Aktenzeichen Au 7 S 19.2039
FeV § 7 Abs. 1 S. 2, § 28 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 2, Abs. 4 S. 2, FeV § 47 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S.1 u 2
VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten der Verfahren zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.625,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der 1975 geborene Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die für sofort vollziehbar erklärte Feststellung, dass ihn seine tschechische Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland nicht berechtigt.
1. Dem Antragsteller wurde nach einer Fahrt unter Einfluss von Amphetamin am 11. November 2009 mit Bescheid des Landratsamtes … (im Folgenden: Landratsamt) vom 2. Februar 2010 die Fahrerlaubnis der Klassen 1b, 3, 4 und 5 entzogen. Die Klage hiergegen wurde am 27. September 2010 zurückgenommen und das Verfahren daraufhin eingestellt (Au 7 K 10.1109).
Am 25. Februar 2011 wurde dem Antragsteller vom Magistrat der Stadt … ein bis zum 25. Februar 2021 befristeter tschechischer Führerschein mit der Führerscheinnummer … ausgestellt (s. Seite 1 des Führerscheins Nr. 4a, 4b, 4c). In diesem wird als Wohnort des Antragstellers unter Nr. 8 des Führerscheins „…“ ausgewiesen. Auf der Rückseite (Seite 2 des Führerscheins) ist in Spalte 10 für die Fahrerlaubnisklassen A und B der 25. Februar 2011 als Datum der ersten Fahrerlaubniserteilung ausgewiesen (s. Bl. 91 der Gerichtsakte).
Mit E-Mail vom 26. Oktober 2011 teilte das Kraftfahrtbundesamt dem Landratsamt mit, dass der Antragsteller der deutschen Botschaft in … eine Anfrage, welche jene an das Kraftfahrtbundesamt weitergeleitet hatte, mit folgendem Inhalt geschickt habe:
„Hallo ich habe meinen deutschen Führerschein wegen Amphetamin verloren. Den habe ich aber nicht abgegeben, ich sagte den habe ich verloren. Dann habe ich einen tschechischen Führerschein erworben 2011 und ich wohne in, ich denke der Führerschein wird mir entzogen, weil ich in eine Kontrolle kam und der Polizist sagte, er wird das der Führerscheinstelle melden. Wie lange dauert es bis ich einen Führerschein bei euch bekommen könnte und was kostet mich das?“ (Anm.: Rechtschreibfehler zur besseren Lesbarkeit von der Verfasserin korrigiert).
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2011 forderte das Landratsamt den Antragsteller daher auf, unverzüglich, bis spätestens zum 11. November 2011 den als verloren gemeldeten Führerschein abzugeben und den tschechischen Führerschein zur Einsichtnahme vorzulegen.
Mit Schreiben vom 3. November 2011 führte der damalige Bevollmächtigte des Antragstellers aus, dass der deutsche Führerschein beim Umräumen eines Schreibtisches wiedergefunden worden sei und beabsichtigt werde, diesen abzugeben. Zugleich wurde der tschechische Führerschein vorgelegt. Es wurde um eine Stellungnahme bezüglich eines Umtausches der tschechischen in eine deutsche Fahrerlaubnis gebeten.
Mit Schreiben vom 15. November 2011 wies das Landratsamt bezüglich des Umtausches des tschechischen Führerscheins in einen deutschen darauf hin, „dass nur gültige ausländische Fahrerlaubnisse umgetauscht werden können. Deswegen teilen wir mit, dass in der Rechtsfrage, ob ein Mitgliedstaat berechtigt ist, die von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis nicht anzuerkennen, weil der ausländische Führerschein nach dem 18.01.2009 (nach Inkrafttreten des Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der EU-Richtlinie 2006/126/EG) ausgestellt worden ist und vor Erteilung des ausländischen Führerscheins in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen worden war, eine Entscheidung des EuGH noch aussteht. Ein Umtausch kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht stattfinden.“
Mit Schreiben vom 16. November 2011 teilte der Bevollmächtigte mit, dass der Antragsteller seinen deutschen Führerschein doch verloren habe und die E-Mail an die deutsche Botschaft in … von einem ehemaligen Mitarbeiter des Antragstellers gestammt habe. Seinen deutschen Führerschein habe er indes nicht wiedergefunden, sondern es habe sich hierbei um seinen tschechischen Führerschein, den er ebenfalls kurzfristig verlegt gehabt habe, gehandelt.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 beantragte der Bevollmächtigte die Umschreibung der tschechischen EU-Fahrerlaubnis vom 25. Februar 2011 in eine deutsche Fahrerlaubnis, hilfsweise die Anerkennung der tschechischen EU-Fahrerlaubnis zum Gebrauch in der Bundesrepublik Deutschland.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 bat das Landratsamt das Kraftfahrtbundesamt um Weiterleitung der Bitte an die ausstellende Behörde in der Tschechischen Republik, den tschechischen Führerschein zurückzunehmen.
Auf nochmaligen Antrag des Bevollmächtigten auf Umschreibung wies das Landratsamt mit Schreiben vom 20. Februar 2012 nochmals auf das Schreiben vom 15. November 2011 hin und führte aus, dass über den Antrag auf Umschreibung erst entschieden werde, nachdem der EuGH eine entsprechende Entscheidung erlassen habe. Da der Bevollmächtigte davon ausgehe, dass es sich bei dem tschechischen Führerschein des Antragstellers um eine gültige Fahrerlaubnis handle, werde darauf hingewiesen, dass bei einer solchen aus dem EU-Ausland keinerlei Notwendigkeit einer sofortigen Umschreibung bzw. Anerkennung bestehe. Die Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis dürften im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.
Mit Schreiben vom 30. März 2012 beantragte der Bevollmächtigte, einen feststellenden Verwaltungsakt dahingehend zu erlassen, dass die tschechische Fahrerlaubnis befristet bis zu der bezüglich der hier infrage stehenden Fallkonstellation zu erwartenden Entscheidung des EuGH in der Bundesrepublik Deutschland benutzt werden dürfe.
