Europarecht

Erlöschen der Niederlassungserlaubnis eines kosovarischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  Au 6 E 19.549

Datum:
23.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 12990
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 31, § 51 Abs. 1 Nr. 6, § 78

 

Leitsatz

1 Unschädlich im Hinblick auf das Erlöschen eines Aufenthaltstitels nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG sind Auslandsaufenthalte, die nach ihrem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentlichen Änderungen der Lebensumstände in Deutschland mit sich bringen. Die subjektive Absicht des Ausländers, nach Deutschland zurückzukehren, muss in nachprüfbaren Indizien zum Ausdruck kommen; nur kurzfristige Zwischenaufenthalte in Deutschland reichen hierfür nicht aus (vgl. VGH München BeckRS 2017, 100995). (Rn. 43) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Die Beweislast für das Vorliegen der Umstände, die zum Erlöschen eines Aufenthaltstitels führen, trägt die Ausländerbehörde. Der betroffene Ausländer unterliegt jedoch der Mitwirkungspflicht aus § 82 Abs. 1 AufenthG und § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwGO, weshalb er ihn betreffende Umstände substantiiert darzulegen und eventuelle Beweismittel vorzulegen hat (VGH München BeckRS 2017, 100995). (Rn. 44) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 In der Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen der bisherigen Niederlassungserlaubnis liegt keine Neuerteilung einer Niederlassungserlaubnis nach Wiedereinreise. (Rn. 53 – 55) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Aus dem Wortlaut von § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG (“seit”) folgt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft unmittelbar vor der Trennung der Ehegatten drei Jahre im Bundesgebiet bestanden haben muss. (Rn. 60) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Der Antrag auf Eilrechtsschutz (Au 6 E 19.549) wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Antragsverfahrens (Au 6 E 19.549).
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren (Au 6 E 19.549) auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Eil- und Hauptsacheverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller und Kläger (im Folgenden: Antragsteller) begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Aussetzung seiner Abschiebung bis zur unanfechtbaren Entscheidung über das Fortbestehen seiner Niederlassungserlaubnis.
Der am … 1985 in … (Kosovo) geborene Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger, heiratete am 7. März 2007 im Kosovo eine deutsche Staatsangehörige, reiste erstmals am 2. Mai 2007 im Wege des Familiennachzuges zu seiner Ehefrau in das Bundesgebiet ein und wohnte in deren am 13. März 2007 erworbenen Eigentumswohnung in der, Gemarkung, wo er auch gemeldet war (BA Bl. 14 ff., 25, 36, 40). Aus der Ehe gingen zwei am … 2010 und am … 2012 geborene Kinder (ebenfalls deutsche Staatsangehörige) hervor. Am 25. Juni 2007 wurde dem Antragsteller erstmals eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erteilt und in der Folgezeit verlängert (BA Bl. 31 f., 98 f., 113, 151, 226). Am 11. November 2010 und am 24. Februar 2012 wurde der Antragsteller über die Gründe für ein Erlöschen eines Aufenthaltstitels belehrt (BA Bl. 190, 205). Seit dem 20. April 2012 war der Antragsteller im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG (BA Bl. 228, 232).
Am 1. Juli 2016 reiste die Ehefrau des Antragstellers in die Schweiz ein und erhielt eine bis zum 31. Juli 2021 gültige Aufenthaltsbewilligung zur Erwerbstätigkeit im Kanton …. Sie zog in eine Mietwohnung in der … (Schweiz). Am 13. Dezember 2016 zogen die beiden gemeinsamen Kinder zu ihrer Mutter in die Schweiz um und erhielten ebenfalls bis zum 31 Juli 2021 gültige Aufenthaltsbewilligungen.
Am 6. Juni 2017 reiste der Antragsteller in die Schweiz und erhielt ebenfalls eine bis zum 31. Juli 2021 gültige Aufenthaltsbewilligung. Die schweizerischen Behörden teilten auf Nachfrage mit, dass die Einreise bereits am 6. Juni 2017 erfolgt sei. Ab dem 1. August 2017 wurde die Eigentumswohnung der Ehefrau in der … fremdvermietet (BA Bl. 14 ff.).
Während seines Aufenthalts in der Schweiz hielt sich der Antragsteller zeitweise in der Bundesrepublik auf.
Am 11. September 2017 nahm der Antragsteller an einem Vorstellungsgespräch in Deutschland teil; die Absage des Unternehmens mit Schreiben vom 14. September 2017 wurde an die Adresse … (Schweiz) verschickt (BA Bl. 328).
Auch hielt sich der Antragsteller am 1. Oktober 2017 in … auf, da er mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft … vom 9. Mai 2018 zusammen mit seiner Ehefrau und weiteren Verwandten des Ehepaares beschuldigt wird, am 1. Oktober 2017 in … eine gefährliche Körperverletzung in vier tateinheitlichen Fällen sowie einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte begangen zu haben (BA Bl. 241 ff.). Dem Antragsteller, seiner Ehefrau und ihren fünf Verwandten wird vorgeworfen, anlässlich des verweigerten Eintritts in ein Festzelt auf die Sicherheitskräfte losgegangen zu sein und diese geschlagen zu haben sowie anschließend auch massiv gegen die vier zur Hilfe eilenden Polizeibeamten gewalttätig gewesen zu sein. Im Rahmen seiner Befragung gab der Antragsteller an, in Deutschland wohnhaft zu sein (…). Der Antragsteller wurde noch am 1. Oktober 2017 vom Festgelände in … in ein Krankenhaus gebracht. Die diesbezügliche Rechnung wurde an die Adresse in … (Schweiz) geschickt (BA Bl. 329).
Ausweislich einer Bestätigung des Vereins nahm der Antragsteller im Oktober/November 2017 bei Trainings der Alten Herren Mannschaft des … SV (Deutschland) teil und pflegte in diesem Zeitraum ehrenamtlich die Anlage (vgl. Schreiben des … SV vom 30.4.2019). Nach Auskunft des Unternehmens … GmbH aus … (Schweiz) war der Antragsteller von November bis Dezember 2017 wegen familiärer Probleme nicht beim Unternehmen beschäftigt (vgl. Schreiben des Unternehmens vom 10.4.2019).
Am 31. Dezember 2017 meldete der Antragsteller seinen Wohnsitz in Deutschland (…) ab.
Eigenen Angaben zufolge trennten sich der Antragsteller und seine Ehefrau am 6. Januar 2018. Am 16. Januar 2018 kam es zu einem Einsatz der Kantonspolizei … in der schweizerischen Wohnung der Familie wegen häuslicher Gewalt. Am 18. März 2018 schlossen der Antragsteller und seine Ehefrau eine Vereinbarung zu Eheschutzmaßnahmen (BA Bl. 276 ff.). Es wurde festgestellt, dass die Ehegatten seit dem 6. Januar 2018 getrennt leben. Ferner wurde geregelt, dass der Ehefrau des Antragstellers die eheliche Wohnung in der … (Schweiz) einschließlich des Hausrats und Mobiliars für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung zustehe. Die gemeinsame elterliche Sorge der Kinder wurde beibehalten, jedoch die Obhut der Kinder der Mutter zugesprochen. Der Antragsteller erhielt ein Besuchsrecht ab dem 1. Mai 2018 jeden ersten Sonntag und dritten Samstag im Monat und ab 1. Dezember 2018 abwechslungsweise jeden Samstag oder Sonntag ganztags. Er wurde verpflichtet, Unterhaltsleistungen zu leisten. Dabei wurde von einem durchschnittlichen Nettoeinkommen des Antragstellers i. H. v. 4665,00 CHF und einem Nettoeinkommen seiner Ehefrau von 2.788,00 CHF (Krankengeld 90%) ausgegangen. Für die beiden Söhne wurden Unterhaltsbeiträge des Antragstellers von je 725 CHF vereinbart.
Der Antragsteller meldete sich nach der Trennung in der … (Schweiz) an.
Am 9. April 2018 fuhr der Antragsteller im Rahmen einer Arbeitsplatzsuche einen Tag als Beifahrer im Lkw des Unternehmens … Internationale Transporte,, mit (Bestätigung vom 25.2.2019, BA Bl. 333).
Mit Schreiben vom 9. April 2018 teilte der Antragsteller den schweizerischen Behörden mit, dass er seit dem 6. Juni 2018 von seiner Ehegattin getrennt lebe, mit einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft nicht zu rechnen sei, kein Kontakt mehr bestehe und er die Scheidung wünsche. Mit Schreiben vom 20. April 2018 teilte der Rechtsanwalt des Antragstellers den schweizerischen Behörden demgegenüber mit, dass die Eheleute noch keine Trennungsvereinbarung abgeschlossen hätten, sondern lediglich ein Eheschutzbescheid bestehe und mangels Scheidung noch nicht sicher sei, dass die Ehegatten das eheliche Zusammenleben nicht wieder aufnehmen würden. Die Ehegatten und deren Eltern würden im Gegenteil an einer Zusammenführung des Ehepaares arbeiten. Der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung aufgrund der Trennung sei daher voreilig (BA Bl. 268). Die Ehefrau des Antragstellers teilte mit Schreiben vom 5. Februar 2018 mit, dass man seit dem 6. Januar 2018 getrennt lebe. Da sie in der Ehe Gewalt erlebt habe und die Kinder schützen müsse, sei ihr Ehewille erloschen; sie habe bereits das Eheschutzverfahren eingeleitet. Die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft sei ausgeschlossen (BA Bl. 269).
Am 20. Juni 2018 widerrief der Kanton … im Hinblick auf die Trennung des Antragstellers von seiner Ehefrau die Aufenthaltsbewilligung und forderte ihn auf, das schweizerische Staatsgebiet bis zum 19. September 2018 zu verlassen (BA Bl. 267 ff.). Die Angaben des Anwalts des Antragstellers, dass an der Zusammenführung des Ehepaares gearbeitet werde, seien unglaubhaft und nicht belegt. Mangels ehelicher Lebensgemeinschaft mit der freizügigkeitsberechtigten deutschen Ehefrau bzw. mangels Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft für mehr als drei Jahre in der Schweiz bzw. mangels wichtiger persönlicher Gründe sei die Aufenthaltsbewilligung im Ermessenswege zu widerrufen. Hierbei sei beachtlich, dass sich der Antragsteller erst rund ein Jahr in der Schweiz aufhalte. Zwar gehe der Antragsteller einer geregelten Erwerbstätigkeit nach und habe keine Sozialhilfe bezogen. Eine Rückkehr nach Deutschland oder in den Kosovo sei jedoch zumutbar.
Am 26. Juni 2018 schloss der Antragsteller erneut mit dem Unternehmen … GmbH einen Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit in der … (Schweiz) (BA Bl. 281). Die Arbeitsstelle in … lag ca. 40 km von seiner Wohnung in … entfernt.
Am 1. Juli 2018 meldete sich der Antragsteller aus der Schweiz ab und in Deutschland unter der Adresse, an (BA Bl. 334). Sein Onkel bestätigte den Einzug am 1. Juli 2018 (BA Bl. 336).
Der Antragsteller nahm am 6. Juli 2018 an einem Vorstellungsgespräch bei einem Unternehmen in … (Deutschland) teil (BA Bl. 335).
Mit Aufhebungsvereinbarung vom 25. Juli 2018 wurde das Arbeitsverhältnis in … auf Initiative des Antragstellers fristlos mit Wirkung zum 31. Juli 2018 aufgelöst (BA Bl. 281). Der Auflösungsvertrag war an die Adresse des Antragstellers in der … (Schweiz) gerichtet.
Am 11. September 2018 endete die Kartennutzung und Gültigkeit der Bescheinigung über die Niederlassungserlaubnis des Antragstellers (BA Bl. 232).
Am 11. November 2018 meldete sich der Antragsteller in die … um und der Antragsgegner und Beklagte (im Folgenden: Antragsgegner) wurde für den Antragsteller zuständig (BA Bl. 294). Am 19. November 2019 gab der Antragsteller seine Reisepässe ab und erhielt das Informationsmaterial zu elektronischen Aufenthaltstiteln (BA Bl. 307, 315). Am 26. November 2018 erhielt der Antragsgegner die Akten von der Stadt … „zur Übertragung der Aufenthaltserlaubnis“ (BA Bl. 293, 299, 301). Am 4. Dezember 2018 erstellte der Antragsgegner eine elektronische Niederlassungserlaubnis, insoweit ist vermerkt: „gültiger Titel von: 20.04.2012, Dokument gültig von: 04.12.2018, Dokument gültig bis: 08.01.2028 (…) Personenanschrift …“ (BA Bl. 310). Am 3. Januar 2019 übergab der Antragsgegner dem Antragsteller in Scheckkartenform die Bestätigung der Niederlassungserlaubnis, auf der vermerkt ist: „Ausstellungsort/Gültig ab, 20-04-2012 (BA Bl. 311 ff.).
Seit dem 6. Februar 2019 ist der Antragsteller beim Unternehmen … Internationale Transporte,, unbefristet angestellt.
Das Migrationsamt des Kantons … teilte mit Schreiben vom 7. Februar 2019 auf eine Anfrage des Antragsgegners vom 28. Januar 2019 hin mit, dass der Antragsteller am 6. Juni 2017 in die Schweiz eingereist und ihm eine Aufenthaltsbewilligung bis zum 31. Juli 2021 erteilt worden sei, diese wegen der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft jedoch mit Verfügung vom 20. Juni 2018 widerrufen worden und der Antragsteller zur Ausreise bis zum 19. September 2018 aufgefordert worden sei. Der Antragsteller sei Anfang September 2018 ausgereist, das genaue Ausreisedatum sei jedoch nicht bekannt (BA Bl. 318).
Der Antragsgegner hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 14. Februar 2019 zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis an. Der Antragsteller legte daraufhin Bestätigungen zu Vorstellungsgesprächen am 11. September 2017 beim Unternehmen … GmbH, adressiert an die Wohnanschrift in … (Schweiz), zu einem Vorstellungsgespräch am 6. Juli 2018 beim Unternehmen … GmbH,, sowie zu seiner Probearbeit am 9. April 2018 und seinem Einzug in … am 1. Juli 2018 vor (vgl. oben). Ebenso legte er seinen abgelaufenen und seinen aktuellen Reisepass vor (BA Bl. 343 ff.).
Am 21. Februar 2019 teilte die Schwägerin des Antragstellers telefonisch mit, dass der Antragsteller seit Juni 2017 in der Schweiz arbeite und er nicht gewusst habe, dass eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erlöschen könne (BA Bl. 320).
Mit E-Mail vom 26. März 2019 teilte das Migrationsamt des Kantons … mit, dass dem Antragsteller eine Aufenthaltsbewilligung ab dem 6. Juni 2017 erteilt worden war.
Bei einer Vorsprache am 3. April 2019 teilte der Antragsteller mit, dass er sich bereits seit Dezember 2017 wieder in Deutschland aufhalte und zunächst in … bei seinem Onkel und anschließend bei einem Cousin in … gelebt habe. Er habe sich jedoch dort nie angemeldet. In dieser Zeit sei er keiner Beschäftigung nachgegangen. Erst seit Februar 2019 habe er wieder Arbeit.
Mit Schreiben vom 3. April 2019 stellte der Antragsgegner fest, dass die Niederlassungserlaubnis des Antragstellers erloschen sei. Der Antragsteller habe lediglich Nachweise für eintägige Aufenthalte in Deutschland vorgelegt; ein melderechtlicher Aufenthalt in Deutschland sei für die Zeiträume 6. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017 und vom 1. Juli 2018 bis zum 1. September 2018 nicht ersichtlich. Man gehe davon aus, dass sich der Antragsteller nur immer für ein paar Tage in Deutschland, melderechtlich aber immer noch in der Schweiz aufgehalten habe. Zudem seien einige der eingereichten Unterlagen (Bewerbungsgespräche, Krankenschein) an die schweizerische Adresse adressiert gewesen. Auch die schweizerischen Behörden hätten mitgeteilt, dass sich der Antragsteller vom 6. Juni 2017 bis ungefähr Anfang September in der Schweiz aufgehalten habe. Der Lebensmittelpunkt des Antragstellers habe daher in der Schweiz gelegen. Der Antragsteller habe zudem über eine bis zum 31. Juli 2021 gültige Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz verfügt. Die Aufenthaltserlaubnis sei daher nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen, da sich der Antragsteller vom 6. Juni 2017 bis ca. September 2018, und damit über einen Zeitraum von über sechs Monaten, in der Schweiz aufgehalten habe. Da sich der Antragsteller nicht bereits seit 15 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sei § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht anwendbar. Da der Antragsteller nicht mehr mit seiner deutschen Ehefrau in einer ehelichen Lebensgemeinschaft lebe, komme auch § 51 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht in Betracht. Aus diesen Gründen sei festzustellen, dass die Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG erloschen sei. Der Antragsteller werde zur Ausreise aus der Bundesrepublik aufgefordert.
Dem Antragsteller wurde zudem eine Grenzübertrittsbescheinigung mit einer Ausreisefrist bis zum 3. Mai 2019 ausgehändigt.
Hiergegen ließ der Antragsteller Klage erheben (Au 6 K 19.547), über die noch nicht entschieden ist, und neben Prozesskostenhilfe beantragen, festzustellen, dass die Niederlassungserlaubnis des Antragstellers unverändert fortbestehe und den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller eine Bescheinigung über die Fortgeltung der Niederlassungserlaubnis auszustellen sowie den Bescheid vom 3. April 2018 insoweit aufzuheben, als dieser den Antragsteller zur Ausreise auffordere.
Ferner ließ der Antragsteller neben Prozesskostenhilfe beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, die Abschiebung bis zur unanfechtbaren Entscheidung im Feststellungsverfahren auszusetzen.
Der Antragsteller sei erstmalig im Jahr 2017 aus familiären Gründen in die Schweiz gegangen, was aber zu keinem Zeitpunkt auf Dauer angelegt gewesen sei. Die Ehe des Antragstellers sei in eine Krise geraten, weshalb er sich immer wieder wechselnd in Deutschland und der Schweiz aufgehalten habe. Der Antragsteller wolle nun dauerhaft in Deutschland bleiben. Ein Sicherungsanspruch bestehe. Der Bescheid vom 3. April 2019 schaffe insbesondere hinsichtlich der Beseitigung des legalen Aufenthalts und der Ausreiseaufforderung Fakten, ohne dass die Prüfung, ob tatsächlich ein Erlöschen des Aufenthaltstitels vorliege, abgeschlossen sei. Dem Antragsteller sei nicht zugebilligt worden, noch weitere Nachweise einzureichen, was schon aufgrund des verfestigten Aufenthaltsrechts von fast zwölf Jahren und den dadurch erheblich betroffenen Interessen des Antragstellers geboten gewesen wäre. Der Antragsteller könne nun auch ein Schreiben des … SV vorlegen, das bestätige, dass der Antragsteller im Oktober und November 2017 regelmäßig am Training der Alte Herren Mannschaft teilgenommen und auch ehrenamtlich die Anlage gepflegt habe (vgl. Schreiben des … SV vom 30.4.2019). Zudem könne man eine Bestätigung des Unternehmens … GmbH in … (Schweiz) vorlegen, nach dem der Antragsteller von November bis Dezember 2017 wegen der familiären Probleme beim Unternehmen nicht beschäftigt gewesen sei (vgl. Schreiben des Unternehmens vom 10.4.2019). Der Antragsteller habe sich daher erwiesenermaßen von Oktober bis Dezember 2017 in Deutschland aufgehalten. Auch bestehe ein Anordnungsgrund, da der Antragsteller bei Zuwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden erleiden würde. Er habe hier in Deutschland eine Arbeitsstelle, welche er mit der Ausreise sofort verlieren würde. Zudem habe der Antragsteller unabhängig vom Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft ein Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG.
Der Antragsgegner beantragt Klageabweisung sowie
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei unbegründet, da kein Sicherungsanspruch glaubhaft gemacht worden sei. Die Niederlassungserlaubnis des Antragstellers sei schon vor seiner erneuten Einreise in die Bundesrepublik kraft Gesetzes erloschen und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis komme nicht in Betracht. Der Antragsteller sei daher vollziehbar ausreisepflichtig nach § 50 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Zwar lägen derzeit die Voraussetzungen für die Durchführung einer Abschiebung mangels erlassener Abschiebungsandrohung noch nicht vor. Jedoch lägen die Voraussetzungen einer Duldung nach § 60a AufenthG ebenfalls nicht vor. Die Ausreise des Antragstellers sei wegen des gültigen Reisepasses tatsächlich möglich. Da die Niederlassungserlaubnis erloschen sei und die diesbezüglich anhängige Klage daher keine Aussicht auf Erfolg habe, liege auch kein rechtliches Abschiebungshindernis vor. Die Niederlassungserlaubnis sei nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen, da der Antragsteller aus einem seiner Natur aus nicht vorübergehenden Grunde aus dem Bundesgebiet ausgereist sei. Der Antragsteller sei am 6. Juni 2017 zu seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern in die Schweiz gezogen und habe eine bis zum 31. Juli 2021 gültige Aufenthaltsbewilligung bekommen. Zwar habe der Antragsteller seinen Wohnsitz in Deutschland erst am 31. Dezember 2017 abgemeldet, die schweizerischen Behörden hätten jedoch mitgeteilt, dass die Einreise bereits am 6. Juni 2017 erfolgt sei. Die Bestätigung des … SV zeige auch, dass der Antragsteller in den Monaten Oktober/November 2017 nicht mehr an seiner Meldeadresse in … gelebt habe, nachdem zwischen … und … ungefähr 190 km lägen. Am 6. Januar 2018 hätten sich die Ehegatten getrennt. Eine Wiederanmeldung in Deutschland und eine entsprechende Abmeldung in der Schweiz seien jedoch erst zum 1. Juli 2018 erfolgt, nachdem die Aufenthaltsbewilligung des Antragstellers mit Verfügung der schweizerischen Behörde vom 20. Juni 2018 widerrufen worden sei. Der Antragsteller sei daher für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr in der Schweiz wohnhaft gewesen. Zwar sei er in dieser Zeit immer wieder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, jedoch nur besuchsweise. So werde der Antragsteller von der Staatsanwaltschaft … einer Straftat am 1. Oktober 2017 in … beschuldigt und habe insoweit angegeben, in Deutschland wohnhaft zu sein. Die Rechnung für den Krankentransport des Antragstellers sei jedoch an die Adresse in der Schweiz adressiert worden. Ebenso sei der Antragsteller zu Vorstellungsgesprächen bzw. Probearbeiten am 11. September 2017, am 9. April 2018 und am 6. Juli 2018 in der Bundesrepublik gewesen, ohne dass es zum Abschluss eines Arbeitsvertrages gekommen sei. Daher sei davon auszugehen, dass der Antragsteller entsprechend den Meldedaten des Migrationsamtes des Kantons … bereits seit dem 6. Juni 2017 seinen Lebensmittelpunkt in die Schweiz verlegt habe, um dort mit seiner Ehefrau und den zwei gemeinsamen Kindern auf Dauer in familiärer Gemeinschaft zu leben. Dabei sei auch entscheidend, dass der Antragsteller eine Aufenthaltsbewilligung beantragt habe und dabei angegeben habe, dass er mit seiner Familie in der Schweiz lebe. Als Inhaber einer deutschen Niederlassungserlaubnis hätte er sich auch problemlos 90 Tage visumsfrei zu Besuchszwecken in der Schweiz aufhalten können. Zu einem nur vorübergehenden Aufenthalt in der Schweiz hätte es daher keiner Aufenthaltsbewilligung bedurft. Da der Antragsteller jedenfalls im Zeitpunkt seiner Ausreise die Verlegung seines Lebensmittelpunktes zu seiner Familie in der Schweiz beabsichtigt habe, sei es unschädlich, dass sich die Lebens- und Familiensituation des Antragstellers womöglich kurz nach der Ausreise geändert habe. Eine tatsächliche Rückkehr nach Deutschland sei jedenfalls auch nach der entsprechenden Neuorientierung nicht erfolgt, sondern der Antragsteller sei weiterhin in der Schweiz geblieben. So habe der Antragsteller noch am 19. März 2018 eine Umgangsvereinbarung mit seiner Ehefrau getroffen, nach der er die Kinder begleitet an bestimmten Tagen sehen dürfe. Auch hieraus werde ersichtlich, dass sich der Antragsteller weiterhin in der Schweiz aufgehalten habe, da ansonsten eine derartige Umgangsregelung von Deutschland oder dem Kosovo aus nur schwer umsetzbar gewesen wäre. Zudem gehe aus der Vereinbarung hervor, dass der Antragsteller 4.665 CHF verdient habe. Der Antragsteller sei also in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachgegangen oder habe entsprechende Sozialleistungen bezogen und daher seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz gehabt. Dies bestätige auch das Schreiben seines Arbeitgebers … GmbH, wenn ausgeführt werde, dass der Antragsteller von November bis Dezember 2017 wegen familiärer Probleme dort nicht beschäftigt gewesen sei. Offensichtlich sei der Antragsteller also sowohl vor als auch nach diesem Zeitpunkt dort beschäftigt gewesen. Ebenso sei es (erst) am 25. Juli 2018 zu einem Aufhebungsvertrag mit seinem schweizerischen Arbeitgeber gekommen. Auch insoweit werde in der Aufhebungsvereinbarung eine schweizerische Adresse als Wohnort des Antragstellers angegeben. Dieses Arbeitsverhältnis sei erst nach Erhalt der Verfügung über den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung durch den Antragsteller gekündigt worden. Erst im Anschluss daran sei der Antragsteller in Ermangelung entsprechender Alternativen nach Deutschland zu seinen Verwandten zurückgekehrt. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller ohne den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung die Schweiz nicht verlassen hätte, in der seine Kinder lebten und er selbst eine Arbeitsstelle und eine entsprechende Wohnung zur Verfügung gehabt habe. Sonstige Gründe für eine Rückkehr nach Deutschland seien nicht erkennbar. Zusammenfassend habe sich der Antragsteller zusammen mit seiner Familie in der Schweiz ein neues Leben aufbauen wollen. Es bestünden daher keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ausreise nur vorübergehend erfolgen sollte. Dies werde auch dadurch verdeutlicht, dass die Ehefrau und die gemeinsamen Kinder weiterhin in der Schweiz lebten und der Antragsteller sich dort auch nach der Trennung von seiner Ehefrau eine eigene Wohnung gesucht habe und dort eine Arbeitsstelle innegehabt habe, die nur in Zusammenhang mit der Ausweisungsverfügung der schweizerischen Behörden fristlos gekündigt worden sei. In Deutschland hätten dem Antragsteller hingegen weder eine Wohnung noch eine Arbeitsstelle zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung gestanden. Daher sei er zunächst zu Verwandten gezogen und habe erst einige Monate später eine Anstellung finden können. Unabhängig davon sei die Niederlassungserlaubnis auch nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen, da der Antragsteller ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten wieder eingereist sei. Der Antragsteller habe sich am 6. Juni 2017 in der Schweiz angemeldet und sei erst wieder am 1. Juli 2018 auf Dauer gerichtet in das Bundesgebiet eingereist. Jedenfalls aber sei er ab dem 31. Dezember 2017 in Deutschland abgemeldet gewesen und erst am 1. Juli 2018 wieder in Deutschland angemeldet, so dass selbst bei Annahme dieses kürzeren Zeitraums die Sechsmonatsgrenze überschritten sei. Die erfolgten Einreisen zu Besuchszwecken hätten die Sechsmonatsfrist nicht unterbrochen. § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG sei nicht einschlägig, da sich der Antragsteller noch nicht 15 Jahre im Bundesgebiet aufhalte. Man habe dem Antragsteller zudem mehrfach Gelegenheit gegeben, weitere Nachweise einzureichen. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG komme nicht in Betracht, da im Zeitpunkt der Antragstellung die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe. Der Antragsteller und dessen Ehefrau hätten sich am 6. Januar 2018 getrennt. Zeitpunkt der Berechnung der Erfüllung der drei Jahre sei eine Rückrechnung ab dem Trennungszeitpunkt. Die eheliche Lebensgemeinschaft habe aber zuletzt in der Schweiz bestanden. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG scheide schon deshalb aus, da die Kinder des Antragstellers weiterhin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hätten. Der Antragsteller sei daher vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Die gesetzte Ausreisefrist sei bereits am 3. Mai 2019 abgelaufen.
