein eigenständiger Bestandteil des Kontaktrahmens ist, ist gar nicht die Rede.
Eine neuheitsschädliche Vorwegnahme scheidet daher aus.
2. Eine (überwiegende) Wahrscheinlichkeit des fehlenden Rechtsbestands des Klagepatents wegen Naheliegens der Erfindung kann ebenfalls aufgrund des Vortrags der Beklagten nicht angenommen werden.
Die Beklagte trägt diesbezüglich vor, die Entgegenhaltung B 5 bzw. die Zusammenschau der Entgegenhaltungen B 5/B9 und B 15 lege die patentgemäße Erfindung in Anspruch 1 und 5 nahe.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Da aus der Entgegenhaltung B 5 – wie oben ausgeführt – nicht erkennbar ist, wie der Kontaktrahmen auszugestalten ist, kann sich hieraus kein Naheliegen ergeben. Auch durch das Hinzuziehen des Fachwissens des Fachmanns kann dies nicht erreicht werden, da es keinerlei Anhaltspunkte gibt, dass der Fachmann ausgehend von der Offenbarung in B 5, insbesondere dem oben zitierten Satz „if frameless modules are being tested, the frame probes can be replaced by a test frame that surrounds the module edges to allow hi-pot testing”, den Kontaktrahmen mit einem Kontaktelement im Sinne von Merkmal 5 ausgestaltet hätte.
Einer Zusammenschau der Entgegenhaltungen in B 5/B9 und B 15 steht bereits entgegen, dass (1.) nicht klar ist, aus welchem Jahr die Anlage B 15 stammt und (2.) unklar ist, ob bzw. warum der Fachmann dieses Dokument (B 15) mit derjenigen Entgegenhaltung in B 5/B9 kombiniert hätte.
Da somit der fehlende Bestand des Klagepatents einer Verurteilung der Beklagten wegen Patentverletzung nicht entgegensteht, war sie wie erfolgt zu verurteilen.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.


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