Europarecht

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Aktenzeichen  RO 6 K 20.2120

Datum:
19.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51187
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landesamtes für Pflege vom 10. August 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Bewilligung des Corona-Pflegebonus, weil sie die Voraussetzungen der einschlägigen Richtlinie in der vom Beklagten ausgeübten Verwaltungspraxis nicht erfüllt.
1. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Bewilligung des Corona-Pflegebonus und maßgeblich für die Prüfung der Zuwendungsvoraussetzungen ist die CoronaPflegebonusrichtlinie (CoBoR) vom 30. April 2020, geändert durch Bekanntmachung vom 15. Mai 2020.
Bei der vorliegend begehrten Zuwendung handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die der Freistaat Bayern auf der Grundlage von und im Einklang mit Art. 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m.
Art. 23 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) und den einschlägigen Förderrichtlinien gewährt. Nach der Vorbemerkung der CoBoR wird ausdrücklich klargestellt, dass der Corona-Pflegebonus eine freiwillige Leistung ist und nach Maßgabe der Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Freistaates Bayern als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird.
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt wurde oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, einem dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris, Rn. 9; BayVGH, B.v. 7.4.2020 – 6 ZB 19.1647 – BeckRS 2020, 9635; U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.1840 – juris, Rn. 26).
Ein Anspruch auf die Zuwendung kann im Einzelfall aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und dem Gleichheitssatz hergeleitet werden, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden. Die rechtliche Prüfung im vorliegenden Fall hat demnach nicht daran anzusetzen, wie die für die Zuwendungen maßgeblichen Förderrichtlinien auszulegen wären, sondern daran, welche Förderpraxis des Beklagten dem Zuwendungsbescheid zugrunde lag (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris, Rn. 27). Sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben, müssen sich Zuwendungen aber gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen. Dem Norm- und Richtliniengeber stehen jedoch sachbezogene Gesichtspunkte zur Differenzierung in sehr weitem Umfang zu; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (VG München, U.v. 17.2.2021 – 31 K 20.4309 – BeckRS 2021, 3585 mit Verweis auf stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris, Rn. 61; Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3, Rn. 255).
2. Nach den dargelegten Grundsätzen steht der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung des Corona-Pflegebonus zu. Weder die Richtlinie selbst noch ihr hier zur Ablehnung führender Vollzug sind vorliegend zu beanstanden.
a) Die Abgrenzung des zuwendungsberechtigten Personenkreises in der durch die CoBoR vorgenommenen Art und Weise, namentlich durch eine Beschränkung auf bestimmte Einrichtungen einerseits und eine tätigkeitsbezogene Komponente andererseits, begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, sondern erscheint vielmehr sachgerecht. Der Kreis der durch die Corona-Pflegebonusrichtlinie begünstigten Personen ist in Nr. 2 der Richtlinie näher beschrieben. Begünstigte im Sinne der Richtlinie sind danach Pflegende in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten. Ebenso begünstigt sind tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist. In stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen sind alle Beschäftigten begünstigt, die körperlich eng an und mit Menschen mit Behinderung arbeiten. Auch Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst sind Begünstigte. Eine beispielhafte Auflistung der Begünstigten, orientiert an den jeweiligen Einrichtungen, findet sich in den Anlagen 1, 2 und 3 zur Richtlinie.
Bei der Festlegung des begünstigten Personenkreises verfolgte der Richtliniengeber den legitimen Zweck, welcher in der Richtlinie in Nr. 1 Sätze 2 bis 7 der CoBoR niedergelegt ist und zum Ziel hat, dass mit der Gewährung des Corona-Pflegebonus das überdurchschnittliche Engagement der in Bayern in der professionellen Pflege und im Rettungsdienst und in den stationären Einrichtung der Behindertenhilfe Tätigen auch im Hinblick auf die aktuelle Corona-Pandemie auch für die Zukunft besonders gewürdigt und anerkannt werde. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege als Richtliniengeber hat dies weitergehend wie folgt präzisiert und ergänzt: „Der CoronaPflegebonus erkennt das Engagement der Pflegekräfte an, die in besonderer Weise dauerhaft und intensiv mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie konfrontiert waren. Die Pflegekräfte mussten hierbei insbesondere versuchen, die Präsenz von Angehörigen zu ersetzen, die wegen Besuchsverboten in den begünstigten Einrichtungen nicht emotional und sozial für die Betroffenen sorgen konnten. Vor allem auch dieses besondere menschliche Engagement sollte mit dem Bonus des Freistaates gewürdigt werden“ (Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege auf eine Schriftliche Anfrage des Abg. Krahl, LT-Drs. 18/11079 vom 15.1.2021, S. 2).