In der Folgezeit ging das Landratsamt von der Pflicht zur Anerkennung der tschechischen Fahrerlaubnis aus. Hinsichtlich der zwischenzeitlichen Vorgänge und polizeilichen Mitteilungen wird auf die Behördenakte (Teil 2) verwiesen.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2018 bat das Landratsamt das Kraftfahrtbundesamt erneut um Weiterleitung der Bitte an die ausstellende Behörde in der Tschechischen Republik, den tschechischen Führerschein zurückzunehmen.
Mit Kurzbrief vom 5. November 2018 übersandte das Kraftfahrt-Bundesamt den internationalen Informationsaustausch mit der Tschechischen Republik, nunmehr auf einem EUweit vorgesehenen Vordruck.
In dem ausgefüllten (Formular-)Fragebogen zum Wohnsitz des Klägers ist u.a. Folgendes angegeben:
„2) Request in case of suspicion of non-compliance with normal residence criteria:
According to our information the person has his/her residence in our country based on:
Place of normal residence according to our information: Doklad o rodném čísle, potvrzení o přechodném pobytu VA 111475.
̶ Place, where person usually lives for at least 185 days each calender year: Unknown
̶ Place of close family members: Unknown
̶ Existence of accomodation: Yes
̶ Place where business is conducted: Unknown
̶ Place of property interests: Unknown
̶ Place of administrative links to public authorities and social services (place where person pays taxes, receives social benefits, has a car registered etc.): Unknown“ (…)
– Student (at least 6 months): No.“
Die Polizeiinspektion … teilte auf Anfrage mit, dass der Antragsteller zum maßgeblichen Zeitpunkt in … mit Familie gemeldet gewesen sei und dass eine Gewerbeummeldung auf die Rechtsform des Einzelunternehmers rückwirkend für das Jahr 2009 stattgefunden habe.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2019 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Anordnung zur Vorlage des Führerscheins zur Eintragung eines Sperrvermerkes wegen Verstoßes gegen das EUrechtliche Wohnsitzprinzip angehört. Der Bevollmächtigte äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 1. August 2019.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2019, laut Empfangsbekenntnis am 28. Oktober 2019 zugestellt, stellte der Antragsgegner fest, dass die tschechische EU-Fahrerlaubnis, Fs-Nr., den Antragsteller nicht berechtige, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen (Nr. 1 des Bescheids). Der Antragsteller wurde verpflichtet, seinen tschechischen Führerschein unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Frist von fünf Tagen nach Zustellung dieses Bescheides beim Landratsamt vorzulegen, damit in ihm eingetragen werden könne, dass er mit ihm in der Bundesrepublik Deutschland keine fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeuge führen darf (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nummern 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR angedroht (Nr. 4).
Hinsichtlich der Begründung des Bescheids wird auf diesen Bezug genommen (Bl. 446 ff. der Behördenakte, Teil 3).
Mit weiterem Bescheid vom 12. November 2019, laut Empfangsbekenntnis am 18. November 2019 zugestellt, wurde dem Antragsteller zum Vollzug des Bescheids vom 15. Oktober 2019 eine weitere Frist von fünf Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zur Vorlage des Führerscheins gesetzt. Für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage wurde unmittelbarer Zwang angedroht. Zugleich wurde das Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR fällig gestellt.
Hinsichtlich der Begründung des Bescheids wird auf diesen Bezug genommen (Bl. 453 ff. der Behördenakte, Teil 3).
2. Am 22. November 2019 ließ der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klagen erheben mit den Anträgen:
1. den Bescheid des Landratsamts … vom 15.10.2019, zugestellt am 28.10.2019, AZ., aufzuheben,
2. den weiteren Bescheid des Landratsamts … vom 12.11.2019, zugestellt am 18.11.2019, ebenfalls aufzuheben.
Der Bescheid sei rechtswidrig, da die Ablehnung der Fahrberechtigung nicht auf § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV gestützt werden könne. Vielmehr liege sogar eine unbestreitbare Information aus Tschechien vor, dass der Wohnsitz zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis tatsächlich in Tschechien bestanden habe. Die vom Landratsamt herangezogenen Mitteilungen der Polizei sowie der deutsche Melderegisterauszug würden nicht aus dem Ausstellerstaat stammen und dürften daher nicht berücksichtigt werden. Zudem sei das Verhalten des Landratsamtes entgegen Art. 20 Abs. 3 GG widersprüchlich wegen der anderslautenden Auskunft aus dem Jahr 2011. Damit sei auch der weitere Bescheid über die Androhung unmittelbaren Zwangs rechtswidrig.
Der Kläger legte einen deutschen Formular-Mietvertrag über ein Zimmer unter der Anschrift „…, … Tschechien“ für den Zeitraum von 2009 bis 2013 mit einem Herrn … zu einem – bar zu zahlenden – Mietpreis in Höhe von 150,- EUR vor.
Die Klagen werden bei Gericht unter den Aktenzeichen Au 7 K 19.2014 (hinsichtlich des Klageantrags Nr. 1) und Au 7 K 19.2015 (hinsichtlich des Klageantrags Nr. 2) geführt.
Mit Schreiben vom 26. November 2019 beantragte die Antragstellerseite beim Landratsamt vorab, eingeleitete Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bis zur Beendigung des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO auszusetzen und/oder ruhen zu lassen.
Am 27. November 2019 ließ der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg zudem Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen und beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts, AZ., vom 15.10.2019 wiederherzustellen und ferner die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom Landratsamt … vom 12.11.2019 wiederherzustellen.
Nachdem der Antragsteller über sieben Jahre am Verkehr teilnehmen habe dürfen und der Antragsgegner es abgelehnt habe, die beantragte Überprüfung der Gültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis vorzunehmen, sei es dem Antragsgegner zuzumuten, mit der Durchsetzung der Eintragung eines Sperrvermerks bis zur Beendigung des Rechtsstreits abzuwarten.
