Aktenzeichen 9 B 40/09
§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO
Art 3 Abs 3 EWGRL 12/92
Art 33 EWGRL 388/77
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 29. Januar 2009, Az: 14 A 2216/06, Beschluss
Gründe
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Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
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1. Eine die Revisionszulassung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigende Abweichung des angefochtenen Beschlusses von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat die Klägerin nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise bezeichnet. Es fehlt eine für die hinreichende Bezeichnung einer Divergenz erforderliche Darlegung divergierender, die jeweilige Entscheidung tragender und auf dieselbe Rechtsvorschrift bezogener abstrakter Rechtssätze. Eine Abweichung von einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann nicht mit der Divergenzrüge geltend gemacht werden, weil dieser nicht zu den in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO angeführten Gerichten gehört. Angesichts der eindeutigen Aufzählung ist für eine analoge Anwendung der Vorschrift kein Raum.
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2. Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
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a) Die Beschwerde macht in der Art der Begründung eines zugelassenen Rechtsmittels geltend, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts sei deshalb fehlerhaft, weil die Vergnügungssteuer schon mangels Abwälzbarkeit auf die Spieler nicht erhoben werden dürfe. Außerdem werde in der Satzung der Beklagten der Halter der Spielgeräte besteuert, nicht aber der Spielgast, auf den die Steuer demzufolge auch nicht abgewälzt werden könne. Schließlich dürfe die Steuer nicht rückwirkend erhoben werden, weil es nicht auf das Vertrauen des Steuerschuldners, sondern nur das des Steuerpflichtigen, also des sich am Spielgerät Vergnügenden, ankommen könne, für den nach Beendigung des Spiels die Sache endgültig erledigt und der steuerlich nachträglich ohnedies nicht mehr zu belangen sei. Die Beschwerde hat damit keine bestimmten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung formuliert. Insoweit fehlt es bereits an einer hinreichenden Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).
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b) Die von der Beschwerde für klärungsbedürftig gehaltenen europarechtlichen Fragestellungen vermitteln der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Klägerin hält sinngemäß für klärungsbedürftig,
ob der Begriff “umsatzbezogene Steuer” nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG – Verbrauchsteuerrichtlinie – mit dem Begriff “Charakter von Umsatzsteuern” in Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388 gleichgesetzt werden kann.
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Es fehlt jedoch eine hinreichende Darlegung der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage für ein Revisionsverfahren. Die Beschwerde vertritt zwar die Auffassung, dass der Begriff der “umsatzbezogenen Steuern” nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG anders zu interpretieren sei als der Begriff der “Umsatzsteuern” in Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388. Sie zeigt jedoch nicht auf, welcher abweichende Inhalt dem Begriff der “umsatzbezogenen Steuern” danach zukommen könnte und dass und ggf. weshalb die hier in Rede stehende Vergnügungssteuer hiervon erfasst sein könnte. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Vorschrift des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG die Zulässigkeit von “Steuern auf Dienstleistungen” regelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Steuergegenstand der Vergnügungssteuer in Gestalt der Spielautomatensteuer nicht die Dienstleistung, die der Halter der Spielautomaten gegenüber den Spielern erbringt, sondern der Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers (Urteil vom 13. April 2005 – BVerwG 10 C 5.04 – BVerwGE 123, 218 ; stRspr). Vor diesem Hintergrund hätte die Beschwerde auch darlegen müssen, dass und weshalb die vorliegende Vergnügungssteuer als “Steuer auf Dienstleistungen” im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG zu verstehen sein könnte.
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Im Übrigen hat der Europäische Gerichtshof bereits festgestellt, dass eine “Steuer auf Dienstleistungen” im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG dann keine “umsatzbezogene Steuer” nach dieser Vorschrift ist, wenn sie nur für eine bestimmte Warengruppe gilt; die insoweit in Bezug genommenen Entscheidungen betreffen Urteile des Europäischen Gerichtshofs zu den Wesensmerkmalen einer “Umsatzsteuer” im Sinne des Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388 (EuGH, Urteil vom 10. März 2005 – Rs. C-491/03 – Slg. 2005, I-2025 Rn. 29 mit Verweis auf die Urteile vom 3. März 1988 – Rs. C-252/86 – Slg. 1988, 01343 Rn. 15 und 16 sowie vom 29. April 2004 – Rs. C-308/01 – Slg. 2004, I-04777 Rn. 33 und 35). Offenkundig erhebt die Beklagte die Vergnügungssteuer nicht allgemein auf den Waren- und Dienstleistungsverkehr in ihrem Gebiet, so dass diese Steuer weder einer “Umsatzsteuer” im Sinne des Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388 gleichkommt (stRspr, vgl. Urteile vom 22. Dezember 1999 – BVerwG 11 CN 3.99 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 35 S. 12 ff. und BVerwG 11 CN 1.99, BVerwGE 110, 237 ; ebenso BFH, Urteil vom 26. Februar 2007 – II R 2/05 – BFHE 217, 280) noch entsprechend der oben genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine “umsatzbezogene Steuer” nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG darstellt.
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c) Auch ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinsichtlich der Frage zu verneinen,
“ob und inwieweit eine nachträglich erhobene Steuer auch noch nachträglich auf den Spieler abgewälzt werden kann, da eine Steuerabwälzung grundsätzlich ein Vorgang ist, der auf die Zukunft gerichtet ist”.
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Diese Frage wäre im angestrebten Revisionsverfahren nicht zu entscheiden. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Beklagte hier nicht für zurückliegende Zeiträume erstmals Vergnügungssteuer erhoben, sondern rückwirkend zum Zwecke der Heilung von Satzungsmängeln die Rechtsgrundlage der bereits erhobenen Vergnügungssteuer verändert, ohne zusätzliche Steuerbeträge zu fordern. Soweit die Klägerin meint, ein Automatenaufsteller, der von der Unwirksamkeit der Steuersatzung ausgeht, sei nicht berechtigt, die Steuer im Vorgriff auf eine spätere Heilung der Rechtsmängel auf die Spieler zu überwälzen, ist dies nicht nachvollziehbar. Es gehört gerade zum Wesen der Spielautomatensteuer, dass der Aufsteller die von ihm abzuführenden Steuerbeträge auf die Spieler überwälzt. Die Beschwerde macht auch nicht geltend, dass die Klägerin im Vertrauen auf eine von ihr angenommene Ungültigkeit der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten von einer Überwälzung abgesehen hat. Ein solches Vertrauen wäre im Übrigen nicht schutzwürdig. Ein Automatenaufsteller muss grundsätzlich damit rechnen, dass Satzungsmängel rückwirkend geheilt werden, um eine bereits erfolgte Steuererhebung auf eine gültige Rechtsgrundlage zu stellen.
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d) Grundsätzliche Bedeutung kommt schließlich nicht der Frage zu,
“inwieweit eine Vergnügungssteuersatzung Art. 2, 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, soweit aus der Satzung keine eindeutigen Rechtsmittelfristen hervorgehen”.
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Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass der Beginn der Frist für Rechtsmittel gegen eine der Steuerfestsetzung gleichstehende Steueranmeldung dem Steuerschuldner nicht bekannt werde und er demzufolge auch nicht wisse, wann diese ende. Das sei mit Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren. Damit zeigt die Beschwerde keine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts auf (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Rüge, Landesrecht sei unter Verstoß gegen Verfassungsrecht des Bundes angewandt worden, vermag für sich genommen noch nicht eine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts aufzuzeigen. In einem derartigen Fall muss vielmehr zusätzlich dargelegt werden, dass die Auslegung der einschlägigen Grundsätze des Bundes(verfassungs-)rechts durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um einen Maßstab für das Landesrecht abzugeben (Beschlüsse vom 21. September 2001 – BVerwG 9 B 51.01 – Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 44 und vom 9. März 1984 – BVerwG 7 B 238.81 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49). Entsprechende Darlegungen sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
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Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Anknüpfung der Rechtsmittelfrist an den Eingang der Steueranmeldung bei der Behörde die Rechtsverfolgung unzumutbar erschwert. Der Eingang der Steueranmeldung hängt von der Art der Übermittlung ab, die der Steuerschuldner festlegt; in der Regel ist er für den Steuerschuldner bestimmbar. Wird die Einspruchsfrist versäumt, weil der Steuerschuldner den Eingang der Steueranmeldung bei der Behörde nicht wissen konnte, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO zu gewähren.