Europarecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag

Aktenzeichen  22 ZB 18.105

Datum:
9.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DVBl – 2019, 63
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwZVG Art. 3 Abs. 2 S. 1
ZPO § 177, § 178, § 180
VwGO § 124 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten nach § 180 ZPO ist auch möglich, wenn der Geschäftsraum beim Zustellungsversuch geschlossen und eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO damit nicht ausführbar war. Einen persönlichen Zustellversuch nach § 177 ZPO setzt § 180 ZPO nicht voraus. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Insbesondere kann durch Einlegen in den Briefkasten der Geschäftsräume an einem Samstag eine Ersatzzustellung nach § 180 S. 1 ZPO mit dem Eintritt der Zustellfiktion nach § 180 S. 2 ZPO vorgenommen werden. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 K 16.616 2017-10-24 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen auf jeweils 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich gegen die durch Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 12. Mai 2016 auf Antrag der Beigeladenen verfügte Freistellung von Bahnbetriebszwecken von Teilen der Bahnstrecke K…-E… – G…
Die Beigeladene beantragte am 14. Juli 2015 bei der Regierung von Mittelfranken die Freistellung von Bahnbetriebszwecken für einen Teil der Bahnstrecke K…-E… – G… Der Antrag wurde damit begründet, dass die mit der Freistellung von Bahnbetriebszwecken freiwerdenden Flächen zum Bau des letzten Teilstücks der Nordtangente sowie den Ausbau der St 2272 nach Großlangheim benötigt würden. Die Klägerin ist Eigentümerin von Grundstücken auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne. Diese Fläche verfügt über einen Privatgleisanschluss an den Bahnhof K…-E… Die Klägerin bemühte sich erfolglos um einen Erwerb der Trasse von der Eigentümerin, der DB N. AG. Mit vier Bescheiden des Eisenbahn-Bundesamts (vom 8.7.2014, 30.3.2015, 17.1.2016 und 25.4.2016) wurden jeweils Teilstücke der Eisenbahnstrecke von E… bis einschließlich km 47,244 S…-S… gemäß § 11 AEG stillgelegt.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2016 stellte die Regierung von Mittelfranken die Bahnstrecke K…-E… – G… (von km 2,168 bis 5,370) gemäß § 23 AEG von Bahnbetriebszwecken frei.
Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid Klage, die das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 24. Oktober 2017 abwies. Die Klage sei unzulässig, da nicht fristgerecht erhoben. Der mit der Klage angegriffene Bescheid sei der Klägerin mit Postzustellungsurkunde (Art. 1 Abs. 5 und Art. 3 VwZVG) am 14. Mai 2016 zugestellt worden. Dass es sich hierbei um den Pfingstsamstag handele, sei unerheblich. Demnach sei die einmonatige Klagefrist aus § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO am 15. Mai 2016 angelaufen (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB) und am 14. Juni 2016 geendet (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Die Klage sei beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg jedoch erst am 17. Juni eingegangen.
Es sei nicht auf den tatsächlichen Erhalt des Schriftstücks durch die Klägerin am 17. Mai 2016 abzustellen, da die Voraussetzungen von Art. 9 VwZVG nicht vorlägen. So sei insbesondere eine Zustellung außerhalb der Geschäftszeiten der Klägerin möglich. Eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO sei zulässig, wenn eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO daran scheitere, dass das Geschäft nicht mehr geöffnet habe. Auch stünde einer wirksamen Zustellung durch Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VwZVG i.V.m. § 180 ZPO nicht entgegen, dass auf dem Briefkasten der Klägerin zwei Firmennamen angebracht gewesen seien. Eine Ersatzzustellung nach § 180 Satz 1 ZPO könne durch Einwurf in einen beschränkt zugänglichen Gemeinschaftsbriefkasten erfolgen, dies gelte ebenso für den Fall eines Firmenbriefkastens, wenn nur noch eine weitere Firma den Briefkasten nutze. Es könne davon ausgegangen werden, dass eine klare Zuordnung des Posteingangs möglich sei und im üblichen Geschäftsbetrieb auch erfolge.
Hiergegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung. Der Beklagte und die Beigeladene sind diesem Antrag entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, die Klage ist zu Recht wegen Verfristung als unzulässig abgewiesen worden. Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung der Klägerin vom 8. Februar 2018 (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergibt sich nicht, dass die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegen:
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
a) Die Klägerin rügt, dass eine Zustellung nach § 177 ZPO und eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO zunächst einmal versucht werden müsse, bevor eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO erfolgen dürfe. Auf den Versuch einer persönlichen Zustellung nach § 177 ZPO habe die Mitarbeiterin der Klägerin zudem vertrauen dürfen. Weiter handle es sich nach Ansicht der Klägerin beim vorliegenden Fall um eine Zustellung nicht lediglich außerhalb der Geschäftszeiten, sondern an einem Tag, an dem die Klägerin überhaupt nicht geöffnet habe, weshalb die Rechtsprechung zur Zustellung außerhalb der Öffnungszeiten auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei.
Diese Darlegungen der Klägerin rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung. Für die Ausführung der Zustellung durch die Verwaltung gelten gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend. Der Verweis der Klägerin auf § 177 ZPO ist unbehelflich, weil nicht dargelegt wird, an welchem anderen Ort als dem der Geschäftsadresse denn der Zustellungsadressat des zugestellten Bescheides hätte angetroffen werden sollen oder müssen. § 180 ZPO verweist auch nicht auf § 177 ZPO, sondern auf § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, der die Ersatzzustellung in den Geschäftsräumen regelt. Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten nach § 180 ZPO ist auch möglich, wenn der Geschäftsraum beim Zustellungsversuch geschlossen und eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO damit nicht ausführbar war (Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 180 Rn. 2). Ausweislich der Postzustellungsurkunde hat der Zusteller auch eine Übergabe in den Geschäftsräumen versucht. Einen persönlichen Zustellversuch nach § 177 ZPO (an irgendeinem beliebigen Ort) setzt § 180 ZPO gerade nicht voraus, derartiges ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen.
Auf ein Vertrauen der Mitarbeiterin der Klägerin auf eine persönliche Zustellung nach § 177 ZPO kommt es daher nicht an, sie hätte zudem die ausdrücklichen Hinweise auf dem Zustellungskuvert und dem Vermerk auf dem Begleitschreiben der Regierung von Mittelfranken ohne weiteres zur Kenntnis nehmen können. In den Gesetzesmaterialien zur Neufassung des Zustellungsrechts zum 1. Juli 2002 wird zwar nur der Fall angesprochen, dass die Zustellung „vor“ den üblichen Öffnungszeiten erfolgt. Für den Fall, dass die Zustellung außerhalb der Geschäftszeit erfolgt, gilt aber nichts anderes. Die Rechtsprechung hat den Hinweis in den Gesetzesmaterialien stets nur als Beispiel verstanden (vgl. BGH, B.v. 24.4.2007 – Anw (B) 93/06 – juris Rn. 6). Ziel der Änderung war es, den hohen Anteil an Niederlegungen zu reduzieren und dazu den Zustelldiensten eine einfachere Möglichkeit der Ersatzzustellung für den Fall zu eröffnen, dass eine Zustellung in den Geschäftsräumen daran scheitert, dass sie nicht geöffnet haben. Dies gilt für jeden Zustellversuch außerhalb der Öffnungszeiten, unabhängig davon, ob ein Geschäft schon oder noch geschlossen hat (BVerwG, B.v. 2.8.2007 – 2 B 20/70 – juris, Rn. 4; BGH, B.v. 24.4.2007 – AnwZ (B) 93/06 – juris, Rn. 6). Insbesondere kann auch durch Einlegen in den Briefkasten der Geschäftsräume an einem Samstag eine Ersatzzustellung nach § 180 Satz 1 ZPO mit dem Eintritt der Zustellfiktion nach § 180 Satz 2 ZPO vorgenommen werden (OVG NW, B.v. 2.6.2014 – 15 A 628/14 – juris, Rn. 2). Der Zusteller muss sich auch nicht vor der Zustellung erkundigen, ob die Geschäftsräume samstags geöffnet haben, dies liefe dem Regelungszweck zuwider und ist im Gesetzestext nicht vorgesehen.
Das Argument der Klägerin, die Rechtsprechung zu § 180 ZPO könne nicht auf die Zustellung an Tagen, an denen überhaupt nicht geöffnet sei, übertragen werden, trägt nicht. Denn auch Zustellungsadressaten, denen etwa an einem normalen Wochentag abends mehr oder weniger kurz nach deren Geschäftsschluss durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt wird, könnten geltend machen, dass sie zu der Uhrzeit des Einlegens nie geöffnet haben. Die Klägerin verlangt damit letztlich eine vorherige Vergewisserung des Zustellers über die jeweiligen Öffnungszeiten und deren Beachtung. Das kann sie jedoch aufgrund der insoweit klaren gesetzlichen Regelung nicht fordern.
Dass an Samstagen Post ausgetragen und zugestellt wird, ist weithin üblich, und kann nicht als Zustellung „zur Unzeit“ angesehen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob dem jeweiligen Samstag ein gewöhnlicher Sonntag oder ein oder mehrere Feiertage folgen.
b) Die Klägerin rügt weiter, dass eine sichere Zustellung nicht gewährleistet gewesen sei, da wegen der beiden auf dem Gemeinschaftsbriefkasten angebrachten sehr ähnlichen Firmennamen eine große Verwechslungsgefahr gegeben sei und aufgrund der samstags nicht erfolgenden Leerung von einem stark gefüllten Briefkasten auszugehen gewesen sei.
Auch damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Zum einen sieht der Senat die beiden Firmennamen (b* … GmbH und B* … D* … GmbH) als klar unterscheidbar an. Ähnlichkeit haben sie nur insoweit, als Namensbestandteil beider Firmen der Familienname der hinter beiden Firmen stehenden Person ist. Darauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht nämlich davon aus, dass der – gerade auch von der Klägerin eingerichtete – Gemeinschaftsbriefkasten für eine wirksame Zustellung vorgehalten wurde und dafür auch geeignet ist. Bei einem von (nur) zwei Firmen gemeinschaftlich genutzten Briefkasten, ist der Zugriff offensichtlich auf einen überschaubaren Personenkreis beschränkt und damit für eine Ersatzzustellung nach § 180 Satz 1 ZPO grundsätzlich geeignet (BGH, U.v. 16.6.2011 – III ZR 342/09 – juris, Rn. 25; OLG Frankfurt, B.v. 14.1.2010 – 3 Ws 21/10 – juris, Rn. 9). Der BGH (a.a.O. Rn. 24 ff.) betont die Verantwortlichkeit desjenigen, der eine Empfangsvorrichtung für Post einrichtet, wie folgt: „Die Bereitstellung und Ausgestaltung einer Vorrichtung zum Postempfang liegt indessen in der Sphäre und Eigenverantwortung des Adressaten. Er verfügt deshalb über einen Spielraum, darüber zu entscheiden, welches Maß an Sicherheit gegen den Verlust von Sendungen die von ihm gewählte Einrichtung bieten soll. Entscheidet er sich für eine Variante, die einzelne Risiken nicht ausschließt, muss er sich hieran insbesondere bei einer förmlichen Zustellung auch zu seinem Nachteil festhalten lassen, solange die Vorrichtung insgesamt in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. (…) Der Adressat, der eine solche Einrichtung gewöhnlich für den Erhalt von Postsendungen verwendet, gibt damit zu erkennen, dass er den ihm typischerweise persönlich bekannten Mitnutzern hinreichendes Vertrauen entgegenbringt, dass diese auch mit den an ihn gerichteten Sendungen sorgfältig umgehen (…). Dies hält sich im Rahmen des einem Zustellungsadressaten durch § 180 Satz 1 ZPO eröffneten, eigenverantwortlich auszufüllenden Spielraums zur Gestaltung seines Postempfangs.“
Die Ähnlichkeit der beiden am Briefkasten angebrachten Firmennamen ist daher unschädlich, weil selbst gewählt. Die richtige Zuordnung zwischen den beiden Firmen mit ähnlichem Firmennamen wird damit gerade dem Zusteller abgenommen und von den beiden Benutzerinnen des Briefkastens im eigenen Verantwortungsbereich übernommen. Durch eine solche gemeinschaftliche Nutzung des Briefkastens gibt die Klägerin zu erkennen, dass sie auf diesem Weg Post erhalten will und sie darauf vertraut, dass die Mitnutzerin des Briefkastens nicht an sie adressierte Post erkennt, aussortiert und ihr zukommen lässt.
Ein stark gefüllter Briefkasten – von dem die Klägerin an einem Samstag nur „ausgeht“ und damit letztlich nur spekuliert – hindert nicht die wirksame Ersatzzustellung nach § 180 Satz 1 ZPO. Anders verhielte es sich bei einem übergequollenen Briefkasten, in den das zuzustellende Schriftstück nicht mehr eingelegt werden könnte (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 41 Rn. 67), hiervon ist seitens der Klägerin jedoch nicht die Rede.
2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht weist diese Rechtssache überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten auf. Die von der Klägerin für schwierig gehaltenen Fragestellungen sind in der obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt oder können dem Gesetz ohne weiteres entnommen werden.
3. Weiter kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die von der Klägerin formulierten Rechtsfragen sind nicht weiter klärungsbedürftig, da sie mithilfe der anzuwendenden Rechtsvorschriften sowie der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne weiteres beantwortet werden können:
a) Die Klägerin stellt hierzu die ihrer Meinung nach grundsätzliche Bedeutung habende Frage, ob aufgrund des Vorranges einer persönlichen Zustellung nach § 177 ZPO eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO außerhalb der üblichen Geschäftszeiten (Montag bis Freitag) an einem Samstag unwirksam ist bzw. eine solche Ersatzzustellung nur vor oder nach den üblichen Geschäftszeiten vorgenommen werden darf, wenn am selben Tag überhaupt geöffnet ist.
Aus den Ausführungen oben unter 1. a) ist diese Frage nicht in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftig. Auf § 177 ZPO verweist das Gesetz in § 180 ZPO gerade nicht. Es würde nach der Sichtweise der Klägerin von den vom Zustellungsadressaten selbst gewählten Öffnungszeiten abhängen, wann dann überhaupt noch nach § 180 ZPO zugestellt werden kann. Die von der Klägerin beanspruchten Ausnahmen von der Anwendbarkeit des § 180 ZPO sind dem Gesetz nicht ansatzweise zu entnehmen.
b) Die Klägerin stellt weiter die Frage, ob eine klare Zuordnung an den Adressaten im Wege der Ersatzzustellung gemäß § 180 ZPO noch mit hinreichender Sicherheit gewährleistet ist, wenn an einem Gemeinschaftsbriefkasten ähnlich klingende Firmennamen stehen oder ob in diesem Fall die Zustellung nach § 177 ZPO persönlich erfolgen muss.
Auch diese Frage ist in einem Berufungsverfahren nicht mehr klärungsbedürftig, weil die Problematik von Gemeinschaftsbriefkästen in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt ist. Auf die Ausführungen oben unter 1. b) wird verwiesen.
4. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht auch nicht von hierfür einschlägigen obergerichtlichen Entscheidungen ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Die Klägerin macht diesen Zulassungsgrund zwar geltend, lässt jedoch insoweit keine Darlegung folgen.
5. Schließlich liegt kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Die Klägerin rügt, dass das Verwaltungsgericht seinen Aufklärungspflichten nicht nachgekommen und ohne Nachprüfung davon ausgegangen sei, dass bei dem Gemeinschaftsbriefkasten trotz der angebrachten sehr ähnlichen Firmennamen eine klare Zuordnung des Posteingangs möglich sei und im üblichen Geschäftsbetrieb auch erfolge. Das Verwaltungsgericht habe diesbezüglich die „Gegebenheiten“ des Einzelfalls durch eigene Aufklärungen zu überprüfen gehabt.
Auch dieser Vortrag rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Die Rüge genügt nicht den Darlegungsanforderungen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Insoweit hätte im Zulassungsantrag insbesondere ausgeführt werden müssen, dass in der mündlichen Verhandlung entweder auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Die Rüge unzureichender Sachaufklärung stellt kein Mittel dar, um insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung zu kompensieren (BVerwG, B.v. 3. 7. 1998 – 6 B 67.98 – juris; B.v. 16. 4. 2012 – 4 B 29.11 – BayVBl 2012, 640). Einen Beweisantrag hat die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch nicht gestellt. Substantiiertes Vorbringen, dass und aus welchen Gründen die tatsächlichen Annahmen – die hier bezüglich des Postempfangs (Gestaltung und Zugang zu ihrem Briefkasten) sämtlich in der Sphäre der Klägerin liegen – unzureichend oder falsch sein sollen und sich weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen, enthält auch die Antragsbegründung nicht. Die Klägerin legt erneut nicht dar, welcher Personenkreis den Zugang zu ihrem eigenen Briefkasten gehabt haben soll. Eine „große Verwechslungsgefahr“ sieht der Senat im vorliegenden Fall ohnehin nicht (vgl. oben 1.b)). Sie wäre zudem selbst geschaffen und – ohne dass es darauf noch ankäme – dem Umstand geschuldet, dass eine Person Einfluss in beiden Firmen hat.
6. Nach alledem war die Klage schon aufgrund der verspäteten Klageerhebung außerhalb der Klagefrist unzulässig. Eine Befassung mit den weiteren Ausführungen der Klägerin in der Berufungszulassungsbegründung, etwa zur Klagebefugnis der Klägerin oder zur Begründetheit der Klage, ist damit entbehrlich, da diese Darlegungen mithin jedenfalls nicht entscheidungserheblich sein können.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 47, 52 Abs. 1 GKG (BVerwG, B.v. 21.3.2014 – 6 B 55/13 – juris Rn. 20).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtkräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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