Hinsichtlich der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2019 wird der Antrag unter dem Aktenzeichen Au 7 S 19.2039 und hinsichtlich der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 12. November 2019 unter dem Aktenzeichen Au 7 S 19.2045 geführt.
3. Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom 10. Dezember 2019,
1. die Anträge abzulehnen und
2. die Klagen zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Begründung zur Ermessensausübung bezüglich der Anordnung des Sofortvollzugs wurde ergänzend angeführt, dass im Fall des Antragstellers nicht ausgeschlossen werden könne, dass er auch künftig unter der Wirkung von Betäubungsmitteln am Straßenverkehr teilnehme. Daher sei bei einer weiteren Teilnahme ständig mit der Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer zu rechnen. Nur durch einen sofortigen Ausschluss könnten Leben, Gesundheit und Vermögen der anderen Teilnehmer hinreichend geschützt werden. Erst nach Feststellung der Ungeeignetheit habe der Antragsgegner die Möglichkeit gehabt, das Führen von Fahrzeugen im öffentlichen Verkehrsraum zu unterbinden. Im Rahmen der Gefahrenabwehr sei dann die Anordnung des Sofortvollzugs nötig gewesen. Die Pflicht zur Anerkennung von ausländischen EU-Führerscheinen im Inland sei lange Zeit umstritten gewesen. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung und der dieser folgenden Gesetzeslage könne unter anderem ein solcher Führerschein dann nicht anerkannt werden, wenn aufgrund unbestreitbarer, vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender Informationen der Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz im Inland gehabt habe. Das Verfahren zum Führerscheintourismus sei geändert worden. In Zweifelsfällen würden nun über das Kraftfahrtbundesamt die ausstellenden Behörden hinsichtlich des Wohnsitzerfordernisses anhand feststehender Kriterien befragt. Diesem Verfahren folgend sei vorliegend das Wohnsitzerfordernis geprüft worden.
Hinsichtlich der Begründung im Übrigen wird auf diese Bezug genommen.
4. In der Folgezeit kam es zu mehrfachem Wechsel des Bevollmächtigten des Antragstellers, wobei Akteneinsicht und Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme jeweils gewährt wurden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Anträge nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO sind nur teilweise zulässig und führen auch in der Sache nicht zum Erfolg.
1. Der Antrag gerichtet auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den (gesamten) Bescheid des Antragsgegners vom 15. Oktober 2019 ist nach § 122 Abs. 1, § 88 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach dem Begehren des Antragstellers auszulegen. Zugrunde zu legen ist, dass Widerspruch und Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2 grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben und dies auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a) gilt. Diese entfällt nur, wenn die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) oder dies gesetzlich angeordnet ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 – 3 VwGO). Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 – 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.
a) Nach diesen Grundsätzen ist hier davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen Nummern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 15. Oktober 2019 wiederhergestellt werden soll. Die Fahrerlaubnisbehörde hat die sofortige Vollziehung in Nummer 3 des Bescheides nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO diesbezüglich angeordnet. Nur aufgrund der behördlichen Anordnung sind Nummern 1 und 2 des Bescheids sofort vollziehbar, insbesondere ist die Pflicht zur Vorlage des Führerscheins zur Eintragung eines Sperrvermerks nach § 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980) nicht im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO durch Bundesgesetz vorgeschrieben, da die Fahrerlaubnisverordnung kein formelles Gesetz im Sinne dieser Vorschrift ist (BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – juris Rn. 23 unter Aufgabe seiner bisherigen Rspr. BayVGH, B.v. 9.6.2005 – 11 CS 05.478 – juris Rn. 50; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 65).
b) Hinsichtlich der bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Nummer 4 des Bescheids vom 15. Oktober 2019 (Art. 21a des Bayerischen Verwaltungs- und Vollstreckungsgesetzes – VwZVG) sowie des weiteren streitgegenständlichen Bescheids vom 12. November 2019 soll jeweils die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO angeordnet werden. Der Antragsteller hat seinen Führerschein nach Aktenlage noch nicht abgeliefert, so dass zwar nicht davon auszugehen ist, dass der Antragsgegner das angedrohte Zwangsgeld insgesamt nicht mehr beitreiben wird. Aufgrund der nach Aktenlage bislang nicht erfolgten Ablieferung des Führerscheins ist diese Androhung grundsätzlich auch noch nicht gegenstandslos geworden. Allerdings besteht gleichwohl kein Rechtschutzbedürfnis für den entsprechenden Eilrechtsschutz, da der Antragsgegner auf die vorläufige Bitte des Gerichts um Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen bis zur Entscheidung über den Antrag, welche der Antragstellerseite auch mitgeteilt wurde, in der Antragserwiderung ausgeführt hat, dass der Bescheid vom 12. November 2019 aufgrund des streitgegenständlichen Antrags derzeit nicht vollzogen wird. Aus der Behördenakte (Teil 3) ergibt sich selbiges gemäß der verfügten Aussetzung der Einziehung auch für die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 15. Oktober 2019. Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nummer 4 des Bescheids vom 15. Oktober 2019 und gegen den Bescheid vom 12. November 2019 über die Androhung des unmittelbaren Zwangs sind insoweit daher bereits unzulässig.
