Europarecht

Außergerichtlicher Rechtsbehelf als Voraussetzung einer Untätigkeitsklage

Aktenzeichen  VII R 7/19

Datum:
23.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2021:U.230321.VIIR7.19.0
Normen:
§ 46 Abs 1 S 1 FGO
§ 347 AO
Spruchkörper:
7. Senat

Leitsatz

NV: Wurde gegen einen Einfuhrabgabenbescheid kein Einspruch eingelegt, ist eine Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässig.

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 18. Dezember 2018, Az: 11 K 2208/17, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg vom 18.12.2018 – 11 K 2208/17 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.
1
Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt –HZA–) setzte gegen den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) als Gesamtschuldner neben der in der Schweiz ansässigen A AG mit Einfuhrabgabenbescheid vom 20.01.2012 Einfuhrabgaben fest.
2
Zusätzlich zur Versendung des Einfuhrabgabenbescheids an eine Adresse des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland wurde die Eidgenössische Zollverwaltung auf der Grundlage von Art. 5 des Zusatzprotokolls über die gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich zum Abkommen vom 02.06.1997 (97/403/EG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 169 vom 27.06.1997, S. 77 – 84) zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft um Zustellung des Einfuhrabgabenbescheids an den Kläger unter der Anschrift M Straße x in B in der Schweiz ersucht. Mit Zustellungsbescheinigung vom 03.07.2012 bestätigte die Oberzolldirektion W, den Bescheid am 27.06.2012 dem Kläger unter der Anschrift “Kläger, c/o C AG, B-Straße x, S” zugestellt zu haben. Der Kläger war bei der C AG als Mitglied des Verwaltungsrats tätig und im schweizerischen Handelsregister eingetragen.
3
Da der Kläger lediglich eine Zahlung in Höhe von 307 € (am 23.06.2016) an die Zollbehörden leistete, richtete die Bundesstelle Vollstreckung Zoll am 18.04.2017 ein Ersuchen um Einziehung nach Art. 24 des Abkommens vom 26.10.2004 über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen (BGBl II 2008, 184, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 46 vom 17.02.2009, S. 8-25), an die Schweiz. Der Kläger wurde über dieses Einziehungsersuchen schriftlich informiert.
4
Daraufhin wandte er mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 26.05.2017 gegenüber dem HZA ein, dass er den Einfuhrabgabenbescheid vom 20.01.2012 erstmals durch die Zustellung der Einziehungsverfügung im Rahmen der internationalen Amtshilfe durch Einschreiben des Finanzdepartements der Schweiz erhalten habe. Das HZA wertete diesen Schriftsatz als Einspruch gegen das Einziehungsersuchen an die Schweizerische Eidgenossenschaft, wies den Kläger mit Schreiben vom 01.06.2017 auf diesen Umstand hin und gewährte ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Nachdem sich der Kläger hierzu nicht geäußert hatte, verwarf das HZA den Einspruch gegen das Einziehungsersuchen als unzulässig (vgl. Einspruchsentscheidung vom 23.06.2017).
5
Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Einfuhrabgabenbescheid sei rechtswidrig, weil er dem Kläger erst nach der durch Art. 221 Abs. 3 des Zollkodex bestimmten Frist von drei Jahren für die Nacherhebung der Einfuhrabgaben bekannt gegeben worden sei. Das HZA habe nicht nachgewiesen, dass der Einfuhrabgabenbescheid dem Kläger unter der Anschrift der C AG in S (Schweiz) zugegangen sei. Das Zustellungszeugnis der Oberzolldirektion W sei nicht vollständig ausgefüllt worden; die Zustellung des Einfuhrabgabenbescheids im Zusammenhang mit der Zustellung der Einziehungsverfügung sei jedenfalls verfristet.
6
Das HZA begründet seine Revision mit der Verletzung von Bundesrecht und beantragt,die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Der Kläger beantragt sinngemäß,die Revision zurückzuweisen und schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an.
8
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben