Europarecht

Aussetzen des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit

Aktenzeichen  B 1 K 20.971

Datum:
27.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 44465
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 94
VwGO § 87a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

Das Klageverfahren B 1 K 20.971 wird ausgesetzt, bis das Bundesverwaltungsgericht über die Klage des Klägers im Verfahren … (zunächst anhängig beim Verwaltungsgericht Bayreuth unter dem Az.: B 1 K 20.1041) eine Entscheidung getroffen hat.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Feststellung der Nichtigkeit seines Bescheids vom 11. April 2019 auf vorzeitige Besitzeinweisung nach § 18f FStrG. Grundlage jener Entscheidung ist der rechtskräftige Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 17. Dezember 2013 (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2013 – 9 A 1.14).
Im Verfahren B 1 K 19.399 wurde die Klage des Klägers gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt …, gegen den vorzeitigen Besitzeinweisungsbeschluss vom 11. April 2019 rechtskräftig abgewiesen. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.
Mit der vorliegenden Klage (Schriftsätze vom 27. September 2020 und 11. Oktober 2020) begehrt der Kläger den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts, wonach der Bescheid vom 11. April 2019 nichtig sei. Zur Begründung verweist der Kläger auf die Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom 17. Dezember 2013. Er führt gleichzeitig ein weiteres Klageverfahren gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch die Regierung von Oberfranken auf Nichtigkeitsfeststellung dieses Planfeststellungsbeschlusses (ursprünglich B 1 K 20.1041). Dieses Verfahren ist nach Verweisung an das Bundesverwaltungsgericht dort unter dem Az. … anhängig.
Die Beteiligten wurden durch gerichtliches Schreiben vom 8. Juli 2021 zu einer beabsichtigten Aussetzung des Verfahrens gehört.
II.
Wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist (§ 94 VwGO). Zuständig für diese Entscheidung, die durch Beschluss ergeht, ist im vorbereitenden Verfahren nach § 87a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VwGO der Vorsitzende bzw. der Berichterstatter. Die Entscheidung liegt grundsätzlich im Ermessen des Gerichts.
Das in einem anderen Verfahren zur Entscheidung anstehende Rechtsverhältnis ist dann vorgreiflich, wenn es auf die Vorfrage ankommt, die Gegenstand eines anderen Rechtsstreits ist. Es genügt dabei jeder rechtslogische tatsächliche Einfluss; die Beteiligten des Rechtsstreits müssen nicht dieselben sein. Die Aussetzung sollte erfolgen, wenn das Prozessgericht an die vorgreifliche Entscheidung nach deren Ergehen rechtlich gebunden ist; sie muss erfolgen, wenn anders eine sachgerechte Entscheidung nicht möglich ist, etwa wenn das Gericht selbst an der Beantwortung der vorgreiflichen Frage rechtlich gehindert ist oder wenn ihm diese nur eingeschränkt offen steht (Eyermann/Rennert, 15. Aufl. 2019, VwGO § 94 Rn. 4-7).
Im Verfahren B 1 K 19.399 wurde die Klage auf Aufhebung des Beschlusses zur vorzeitigen Besitzeinweisung abgewiesen. In den Gründen der Entscheidung führte das Gericht aus, dass die Voraussetzungen nach § 18f FStrG vorliegen, der Beschluss damit nicht rechtswidrig ist, und auch keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses als Grundlage für die vorzeitige Besitzeinweisung gegeben sind.
Der Kläger hat hierzu nichts Neues vorgetragen. Auch die beteiligten Behörden (Regierung von Oberfranken, Landratsamt …*) gehen weiterhin von der Rechtmäßigkeit des Besitzeinweisungs- bzw. Planfeststellungsbeschlusses aus. Der nach derzeitigem Rechtsstand rechtskräftige (bzw. sofort vollziehbare) – und entgegen der klägerischen Auffassung nicht nichtige – Planfeststellungsbeschluss ist eine der Voraussetzungen nach § 18f FStrG für die vorzeitige Besitzeinweisung. Derzeit steht wohl auch die Entscheidung B 1 K 19.399 einer anderslautenden Entscheidung entgegen. Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte für eine andere als die getroffene Entscheidung ersichtlich.
Wie das Gericht in dessen Verweisungsbeschluss vom 9. Februar 2021 ausgeführt hat, ist nach hiesiger Auffassung das Bundesverwaltungsgericht allein zuständig für die vom Kläger begehrte Feststellung der Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom 17. Dezember 2013. Aufgrund dieser Entscheidungskompetenz auf gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses kann eine Entscheidung zu diesem Punkt nicht vom Verwaltungsgericht Bayreuth getroffen werden. Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit wird damit voraussichtlich wesentlich von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der behaupteten Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom 17. Dezember 2013 abhängen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erscheint somit für die hier anhängige Streitsache B 1 K 20.971 vorgreiflich.
Außerdem dürfte davon auszugehen sein, dass – eine für den Kläger positive Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vorausgesetzt – die beteiligten Behörden dies auch in den nachgelagerten Verwaltungsverfahren beachten werden.
Es erscheint daher prozessökonomisch sinnvoll – auch im Hinblick auf die Verfahrenskosten der Beteiligten -, den Ausgang des am Bundesverwaltungsgericht geführten Verfahrens abzuwarten. Das vorliegende Klageverfahren wird daher nach pflichtgemäßem Ermessen bis zum Vorliegen einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im vorgreiflichen Verfahren … ausgesetzt.


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