2. Soweit die Anträge nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig sind, führen sie aber in der Sache nicht zum Erfolg.
a) Die Begründung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2012 – 11 CS 12.201 – juris Rn. 22). Dabei sind allerdings an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 § 80 Rn. 43). Insbesondere bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (Schmidt, a.a.O. § 80 Rn. 36). Ein solcher Fall lag hier aus Sicht des Antragsgegners vor. Er hat vor diesem Hintergrund das besondere Interesse am sofortigen Vollzug unter Bezug auf den Einzelfall, jedenfalls unter Berücksichtigung der im Gerichtsverfahren nachgeschobenen ergänzenden Ausführungen, hinreichend begründet. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigenständige Interessenabwägung durchgeführt (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 11 CS 15.2377 – juris Rn. 10; B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139 – juris Rn. 29; B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
Hinsichtlich der bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsmittelandrohungen (Art. 21a VwZVG) ist eine Begründung nicht erforderlich. Zudem geht das Gericht wie ausgeführt bereits von der Unzulässigkeit der entsprechenden Anträge aus.
b) Bei der Entscheidung über den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen, hat das Gericht – wie bereits oben ausgeführt – eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Im Rahmen dieser Entscheidung ist das Interesse des Antragstellers, zumindest vorläufig weiter von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu können, gegen das Interesse der Allgemeinheit daran, dass dies unverzüglich unterbunden wird, abzuwägen. Ausschlaggebend im Rahmen dieser Abwägungsentscheidung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, hier also – nach der oben festgestellten Unzulässigkeit des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bescheid vom 12. November 2019 – nur noch der Anfechtungsklage vom 22. November 2019 gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2019. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass die Klage mit Sicherheit Erfolg haben wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsakts bestehen. Andererseits ist für eine Interessenabwägung, die zugunsten des Antragstellers ausgeht, im Regelfall kein Raum, wenn keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen. Erscheint der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden (vgl. zum Ganzen: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Rn. 152 ff. zu § 80).
Nach diesen Grundsätzen kommt die Kammer im Rahmen ihrer eigenen originären Ermessensentscheidung zu dem Ergebnis, dass weder in der Hauptsache Erfolgsaussichten bestehen, noch die Interessenabwägung im engeren Sinn im Übrigen ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers ergibt.
Die Interessenabwägung führt hier zum Überwiegen des öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug des streitgegenständlichen Bescheids. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2019 wird nach summarischer Prüfung insoweit zulässig, aber unbegründet und damit nicht erfolgreich sein, da die Feststellung der fehlenden Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 1) sowie die entsprechende Verpflichtung des Antragstellers zur Vorlage seines Führerscheins zur Eintragung eines Sperrvermerks (Nr. 2) rechtmäßig sind und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
aa) Rechtsgrundlage für die Feststellung der fehlenden Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 1 des Bescheids) ist § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV und für die Verpflichtung, den Führerschein beim Antragsgegner zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen (Nr. 2 des Bescheids), ist § 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FeV. Danach sind ausländische Führerscheine nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen, wobei dabei auf dem Führerschein vermerkt wird, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Die Vorschrift ist auf den Fall einer nicht im Sinne des § 28 FeV anzuerkennenden Fahrerlaubnis nunmehr ausdrücklich ausgeweitet worden (vgl. für die zuvor angenommene analoge Anwendung VG Ansbach vom 29.5.2009 – Az. AN 10 S 09.00793; VG Augsburg vom 23.6.2009 – Az. Au 7 S 09.669; VG München vom 27.7.2009 – Az. M 1 S 09.2701).
bb) Der Antragsteller ist nicht berechtigt, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.
Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV).
Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig hierhin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).
Diese Bestimmungen stehen mit Art. 1 Abs. 2, Art. 7 und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl EG Nr. L 237 S. 1 – RL 91/439/EWG) und mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18 – RL 2006/126/EG) in Einklang.
Nach Art. 1 Abs. 2 RL 91/439/EWG und Art. 2 Abs. 1 RL 2006/126/EG werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt (und damit auch die zugrundeliegenden Fahrerlaubnisse, vgl. EuGH, U.v. 26.10.2017 – C-195/16 – ABl EU 2017, Nr. C 437, S. 8 – juris Rn. 48 f.). Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RL 91/439/EWG und gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG hängt die Ausstellung des Führerscheins ab vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes bzw. darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder – beim Antragsteller nicht einschlägig – nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben. Die Voraussetzungen, wann von einem ordentlichen Wohnsitz auszugehen ist, werden in Art. 9 RL 91/439/EWG und dem wortgleichen Art. 12 RL 2006/126/EG definiert.
Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10, Akyüz – NJW 2012, 1341 Rn. 62).
(1) Hieraus folgt zunächst, dass es dem Antragsgegner nicht verwehrt war, der Frage nachzugehen, ob der Antragsteller bei der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis tatsächlich seinen ordentlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik hatte (BayVGH, B.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 20). Durch den Eintrag eines im Gebiet des Ausstellermitgliedstaats liegenden Wohnorts im Führerschein wird das tatsächliche Innehaben eines Wohnsitzes an diesem Ort nicht positiv und in einer Weise bewiesen, dass die Behörden und Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten dies als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen hätten (vgl. EuGH, U.v. 26.4.2012 – C-419/10, Hofmann – NJW 2012, 1935-1940, juris Rn. 90; BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 23 f.; B.v. 18.3.2019 – 11 C 18.2162 – juris Rn. 16; B.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 20; U.v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427 – NZV 2013, 259). Die Verpflichtung zu gegenseitiger Amtshilfe nach Art. 15 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG vermittelt dem Aufnahmemitgliedstaat vielmehr das Recht, sich bei den Behörden des Ausstellermitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes zu erkundigen; dem steht die Verpflichtung dieses Staats gegenüber, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 20; U.v. 7.5.2015 – 11 B 14.654 – juris Rn. 33). Dass ggf. auch widersprüchliche behördliche Informationen aus dem Ausstellermitgliedstaat von der Fahrerlaubnisbehörde des Aufnahmemitgliedstaats als Hinweis auf einen Scheinwohnsitz gewertet werden dürfen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 11 ZB 17.1696 – juris Rn. 25), ergibt sich schon daraus, dass Angaben im Führerschein wie auch andere vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen gleichrangig („oder“) als Erkenntnisquellen genutzt werden dürfen (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08 – EuZW 2009, 735 Rn. 51).
Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins als vom Ausstellermitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellermitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 21 m.w.N.; B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 – 16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff. m.w.N). Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellermitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75). Dann können die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats auch inländische Umstände zur Beurteilung der Frage, ob die Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist, heranziehen (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 23 f; B.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 20; B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 – 16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff.).
(2) Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben weisen die aus dem Ausstellermitgliedstaat – der Tschechischen Republik – stammenden Informationen im vorliegenden Fall auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei der Ausstellung des Führerscheins hin und lassen in Zusammenschau mit den übrigen bekannten Umständen auf einen Wohnsitzverstoß schließen.
(aa) Dass der Führerschein als Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nur ausgestellt werden darf, wenn der Fahrerlaubnisbewerber zum Ausstellungszeitpunkt einen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat innehat, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RL 91/439/EWG und Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG bestimmen ausdrücklich, dass der Fahrerlaubnisbewerber im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat haben muss („…hängt die Ausstellung des Führerscheins ab vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes“ bzw. „darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben“). Auch entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins ein ordentlicher Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat vorhanden sein muss (vgl. EuGH, U.v. 26.6.2008 – C-329/06 und C-343/06 – juris Rn. 72, C-334/06 bis C-336/06, C-343/06 – juris Rn. 69 und 72: „…die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG des Rates über den Führerschein vom 29. Juli 1991 aufgestellte Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins nicht erfüllt war“; EuGH, B. v. 9.7.2009 – Rs. C-445/08, Wierer – NJW 2010, 217, juris Rn. 51: „Informationen, die … beweisen, dass der Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung eines Führerscheins durch den Ausstellermitgliedstaat seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in dessen Hoheitsgebiet hatte.“; EuGH, U.v. 26.4.2012 – C-419/10, Hofmann – NJW 2012, 1935-1940, juris Rn. 76: „In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ein Führerschein nach den Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439 und 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126 nur von dem Mitgliedstaat ausgestellt werden darf, in dessen Hoheitsgebiet der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz hat“; BVerwG, B.v. 22.10.2014 – 3 B 21/14 – DAR 2015, 30-31, juris Rn. 6; U.v. 30.5.2013 – 3 C 18/12 – Blutalkohol 50, 312-316, juris Rn. 25; BayVGH, B.v.13.6.2013 – 11 CE 13.738 – juris Rn. 3).
Die maßgeblichen unionsrechtlichen Vorschriften (vgl. Art. 3, 7 Abs. 1 RL 91/439/EWG und Art. 4, 7 Abs. 1 RL 2006/126/EG) verknüpfen die Erlaubnis, Kraftfahrzeuge (der erteilten Klasse) zu führen, mit der Ausstellung des Führerscheins; nur dies entspricht auch dem Grundsatz von Rechtssicherheit und Klarheit. So stellen Art. 3 Abs. 1 RL 91/439/EWG und gleichlautend Art. 4 Abs. 1 RL 2006/126/EG fest, dass der Führerschein zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt und Art. 7 Abs. 1 RL 91/439/EWG bzw. Art. 7 Abs. 1 RL 2006/126/EG regeln, unter welchen Voraussetzungen der Ausstellermitgliedstaat einen Führerschein ausstellen darf. Maßgeblich ist daher eine (ausdrückliche) Entscheidung der zuständigen Behörde darüber, dass der Fahrerlaubnisbewerber die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt bzw. nachgewiesen hat. Erst wenn die Behörde eine solche Entscheidung getroffen hat und mit der Ausstellung eines Führerscheins dokumentiert, ist die Fahrerlaubnis erteilt, so dass nur die im Führerscheindokument ausgewiesenen Angaben und Daten maßgeblich sind (s. auch § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 StVG). Das maßgebliche Datum der Erteilung der Fahrerlaubnis und Ausstellung des Führerscheins ist vorliegend der 25. Februar 2011. Zu diesem Zeitpunkt ging die ausstellende tschechische Behörde, das Magistrat, davon aus, dass der Antragsteller seinen Wohnsitz in der Tschechischen Republik habe.
(bb) Das Gericht ist jedoch zu der Auffassung gelangt, dass die Zusammenschau der aus dem Ausstellermitgliedstaat stammenden Informationen sowie der übrigen bekannten Umstände, insbesondere der deutschen Meldeverhältnisse, zweifelsfrei ergibt, dass der Antragsteller einen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Art. 9 RL 91/439/EWG und des gleichlautenden Art. 12 RL 2006/126/EG in der Tschechischen Republik nie innegehabt, sondern dort lediglich einen fiktiven Wohnsitz bzw. Scheinwohnsitz angemeldet hat.
Die genannten Vorschriften definieren den ordentlichen Wohnsitz wie folgt:
„Im Sinne dieser Richtlinie gilt als ordentlicher Wohnsitz der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.“
Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Diese letztgenannte Voraussetzung muss nicht erfüllt sein, wenn sich der Führerscheininhaber in einem Mitgliedstaat zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Besuch einer Universität oder einer Schule hat keine Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes zur Folge“.
Ein ordentlicher Wohnsitz liegt daher nur vor, wenn neben der zeitlichen Komponente (mindestens 185 Tage im Kalenderjahr) zusätzlich persönliche sowie ggf. berufliche Bindungen am Ort vorhanden sind.
Die vom Antragsteller vorgelegte Bestätigung über die Erfüllung der Voraussetzungen der Erteilung einer Fahrerlaubnis laut der „von einer anerkannten Dolmetscherin vorgenommene(n) Übersetzung in die deutsche Sprache“ – wobei aus dem angehängten Dokument nicht einmal der Name der Dolmetscherin oder Ähnliches ersichtlich ist – weist als ihren Aussteller das Magistrat … aus. Auch der tschechische Führerschein weist als ausstellende Behörde das Magistrat … aus. Das von der tschechischen Behörde in ihrer Auskunft an das Landratsamt erwähnte Dokument „potvrzení o přechodném pobytu“ mit der Kennzahl VA 111 475 stellt eine Bescheinigung über einen vorläufigen Aufenthalt dar, zu deren Beantragung man als Ausländer berechtigt ist, wenn die Aufenthaltsdauer drei Monate überschreitet (vgl. https://www.tandem-org.de/tschechien/landeskunde-online/a-wie-aufenthaltsgenehmigung.html).
Diese wurde vom Antragsteller zum einen nicht vorgelegt, zum anderen stellt sie nur eine Übergangsbescheinigung dar und gibt über die tatsächliche Dauer des Aufenthaltes in der Tschechischen Republik keinerlei Aufschluss. Sie kann daher einen ordentlichen Wohnsitz, der als zeitliche Komponente einen Mindestaufenthalt von 185 Tagen im Kalenderjahr voraussetzt, von vornherein nicht belegen.
Der Fragebogen zum tschechischen Wohnsitz des Antragstellers (Bl. 381 ff. der Behördenakte, Teil 3) wurde von der tschechischen Behörde ausgefüllt. In diesem Fragebogen wurde auf die Frage: „Place of normal residence according to our information“ keine Adresse eingefüllt, sondern auf die oben erwähnte Bescheinigung „potvrzení o přechodném pobytu“ mit der Kennzahl VA 111 475 verwiesen. Lediglich die Frage der Existenz einer Unterkunft d.h. dem angeblichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik wurde mit „yes“ (ja) beantwortet. Alle übrigen Fragen – zu einem Aufenthalt von mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, zu einer geschäftlichen oder beruflichen Betätigung am angeblichen Wohnsitz in Tschechien, ob der Antragsteller dort enge Familienangehörige, Vermögensinteressen oder Kontakte zu Behörden oder sozialen Diensten hatte – wurden sämtlich mit „unknown“ (unbekannt) beantwortet, was bedeutet, dass über den Antragsteller von der tschechischen Behörde nichts in Erfahrung gebracht werden konnte. Denn Ermittlungen in entsprechenden Registern sind der um Amtshilfe ersuchten tschechischen Behörde problemlos möglich und sie ist hierzu europarechtlich auch verpflichtet. Da die Tschechische Republik ein moderner „Industriestaat“ ist, ist eine derartige „Spurlosigkeit“ einer Person mit angeblichem, dortigem ordentlichen Wohnsitz mehr als fragwürdig. Die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in der Tschechischen Republik erfordert neben der zeitlichen Komponente zusätzlich (zwingend) persönliche und ggf. berufliche Bindungen im Ausstellermitgliedstaat, die sämtlich nicht ersichtlich sind. Damit stellt diese Auskunft aus dem Ausstellermitgliedstaat einen Hinweis dafür dar, dass der Antragsteller einen ordentlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik mangels persönlicher und/oder beruflicher Bindungen nicht begründet, sondern lediglich einen Scheinwohnsitz angemeldet hat.
Unter Heranziehung dieser Information aus dem Ausstellermitgliedstaat und unter Berücksichtigung der inländischen Umstände steht im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Gerichts ein Wohnsitzverstoß bei Erteilung der Fahrerlaubnis und Ausstellung des tschechischen Führerscheins fest. Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellermitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 30; B.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 22). Hier sprechen als gewichtige inländische Umstände für einen Scheinwohnsitz des Antragstellers in der Tschechischen Republik lediglich zur Erlangung einer Fahrerlaubnis die Tatsachen, dass er dauerhaft und ununterbrochen, also auch im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis, mit Hauptwohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland zusammen mit seiner Familie gemeldet war und rückwirkend auf das Jahr 2009 eine Anmeldung eines Einzelkaufmanngewerbes (anstelle der zuvor bestehenden GbR) vorgenommen hatte, sodass seine persönlichen sowie beruflichen Bindungen allesamt in der Bundesrepublik Deutschland liegen und stets gelegen haben.
Es oblag daher dem Antragsteller, substantiierte und verifizierbare Angaben zu seinem Wohnsitz zu machen, d.h. dazu, dass er in der Tschechischen Republik aufgrund persönlicher sowie ggf. beruflicher Bindungen tatsächlich einen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Art. 9 RL 91/439/EWG und des gleichlautenden Art. 12 RL 2006/126/EG zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins hatte. Dieser Obliegenheit ist er indes nicht nachgekommen.
Das Gericht schließt sich der zutreffenden Einschätzung des Landratsamtes hinsichtlich des vorgelegten Mietvertrags vollumfänglich an und macht sich dessen Begründung (Bl. 158 der Gerichtsakte) zu eigen. Der Mietvertrag ist ein deutscher Formularvertrag, d.h. trotz tschechischen Vermieters in deutscher Sprache gehalten, weist die Adresse des Mietobjekts nicht aus, gibt eine pauschale Mietzeit von 2009 bis 2013 ohne genaue Daten an und regelt eine Barzahlung der Miete. All diese Umstände können aber sogar ohne genauere Erläuterung dahinstehen, da die von der Antragstellerseite im Gerichtsverfahren angegebene Adresse, nämlich diejenige des Vermieters in „… Tschechien“, jedenfalls gerade nicht in der Stadt … liegt, die aber im Führerschein als Wohnsitz angegeben ist und deren Magistrat die ausstellende Führerscheinbehörde war (s.o.). Damit hat der Antragsteller trotz Vorlage eines Mietvertrags einen tatsächlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik keinesfalls substantiiert glaubhaft gemacht und die gewichtigen hiergegen sprechenden Umstände in keiner Weise widerlegen können.