Der Antragsteller erwiderte hierauf, der Sachverhalt werde vom Antragsgegner nicht vollständig und nur oberflächlich wiedergegeben. Richtig sei, dass die Ehefrau des Antragstellers am 1. Juli 2016 in die Schweiz ausgereist sei und die beiden Kinder am 13. Dezember 2016 zur Mutter nachgezogen seien. Bereits der Wegzug der Ehefrau habe jedoch zwischen den Ehepartnern zu erheblichen Problemen geführt, da der Antragsteller in Deutschland einen guten Job gehabt habe und man auch über Wohneigentum (…) verfügt habe. Die Ehefrau des Antragstellers habe unbedingt zu ihren Brüdern in die Schweiz ziehen wollen, der Antragsteller habe seine Heimat in … nicht verlassen wollen. Die Ehefrau habe Druck gemacht, dass die Kinder, die in Deutschland Schule und Kindergarten besucht hätten, nachzögen. Da eine Schulanmeldung in der Schweiz erst später habe erfolgen können und die Kinder in der ersten Zeit ansonsten nicht hätten beschult werden können, sei der Nachzug der Kinder erst später erfolgt. Der Antragsteller sei dann am 6. Juni 2017 zu seiner Familie nachgezogen. Aufgrund der bisherigen Eheprobleme und der bereits faktisch bestehenden räumlichen Trennung habe der Antragsteller seinen Nachzug jedoch eher als Versuch angesehen, die bestehenden ehelichen Probleme zu kitten. Er habe seine Ausreise in die Schweiz keinesfalls als endgültig angesehen. Wie bereits vorgetragen, sei es am 1. Oktober 2017 in … zu einem Vorfall gekommen, an dem jedoch nicht nur der Antragsteller, sondern auch seine Ehefrau und deren Familie erheblich beteiligt gewesen seien. In der Anklageschrift vom 9. Mai 2019 würden sowohl der Antragsteller als auch seine Ehefrau als in … wohnhaft geführt. Bereits auf diesen Vorfall hin habe sich die Trennung der Eheleute vollzogen. Der Antragsteller habe sich im Oktober und November 2017 bei seinem Onkel in der, … aufgehalten und dort auch im … SV Fußball gespielt. Er sei dann bis zum 18. Dezember 2017 in Deutschland geblieben und sei dann in die Schweiz gereist, um Zeit mit seinen Kindern im Urlaub zu verbringen. Vom 20. Dezember 2017 bis zum 3. Januar 2018 sei er mit seinem Sohn im Kosovo gewesen. Im Januar 2018 sei dann die Trennung von seiner Ehefrau erfolgt. Er sei zwar in … gemeldet gewesen, es habe sich dabei aber um die Wohnung seiner Schwester gehandelt. Es sei eine reine Meldeadresse gewesen. Seit der Trennung sei der Antragsteller auf Arbeitssuche gewesen und habe sich auch immer wieder bei seinem Onkel in … und bei seinem Cousin in … aufgehalten. Im April 2018 habe der Antragsteller sogar zwei Wochen bei seinem Cousin in … gelebt (vgl. Bestätigung des Cousins vom 16.5.2019) und dort beim Unternehmen, internationale Transporte,, zur Probe gearbeitet. Am 1. Juli 2018 habe er sich dann in … wiederangemeldet. Nicht richtig sei, dass der Antragsteller umfangreiche geregelte Umgangskontakte mit seinen Kindern in der Schweiz habe. Seit der Trennung habe er seine Kinder bis Mai 2018 überhaupt nicht sehen können. Seitdem erhalte er zweimal im Monat begleiteten Umgang, was keine dauerhafte Anwesenheit in der Schweiz erfordere. Zudem bestehe gegen den Antragsteller ein Betretungsverbot für die Umgebung der Wohnung in …. Die Niederlassungserlaubnis sei nicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen, da der Zusammenzug mit der Familie in der Schweiz von vornherein als Versuch der Wiederherstellung der Familieneinheit geplant gewesen sei. Wegen der bereits im Vorfeld bestehenden massiven ehelichen Probleme sei der Antragsteller von Vornherein nicht sicher gewesen, dass er die Probleme werde beilegen können. Die Aufgabe der Möglichkeit, in Deutschland zu leben, sei von ihm nicht beabsichtigt gewesen. Der Antragsteller habe sich bereits am 11. September 2017 um eine Arbeitsstelle in Deutschland beworben. Bereits im Oktober sei das Zerwürfnis derart groß gewesen, dass er knapp drei Monate bei Verwandten in Deutschland gewohnt habe. Auch im Januar 2018 habe sich der Antragsteller zur Arbeitssuche vorwiegend in Deutschland aufgehalten und immer wieder bei wechselnden Verwandten, Bekannten und Freunden gewohnt; den genauen Ablauf könne er nicht mehr rekonstruieren. Wegen der emotionalen Ausnahmesituation habe er die An- und Abmeldungen vernachlässigt. Zwar habe sich der Antragsteller nicht bei seinem Onkel angemeldet, jedoch habe er auch schlicht keinen anderen Wohnraum zur Verfügung gehabt, nachdem die Eigentumswohnung in … seit dem 1. August 2017 fremdvermietet sei. Von einer endgültigen Ausreise könne jedoch schon wegen des äußerst unsteten Aufenthaltsverlaufs nicht gesprochen werden. Da sein Aufenthalt in der Schweiz durch Termine zur Arbeitssuche in Deutschland unterbrochen worden sei, liege auch keine Abwesenheit von sechs Monaten am Stück nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG vor. Der Antragsteller habe sich sowohl im Januar als auch im April 2018 in Deutschland aufgehalten. Zudem setze sich der Antragsgegner in Widerspruch mit seinen eigenen Handlungen. So sei dem Antragsteller am 3. Januar 2019 eine Niederlassungserlaubnis in Scheckkartenform, also ein elektronischer Aufenthaltstitel, erteilt worden. Insofern könne dahinstehen, ob die Niederlassungserlaubnis erloschen sei, da eine Neuerteilung nach der Wiedereinreise erfolgt sei. Diese (neue) Niederlassungserlaubnis sei auch nicht durch Gesetz erloschen, sondern wäre höchstens im Rahmen eines Widerrufs oder einer Rücknahme zu beseitigen. Ein Erlöschen komme hingegen mangels Erlöschenstatbestands seit dem 3. Januar 2019 nicht in Betracht. Hätte der Antragsgegner die Erteilung eines elektronischen Aufenthaltstitels vorher evtl. auf Erlöschen prüfen wollen, so wäre eine Fiktionsbescheinigung zu erteilen gewesen. Die vorliegenden Erlöschenstatbestände seien daher verbraucht, zumal sich das Wesentliche bereits zu diesem Zeitpunkt aus der Behördenakte ergeben habe. Hilfsweise bestehe auch ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG, da sich aus dessen Wortlaut nicht ergebe, dass der dreijährige Zeitraum der Eheführung im Bundesgebiet unmittelbar bis zur Beantragung des Aufenthaltstitels angedauert haben müsse. Die eheliche Lebensgemeinschaft habe unstreitig von 2007 bis 2016, also neun Jahre, im Bundesgebiet bestanden. Insbesondere habe der Antragsteller seinen Lebensmittelpunkt nicht in die Schweiz verlagert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antrag auf einstweilige Aussetzung der Abschiebung ist unbegründet, da kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht wurde.
1. Die Niederlassungserlaubnis des Antragstellers ist nach summarischer Prüfung nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen.
a) Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund ausreist.
Unschädlich im Hinblick auf diese Vorschrift sind lediglich Auslandsaufenthalte, die nach ihrem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände in Deutschland mit sich bringen. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, liegt ein seiner Natur nach nicht vorübergehender Grund vor. Neben der Dauer und dem Zweck des Auslandsaufenthalts sind alle objektiven Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, während es auf den inneren Willen des Ausländers – insbesondere auf seine Planung der späteren Rückkehr nach Deutschland – nicht allein ankommen kann; die subjektive Absicht des Ausländers muss vielmehr in nachprüfbaren Indizien zum Ausdruck kommen. Eine feste Zeitspanne, bei deren Überschreitung stets von einem nicht mehr vorübergehenden Grund auszugehen wäre, lässt sich abstrakt nicht benennen. Je weiter sich die Aufenthaltsdauer im Ausland über die Zeiten hinaus ausdehnt, die mit begrenzten Aufenthaltszwecken typischerweise verbunden sind, desto eher liegt die Annahme eines nicht nur vorübergehenden Grundes nahe. Als Anhaltspunkt kann dabei die Sechs-Monats-Grenze des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG herangezogen werden. Jedenfalls erlischt der Aufenthaltstitel nach dieser Vorschrift, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Betreffende seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert hat. Nur kurzfristige Zwischenaufenthalte in Deutschland können sonstige Indizien für eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nicht entkräften (BVerwG, U.v. 11.12.2012 – 1 C 15.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 10 CE 16.1398 – juris, vgl. zum Ganzen VG München, U.v. 10.4.2019 – M 9 K 18.6091 – juris Rn. 16).
Die Umstände, die zum Erlöschen des Aufenthaltstitels führen, müssen zur – im Eilverfahren durch summarische Prüfung zu bildenden – Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) feststehen; die Beweislast trägt insoweit die Ausländerbehörde Den Ausländer trifft dabei allerdings eine Mitwirkungspflicht nach § 82 Abs. 1 AufenthG sowie § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO, weshalb er ihn betreffende Umstände substantiiert darzulegen und eventuelle Beweismittel vorzulegen hat (BayVGH v. 23.1.2017 – 10 CE 16.1398 – juris Rn. 8 m.w.N.).
Im vorliegenden Verfahren ist das Gericht nach summarischer Prüfung davon überzeugt, dass jedenfalls zum 31. Dezember 2017 die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG vorlagen.
Spätestens am 31. Dezember 2017 lag der Lebensmittelpunkt des Antragstellers ausschließlich in der Schweiz und bestanden keine wesentlichen Bindungen familiärer oder wirtschaftlicher Art mehr in der Bundesrepublik. Am 31. Dezember 2017 lebte die Kernfamilie des Antragstellers – seine Ehefrau und seine beiden Söhne – mit ihm zusammen in der Schweiz. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt war er auch noch nicht von seiner Ehefrau getrennt, sondern es bestand eine eheliche Lebensgemeinschaft. Ausweislich der späteren Trennungsvereinbarung bestand eine gemeinsame Ehewohnung in … (Schweiz), während der Antragsteller seit der Fremdvermietung der Eigentumswohnung seiner Ehefrau und früheren Ehewohnung ab dem 1. August 2017 über keine eigene Wohnung in der Bundesrepublik verfügte. Folgerichtig meldete er sich daher zum 31. Dezember 2017 aus der Bundesrepublik (konkret: aus der früheren Ehewohnung in der …) mit Fortzug ins Ausland ab. Ausweislich der Vereinbarung zu Eheschutzmaßnahmen waren beide Ehegatten in der Schweiz auch erwerbstätig, wobei der Antragsteller einen Nettolohn von 4.665 CHF erzielte. Nach Vortrag des Bevollmächtigten hatte der Antragsteller in Deutschland vor seinem Umzug in die Schweiz einen guten Job. Seine Arbeitsstelle in der Bundesrepublik hat er gleichwohl aufgegeben. Zieht ein Ausländer seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern ins Ausland nach, meldet sich in Deutschland mit Fortzug ins Ausland ab und nimmt im Ausland – ebenso wie seine Ehefrau – eine neue Arbeitstätigkeit auf, liegt kein seiner Natur nach zeitlich begrenzter Aufenthaltszweck im Ausland vor. Vielmehr lassen diese objektiven Umstände nur den Schluss zu, dass der Antragsteller einen Daueraufenthalt in der Schweiz beabsichtigte – mag seine diesbezügliche Lebensplanung (kurze Zeit) später auch gescheitert sein (dazu sogleich).
Ebenso wenig liegt eine nur unwesentliche Änderung seiner gewöhnlichen Lebensumstände in Deutschland vor. Die Aufgabe seiner bisherigen Wohnung in der Bundesrepublik durch langfristige Fremdvermietung, die Aufgabe seiner Arbeitsstelle und seine Abmeldung aus der Bundesrepublik stellen sämtlich wesentliche Umstände dar, die den Lebensmittelpunkt des Antragstellers in der Bundesrepublik beseitigten – mag er sich auch besuchsweise bei Verwandten aufgehalten haben. Insbesondere kann anhand der objektiven Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller nur „versuchsweise“ und „auf Probe“ in die Schweiz reiste, um seine angeblich damals schon in die Krise geratene Ehe zu verbessern. Hätte der Antragsteller nur einen kurzfristigen oder zumindest zeitlich begrenzten Aufenthalt in der Schweiz beabsichtigt, wäre es fernliegend gewesen, sich aus der Bundesrepublik abzumelden. Ebenso fernliegend wäre es bei einem nur zeitlich begrenzten Aufenthalt in der Schweiz gewesen, seine bisherige Wohnung und insbesondere auch seine von seinem Bevollmächtigten als „guter Job“ bezeichnete bisherige Arbeitsstelle aufzugeben. Ebenso spricht gegen einen nur vorübergehenden Aufenthaltszweck, dass der Antragsteller eine Aufenthaltsbewilligung beantragte und eine solche bis zum 31. Juli 2021 gültige Aufenthaltsbewilligung auch erhielt. Wäre er nur in die Schweiz eingereist, um seine Eheprobleme auszuloten, hätte es sich angeboten, zunächst visumsfrei und erlaubt ohne weitere Anträge für bis zu 90 Tage einzureisen. Der Beantragung einer Aufenthaltsbewilligung hätte es hierfür nicht bedurft. Dies zeigt ebenfalls deutlich, dass der Antragsteller spätestens am 31. Dezember 2017 (Abmeldung aus Deutschland) einen Daueraufenthalt und nicht nur eine kurzfristigen oder vorübergehenden Aufenthalt in der Schweiz anstrebte.
Dass der Antragsteller spätestens ab dem 31. Dezember 2017 dauerhaft in der Schweiz lebte und daher nicht nur aus einem vorübergehenden Grunde die Bundesrepublik verließ, zeigt auch sein Verhalten nach der Trennung der Ehegatten im Januar 2018. Wäre der Antragsteller wie behauptet lediglich kurzfristig in die Schweiz gereist, um seine in die Krise geratene Beziehung zu verbessern, so wäre der Antragsteller nach endgültigem Scheitern der Ehe unverzüglich wieder in die Bundesrepublik zurückgereist. Dies tat er jedoch nicht, sondern zog von der Ehewohnung in … (Schweiz) nach … (Schweiz). Dies zeigt, dass der Antragsteller beabsichtigte, weiterhin auch nach Scheitern der Ehe in der Schweiz zu bleiben. Hinzu kommt, dass er ausweislich seines eigenen Vortrags in … bei seiner Schwester lebte und damit ebenfalls bei einer sehr engen Verwandten. Mithin lebte der Antragsteller weiterhin in dem Land, wo seine beiden Kinder, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau und seine Schwester und damit alle engen Bezugspersonen lebten. Dass sein Aufenthalt bei seiner Schwester nicht nur kurzfristig gedacht war, zeigt auch der Umstand, dass er sich in Fahrtnähe zu … eine (neue) Arbeitsstelle suchte und noch am 26. Juni 2018 einen Arbeitsvertrag in … (Schweiz) schloss. Zudem ließ er sich ab Dezember 2018 ein wöchentliches Besuchsrecht für seine Söhne in der Eheschutzvereinbarung zusichern. Ein wöchentliches Besuchsrecht wäre für ihn nur bei einem weiteren Aufenthalt in der Schweiz, nicht jedoch in Deutschland (insb. … und …) praktikabel gewesen, sodass auch insoweit ersichtlich ist, dass der Antragsteller von seinem weiteren Aufenthalt in der Schweiz auch nach der Trennung der Ehegatten ausging. Insofern ist nicht ansatzweise erkennbar, dass der Antragsteller keinen Daueraufenthalt in der Schweiz begründet hätte. Hinzu kommt, dass der Antragsteller auf den Widerruf seiner Aufenthaltsbewilligung durch die Schweiz vom 20. Juni 2018 hin einen Anwalt mandatierte, dessen Vortrag ersichtlich auf die Schaffung eines Bleiberechts des Antragstellers in der Schweiz gerichtet war. Dies zeigt, dass der Antragsteller noch im Juni 2018 versuchte, eine Aufenthaltsbeendigung in der Schweiz abzuwenden. Von einem nur vorübergehenden Aufenthaltszweck in der Schweiz kann daher keine Rede sein. Der Antragsteller ist vielmehr allein wegen des Widerrufs seiner Aufenthaltsbewilligung durch die schweizerischen Behörden und damit unfreiwillig in die Bundesrepublik zurückgekehrt. Ob die Rückkehr – wie von ihm und seinem Onkel vorgetragen – schon am 1. Juli 2018 stattfand oder wie von den schweizerischen Behörden vorgetragen erst im September 2018, kann offenbleiben, da der Antragsteller sich schon zuvor dauerhaft in der Schweiz niedergelassen hatte. Auf sein späteres Verhalten nach dem Umzug nach Deutschland kommt es daher auch nicht mehr an.
Ob bereits beim Zuzug des Antragstellers zu seiner Ehefrau am 6. September 2017 der Antragsteller aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund die Bundesrepublik verlassen hat, kann demgegenüber offenbleiben, nachdem er jedenfalls spätestens am 31. Dezember 2017 die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erfüllte (vgl. oben). Mithin bedarf es auch keiner genauen Aufklärung, in welchen Monaten von Juni bis Dezember 2017 sich der Antragsteller im Kosovo, in Deutschland und in der Schweiz aufhielt. Spätestens mit seiner Abmeldung aus Deutschland am 31. Dezember 2017 hatte er Deutschland jedenfalls zu einem nicht nur vorübergehenden Zweck verlassen.
Unerheblich ist auch, ob der Antragsteller Kenntnis von den Rechtsfolgen seines Fortzugs aus Deutschland hatte. Hierauf kommt es nicht an.
b) Die Ausnahmefälle nach § 51 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 7 AufenthG, in denen der Aufenthaltstitel nicht erlischt, sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Der Antragsteller ist erst 2007 in die Bundesrepublik eingereist und hielt sich daher nicht mindestens 15 Jahre rechtmäßig in der Bundesrepublik auf (§ 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Da die Ehe des Antragstellers gescheitert ist und ab Januar 2018, als sich der Antragsteller weiterhin dauerhaft in der Schweiz aufhielt, keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr bestand, kommt ein Fortbestand der Niederlassungserlaubnis auch nicht nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AufenthG in Betracht.
2. In der Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen der bisherigen Niederlassungserlaubnis liegt keine Neuerteilung einer Niederlassungserlaubnis nach Wiedereinreise in die Bundesrepublik.
Dabei ist zu differenzieren zwischen dem Aufenthaltsrecht selbst und seiner Dokumentation. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist im Umkehrschluss zu § 77 AufenthG nicht schriftformgebunden. Auch § 78 AufenthG regelt kein Schriftformerfordernis, sondern lediglich die Form des Nachweises eines bereits erteilten Aufenthaltstitels. Dass der Gesetzgeber die Form der Plastikkarte als qualifiziertes Formerfordernis für die Erteilung eines Aufenthaltstitels vorgesehen hat, ergibt sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3354, S. 15). Vielmehr werden demnach Aufenthaltstitel – d.h. also bereits erteilte Titel – als Plastikkarte „ausgegeben“, d.h. es geht um die Verkörperung der getroffenen Entscheidung (VG Aachen, B.v. 10.11.2014 – 8 L 653/14 – juris Rn. 10). Die Vorschrift enthält damit jedoch lediglich Vorgaben hinsichtlich der Ausstellung und einheitlichen Gestaltung des Dokuments, durch das ein erteiltes Aufenthaltsrecht nachgewiesen wird (VG Aachen, B.v. 14.10.2014 – 4 L 573/14 – juris Rn. 32). Nach der Erstellung eines elektronischen Aufenthaltstitels durch die Bundesdruckerei hat der Ausländer einen Herausgabeanspruch auf die „Plastikkarte“ (Hans-Hermann Schild in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 78 AufenthG Rn. 72).
Da es demnach keine gesetzliche Regelung darüber gibt, wann und in welcher Form eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, richtet sich die Frage, ob in der Ausstellung der neuen Bescheinigung über die Niederlassungserlaubnis am 3. Januar 2019 nach materiellem Erlöschen der Niederlassungserlaubnis eine (ggf. konkludente) Neuerteilung einer Niederlassungserlaubnis liegt, nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. hierzu auch VG Aachen, B.v. 10.11.2014 – 8 L 653/14 – juris Rn.11). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass in der Ausstellung und Aushändigung eines entsprechenden Dokuments nach § 78 AufenthG nach Ablauf einer (befristeten) Aufenthaltserlaubnis regelmäßig auch die materielle Neuerteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis liegt. Denn wenn eine Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist, hat die Behörde auf Antrag zu prüfen, ob die Aufenthaltserlaubnis verlängert wird, ob eine (neue) Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, ob ggf. ein anderer Aufenthaltstitel in Betracht kommt (z.B. eine Niederlassungserlaubnis), ob mangels weiteren Aufenthaltsrechts, aber Unmöglichkeit der Abschiebung, eine Duldung zu erteilen ist oder ob Abschiebungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen. Händigt die Behörde in einem derartigen Fall dem Ausländer eine neue Karte aus, so liegt darin nicht nur die Bescheinigung zum Bestehen einer Aufenthaltserlaubnis, sondern regelmäßig auch die Bekanntgabe der Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis im materiellen Sinn (vgl. VG Aachen, B.v. 14.10.2014 – 4 L 573/14 – juris Rn. 34). Anders verhält es sich demgegenüber bei einer Niederlassungserlaubnis. Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel (§ 9 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie muss daher nicht verlängert oder neu erteilt werden. Lediglich die Dokumentation der bestehenden Niederlassungserlaubnis muss in bestimmten Zeiträumen (regelmäßig zehn Jahre) erneuert werden. Dies entspricht der Verpflichtung, regelmäßig einen Reisepass, Personalausweis und (einmalig) vor dem 19. Januar 2013 ausgestellte Führerscheine umtauschen zu müssen. Da die Niederlassungserlaubnis unbefristet gilt, ist die Erneuerung des diesbezüglichen Dokuments nach § 78 AufenthG nicht mit inhaltlichen Prüfungen verbunden – vergleichbar wie beim nun zur Umsetzung von Unionsrecht erforderlichen Umtausch des Führerscheins nicht erneut die Fahrerlaubnis geprüft wird. Die Erlöschenstatbestände des § 51 AufenthG sind wiederum unabhängig vom Ablaufdatum der Bescheinigung, insbesondere die Erlöschensgründe nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 AufenthG treten kraft Gesetzes ein und werden von der Behörde allenfalls festgestellt (beispielsweise durch feststellenden Verwaltungsakt oder konkludent durch die Einleitung von Abschiebungsmaßnahmen wie die Aushändigung einer Grenzübertrittsbescheinigung). Da die Niederlassungserlaubnis ein unbefristetes Aufenthaltsrecht ist, bedarf es auch keiner Fiktionsbestätigung. Denn die Niederlassungserlaubnis läuft nicht ab i.S.d. § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Regelmäßig – und so auch im vorliegenden Fall – liegt daher in der Neuausstellung eines Dokuments nach § 78 AufenthG (lediglich) die Bescheinigung einer schon bestehenden Niederlassungserlaubnis, nicht aber ihre Neuerteilung.
Für die Neuerteilung einer Niederlassungserlaubnis spricht zwar das am 3. Januar 2019 ausgehändigte Hinweis- und Belehrungsblatt (BA Bl. 312 ff.), wonach ein Aufenthaltstitel „erteilt oder verlängert“ wurde. Insoweit handelt es sich jedoch ausweislich des Inhalts (inbs. der Nennung zahlreicher Länder von Afghanistan bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Angaben zu Fiktionsbescheinigungen und zu Terminvereinbarungen) um ein ersichtlich nicht auf den konkreten Fall abgestimmtes Dokument, sondern um allgemein gehaltene Bestimmungen. Gegen die Neuerteilung einer Niederlassungserlaubnis sprechen demgegenüber entscheidend die auf der ausgehändigten Scheckkarte genannten Zeiten. So ist die Niederlassungserlaubnis gültig ab dem 20. April 2012 (BA Bl. 311). Daraus wird für den objektiven Empfänger deutlich ersichtlich, dass es sich bei der Aushändigung des neuen Dokuments nach § 78 AufenthG lediglich um eine (inhaltlich falsche) Bestätigung eines seit dem 20. April 2012 bestehenden Niederlassungsrechts handeln sollte, nicht um die Neuerteilung einer Niederlassungserlaubnis. Hätte die Ausländerbehörde die Niederlassungserlaubnis nach Erlöschen der bisherigen Niederlassungserlaubnis nach Wiedereinreise in das Bundesgebiet neu erteilen wollen, so hätte sie dies dadurch dokumentiert, dass sie den Beginn der Gültigkeit auf einen Zeitpunkt nach der Wiedereinreise des Antragstellers (beispielsweise 4.12.2018 als Tag der Erstellung) gewählt hätte. Dagegen, dass in der Dokumentation der Niederlassungserlaubnis durch Ausgabe einer neuen Scheckkarte am 3. Januar 2019 auch die materielle Erteilung einer neuen Niederlassungserlaubnis nach Erlöschen der bisherigen Niederlassungserlaubnis gelegen hat, spricht auch der Umstand, dass die Ausländerbehörde erst am 26. November 2018 die Ausländerakten des Antragstellers, der von … aus in den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners gezogen war, von der Stadt … erhielt und schon am 4. Dezember 2018 die Ausstellung des neuen Dokuments bei der Bundesdruckerei in Auftrag gab. Zu diesem Zeitpunkt ermittelte sie noch nicht die genauen Umstände seines Aufenthalts in der Schweiz. Eine erste eigene Anfrage richtete der Antragsgegner erst am 28. Januar 2019 an die Schweiz. Auch insoweit ist nicht davon auszugehen, dass die Neuausstellung der Bestätigung über das Bestehen einer Niederlassungserlaubnis zugleich eine Neuerteilung einer Niederlassungserlaubnis nach Erlöschen der früheren Niederlassungserlaubnis darstellen sollte. Die Behörde hat am 3. Januar 2019 keine neue Niederlassungserlaubnis erteilt, sondern (zu Unrecht mangels Kenntnis) eine inhaltlich unrichtige Bestätigung über eine materiell erloschene Niederlassungserlaubnis vom 20. April 2012 ausgeteilt.
3. Durch die Aushändigung einer Bestätigung über eine materiell erloschene Niederlassungserlaubnis vom 20. April 2012 hat der Antragsgegner auch keinen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass er sich nicht nach Vorliegen neuer Erkenntnisse auf das Erlöschen der Niederlassungserlaubnis kraft Gesetz nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG berufen dürfte.
Insoweit ist schon beachtlich, dass die Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG kraft Gesetzes erlischt und der Gesetzgeber diesen Erlöschenstatbestand – anders als beispielsweise die Rücknahme und den Widerruf eines Aufenthaltstitels – nicht zur Disposition und in das Ermessen der Ausländerbehörden gestellt hat. Daher kann die Ausländerbehörde auch kein Vertrauen dahingehend schaffen, dass sie trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG die Rechtsfolgen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG unangewendet lässt. Zudem erlangte die Ausländerbehörde erst durch die Anfragebeantwortungen der Schweiz vom 7. Februar 2019 und vom 26. März 2019 sowie nach Anhörung des Antragstellers und Würdigung der vorgelegten Unterlagen Kenntnis vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG. Vertrauensschutz kann jedenfalls dann nicht entstehen, solange die zuständige Behörde nicht Kenntnis von den im Verfahren maßgeblichen tatsächlichen Umständen hat, sie sich diese jedoch zeitnah beschafft und entsprechend reagiert. Im vorliegenden Fall ist daher kein Vertrauensschutz dahingehend entstanden, dass die Behörde von den Rechtsfolgen einer nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschenen Niederlassungserlaubnis absieht.
4. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG, der im Wege einer einstweiligen Duldung zu sichern wäre.
Zwar hielt er sich von 2007 bis 2017 im Rahmen einer ehelichen Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik auf. Jedoch ist eine etwaige (befristete) Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG ebenfalls durch den Umzug des Antragstellers in die Schweiz erloschen. Durch den Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG („seit“) wird zudem deutlich, dass die eheliche Lebensgemeinschaft unmittelbar vor der Trennung der Ehegatten drei Jahre im Bundesgebiet bestanden haben muss (vgl. auch Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 31 AufenthG Rn. 18: „Aufenthalt der Ehegatten bis zur Aufhebung der Ehegemeinschaft“). Die Ehefrau des Antragstellers zog jedoch schon im Juli 2016 in die Schweiz, der Antragsteller folgte ihr im Jahr 2017. Damit bestand die Ehe vor der Trennung nicht mehr seit drei Jahren im Bundesgebiet. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft auf Antrag um ein Jahr verlängert. Die Ehegatten haben sich nach Vortrag des Antragstellers bereits am 6. Januar 2018 getrennt. Das erste Trennungsjahr, für das nach § 31 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, ist daher schon abgelaufen.
5. Sonstige Duldungsgründe sind nicht ersichtlich.
Insbesondere leben die Kinder des Antragstellers weiterhin in der Schweiz, so dass eine Duldung wegen der Schutzwirkung des Art. 6 GG nicht in Betracht kommt. Nachdem der Antragsteller seine prägenden Jahre der Kindheit und Jugend im Kosovo verbrachte, im Bundesgebiet weder über eine Ehefrau noch über Kinder und damit über Kernfamilie verfügt, eine aus seinem Sprach- und Kulturkreis stammende Frau heiratete sowie sich im Kosovo noch Ende 2017 zu Urlaubszwecken aufhielt, ist auch davon auszugehen, dass der Antragsteller noch derart in der albanischen Sprache und kosovarischen Kultur verwurzelt ist, dass ihm eine Rückkehr auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK zumutbar ist. Durch seinen Umzug in die Schweiz im Jahr 2017 hat sich der Antragsteller zudem als besonders mobil bewiesen, sodass ihm eine Rückkehr und ein Neuanfang im Heimatland erst recht zumutbar ist.
6. Die Kostenentscheidung im Antragsverfahren folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Antragsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 2 und 53 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffern 1.5 und 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
7. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten für das Klage- und für das Antragsverfahren ist unbegründet, weil die Erfolgsaussichten des Klage- und des Antragsverfahrens nach Vorstehendem nicht gegeben sind.
Gemäß § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. BVerfG, B.v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
Ausgehend von obigen Erwägungen ist Prozesskostenhilfe zu versagen, da weder das Antragsverfahren noch das Klageverfahren Aussicht auf Erfolg haben.

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