Es steht im Einklang mit dieser Zielsetzung, dass der Richtliniengeber den Kreis der Begünstigten anhand bestimmter Einrichtungen und näher umrissener Qualifikationen bzw. Berufsbilder entsprechend den Ausführungen des Beklagten abgrenzt, die er mit Blick auf die beschriebene Zielsetzung für besonders relevant erachten durfte. Bei den nach der Richtlinie begünstigten stationären Einrichtungen, namentlich Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen handelt es sich sämtlich um solche, in denen der vorgenannte Grundgedanke einer Substitution der Präsenz naher Angehöriger in der Zeit pandemiebedingter, umfassender Besuchseinschränkungen ohne weiteres greift. Es ist ferner eine von sachlichen Gründen getragene Wertung des Richtliniengebers, dass er in den Kreis der Einrichtungen, in denen eine Begünstigung der Pflegenden in Betracht kommt, auch die ambulanten Pflegedienste einbezieht. Nach der Corona-Pflegebonusrichtlinie relevant sind ansonsten – vom Rettungsdienstwesen abgesehen – lediglich stationäre Einrichtungen. Die durch den Pflegebonus verfolgte Zielsetzung, besonders den „Ersatz“ persönlicher Kontakte zu würdigen, ist indessen auch im Fall ambulanter Pflegedienste gegeben. Auch insoweit handelt es sich um eine Situation, in der die Pflegekräfte häufig die wesentlichen oder sogar einzigen Ansprechpartner gerade solcher Pflegebedürftiger waren, die altersbedingt einer Risikogruppe angehören und daher von Kontaktbeschränkungen besonders betroffen waren.
Dass der Richtliniengeber damit die ansonsten in der Richtlinie verfolgte Beschränkung auf stationäre Einrichtungen durchbricht, zeigt, dass bei der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises nicht schematisch, sondern nach sachbezogenen Kriterien vorgegangen wird. Das hier insbesondere relevante, ergänzende Kriterium, wonach tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist, ebenso begünstigt sind (Nr. 2 Satz 2 CoBoR), zeugt ebenso von einer sachgerechten und in Grenzen auch der Einzelfallgerechtigkeit verpflichteten Festlegung des begünstigten Personenkreises. Insgesamt ist daher der sehr weite Spielraum des Richtliniengebers, den Kreis der Begünstigten der finanziellen Zuwendung nach sachlichen Gesichtspunkten abzugrenzen, nicht überschritten. Der Richtliniengeber und mit ihm die Vollzugsbehörde sind daher insbesondere auch befugt, die mit der Zuwendung in besonderer Weise zu würdigende soziale Substitutionsfunktion der Pflegenden gerade auch typisierend-einrichtungsbezogen und weiterhin an bestimmten Qualifikationen orientiert zu erfassen und darauf in ihrer Abgrenzung der Zuwendungsberechtigten abzustellen (zu Vorstehendem: VG München, U.v. 17.2.2021 – 31 K 20.4309 – BeckRS 2021, 3585). Für die Begünstigung kommt es damit nicht auf ein erhöhtes Infektionsrisiko oder die Erschwernisse bzw. Herausforderungen, welchen sich Pflegende oder sonstige in den entsprechenden Einrichtungen Tätige aufgrund der pandemiebedingten Situation gegenübersahen, wie etwa erhöhte Vorsichts- oder Hygienemaßnahmen, sondern vielmehr auf die zusätzlich zu leistende Substitution sozialer Kontakte im stationären Bereich der Pflege an. Die Entscheidung des Richtliniengebers, nur Beschäftigte in stationären Einrichtung sowie im ambulanten Bereich ausschließlich Pflegedienste zu fördern, ist rechtlich somit nicht zu beanstanden. Dabei ist der dem Richtliniengeber zustehende sehr weite Ermessensspielraum hinsichtlich der Auswahl der Begünstigten nicht überschritten. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz scheidet aufgrund der nicht gleichen Tätigkeitsfelder ambulanter Pflegedienste und ambulanter Betreuungsdienste von vornherein aus. Soweit die Klägerseite anführt, auch Beschäftigte in ambulanten Betreuungsdiensten hätten wegfallende soziale Kontakte mindestens im gleichen Maße wie in ambulanten Pflegediensten Tätige substituiert und müssten daher ebenfalls als Begünstigte angesehen werden, verkennt die Klägerseite die Grundsätze des Subventionsrechts. Es kommt gerade nicht ausschließlich darauf an, dass die Klägerin auch soziale Kontakte substituiert hat – was durch das Gericht nicht in Zweifel gezogen wird – und dadurch dem Zweck der Richtlinie entsprechend auch dem Grunde nach in den begünstigten Personenkreis hätte mit einbezogen werden können. Über den bloßen Zweck der Richtlinie hinaus ist nach dem oben Ausgeführtem nämlich der Begünstigtenkreis darüber hinaus auf Beschäftigte in einer abgeschlossenen Anzahl von Einrichtungstypen begrenzt worden. Eine willkürliche Nichtberücksichtigung ambulanter Betreuungsdienste gegenüber mit im Vergleich zu ihnen zusätzlich zur Substitution sozialer Kontakte mit grundpflegerischen Aufgaben befassten ambulanten Pflegediensten ist nicht festzustellen. Es ist mithin nicht so, dass lediglich auf die Substitution sozialer Kontakte abzustellen wäre, ohne das Vorliegen einer von der Richtlinie genannten Einrichtung festzustellen. Sofern man, vergleichbar der klägerischen Argumentation, vom Erfordernis einer von der Richtlinie benannten Einrichtung absähe, ginge die ausdrückliche Auflistung der begünstigten Einrichtungen in der Richtlinie im Ergebnis ins Leere. Dies war vom Richtliniengeber ersichtlich nicht gewollt.
b) Auch die Förderpraxis des Beklagten auf Grundlage der Richtlinie begegnet keinen Bedenken. Dies gilt insbesondere auch für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises aufgrund dessen Beschäftigung in vom Richtliniengeber konkret benannten Einrichtungen (Nr. 2 Satz 1 CoBoR). Dies führt hier letztlich dazu, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Zuerkennung und Auszahlung des Pflegebonus geltend machen kann.
Nach der schriftsätzlich dargelegten Förderpraxis des Beklagten ergibt sich eine Begünstigung nach der CoBoR bei Vorliegen von zwei kumulativ zu erfüllenden Kriterien: In einem ersten Schritt müssen pflegende Personen für eine Begünstigung in bestimmten abschließend aufgezählten Einrichtungen tätig sein (Nr. 2 Satz 1 CoBoR). Ist dies der Fall, müssen bestimmte tätigkeitsbezogene Merkmale erfüllt werden, d.h. die Personen müssen – differenziert nach Einrichtungstyp – eine bestimmte Qualifikation aufweisen oder jedenfalls in einem bestimmten Berufsbild konkret tätig sein (Nr. 2 Satz 3 bis 5, Anlagen 1 bis 3 CoBoR).
Ergänzend sind in dieser Stufe gemäß Nr. 2 Satz 2 CoBoR tatsächlich in der Pflege Tätige ebenso begünstigt, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist.
Nach dem Vorbringen des Beklagten und auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerseite sowie der Erkenntnis des Gerichts aufgrund der Vielzahl vergleichbarer Klageverfahren wurden nach Überzeugung des Gerichts in der Förderpraxis im ambulanten Bereich ausschließlich Pflegedienste mit dem Pflegebonus bedacht und andere ambulante Einrichtungen als solche bewusst und der CoBoR folgend gerade im Hinblick auf die oben dargestellte, typisierend-einrichtungsbezogene besondere Substitutionsfunktion Pflegender gerade in stationären Einrichtungen nicht mit dem Corona-Pflegebonus bedacht (vgl. auch HessVGH, B.v. 4.2.2021 – 10 B 2762/20 – juris, Rn. 11 und 14 zu einer Corona-Soforthilfe).
Soweit in einzelnen Fällen offenbar Mitarbeiter in ambulanten und teilstationären Einrichtungen außerhalb der Pflegedienste im Widerspruch zur Richtlinie und zur gängigen Förderpraxis gleichwohl den Corona-Pflegebonus erhalten haben, begründet keine andere Förderpraxis. Denn es ist nicht erkennbar, dass der Urheber der CoBoR eine solche richtlinienwidrige Abweichung gebilligt oder geduldet hätte. Die Verwaltungsvorschriften antizipieren die Verwaltungspraxis insoweit, als sie eine generalisierende Willenserklärung der die Richtlinien erlassenden Behörde enthalten, eine unbestimmte Vielzahl künftiger Fälle in einer bestimmten Weise zu behandeln. Weichen die Behörden in Einzelfällen ohne rechtfertigenden Grund von einer Richtlinie ab, könnte eine stillschweigende Aufgabe oder eine Änderung der Verwaltungspraxis nur angenommen werden, wenn dies von der für die Richtlinie verantwortlichen Stelle – hier dem zuständigen Ministerium (Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege) – in seinem Willen aufgenommen und von diesem bewusst gebilligt und geduldet worden wäre (NdsOVG, U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – juris, Rn. 44). Hierfür ist nichts ersichtlich oder vorgetragen.
Vielmehr hat der Beklagte gerichtsbekannt zur Sicherstellung einer einheitlichen Verwaltungspraxis zunächst nur eindeutige Fallkonstellationen verbeschieden und Sachbearbeiter angewiesen, nicht zentral geklärte Fallgruppen zurückzustellen. Erst nach interner Klärung sind demnach entsprechende Handlungsanweisungen erstellt und die Mitarbeiter diesbezüglich geschult worden.
Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden und lässt jedenfalls nicht die Schlussfolgerung zu, dass sich eine richtlinienabweichende Verwaltungspraxis herausgebildet hätte. Der Beklagte hat die Möglichkeit, in solchen Fällen von den Aufhebungsvorschriften der Art. 48 ff. BayVwVfG, namentlich der Rücknahmebefugnis des Art. 48 BayVwVfG, Gebrauch zu machen, damit rechtswidrige Bewilligungen des CoronaPflegebonus rückgängig zu machen und entsprechende Auszahlungen zurückzufordern (Art. 49a BayVwVfG). Dass er diese Möglichkeit erkannt hat und auch tatsächlich in Erwägung zieht, hat der Beklagte in anderen vergleichbaren Verfahren hinreichend bekundet.
Dem Gericht ist über die festgestellte Verwaltungspraxis hinaus eine erweiternde Auslegung der Richtlinie versagt, wie dies die Klägerseite im Rahmen der Klagebegründung jedoch vornimmt. Für die Entscheidung kommt es nämlich nicht darauf an, ob es zu der festgestellten Verwaltungspraxis Alternativen gäbe und auch die Tätigkeit in ambulanten und teilstationären Einrichtungen hätte über die ambulanten Pflegedienste hinaus gefördert werden können. Bildet – wie hier – die Willkürgrenze den gerichtlichen Prüfungsmaßstab, kommt es nicht darauf an, ob es zu der festgestellten Verwaltungspraxis Alternativen gibt.
Willkür ist aber bereits dann zu verneinen, wenn sich der Beklagte bei der Festlegung der Förderfälle von sachlichen Erwägungen hat leiten lassen. Dies ist wie ausgeführt hier der Fall, weil die Unterscheidung zwischen grundsätzlich zu fördernden stationären und grundsätzlich – mit Ausnahme der Pflegedienste – nicht zu fördernden ambulanten und teilstationären Einrichtungen vertretbar und angesichts des Förderzwecks nachvollziehbar ist (vgl. etwa VG München, U.v. 17.2.2021 – M 31 K 20.4944 – juris, Rn. 39; M 31 K 20.4504 – juris, Rn. 34; M 31 K 20.5587 – juris, Rn. 33, vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 8.2.2021 – W 8 K 20.1567 – BeckRS 2021, 2886). Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinien bestehen unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten keine triftigen Anhaltspunkte. Die Nichtförderung der Klägerin mangels Einsatzes in einer stationären Einrichtung oder ambulanten Pflegeeinrichtung ist gemessen an den Vorgaben der CoBoR nicht sachwidrig.
Gerade unter Heranziehung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verbietet sich vorliegend sogar die Gewährung des Corona-Pflegebonus zu Gunsten der Klägerin.
Der Beklagte hat nämlich durch die regelmäßige Wiederholung dieser Förderentscheidung eine bestimmte Förderpraxis entwickelt und vergleichbare Anträge, die aufgrund der Arbeitgeberbescheinigung lediglich eine Tätigkeit in einer ambulanten oder teilstationären Einrichtung – mit Ausnahme von Pflegediensten – nachweisen konnten, ebenfalls negativ verbeschieden. Diese Praxis bindet ihn bei vergleichbaren Entscheidungen auch in Parallelverfahren und ist Maßstab für deren gerichtliche Kontrolle. Dabei kann das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG eben auch zu Lasten von Zuwendungsempfängern Anwendung finden. Versagt eine Behörde – wie hier regelmäßig – die Bewilligung bei einer nicht von der Richtlinie umfassten Tätigkeit, so verletzt sie das Gleichbehandlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion, wenn sie sich im Einzelfall über diese Praxis hinwegsetzt und trotz Fehlens der ansonsten geforderten Voraussetzungen die Leistung gewährt, so dass in einem solchen Fall die Entscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG rechtswidrig wäre (BVerwG, U.v. 23.4.2003 – 3 C 25/02 – NVwZ 2003, 1384).
Damit liegen bei der Klägerin die in der CoBoR dargelegten Zuwendungsvoraussetzungen, wie sie vom Beklagten in ständiger Verwaltungspraxis vollzogen werden, nicht vor.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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