Diese Einschätzung wird weiter gestützt vom übrigen Eindruck vom Antragsteller, wie er sich aus den Behördenakten ergibt. Hierzu verweist das Gericht insbesondere auf die E-Mail vom 26. Oktober 2011, mit der das Kraftfahrtbundesamt dem Landratsamt mitteilte, dass der Antragsteller der deutschen Botschaft in Paris eine Anfrage, welche jene an das Kraftfahrtbundesamt weitergeleitet hatte, mit folgendem Inhalt geschickt hatte:
„Hallo ich habe meinen deutschen Führerschein wegen Amphetamin verloren. Den habe ich aber nicht abgegeben, ich sagte den habe ich verloren. Dann habe ich einen tschechischen Führerschein erworben 2011 und ich wohne in, ich denke der Führerschein wird mir entzogen, weil ich in eine Kontrolle kam und der Polizist sagte, er wird das der Führerscheinstelle melden. Wie lange dauert es bis ich einen Führerschein bei euch bekommen könnte und was kostet mich das?“ (Anm.: Rechtschreibfehler zur besseren Lesbarkeit von der Verfasserin korrigiert). In der Folgezeit änderte der Antragsteller zudem mehrfach seinen Vortrag gegenüber dem Landratsamt hinsichtlich des angeblichen Verlustes des deutschen Führerscheins (vgl. Ausführungen unter I.1.). Auf diese eigenen Aussagen des Antragstellers wird im Hinblick darauf, dass er nach Angaben seines Bevollmächtigten Wert darauf legt, „nicht in den Topf der Führerscheintouristen geworfen zu werden“, ausdrücklich verwiesen. Diesem vom Antragsteller selbst stammenden Vortrag ist letztlich nichts hinzuzufügen.
(cc) Diesem Ergebnis steht auch nicht Art. 13 Abs. 2 RL 2006/126/EG entgegen, der besagt, dass eine vor dem 19. Januar 2013 erteilte Fahrerlaubnis aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie weder entzogen noch in irgendeiner Weise eingeschränkt werden darf. Hierzu hat der EuGH in seinem Urteil vom 26. April 2012 (Az.: C-419/10, Hofmann – NJW 2012, 1935-1940, juris) unter Rn. 38 bis 41 wie folgt ausgeführt:
„Wie die deutsche Regierung geltend macht, wäre zudem, wenn Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126 dahin auszulegen wäre, dass eine vor dem 19. Januar 2013 erteilte Fahrerlaubnis grundsätzlich weder entzogen noch eingeschränkt werden könnte, eine Anwendung von Art. 11 Abs. 4 dieser Richtlinie nicht mehr möglich, obwohl in deren Art. 18 Abs. 2 ausdrücklich vorgesehen ist, dass er ab 19. Januar 2009 gilt.
39. Jedenfalls zeigt, wie die deutsche Regierung hinzufügt, die Stellung des Art. 13 innerhalb der Richtlinie 2006/126, dass sein Abs. 2 nicht auf Maßnahmen zur Einschränkung, zur Aussetzung oder zum Entzug eines Führerscheins Bezug nimmt, sondern nur auf die zum Führen von Fahrzeugen bestimmter Klassen erworbenen Fahrerlaubnisse.
40. Wie der Generalanwalt in Nr. 35 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wird mit der Richtlinie 2006/126 ein Modell eines einheitlichen europäischen Führerscheins geschaffen, der die in den Mitgliedstaaten existierenden unterschiedlichen Führerscheine ersetzen soll. Art. 4 der Richtlinie regelt und definiert die verschiedenen Führerscheinklassen, zu denen die Mitgliedstaaten, die jeweils ihre eigenen Führerscheinklassen definiert haben, Äquivalenzen festzulegen haben.
41. Somit soll Art. 13 der Richtlinie 2006/126, der die Überschrift „Äquivalenzen zwischen nicht dem EG-Muster entsprechenden Führerscheinen“ trägt, nur die Frage der Äquivalenzen zwischen den vor der Umsetzung dieser Richtlinie erworbenen Führerscheinen und den verschiedenen darin definierten Führerscheinklassen regeln.
Der Wohnsitzverstoß ist daher nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil sich die Rechtslage in der Tschechischen Republik im Jahr 2009 geändert hat. Zwar trifft es zu, dass nach Art. 18 Abs. 2 RL 2006/126/EG Teile der Richtlinie erst zum 19. Januar 2009 in Kraft getreten sind. Das Wohnsitzerfordernis in Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG ist dabei aber nicht genannt. Das Wohnsitzerfordernis war darüber hinaus auch schon in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RL 91/439/EWG festgeschrieben, galt daher auch schon vor Inkrafttreten der Richtlinie 2006/126/EG und gilt nach der Entsprechungstabelle in Anhang VIII zur Richtlinie 2006/126/EG in Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG unverändert fort (s. BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 32).
Aufgrund der europarechtlich geklärten Rechtslage scheidet eine Aussetzung und Vorlage beim EuGH, wie vom nunmehr Bevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 3. Juni 2020 angesprochen, auch vor diesem Hintergrund aus.
(dd) Schließlich führt auch die Tatsache, dass die deutsche Fahrerlaubnisbehörde in der Vergangenheit die tschechische Fahrerlaubnis nicht als unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt behandelt hat und dem Antragsteller deshalb auf dessen Antrag auf Umschreibung mit Schreiben vom 15. November 2011 und 20. Februar 2012 mitgeteilt hat, dass über den Antrag auf Umschreibung erst entschieden werde, nachdem der EuGH eine entsprechende Entscheidung erlassen habe, nicht zu einem anderen Ergebnis. Das Landratsamt wies weiter darauf hin, dass – da der Bevollmächtigte davon ausgehe, dass es sich bei dem tschechischen Führerschein des Antragstellers um eine gültige Fahrerlaubnis handle – bei einer solchen aus dem EU-Ausland keinerlei Notwendigkeit einer sofortigen Umschreibung bzw. Anerkennung bestehe. Die Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis dürften im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.
Damit brachte das Landratsamt zum einen schon an der Formulierung erkennbar nicht zum Ausdruck, dass es von einer Rechtsgültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis zwischenzeitlich definitiv ausging. Die Fahrerlaubnisbehörde ging nach der Überprüfung vielmehr nicht davon aus, der tschechische Führerschein berechtige den Antragsteller von Gesetzes wegen zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland, was insbesondere auch aus der Bitte an die tschechische Fahrerlaubnisbehörde um Rücknahme des erteilten Führerscheins ersichtlich wird, und bestätigte ihm dies daher auch nicht. Zum anderen handelt es sich bei den beiden Schreiben auch nicht um eine schriftliche Zusicherung nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG), die tschechische Fahrerlaubnis nach § 28 Abs. 1 FeV anzuerkennen oder gar nach § 30 Abs. 1 FeV umzuschreiben. Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung) zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Eine Zusicherung, die Fahrerlaubnis nach § 30 Abs. 1 FeV in Zukunft in eine deutsche Fahrerlaubnis umzuschreiben, wollte die Behörde erkennbar nicht geben. Die Zusicherung, einen feststellenden Verwaltungsakt nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV nicht zu erlassen, scheidet aber auch ohnehin aus, da sich die fehlende Berechtigung, von einer EU-Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, unmittelbar aus § 28 Abs. 4 FeV ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26.19 – ZfSch 2020, 54 = juris Rn. 34; U.v. 5.7.2018 – 3 C 9.17 – BVerwGE 162, 308 Rn. 35; BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 34; B.v. 11.12.2014 – 11 CE 14.2358 – juris Rn. 27; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 28 FeV Rn. 56; Koehl in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, § 28 FeV Rn. 16, 45). Selbst eine unzutreffende rechtliche Bewertung ändert nichts daran, dass eine unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilte Fahrerlaubnis nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV von Gesetzes wegen nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt (BayVGH, B.v. 31.3.2020 – 11 ZB 20.189 – juris Rn. 18).
cc) Damit stellt sich auch die Anordnung zur Vorlage des Führerscheins als rechtmäßig dar (§ 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 FeV).
c) Auch eine vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens unabhängige Interessenabwägung im Übrigen fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus.
Zwar ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass mit der sofortigen Durchsetzung ein ganz erheblicher und letztlich nicht wiedergutzumachender Verlust für seine persönliche Mobilität für ihn verbunden ist und damit eine durch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz – GG) geschützte Rechtsposition tangiert wird. Dem persönlichen Interesse des Antragstellers stehen jedoch die Rechtsgüter gegenüber, zu deren Schutz die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung und Vorlageverpflichtung erfolgt. Hierbei handelt es sich insbesondere um Leib und Leben der übrigen Verkehrsteilnehmer (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), die Verkehrssicherheit an sich sowie bedeutende Sachwerte der Allgemeinheit. Für diese Rechtsgüter würde ein erhebliches Gefährdungspotenzial geschaffen, wenn der Antragsteller trotz fehlender Fahrberechtigung weiter mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen könnte. Bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen wiegt der möglicherweise eintretende, gegebenenfalls nicht mehr wiedergutzumachende Schaden für die zuvor genannten, hoch- und höchstwertigen Rechtsgüter einer potenziellen Vielzahl anderer Verkehrsteilnehmer zu schwer, als dass es verantwortet werden könnte, dem Antragsteller bis zu einer endgültigen Klärung seiner Fahrberechtigung vorerst die weitere Verkehrsteilnahme zu erlauben. Die mit den sofort vollziehbaren Verfügungen für den Antragsteller verbundenen Nachteile müssen von ihm im Hinblick auf den hohen Rang der durch die Verkehrsteilnahme eines ungeeigneten Kraftfahrers gefährdeten Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit und das entsprechende Interesse der Verkehrssicherheit daher hingenommen werden (vgl. SächsOVG, B.v. 19.5.2016 – 3 B 37/16 – juris Rn. 7; VGH BW, B.v. 4.11.2013 – 10 S 1933/13 – NJW 2014, 487 ff.). Solche negativen Auswirkungen auf den Betroffenen treten vielmehr typischerweise auf. Maßgeblich ist, dass das vom Antragsteller ausgehende Gefährdungspotential erheblich über dem des Durchschnitts anderer Fahrzeugführer liegt.
Das Gericht folgt hierbei insbesondere nicht der Argumentation der Antragstellerseite, dass allein der lange Zeitablauf seit dem erstmaligen Bekanntwerden der Existenz der tschechischen Fahrerlaubnis den Sofortvollzug unangemessen macht. Zum einen können sicherheitsrechtliche Befugnisse, somit auch die zur Anordnung des Sofortvollzugs, nicht verwirkt werden. Zum anderen hat das Landratsamt nach Erhalt der Informationen der tschechischen Behörde relativ zeitnah den Fall umfassend erneut geprüft. Im Übrigen hat der Antragsteller ohnehin davon profitiert, dass der Antragsgegner nicht schon im Jahre 2011 die fehlende Berechtigung festgestellt hat und er so noch über acht Jahre lang von der tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch machen konnte, obwohl diese zu Unrecht erteilt worden war. Der Antragsteller kann aus dieser Tatsache, dass er über acht Jahre lang mit einer tatsächlich nicht rechtswirksamen tschechischen Fahrerlaubnis, die unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt worden ist, in der Bundesrepublik gefahren ist, nicht noch weitere Vorteile für sich herleiten.
Auch im Hinblick auf die von der Behörde angeordnete sofortige Vollziehung der Vorlage des Führerscheins (§ 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 FeV) kommt bei dieser Sachlage eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht in Betracht.
Nach allem waren die Anträge abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheids vom 15. Oktober 2019 beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nach dem Streitwertkatalog 2013 sind die – in der tschechischen Fahrerlaubnis enthaltenen – Fahrerlaubnisklassen A und B, jeweils mit dem Auffangstreitwert von 5.000,- EUR, maßgeblich. Der sich danach ergebende Betrag von 10.000,- EUR ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs).
Für den daneben streitgegenständlichen Bescheid vom 12. November 2019 wird ein Streitwert von 625,- EUR festgesetzt (Nr. 1.7.1 Sätze 1 und 2, Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs).