Aktenzeichen M 1 S 16.51283
Leitsatz
Wurde der Asylantrag des Antragstellers im Rücküberstellungsstaat bereits abgelehnt, kommt es für die gerichtliche Überprüfung der Abschiebungsanordnung nicht mehr darauf an, ob die dortigen Aufnahmebedingungen oder das Asylverfahren systemische Mängel aufweisen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der am … geborene Antragsteller ist kongolesischer Staatsangehöriger.
Er reiste angeblich am … Mai 2016 in das Bundesgebiet ein und stellte am 19. Juli 2016 in Deutschland einen Asylantrag.
Nachdem eine Eurodac- Abfrage ergab, dass der Antragsteller bereits in Bulgarien ein Asylverfahren angestrengt hatte (Eurodac-Treffer Kategorie 1), richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 19. September 2016 ein Übernahmeersuchen an Bulgarien. Bulgarien sicherte mit Schreiben vom 28. September 2016 die Rückübernahme des Antragstellers zu. In seiner persönlichen Anhörung am 29. November 2016 gab der Antragsteller an, dass sein Asylantrag in Bulgarien abgelehnt worden sei und er dort insgesamt bereits 9 Jahre gelebt habe.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2016 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Bulgarien an (Nr. 3). In Nr. 4 des Bescheids wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
Die Bevollmächtigte des Antragstellers erhob mit Telefax vom … Dezember 2016 Klage (M 9 K 16.51283) gegen den vorgenannten Bescheid. Sie beantragt zugleich im vorliegenden Verfahren,
die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Zur Begründung trug die Bevollmächtigte des Antragstellers vor, dass im Asylsystem Bulgariens systemische Mängel bestünden, die die Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland erfordern würden. Dies ergebe sich unter anderem aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 2016 in dem gefordert werde, dass die erwartete Verbesserung der Situation der Asylbewerber in Bulgarien in aktuell überprüft werde. Positive Veränderungen seien indes nicht zu verzeichnen. Das Verwaltungsgericht München habe systemische Mängel mit Beschluss vom 14. November 2016 (Az.: M 22 S 15.50879) wegen Defiziten für Schutzberechtigte in allen Lebensbereichen bejaht.
Zum weiteren Vorbringen und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag ist unbegründet.
Die vom Antragsteller eingelegte Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Das Bundesamt hat zu Recht seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens abgelehnt (1.) und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen verneint (2.).
1. Bulgarien hat das Ersuchen der Antragsgegnerin auf Rückübernahme des Antragstellers zugestimmt und seine Zuständigkeit gem. Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO erklärt.
Besondere Umstände, die die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann der Antragsteller seiner Überstellung nach Bulgarien nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Bulgarien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO).
Dies ergibt sich im vorliegenden Fall schon daraus, dass der Antragsteller bereits ein Asylverfahren in Bulgarien erfolglos abgeschlossen hat. Nach seinen eigenen Angaben in der Anhörung vom 29. November 2016, hat der Antragsteller bereits 9 Jahre in Bulgarien gelebt. Sein Asylantrag in Bulgarien wurde abgelehnt (Bl. 55 der Behördenakten). Es kommt daher nicht darauf an, in welchen Umständen Asylantragsteller oder anerkannte Schutzberechtigte in Bulgarien leben. Der Antragsteller gehört zu keiner der beiden Gruppen. Mängel der Aufnahmebedingungen für Antragsteller und Schutzberechtigte in Bulgarien betreffen ihn im Fall der Rückführung nicht.
Systemische Mängel des Asylverfahrens in Bulgarien bestehen im Übrigen nach der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht (BayVGH, B. v. 15.11.2016 – 13a ZB 16.50064 – juris). Das Gericht schließt sich dieser Rechtsauffassung unter Verweis auf die in dem genannten Beschluss in Bezug genommenen Erkenntnisse vollinhaltlich an.
2. Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheids bleibt voraussichtlich auch ohne Erfolg, soweit Abschiebungshindernisse zu prüfen sind.
Persönliche Vollstreckungshindernisse, die über die allgemeinen Verhältnisse für Asylbewerber in Bulgarien hinausgehen hat der Antragsteller nicht geltend gemacht. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen insoweit somit nicht.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG)